VwGH vom 14.09.2017, Ro 2015/15/0042

VwGH vom 14.09.2017, Ro 2015/15/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Oststeiermark in 8230 Hartberg, Rot Kreuz Platz 2, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/2100596/2015, betreffend Körperschaftsteuer 2012 (mitbeteiligte Partei: W GmbH in G, vertreten durch Mag. Marianne Strohmaier, Steuerberater in 8093 St. Peter am Ottersbach, Wittmannsdorf 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die Mitbeteiligte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, erzielte im Jahr 2012 Einkünfte aus dem Betrieb bzw. der Veräußerung von Wasserkraftwerken in Z (erbaut und in Betrieb genommen im Jahr 2002) und in K (revitalisiert und im September 2006 wiederum in Betrieb genommen) und machte für diese Einkünfte die Steuerbegünstigung (Hälftesteuersatz) gemäß § 8 in Verbindung mit § 9 des Energieförderungsgesetzes 1979 (im Folgenden: EnFG 1979 oder nur EnFG) geltend.

2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer 2012 ohne Halbsatzbegünstigung fest.

3 Die Mitbeteiligte erhob gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 Beschwerde und führte - bezugnehmend auf der Beschwerde beigelegte Rechtsgutachten - aus, dass es sich bei ihr um ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen handle, dass den Gewinn nach § 5 EStG 1988 ermittle. Es stehe auch fest, dass die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand der Mitbeteiligten bilde und die von ihr bis zum Jahr 2012 betriebenen und sodann verkauften Wasserkraftwerke die Ausbauleistung von 10.000 kW nicht überschritten hätten. Die besagten Wasserkraftwerke seien nach dem in Betrieb genommen worden, weshalb ihr die Begünstigung nach §§ 8 f EnFG zustehe.

4 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte begründend hierzu aus, die §§ 1 bis 6 EnFG sähen steuerliche Begünstigungen für Elektrizitätsversorgungsunternehmen iSd Elektrizitätswirtschaftsgesetzes vor. Gemäß § 1 EnFG könnten zu Lasten der Gewinne der Wirtschaftsjahre 1980 bis 1989 aus dem der Stromabgabe dienenden Teil des Unternehmens steuerfreie Rücklagen bis zu 50% des Gewinnes gebildet werden.

Energieversorgungsunternehmen, die von den steuerlichen Begünstigungen der § 1 bis 6 EnFG nicht Gebrauch machten und deren Ausbauleistung insgesamt 10.000 kW nicht übersteige, könnten nach § 8 EnFG die Begünstigung des § 9 EnFG in Anspruch nehmen, wonach sich die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ab Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte ermäßige. Die Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG stelle eine Alternative zur Begünstigung der §§ 1 bis 6 EnFG dar. Da insbesondere die Begünstigungen der §§ 1 und 4 EnFG nur für Wirtschaftsjahre, die in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endeten, in Anspruch genommen werden könnten, sei eine alternative erstmalige Inanspruchnahme der Halbsatzbegünstigung des § 9 EnFG ebenfalls auf diesen Zeitraum beschränkt. § 9 EnFG sehe eine Halbierung der Einkommenbzw. Körperschaftsteuer ab Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren vor. Eine letztmalige Inanspruchnahme der Begünstigung des § 9 EnFG sei daher, sofern im Jahr 1989 der Betrieb begonnen worden sei, im Jahr 2008 möglich.

5 Von der Mitbeteiligten wurde der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt.

6 Das Bundesfinanzgericht gelangte - anders als das Finanzamt - zur Auffassung, dass der Mitbeteiligten die steuerliche Begünstigung der §§ 8 f EnFG für die Einkünfte aus dem laufenden Betrieb und für die Einkünfte aus der Veräußerung der Wasserkraftwerke grundsätzlich zustehe, und hob mit dem angefochtenen Beschluss den Körperschaftsteuerbescheid 2012 und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt auf. Begründend hiezu führte es aus, aufgrund der vom Finanzamt vertretenen Rechtsansicht, der Mitbeteiligten stehe von vornherein keine steuerliche Begünstigung zu, sei in sachverhaltsmäßiger Hinsicht ungeklärt geblieben, ob die Investitionen in das Kleinwasserkraftwerk in K (Revitalisierung) so umfassend gewesen seien, dass es als im September 2006 (neu) in Betrieb genommen gelte und dadurch den Anspruch auf die steuerliche Begünstigung vermittle. Im Übrigen sei für beide Kraftwerke ein gemeinsamer Jahresabschluss erstellt worden, obwohl nach der Aktenlage zwei (eigenständige) Kraftwerksbetriebe vorlägen.

