VwGH vom 14.09.2017, Ro 2015/15/0027
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Dr. F R in K, vertreten durch die Dr. R G m.b.H in K, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100285/2012, betreffend u.a. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2005 und Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Wirtschaftstreuhänder. Mit verpachtete er den Klientenstock seiner Steuerberatungskanzlei an die R GmbH, an der er selbst zu 25% und seine Ehefrau zu 49% beteiligt waren.
2 Im Pachtvertrag wurde unter anderem vereinbart, dass der Revisionswerber für die R GmbH zumindest für 3 Jahre, beginnend ab dem , zumindest 10 Stunden pro Woche als Dienstnehmer tätig sein solle. Die R GmbH räumte dem Revisionswerber während der Dauer des Pachtverhältnisses entgeltlich das Recht ein, ihre Infrastruktur mitzubenutzen. Weiters verpflichtete sie sich, die Klientenunterlagen und -akten so zu führen, dass der Revisionswerber bei Beendigung des Pachtvertrages in die Lage versetzt werde, die Klienten, die im Rahmen der Beendigung des Pachtverhältnisses von der R GmbH "rückzuführen" seien, weiterhin zu betreuen. Der jährliche Pachtzins betrug 10% des vereinnahmten Nettoumsatzes der R GmbH aus der Betreuung der zum verpachteten Klientenstock zählenden Klienten. Der Revisionswerber verzichtete bis zum auf die Ausübung seines Kündigungsrechts.
3 Am verlängerte der Revisionswerber den von ihm abgegebenen Kündigungsverzicht bis zum . Im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Jahres 2002 teilte der Revisionswerber dem Finanzamt mit, seinen Betrieb im Jahr 2002 durch Verpachtung aufgegeben zu haben. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns wurde der gemeine Wert des verpachteten Klientenstocks mit null angesetzt und den Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 in Anspruch genommen.
4 Die Einkünfte aus der Verpachtung des Klientenstocks wurden in der Folge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. In der Steuererklärung für das Jahr 2005 teilte der Revisionswerber mit, dass die Verpachtung des Klientenstocks beendet worden sei.
5 Im Zuge einer im Jahr 2012 durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass der Klientenstock des Revisionswerbers mit Kaufvertrag vom um 245.000 EUR an die R GmbH veräußert worden war. Diese Veräußerung sei in der Einkommensteuererklärung des Revisionswerbers für das Jahr 2005 nicht berücksichtigt worden.
6 Im Prüfungsbericht wird in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, dass der Firmenwert bei der Ermittlung des Aufgabegewinns außer Ansatz bleibe, weil dieser nicht in das Privatvermögen übernommen werden könne. Werde ein aufgegebener Betrieb später veräußert, sei ein auf den Firmenwert entfallender Erlös als nachträglich nicht begünstigte betriebliche Einnahme zu erfassen. Der Verkaufserlös aus der Veräußerung des Klientenstocks im Jahr 2005 stelle daher eine nachträgliche Einnahme aus selbstständiger Arbeit dar. Es sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber durch die Nichtoffenlegung der Veräußerung des Klientenstocks im Jahr 2005 die Nichtversteuerung des dadurch erzielten Gewinns in Kauf genommen und damit den Tatbestand einer zumindest bedingt vorsätzlichen Abgabenverkürzung verwirklicht habe. Die vom Revisionswerber geäußerte Ansicht, dass der Klientenstock einer Steuerberatungskanzlei mit Hilfe der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung steuerfrei veräußert werden könne, sei nicht vertretbar, weil einem auch nur durchschnittlich steuerrechtlich versierten Abgabepflichtigen bekannt sei, dass die Veräußerung von Betriebsvermögen steuerpflichtig sei. Für hinterzogene Abgaben betrage die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO zehn Jahre, sodass die Einkommensteuer für 2005 in nicht verjährter Frist im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens festgesetzt werden könne.
7 Das Finanzamt folgte den Ausführungen des Prüfers, nahm u. a. das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2005 am wieder auf und erließ einen entsprechend geänderten Sachbescheid.
8 In seiner Berufung wandte sich der Revisionswerber sowohl gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens als auch gegen den darauf basierenden Einkommensteuerbescheid 2005.
