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VwGH vom 02.03.2017, Ra 2015/08/0175

VwGH vom 02.03.2017, Ra 2015/08/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über den Antrag der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , G312 2017477- 1/4E und G312 2114771-1/2E, betreffend Feststellung von Beitragsgrundlagen und Beiträgen nach dem BSVG (mitbeteiligte Parteien: 1. G S 2. F S, beide in H, beide vertreten durch die Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG in 8020 Graz, Lagergasse 57a), sowie über die gegen das genannte Erkenntnis gerichtete Revision,

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist wird stattgegeben. II. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid vom stellte die revisionswerbende Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) für den Zeitraum bis gemäß § 23 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) die monatlichen Beitragsgrundlagen und Beiträge der mitbeteiligten Parteien in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung - aufgegliedert einerseits für den landwirtschaftlichen "Flächenbetrieb" und andererseits für eine landwirtschaftliche "Nebentätigkeit" - in näher bezifferter Höhe fest.

2 Begründend führte die SVB aus, von den mitbeteiligten Parteien werde auf gemeinsame Rechnung ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt und ein land(forst)wirtschaftliches Nebengewerbe betrieben. Im Rahmen dieses Nebengewerbes würden durch Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte (im Sinn des Punktes 3.1 der Anlage 2 zum BSVG) von den mitbeteiligten Parteien "Marmeladen, gefärbte und gelaserte Ostereier, Hendlteile und gelaserte Äpfel" hergestellt und vertrieben. Auch die (einzig strittige) Laserung der Äpfel sei nicht der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen, sodass die daraus erzielten Einkünfte bei Bildung der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 3 BSVG zu berücksichtigen seien.

3 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Sie führten aus, die Laserung der Äpfel zähle zur land(forst)wirtschaftlichen Urproduktion und stelle keine Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte im Sinn des Punktes 3.1 der Anlage 2 zum BSVG dar. Die zur Laserung verwendeten Äpfel würden gesondert geerntet und selektiert, da eine spezifische Größe und Farbe erforderlich sei, und auf die Schale ein Schriftzug - etwa eine Werbung, ein Glückwunsch oder ein Name - gelasert. Die Äpfel würden dadurch nicht beschädigt und seien als "Obst" nach der Urprodukteverordnung ein der Urproduktion zuzurechnendes Produkt. Die Einkünfte aus den gelaserten Äpfeln seien daher bei Bestimmung der Beitragsgrundlagen und Beiträge nach dem BSVG nicht zu berücksichtigen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge und sprach aus, der angefochtene Bescheid werde "in seinem Anfechtungsumfang dahingehend abgeändert, dass die Einkünfte aus gelaserten Äpfeln bei den Einkünften aus land(forst)wirtschaftlicher Nebentätigkeit (Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte) unberücksichtigt zu bleiben haben." Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5 Dazu traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen:

6 Von den mitbeteiligten Parteien werde "neben" ihrem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ein land(forst)wirtschaftliches Nebengewerbe betrieben. Im Rahmen des Nebengewerbes würden von ihnen durch Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte "Marmeladen, gefärbte und gelaserte Ostereier, Hendlteile und gelaserte Äpfel" hergestellt. Der Verkauf dieser Produkte erfolge "ab Hof" und auf Bauernmärkten. Der gelaserte Schriftzug verändere die Äpfel nicht in einer solchen Art und Weise, dass aus diesen ein "Marketingprodukt" oder bloßer "Gag" würde. Die Äpfel blieben "als Produkt" bestehen. Durch die Laserung werde "lediglich" ein höherer Kaufanreiz geschaffen und dadurch ein höherer Erlös erzielt.

7 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, eine land(forst)wirtschaftliche Nebentätigkeit sei eine an sich nicht land(forst)wirtschaftliche Tätigkeit, die wegen ihres engen Zusammenhanges mit der Haupttätigkeit und wegen ihrer untergeordneten Bedeutung gegenüber dieser Haupttätigkeit nach der Verkehrsauffassung in dieser gleichsam aufgehe, sodass die gesamte Tätigkeit des Land- und Forstwirts als land(forst)wirtschaftlich anzusehen sei. Der Gesetzgeber verfolge hinsichtlich der Nebengewerbe den Zweck, dass auch die Einkünfte aus diesen zusätzlich zum Einheitswert in die Beitragsgrundlage nach dem BSVG einzubeziehen seien. Seien die Kriterien eines Nebengewerbes nicht erfüllt, sei die Tätigkeit nach der Gewerbeordnung zu behandeln und werde allenfalls eine Pflichtversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) begründet. Voraussetzung des Vorliegens einer land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit sei die wirtschaftliche Unterordnung sowohl hinsichtlich der Zweckbestimmung als auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Umfanges. Hinsichtlich der Zweckbestimmung werde im vorliegenden Fall durch die Laserung der Äpfel kein "eigenständiger Tätigkeitzweck erfüllt", blieben die Äpfel doch trotz der Laserung eines Schriftzuges zum Essen bestimmt. Die von der revisionswerbenden SVB festgestellten Einkünfte der mitbeteiligten Partei aus land(forst)wirtschaftlicher Nebentätigkeit gingen zum weitaus größten Teil auf den Verkauf der gelaserten Äpfel zurück. Im Hinblick auf das Verhältnis der Umsätze sei im vorliegenden Fall mangels wirtschaftlicher Unterordnung festzustellen, dass die Erträge aus dem Verkauf der gelaserten Äpfel bei Feststellung der Einkünfte der mitbeteiligten Parteien aus der Land- und Forstwirtschaft nicht zu berücksichtigen seien. Nach Durchführung "gesonderter Ermittlungen" seien von der Revisionswerberin den mitbeteiligten Parteien die "jeweiligen Beiträge" mitzuteilen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. 9 Mit am beim Verwaltungsgerichtshof