7 Die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache sei zweckmäßig, weil für eine inhaltliche Entscheidung nicht nur ergänzende Ermittlungen erforderlich seien und dadurch die Verlagerung des gesamten Ermittlungsverfahrens zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes auf das Verwaltungsgericht vermieden werde.

8 Die Finanzamt werde im fortgesetzten Abgabenverfahren zu ermitteln haben, welche Investitionen im Wasserkraftwerk in K (Revitalisierung) getätigt worden seien, damit beurteilt werden könne, ob diese Wasserkraftanlage als im September 2006 (neu) in Betrieb genommen anzusehen sei und dadurch den Anspruch auf die steuerliche Begünstigung vermittle. Sollte das Finanzamt zur Überzeugung gelangen, dass die Einkünfte aus der Wasserkraftanlage in K nicht unter die Begünstigung fielen, werde es auch für jeden der beiden Kraftwerksbetriebe die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu ermitteln haben.

9 Eine Revision gegen den Beschluss erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, "weil eine Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob die steuerliche Begünstigung des § 9 EnFG im Streitjahr (noch) anzuwenden ist, fehlt".

10 Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision des Finanzamtes, welches die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Beschlusses darin erblickt, dass "das Bundesfinanzgericht im Wege der historischen Gesetzesinterpretation im Widerspruch zu § 9 EnFG zur Auffassung gelangt ist, dass die steuerliche Begünstigung des § 9 iVm § 8 EnFG 1979 nicht an die in § 1 EnFG 1979 normierte Befristung geknüpft ist". Das Finanzamt wendet sich nicht dagegen, dass das Bundesfinanzgericht an Stelle einer Sachentscheidung die Zurückverweisung ausgesprochen hat.

11 Die mitbeteiligte Partei hat zwar eine Revisionsbeantwortung erstattet, aber keine Kosten geltend gemacht.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Im Revisionsfall ist die Frage strittig, ob die §§ 8 f EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985, nur für - in § 8 EnFG 1979 näher spezifizierte - Wasserkraftanlagen anwendbar sind, die zwischen dem und dem in Betrieb genommen worden sind (Ansicht des Finanzamtes), oder für alle besagten Wasserkraftanlagen, die nach dem in Betrieb genommen worden sind (Ansicht der mitbeteiligten Partei).

14 Das Bundesgesetz vom über die Förderung von Energieversorgungsunternehmen (EnFG), BGBl. Nr. 567/1979, lautet auszugsweise:

"§ 1. Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, deren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440, ermittelt wird und bei deren Gewinnermittlung im selben Jahr keine Investitionsrücklage gemäß § 9 des Einkommensteuergesetzes gebildet wird, können zu Lasten der Gewinne der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre steuerfreie Rücklagen im Ausmaß bis zu 50 v. H. des Gewinnes vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung und nach Abzug aller anderen Betriebsausgaben bilden. Die Rücklage ist in der Bilanz unter der Bezeichnung Elektrizitätsförderungs-Rücklage nach Wirtschaftsjahren aufzugliedern und gesondert auszuweisen. (...)

§ 4. Für Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1) ermäßigt sich für die Kalenderjahre 1980 bis einschließlich 1989 die Gewerbesteuer nach dem Gewerbekapital für den der Stromabgabe an Dritte dienenden Teil des Vermögens auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)

§ 8. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den Bestimmungen der §§ 1 bis 7 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können hinsichtlich ihrer Stromerzeugungsanlagen von den Bestimmungen des § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen werden und daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, sowie daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird. (...)

§ 9. (1) Die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer), die auf den Gewinn aus den Stromerzeugungsanlagen entfällt, ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)"

15 Die §§ 8 und 9 EnFG 1979 entsprechen nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage grundsätzlich den dem EFG 1969 durch die Novelle BGBl. Nr. 197/1975 angefügten §§ 8 bis 10 (vgl. 112 BlgNR 15. GP 7 ff).

16 Mit den Bundesgesetzen vom , BGBl. Nr. 353/1982, und vom , BGBl. Nr. 252/1985, wurde das EnFG 1979 geändert, wobei die durch BGBl. Nr. 252/1985 erfolgten Änderungen u.a. § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 EnFG betrafen.