9 Begründend führte der Revisionswerber aus, die Wiederaufnahme des Verfahrens sei rechtswidrig erfolgt, weil er im Jahr 2005 keine Einkommensteuer hinterzogen habe und die Verjährungsfrist von fünf Jahren im Zeitpunkt der Wiederaufnahme somit bereits abgelaufen gewesen sei. Im Zeitpunkt der Abgabe seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 habe es hinsichtlich der Frage der Besteuerung der Veräußerung des Klientenstocks weder eine gefestigte Literaturmeinung noch eine höchstgerichtliche Judikatur gegeben. Die Rechtsansicht des Betriebsprüfers und des Finanzamtes basiere auf einer mit dem Wartungserlass 2005 eingefügten Randziffer der Einkommensteuerrichtlinien, von welcher der Revisionswerber im Zeitpunkt der Abgabe seiner Einkommensteuererklärung keine Kenntnis hätte haben können.
10 Wie auch einem vom Revisionswerber in Auftrag gegebenen und vorgelegten Rechtsgutachten zu entnehmen sei, gehe die Lehre betreffend die objektiv vertretbare Rechtsauffassung davon aus, dass in Fällen, in denen eine Rechtsentwicklung noch nicht abgeschlossen sei und insbesondere noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege, der Maßstab der Offenlegungspflicht die damals vorgefundene vertretbare Rechtsauffassung sei. Der Revisionswerber habe somit die Veräußerung des Klientenstocks nicht offenlegen müssen, da diese Veräußerung nach einer zu diesem Zeitpunkt vertretbaren Rechtsauffassung kein abgabenrelevanter Umstand gewesen sei. Die Veräußerung hätte dem Finanzamt außerdem bekannt sein müssen und sei insofern vom Revisionswerber offengelegt worden, als er in seiner Umsatzsteuererklärung den Veräußerungsumsatz angegeben und in seiner Einkommensteuerklärung vermerkt habe, dass er die Verpachtung des Klientenstocks beendet habe.
11 Hinsichtlich der Besteuerung der Veräußerung des Klientenstocks führte der Revisionswerber aus, die in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 erklärte Betriebsaufgabe durch Verpachtung sei vom Finanzamt anerkannt und die Einkommensteuer entsprechend veranlagt worden. Im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe sei der Klientenstock das einzige wesentliche Betriebsvermögen seiner Steuerberatungskanzlei gewesen, das im Zuge dieser Betriebsaufgabe in sein Privatvermögen übernommen worden sei. Er habe mit dem Klientenstock in der Folge Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Wäre der Klientenstock noch Betriebsvermögen gewesen, hätten mit diesem niemals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden können. Es sei somit nicht nachvollziehbar, wie der Betriebsprüfer zu dem Schluss komme, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Klientenstocks eine nachträgliche Betriebseinnahme darstelle.
12 Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Im Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, dass sich die vom Revisionswerber zitierte Kritik Doralts (Einkommensteuerkommentar, § 24 Tz 165) auf die Betriebsaufgabe durch Verpachtung an sich beziehe. Er vertrete die Ansicht, dass der Betrieb durch die Verpachtung nicht zerschlagen, sondern vom Pächter fortgeführt werde. Wäre der Revisionswerber dieser Ansicht gefolgt, hätte er den Gewinn aus der Veräußerung des Klientenstocks ebenfalls im Jahr 2005 der Einkommensteuer unterwerfen müssen. Der Revisionswerber sei im Jahr 2002 aber - der herrschenden Auffassung folgend - von einer Betriebsaufgabe durch Verpachtung und davon ausgegangen, dass der Klientenstock im Zuge dieser Verpachtung nicht ins Privatvermögen übernommen werden könne. Er habe den Klientenstock bei der Ermittlung des Aufgabegewinns nicht zum Ansatz gebracht. Halte man eine Betriebsaufgabe durch Verpachtung für möglich und gehe man gleichzeitig davon aus, dass der Firmenwert (hier: Klientenstock), der in diesem Fall nicht untergehe, nicht ins Privatvermögen entnommen werden könne, so sei die Ansicht, dass ein späterer Verkauf des Klientenstocks aus dem Privatvermögen außerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei erfolge, nicht vertretbar. Eine derartige Auffassung finde sich weder in der Literatur noch in der Verwaltungspraxis.
