VwGH vom 26.02.2013, 2009/15/0175
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Dr. Thomas König, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 15/Kleeblattgasse 13/Top 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0699-S/08, betreffend Haftungsbescheide gemäß § 99 EStG 1988 für den Zeitraum 2006, 2007 und 1-5/2008, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit Ende 2005 im Baunebengewerbe tätig, wobei sie als Subunternehmerin für diverse Baugesellschaften insbesondere Leistungen im Bereich von Eisenbiegertätigkeiten (Verlegung von Baueisen) erbrachte. Die Arbeiten wurden zum Großteil durch ausländische Arbeitskräfte durchgeführt, welche von ausländischen Unternehmen zur Arbeitsverrichtung nach Österreich entsandt worden waren.
Die von diesen ausländischen Unternehmen der Beschwerdeführerin im Zeitraum 2006 bis 5/2008 in Rechnung gestellten Fremdleistungen wurden vom Finanzamt nach erfolgter Betriebsprüfung gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 der 20%igen Abzugsteuer unterworfen, und diese der Beschwerdeführerin als Abzugsverpflichteter mit Bescheiden vom vorgeschrieben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dem dem hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0174, zu Grunde liegenden Fall in einem Maß, das es erlaubt, hinsichtlich der Ausführungen zur einkommensteuerlichen Einordnung einer derartigen Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Gründe jenes Erkenntnisses zu verweisen.
Im Unterschied zu diesem Erkenntnis ist auf den vorliegenden Beschwerdefall allerdings bereits die DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005, als innerstaatliche Regelung zur Durchführung von Doppelbesteuerungsabkommen anwendbar. Ist nach originär-innerstaatlichem Recht eine Abfuhrpflicht gegeben, kann eine Abfuhr der Abzugsteuer nach § 99 EStG 1988 nur mehr dann unterbleiben, wenn alle Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung für eine Entlastung an der Quelle in unmittelbarer Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens erfüllt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0090). In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde daher zu Recht auf § 5 Abs. 1 Z 4 der Verordnung verwiesen. Dieser erklärt eine unmittelbare Entlastung an der Quelle für Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung grundsätzlich für unzulässig, es sei denn, es liegt ein Freistellungsbescheid gemäß § 5 Abs. 3 der Verordnung idF BGBl. II Nr. 44/2006 vor.
Einwendungen gegen die angenommenen Bemessungsgrundlagen (vgl. , Scorpio) wurden in der Beschwerde nicht dargetan, sodass damit eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.
Zu den Verfahrensrügen der Beschwerde ist Folgendes auszuführen:
Soweit die Beschwerde die Verwendung des Formulars L 20 ("kombinierter Abgaben- und Haftungsbescheid") und die Nennung von § 82 EStG 1988 als Rechtsgrundlage auf dem Vordruck rügt, ist zunächst auf das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0182, zu verweisen. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Verwendung des Vordruckes "Haftungs- und Abgabenbescheid(e)" zwar eine Bescheidgestaltung darstellt, die zu Unklarheiten führen kann, eine Sanierung in der Begründung der Berufungsentscheidung aber möglich ist. Die von der Beschwerde gerügte Unklarheit in Form einer Berufung auf § 82 EStG 1988 im Spruch liegt aber nicht vor, denn die Auswahlmöglichkeit der Lohnsteuer-Haftung nach § 82 EStG 1988 ist im vorliegenden Vordruck - wie auch die Gegenschrift der belangten Behörde zu Recht ausführt - gerade nicht angekreuzt, sondern lediglich die Auswahlmöglichkeit "Abzugsteuer 20%".
Insoweit die Beschwerde unterlassene Ermittlungsschritte rügt, weil "etliche portugiesische Arbeiter Dr. B von der portugiesischen O, Lda. als ihren Chef nannten", ist ihr entgegen zu halten, dass der Gesteller bei einer Arbeitskräftegestellung Arbeitgeber der überlassenen Arbeitskräfte bleibt.