Diese Bestimmungen lauten seit der Änderung wie folgt:

"§ 8. (1) Elektrizitätsversorgungsunternehmen (§ 1), die von den §§ 1 bis 6 keinen Gebrauch machen und deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von § 9 Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, die energiewirtschaftlich zweckmäßig sind (§ 20) und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

§ 9. (1) Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge."

17 Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 8 Abs. 1 EnFG in der Fassung BGBl. Nr. 252/1985 (vgl. 571 BlgNR 16. GP 12) sollen die abgabenrechtlichen Begünstigungen für Kleinwasserkraftanlagen entsprechend der bisherigen Auslegung in Übereinstimmung mit der im § 8 Abs. 4 Z 4 EStG 1972 enthaltenen Ausschlussbestimmung nur dann in Anspruch genommen werden können, wenn für die Anlagen die erhöhte vorzeitige Abschreibung nicht geltend gemacht wurde. Als zusätzliche Voraussetzung ist neu vorgesehen, dass die Stromerzeugungsanlagen energiewirtschaftlich zweckmäßig sind. Die energiewirtschaftliche Zweckmäßigkeit ist entsprechend dem 4. Abschnitt vom Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bescheinigen. Nach der Übergangsbestimmung des Art. II Z 3 ist jedoch für Kleinwasserkraftanlagen, mit deren Bau vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begonnen wurde, eine Bescheinigung der energiewirtschaftlichen Zweckmäßigkeit nicht erforderlich.

18 Der Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606/1987,

lautete auszugsweise wie folgt:

"Artikel I

Das Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wird

aufgehoben.

Artikel II

1. Artikel I ist erstmalig bei der Veranlagung für das

Kalenderjahr 1988, ... anzuwenden. (...)

3. a) Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des

Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 260/1975, in der jeweils geltenden Fassung, deren Ausbauleistung insgesamt 10 000 kW nicht übersteigt, können von den Begünstigungen der lit. b Gebrauch machen. Voraussetzung ist, daß die Stromerzeugung den ausschließlichen Betriebsgegenstand darstellt, daß es sich bei den Stromerzeugungsanlagen um Wasserkraftanlagen handelt, die nach dem in Betrieb genommen wurden, mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird und für die eine vorzeitige Abschreibung gemäß § 8 Abs. 4 Z 4 des Einkommensteuergesetzes nicht in Anspruch genommen wurde, und daß der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt wird.

(...)

b) Die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ermäßigt sich ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von zwanzig Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. (...)"

19 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 lauten auszugsweise (vgl. 277 BlgNR 17. GP 9):

"Zu Art. I: Das mit Ende 1989 befristete Energieförderungsgesetz 1979 soll bereits mit Ende 1987 außer Kraft treten, da die in Zeiten des Aufbaues der Elektrizitätswirtschaft sinnvollen steuerlichen Begünstigungen ihre Bedeutung verloren haben. (...)

Zu Art II: (...) Die bisher in den§§ 8 und 9 EnFG 1979 verankerten abgabenrechtlichen Begünstigungen für Kleinwasserkraftwerke sollen in der Weise auslaufen, daß die zwanzigjährige Steuerermäßigung im ertragsteuerlichen Bereich nur mehr für Kraftwerke zustehen soll, mit deren Bau - abgestellt auf die tatsächliche Bauausführungen - vor dem begonnen worden ist. (...) Der schon bisher bestehende Ausschluß von Doppelbegünstigungen im Bereich der Gewinnermittlung soll weiterhin dadurch gewährleistet bleiben, daß die Inanspruchnahme dieser Begünstigungen als Inanspruchnahme von Begünstigungen im Sinne des EnFG 1979 gilt."

20 Mit Erkenntnis vom , G 114/93, erkannte der Verfassungsgerichtshof wie folgt zu Recht:

"Der Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 606, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Mit diesem Zeitpunkt tritt das Energieförderungsgesetz 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit."

21 Die Kundmachung dieser Aufhebung erfolgte im BGBl. Nr. 80/1994.

22 Das revisionswerbende Finanzamt vertritt - wie im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, dass der im § 1 EnFG 1979 geregelte zeitliche Anwendungsbereich auch für die Begünstigung gemäß §§ 8 f EnFG gelte. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich der "Befristung" auf die Bestimmung des § 1 EnFG abgestellt. Diese Interpretation werde von Pokorny gestützt, der in einem 1987 erschienen Artikel die Auffassung vertreten habe, dass es sich bei der fehlenden Befristungsregelung um einen Redaktionsfehler handle. Diese Interpretation ergebe sich auch aus dem - später vom VfGH kassierten - Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987, der eine entsprechende "Befristung" enthalten habe. Dass die hier in Rede stehenden Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", leitet das Finanzamt auch daraus ab, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstelle und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition dieses Begriffes auf das Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweise, das mit außer Kraft getreten sei.