13 Im Rahmen der vor dem Bundesfinanzgericht, das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit an die Stelle des unabhängigen Finanzsenats getreten war, durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholten der Revisionswerber und der Vertreter des Finanzamtes im Wesentlichen ihre bisherigen Vorbringen.
14 Der Amtsvertreter brachte ergänzend vor, dass alle Fachautoren, die im Falle der Verpachtung von einer Betriebsaufgabe ausgingen, die Ansicht vertreten würden, dass eine spätere Veräußerung hinsichtlich des Firmenwerts zu nachträglichen betrieblichen Einkünften führe. Die diesbezügliche Rechtsauffassung der Finanzverwaltung sei bereits vor der Veröffentlichung des Wartungserlasses 2005 im AÖF in einschlägigen Fachzeitschriften publiziert bzw. kommentiert worden, und auch in der FINDOK (elektronische Finanzdokumentation des BMF) sei eine entsprechende Anpassung der Einkommensteuerrichtlinien bereits im Jänner 2006 veröffentlicht worden.
15 Der Revisionswerber erwiderte, er habe Einblick in Kommentare und die Einkommensteuerrichtlinien genommen, nicht jedoch mittels der FINDOK. Von der Besprechung der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in Fachzeitschriften habe er keine Kenntnis gehabt. Er bleibe bei der Auffassung, dass die Veräußerung nicht der Steuerpflicht unterliege und somit auch nicht offenzulegen gewesen sei. Die Entnahme des Klientenstocks mit einem Wertansatz von null habe der gängigen Praxis entsprochen.
16 Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005 ab und gab ihr hinsichtlich Einkommensteuer 2005 insoweit statt, als die Abgabenfestsetzung nur hinsichtlich des hinterzogenen Teils (Erlös aus der Veräußerung des Klientenstocks) gegenüber dem Erstbescheid eine Änderung erfuhr.
17 In der Begründung seiner Entscheidung setzte sich das Bundesfinanzgericht, zunächst mit der materiell-rechtlichen Frage der steuerlichen Beurteilung der Klientenstockveräußerung auseinander. Es treffe zu, dass bisher keine inländische höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob bei einer Betriebsaufgabe durch Verpachtung - welche im Revisionsfall gegeben sei - der Firmenwert (hier: Klientenstock) sofort in das Privatvermögen übergehe oder in der Art eines (Rest-)Betriebsvermögens bis zur Veräußerung desselben bestehen bleibe. Das Bundesfinanzgericht folge der Rechtsauffassung, welche in der Literatur überwiegend vertreten werde, wonach bei einer Betriebsaufgabe durch Verpachtung der Firmenwert nicht in das Privatvermögen übergehe, sondern solange der Betrieb bestehe und vom Pächter weitergeführt werde, mit der betrieblichen Sphäre verhaftet bleibe. Da die "Privatisierung" eines Firmenwertes schon begrifflich nicht möglich sei, seien auch die darauf entfallenden Pachteinnahmen als betriebliche Einkünfte zu qualifizieren. Die vom Revisionswerber vorgenommene unrichtige Einstufung der Pachteinkünfte sei allerdings unschädlich und bilde kein Präjudiz für die steuerliche Behandlung der Veräußerung des Firmenwerts.
18 In der Folge setzte sich das Bundesfinanzgericht mit der Frage auseinander, ob der Revisionswerber die gegenständliche Abgabe hinterzogen habe und insoweit die verlängerte Verjährungsfrist zur Anwendung komme. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, ob die vom Revisionswerber vertretene Rechtsansicht als vertretbar angesehen werden könne und dies schuldausschließend in Bezug auf eine Abgabenhinterziehung sei. Damit im Zusammenhang sei zu prüfen, was ein Steuerpflichtiger gemäß § 119 BAO offen legen müsse, um finanzstrafrechtliche Probleme zu vermeiden. Eine Rechtsansicht sei jedenfalls dann nicht vertretbar, wenn sie von der Meinung der Finanzverwaltung abweiche und der Steuerpflichtige dies wisse. Eine von der Behördenpraxis und den Richtlinien abweichende Ansicht sei stets offen zu legen; die Strafbarkeit scheide nur dann aus, wenn der Steuerpflichtige die Abweichung der von ihm vertretenen Rechtsansicht nicht gekannt habe oder nicht habe kennen müssen. Die bloße Argumentation mit einer anderen - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermöge ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen.
