VwGH vom 27.01.2016, Ra 2015/08/0214

VwGH vom 27.01.2016, Ra 2015/08/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision der S G in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W218 2113072- 1/4E, betreffend Ruhen des Weiterbildungsgeldes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Wien, 1090 Wien, Währinger Gürtel 164), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Revisionswerberin das Weiterbildungsgeld gemäß § 26 iVm §§ 17, 44 und 46 Abs. 5 AlVG (erst) ab dem gebührt, und damit implizit den Anspruch auf Weiterbildungsgeld für den davor liegenden Zeitraum vom 12. Februar bis abgewiesen.

Der laufende Bezug von Weiterbildungsgeld sei auf Grund einer telefonischen Krankmeldung durch die Revisionswerberin am bei der belangten Behörde ab dem (dem vierten Tag des seit dauernden Krankenstandes) unterbrochen worden. Die Revisionswerberin habe sich erst am telefonisch wieder gemeldet und die Auszahlung ihrer Leistung urgiert. Sie sei darüber informiert worden, dass sie sich nach der Krankmeldung nicht mehr zurückgemeldet habe und dass sie sofort einen neuen Antrag stellen müsse, weil sie derzeit keine Leistungen erhalte. Die Revisionswerberin habe erst wieder am bei der belangten Behörde vorgesprochen. Seit diesem Zeitpunkt beziehe sie wieder Weiterbildungsgeld.

Die Revisionswerberin habe sich (nur) vom 9. bis zum im Krankenstand befunden. Die belangte Behörde habe erstmals am Kenntnis vom Ende des Krankenstandes erhalten, also nach 71 Tagen. Am habe die Revisionswerberin einen neuen Antrag gestellt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, § 46 AlVG enthalte eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen. Die formalisierte Antragstellung iSd genannten Gesetzesstelle schließe eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellungen aus. Dieselben Überlegungen würden auch für die neuerliche Geltendmachung bzw. die Wiedermeldung im Falle einer Unterbrechung oder des Ruhens des Anspruches auf Arbeitslosengeld gelten. Sei das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes nicht im Vorhinein bekannt und übersteige die tatsächliche Unterbrechungs- oder Ruhenszeit 62 Tage nicht, so sei der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen, wobei die persönliche Wiedermeldung telefonisch oder in elektronischer Form bei der regionalen Geschäftsstelle genüge, sofern diese nicht ausdrücklich eine persönliche Wiedermeldung vorschreibe. Erfolge die Wiedermeldung fristgerecht in der ersten Woche nach dem Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebühre die Leistung schon ab Wegfall des Unterbrechungs- bzw. Ruhenssachverhalts. In allen anderen Fällen, insbesondere wenn der Unterbrechungsbzw. Ruhenszeitraum die Dauer von 62 Tagen übersteige, sei der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen (§ 46 Abs. 7 AlVG).

Das Weiterbildungsgeld ruhe gemäß § 26 Abs. 7 AlVG in allen Fällen des Ruhens von Arbeitslosengeld (§ 16 AlVG) mit Ausnahme des § 16 Abs. 1 lit. g AlVG (Auslandsaufenthalt). Die Erfüllung eines Ruhenstatbestandes bewirke eine befristete Unterbrechung des Leistungsbezuges, wobei die Meldepflichten zu beachten seien. Die Revisionswerberin habe telefonisch den Beginn eines Krankenstandes bekanntgegeben. Da sie sich nach dem Ende des Krankenstandes nicht mehr gemeldet habe, sei der Bezug zu Recht ab dem vierten Tag eingestellt worden. Er habe auf Grund des langen Unterbrechungszeitraumes erst wieder nach ihrer persönlichen Wiedermeldung aufgenommen werden können.

2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision verweist zu ihrer Zulässigkeit darauf, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0119, klargestellt, dass § 16 Abs. 1 lit. a AlVG nicht an das Vorliegen eines Krankenstandes, sondern an den Bezug von Krankengeld anknüpfe. Die belangte Behörde habe allein auf Grund der Meldung eines Krankenstandes das Vorliegen dieses Ruhenstatbestandes angenommen. Die Revisionswerberin sei lediglich drei Tage (vom 9. bis zum ) krank gewesen. Ein Anspruch auf Krankengeld bestehe gemäß § 138 ASVG erst ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Die Revisionswerberin habe keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt, weshalb auch kein Ruhenstatbestand gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG gegeben sei. Es liege eine Erklärung vor, welche nicht (eindeutig) als Mitteilung eines Ruhenstatbestandes verstanden werden könne. Die Voraussetzungen des § 46 Abs. 6 AlVG ("Mitteilung eines Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestandes") seien nicht erfüllt. Selbst wenn die Revisionswerberin einen (nicht vorliegenden) Ruhenstatbestand gemeldet hätte, hätte gemäß § 46 Abs. 6 AlVG eine telefonische Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle für die Geltendmachung des Weiterbezuges ausgereicht, sodass das Weiterbildungsgeld jedenfalls ab weiter zu gewähren gewesen wäre.

Die Revision ist berechtigt. Nach dem zitierten hg. Erkenntnis Zl. 2012/08/0119 stellt § 16 Abs. 1 lit. a AlVG auf den Bezug von Krankengeld ab, erfasst jedoch nicht den Fall einer kurzfristigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, während der kein Krankengeld gebührt. Das Verwaltungsgericht hätte daher nicht vom Vorliegen eines Ruhens- bzw. Unterbrechungsgrundes auf Grund des Krankenstandes der Revisionswerberin ausgehen dürfen. Mangels Ruhens oder Unterbrechung des Leistungsbezuges bedurfte es daher keiner neuerlichen Geltendmachung des Anspruchs durch die Revisionswerberin gemäß § 46 Abs. 5 AlVG.

Weder den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses noch dem vorgelegten Akt oder dem Revisionsvorbringen lässt sich entnehmen, dass die Revisionswerberin von einer Leistungseinstellung durch Mitteilung iSd § 24 Abs. 1 AlVG in Kenntnis gesetzt worden wäre, was im Ergebnis eine Pflicht zur Wiedermeldung hätte auslösen können (zu den Ruhens- oder Unterbrechungsfolgen, einer - von der Revisionswerberin unwidersprochenen - Mitteilung vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/08/0017, und vom , Zl. 2013/08/0202). Auch die Revisionsbeantwortung weist nur darauf hin, dass bei persönlicher Krankmeldung offenbar mündlich "gemäß einem standardisierten Katalog die dementsprechenden Auskünfte betreffend Wiedermeldung" erteilt würden.

Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am