23 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses aufgezeigt.

24 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich § 1 EnFG 1979 einer völlig anderen Technik der Festlegung seines zeitlichen Anwendungsbereiches bedient als § 8 EnFG 1979. Während in § 1 EnFG 1979 von Rücklagen zu Lasten der Gewinne "der in den Kalenderjahren 1980 bis 1989 endenden Wirtschaftsjahre" die Rede ist, stellt § 8 EnFG 1979 auf den Beginn einer betrieblichen Betätigung ab, nämlich auf Wasserkraftanlagen, "die nach dem in Betrieb genommen werden".

25 Dazu kommt, dass von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 8 EnFG keine Rede sein kann.

26 Von einem Redaktionsversehen spricht man, wenn die Formulierung des Gesetzes durch einen Fehler in der technischen Ausarbeitung nachweislich mit dem zugrunde liegenden Willen nicht übereinstimmt, also etwa die Gesetzesredaktoren einen Ausdruck lediglich versehentlich im Text belassen haben. Solche "Erklärungsirrtümer" des Gesetzgebers können gegebenenfalls im Wege der Auslegung entsprechend der wirklichen Absicht berichtigt werden (vgl. z.B. , mwN).

27 Im gegenständlichen Fall liegt nicht einmal ein Indiz für einen (offensichtlichen) Erklärungsirrtum des Gesetzgebers im Bereich des § 8 EnFG 1979, BGBl Nr. 657/1979 (auch in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985), vor. Der Gesetzgeber regelt den zeitlichen Anwendungsbereich in § 1 EnFG 1979 einerseits und in § 8 EnFG 1979 gezielt unterschiedlich. Während § 1 EnFG 1979 auf den Gewinn der in bestimmt genannten (zehn) Kalenderjahren endenden Wirtschaftsjahre von Elektrizitätsversorgungsunternehmen abstellt, knüpft § 8 EnFG 1979 an Wasserkraftanlagen an, die nach einem bestimmten Stichtag in Betrieb genommen werden, und normiert eine Rechtsfolge für zwanzig Veranlagungsjahre ab dieser Inbetriebnahme. Der eindeutige Wortlaut des § 8 EnFG 1979 bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der zeitliche Bedingungsbereich der Norm auf die Errichtung einer Anlage oder deren Inbetriebnahme vor Ablauf des Jahres 1989 eingeschränkt wäre. Auch die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des EnFG 1979 oder den genannten Novellen enthalten keinen Hinweis auf eine solche Einschränkung.

28 Wie oben dargestellt, ist § 8 EnFG 1979 durch die Novelle 1985 neu gefasst worden. Dabei hat der Gesetzgeber die bereits in der Stammfassung des EnFG 1979 gewählte Technik der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs beibehalten, indem er unverändert auf Wasserkraftanlagen abstellt, "die nach dem in Betrieb genommen wurden".

29 Erst mit Abschnitt IV des 3. Abgabenrechtsänderungsgesetzes 1987 normierte der Gesetzgeber die Einschränkung auf nach dem in Betrieb genommene Wasserkraftanlagen, "mit deren tatsächlichen Bauausführungen vor dem begonnen wird." Auf diese Einschränkung darf jedoch nicht Bedacht genommen werden, weil der Verfassungsgerichthof mit Erkenntnis vom Abschnitt IV des 3. Abgabenänderungsgesetzes 1987 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass das EnFG 1979, BGBl. Nr. 567/1979, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 353/1982 und 252/1985 wieder in Wirksamkeit tritt.

30 Soweit das Finanzamt aus dem Umstand, dass § 8 EnFG auf den Begriff des Elektrizitätsversorgungsunternehmens abstellt und § 1 EnFG hinsichtlich der Definition von Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf das mit außer Kraft getretene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975 verweist, abzuleiten versucht, dass die Bestimmungen des EnFG "bereits zeitlich ausgelaufen sind", ist ihm zu entgegnen, dass der Verweis - zumal er nicht auf die jeweils geltende Fassung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes 1975 abstellt - als statischer Verweis auf das im Jahr 1979 in Geltung gestandene Elektrizitätswirtschaftsgesetz 1975, BGBl. Nr. 260/1975, zu verstehen ist.

31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am