19 Im gegenständlichen Fall sei die "offizielle" Rechtsansicht der Finanzverwaltung erstmals im Wartungserlass 2005 zutage getreten, der im AÖF 2006/114 kundgemacht worden und am (und somit vor der Abgabe der Steuerklärung des Revisionswerbers) elektronisch (in der FINDOK) veröffentlicht worden sei. Das Bundesfinanzgericht halte es für zumutbar, dass sich ein Steuerpflichtiger vor Abgabe entsprechender Erklärungen - insbesondere wenn Sachverhalte in der Literatur kontroversiell behandelt würden und keine Rechtsprechung vorliege - durch Einblick in die FINDOK oder Anfrage bei der sachlich zuständigen Behörde erkundige. Dies stelle insbesondere für einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe keine Herausforderung dar. Der Beschwerdeeinwand, der Erlass sei erst nach der Abgabe der Steuererklärung des Revisionswerbers erschienen, gehe somit ins Leere.
20 Vor dem Hintergrund, dass es zu der gegenständlichen Thematik keine höchstgerichtliche Judikatur gegeben habe und die vom Revisionswerber vertretene Rechtsauffassung zudem in der einschlägigen Fachliteratur keine Deckung finde, sei dem Revisionswerber die Tatsache, dass er sich nicht nach der Verwaltungspraxis erkundigt habe, vorwerfbar. Ein Rechtsirrtum sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst dann nicht entschuldbar (und damit strafausschließend), wenn bloße Rechtsunsicherheit bestehe. Ein solcher Zustand erlaube es dem Beschuldigten nicht, sich für die günstigere Variante zu entscheiden, selbst wenn diese plausibel erscheine.
21 Auch Doralt stelle außer Zweifel, dass der Firmenwert - wie auch alle anderen Wirtschaftsgüter - mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen sei. Der Revisionswerber habe den gemeinen Wert des Klientenstocks bei der Betriebsaufgabe infolge Verpachtung mit null angenommen, obwohl er laut Beschwerdeeingabe in diesem Zeitpunkt einen Wert von 245.000 EUR aufgewiesen habe. Hätte er ernsthaft die Rechtsansicht vertreten, dass die auf den Firmenwert entfallenden Reserven im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe aufzudecken wären, hätte er in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 den wahren (= gemeinen) Wert des Wirtschaftsguts "Klientenstock" anzusetzen gehabt. Wenn sich der Revisionswerber hierzu auf das Aktivierungsverbot von immateriellen Wirtschaftsgütern berufe, stelle dies nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts eine Schutzbehauptung dar. Dass dem Klientenstock im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe kein Wertansatz beizumessen sei (wiewohl eine Nutzung desselben sowohl vor als auch nach Betriebsaufgabe erfolgt sei), stelle eine in dieser Form jedenfalls unhaltbare und - insbesondere für einen Steuerberater - unvertretbare Rechtsansicht dar.
22 Der Ansatz des gemeinen Werts mit null in der Steuererklärung für das Jahr 2002 mache allerdings dann Sinn, wenn sich der Steuerpflichtige (unter Mentalreservation) jener - in der Fachliteratur mehrheitlich vertretenen - Rechtsauffassung, wonach der Firmenwert nach Betriebsaufgabe mit der betrieblichen Sphäre verhaftet bleibe und erst im Zuge einer späteren Veräußerung zur Aufdeckung der stillen Reserven führe, angeschlossen habe, wovon das Gericht in freier Beweiswürdigung ausgehe.