Schließlich weist die Beschwerde darauf hin, dass neben der beschwerdeführenden B GmbH insbesondere noch die B KEG und eine ARGE B existiert hätten. Bei der Protokollierung der diversen Einvernahmen sei nicht unterschieden worden, ob sich die Aussagen auf das Verhältnis der B KEG, der B GmbH oder der ARGE B zu den portugiesischen Firmen bezogen hätten. Im angefochtenen Bescheid weist die belangte Behörde zur Untermauerung ihrer Feststellungen jedoch auf ein Auftragsschreiben der Beschwerdeführerin (und nicht der B KEG) an die O, Lda. vom hin, in dem das Verhältnis des ausländischen Unternehmens zur Beschwerdeführerin vertraglich geregelt ist. Auch die in den Verwaltungsakten einliegende Niederschrift der Vernehmung des G.B., Geschäftsführer der B GmbH und Komplementär der B KEG, vom unterstreicht das operative Tätigsein der Beschwerdeführerin im Beschwerdezeitraum, das diese im Übrigen in der Beschwerde auch gar nicht bestreitet. In seiner Vernehmung gibt der Geschäftsführer an, dass die B KEG in Gefolge der Gründung der Beschwerdeführerin aufgelöst werden solle. Er habe 18 Angestellte, welche "auch in der GmbH gemeldet" seien und erhalte "weiteres Personal" von der O, Lda. in Portugal "zur Verfügung gestellt". Schließlich lauten auch die in den Verwaltungsakten einliegenden Eingangsrechnungen des portugiesischen Unternehmens auf die Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin bestreitet in der Beschwerde auch nicht den Umfang und die Art ihrer Geschäftskontakte mit den ausländischen Unternehmen und den Rückgriff auf ausländische Arbeiter zur Durchführung von Eisenbiegertätigkeiten, sondern wendet sich ausschließlich gegen die rechtliche Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Arbeitskräftegestellung. Vor dem Hintergrund ist es der Beschwerde mit ihrem allgemeinen Vorbringen nicht gelungen, die "Zurechnung" der ausländischen Arbeiter zur Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde zu erschüttern.
Die Beschwerdeführerin trägt schließlich vor, ihr sei zu einzelnen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, nämlich zur Barauszahlung von Lohn an die ausländischen Arbeiter durch die Beschwerdeführerin und zu bei ihr vorgefundenen Stundenaufzeichnungen der ausländischen Arbeiter nicht ordnungsgemäß Parteiengehör gewährt worden. Dabei übersieht sie zunächst, dass ihr - wie die Gegenschrift der belangten Behörde ausführt - am nach Abschluss des Betriebsprüfungsverfahrens und nach Abhaltung der Schlussbesprechung umfassend zu den behördlichen Feststellungen und Beweisquellen Akteneinsicht gewährt worden ist. Mit der gerügten Verletzung des Parteiengehörs würde im Übrigen ein Verfahrensmangel begründet, der zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nur im Falle seiner Relevanz zu führen hätte, die von der Beschwerdeführerin darzustellen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0032). Mit dem dazu in der Beschwerde erstatteten Vorbringen (betriebsbezogenen Erklärungen für die gewählte Vorgangsweise) konnte ein mögliches anderes Verfahrensergebnis aber schon deshalb nicht aufgezeigt werden, weil sowohl der Umstand von Stundenaufzeichnungen als auch von Barauszahlungen keine tragenden Begründungselemente für die rechtliche Würdigung der belangten Behörde waren.
Soweit die Beschwerde schließlich rügt, dass der Ankauf von Schutzkleidung und die Zur-Verfügung-Stellung von Unterkünften nur "gegen entsprechende Berechnung" an die ausländischen Subunternehmer nach mündlicher Zusatzvereinbarung erfolgt seien und daher schon deswegen keine Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch sie selbst darstellten, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese Umstände keine wesentliche Bedeutung für die Qualifikation des Vertragsverhältnisses hatten.
Entscheidend waren letztlich die von der belangten Behörde festgestellte intensive Anleitung und Aufsicht ("Dienst- und Fachaufsicht") durch die Vorarbeiter der Beschwerdeführerin, das Ausmaß der Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf der Beschwerdeführerin und die nicht abgegrenzten Bauleistungen der Arbeitnehmer (keine selbständig übertragenen Bauabschnitte) und somit das fehlende eigenständige, gewährleistungsfähige Werk. Die lediglich gegen einzelne Umstände vorgebrachten Verfahrensrügen konnten diese Feststellungen nicht erschüttern und waren daher schon deshalb nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am