23 Nur durch eine gänzliche Offenlegung des Sachverhalts ließen sich finanzstrafrechtliche Folgen vermeiden. Beziehe der Steuerpflichtige im Rahmen rechtlicher Vertretbarkeit Position, so sei der Offenlegungspflicht Genüge getan, wenn der Steuerpflichtige seine eigene Auffassung und den zugrunde liegenden Sachverhalt aufdecke. Es sollten jedoch auch alle Tatsachenelemente dargelegt werden, die für die abweichende abgabenbehördliche Rechtsauffassung bedeutend wären. Der Revisionswerber wäre jedenfalls dazu verhalten gewesen, den Umstand, dass der Firmenwert im Jänner 2005 veräußert worden sei, klar und deutlich der Abgabenbehörde gegenüber offenzulegen, damit diese Gelegenheit gehabt hätte, eine steuerrechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes vorzunehmen.
24 Die Offenlegung sei aus dem Blickwinkel des jeweiligen Abgabenverfahrens zu sehen, sodass die Erklärung des Veräußerungserlöses im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. der Umsatzsteuerjahreserklärung nicht als Erfüllung der Offenlegungspflicht nach § 119 BAO angesehen werden könne. Zudem sei in diesen Erklärungen der Veräußerungserlös nicht gesondert als Teilbetrag des Gesamtumsatzes ausgewiesen worden. Angesichts dieser Umstände und der Tatsache, dass es sich bei dem Revisionswerber um einen Steuerberater und somit einen (Steuer-)Rechtskundigen handle, gehe das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Revisionswerber vorsätzlich gehandelt und den Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht habe. Die Wiederaufnahme sei daher innerhalb der - für hinterzogene Abgaben verlängerten - Verjährungsfrist erfolgt und zulässig.
25 Das Bundesfinanzgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, da die steuerliche Beurteilung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Ablöse des Klientenstocks eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstelle.
26 Die vorliegende Revision richtet sich sowohl gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich Einkommensteuer 2005 wie auch gegen den darauf beruhenden Sachbescheid. Das Bundesfinanzgericht legte die Verfahrensakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
28 I. In der Revision gegen den Sachbescheid wird vorgebracht, es entspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das gesamte Betriebsvermögen im Zuge einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen zu übernehmen sei. Dementsprechend sei der Klientenstock im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe in das Privatvermögen entnommen worden und könne die spätere Veräußerung als Privatvermögen nicht der Einkommensteuer unterliegen.
29 Der Revisionswerber verpachtete im Jahr 1999 seinen, die wesentliche Betriebsgrundlage bildenden Klientenstock an eine GmbH, an der er zu 25% und seine Ehefrau zu 49% beteiligt waren. Er gab zunächst einen Kündigungsverzicht für zehn Jahre ab; diesen Zeitraum verlängerte er im Jahr 2002 bis ins Jahr 2018.
30 Bei freiberuflich Tätigen kommt der Kundenbindung und dem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Klienten maßgebliche Bedeutung zu (vgl. hierzu , wonach ein Klientenstock solange nicht als abnutzbares Wirtschaftsgut anzusehen ist, als das persönliche Vertrauensverhältnis zum bisherigen Kanzleiinhaber aufrechterhalten bleibt). Da ein "Pächter eines Klientenstocks" seinerseits ein Vertrauensverhältnis zu den "übertragenen Klienten" neu begründet, während die Klientenbindung zum "Verpächter" im Laufe der Zeit verloren geht, kommen Fälle der "Überlassung eines Klientenstocks" zur "Nutzung" in der Regel nur im Zusammenhang mit der weiter bestehenden Präsenz des bisherigen Einzelunternehmers im Betrieb des (nahestehenden) Pächters vor.
31 Im Erkenntnis vom , 94/13/0206, hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die Überlassung eines Klientenstocks durch einen Wirtschaftstreuhänder an eine mit ihm gesellschaftsrechtlich verflochtene GmbH ausgeführt, eine Beendigung des Betriebes sei anzunehmen, wenn konkrete Umstände objektiv darauf schließen lassen, dass der Verpächter nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses mit dem vorhandenen Klientenstock nicht mehr in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, oder sonst das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht des Verpächters spricht, den Betrieb nach Auflösung des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen. Ist der Wirtschaftstreuhänder (ungeachtet des Bezuges einer Alterspension) weiterhin als Geschäftsführer der GmbH tätig, der er seinen Klientenstock überlassen hat, fehlt es an Anzeichen dafür, dass der Wirtschaftstreuhänder nicht in der Lage gewesen sein könnte, den verpachteten Betrieb auf seine Rechnung und Gefahr fortzuführen. Bei dieser Sachlage ist von keiner Betriebsaufgabe durch Verpachtung auszugehen.
32 Auch im Revisionsfall fehlt es an Anzeichen dafür, dass der Revisionswerber mit dem Abschluss des Pachtvertrages mit der seinen Familiennamen tragenden GmbH, deren Gesellschafter er und seine Ehefrau unverändert geblieben waren, das persönliche Vertrauensverhältnis zu seinen Klienten beendet und sich endgültig der Möglichkeit begeben hätte, im Falle der Auflösung des Pachtvertrages die Klienten weiter zu betreuen, zumal sich der Revisionswerber die "Rückführung der Klienten" bei Auflösung der Pachtvereinbarung ausdrücklich ausbedungen hat.
33 Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Revisionswerber im Jahr 2002 einen "verlängerten Kündigungsverzicht" abgegeben hat. Erst mit der im Streitjahr 2005 erfolgten Veräußerung des Klientenstocks hat sich der Revisionswerber endgültig der Möglichkeit begeben, die Klienten entweder selbst oder im Wege einer weiteren Verpachtung zu betreuen und daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erzielen.
34 Dass das Finanzamt die vom Revisionswerber im Jahr 2002 erklärte "Entnahme" des Klientenstockes zu einem Wert von Null ebenso unbeanstandet ließ wie die Erklärung der strittigen Einkünfte unter der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2003 und 2004, steht der Beurteilung des Klientenstockes als Betriebsvermögen im Jahr 2005 nicht entgegen. Vielmehr ist die Abgabenbehörde verpflichtet, das Vorliegen von Betriebsvermögen für jedes Veranlagungsjahr unabhängig von allfälligen früheren Fehlbeurteilungen zu prüfen.
35 Aber selbst unter der Annahme einer Betriebsaufgabe im Jahr 2002 wäre für den Standpunkt des Revisionswerbers, der Klientenstock stelle im Jahr 2005 bereits Privatvermögen dar, nichts zu gewinnen, weil in das Privatvermögen wesentliche Betriebsgrundlagen nur überführt werden können, wenn sie für eine Privatnutzung geeignet sind oder wegen Wertlosigkeit eine andere betriebliche Verwendung ausschließen (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz. 31). Ein Klientenstock eignet sich nicht zur Privatnutzung; Wertlosigkeit lag - wie der 2005 für den Klientenstock erzielte Veräußerungserlös zeigt - gleichfalls nicht vor.
36 II. Mit seiner Revision gegen den Wiederaufnahmebescheid wendet sich der Revisionswerber ergänzend gegen das Vorliegen hinterzogener Abgaben und damit der Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO.
37 Die Abgabenbehörde ist nicht daran gehindert, im Abgabenverfahren - ohne dass es einer finanzstrafbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung bedarf - festzustellen, dass Abgaben im Sinne des § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO hinterzogen sind. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt konkrete und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht. Vorsätzlich handelt, wer ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. etwa ).
38 Dem Revisionsvorbringen gelingt es nicht, die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Beweiswürdigung als unschlüssig erscheinen zu lassen.
39 Auf Grundlage welchen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes der Revisionswerber die Veräußerung seines Klientenstockes als außerbetrieblichen Vorgang hätte beurteilen dürfen, verdeutlicht der Revisionswerber auch in seinem umfangreichen Revisionsvorbringen nicht.
40 Der Revisionswerber zeigt auch nicht auf, dass er den Erlös aus der Veräußerung des Klientenstock in der Einkommensteuererklärung des Jahres 2005 oder in dazu eingereichten Beilagen entgegen der Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichtes offengelegt hätte.
41 Zur Annahme des bedingten Vorsatzes konnte sich die belangte Behörde im Rahmen der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Schlüssigkeitskontrolle unterliegenden Beweiswürdigung (vgl. , und vom , 2004/15/0001) zudem zu Recht auch auf den Umstand stützen, dass es sich beim Revisionswerber um eine des Steuerrechts kundige Person handelt.
42 Die Revision erweist sich damit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
43 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am