eingereichtem Schriftsatz beantragte die Revisionswerberin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.:

11 Das angefochtene Erkenntnis wurde der Revisionswerberin am zugestellt. Der Rechtsvertreter der Revisionswerberin brachte am - dem letzten Tag der sechswöchigen Revisionsfrist - beim Bundesverwaltungsgericht im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) um 18:47:47 Uhr die Revision ein. Da die Einbringung somit nach Ablauf der Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichts erfolgte, erweist sich die Revision als verspätet. Zur Begründung wird auf den hg. Beschluss vom , Ra 2014/01/0198, sowie die daran anschließende ständige hg. Rechtsprechung (vgl. etwa die Beschlüsse vom , Ra 2015/01/0061, vom , Ra 2015/01/0195, und vom , Ra 2015/19/0155) verwiesen (§ 43 Abs. 2 und 9 VwGG).

12 Zur Begründung ihres Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bringt die Revisionswerberin vor, ihr Rechtsvertreter habe erstmals durch eine Aussendung der Rechtsanwaltskammer Wien vom von dem hg. Beschluss Ra 2014/01/0198 Kenntnis erlangt. Dadurch sei ihm erstmals bekannt geworden, dass Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr fristwahrend nur während der Amtsstunden möglich seien und spätere Anbringen erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht gälten. Die erstmals im hg. Beschluss Ra 2014/01/0198 vertretene Rechtsansicht sei völlig überraschend und unvorhersehbar gewesen, finde sich doch ein diesbezüglicher Hinweis weder in einem Lehrbuch oder Kommentar noch auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts und sei auch nach allen anderen Verfahrensordnungen ein fristwahrendes Einbringen bis zum Ablauf des letzten Tages der Frist möglich. Der Rechtsirrtum des Rechtsvertreters der Revisionswerberin begründe unter den gegebenen Umständen kein bzw. kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden.

13 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten dazu eine Stellungnahme, mit der sie im Wesentlichen vorbrachten, der Rechtsvertreter der Revisionswerberin hätte darüber in Kenntnis sein müssen, dass eine Einbringung im ERV beim Bundesverwaltungsgericht nur während der Amtsstunden fristwahrend sei, sodass für die Bewilligung des Wiedereinsetzungsantrages kein Raum bleibe.

14 Auf Grund des durch die Bescheinigungsmittel bestätigten Vorbringens der Revisionswerberin ist davon auszugehen, dass ihr Rechtsvertreter erstmals durch die Aussendung der Rechtsanwaltskammer Wien vom von dem hg. Beschluss Ra 2014/01/0198 und damit von der Verspätung der Revision Kenntnis erlangt hat.

15 Der vorliegende Antrag gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2015/08/0194, entschieden hat. Auf diesen Beschluss wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG verwiesen (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Ro 2014/03/0084, und vom , Ra 2016/11/0018). Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

Zu Spruchpunkt II.:

16 Die SVB macht in ihrer Revision geltend, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorliegen einer land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit ab. Durch die Laserung werde ein neues höherwertiges Produkt erzeugt, dessen "Augenmerk" nicht mehr im Apfel, sondern im Werbezweck liege. Die Höherwertigkeit schlage sich auch im Verkaufspreis nieder und zeige sich auch an den durch den Verkauf erzielten Umsätzen. Es liege noch keine Rechtsprechung dazu vor, ob zur Abgrenzung zwischen dem Hauptbetrieb und einer land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit nunmehr auch die Urprodukteverordnung heranzuziehen sei. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sei auch insoweit unrichtig, als sie einerseits davon ausgehe, dass eine "Urproduktion" vorliege, andererseits aber die "wirtschaftliche Unterordnung" nicht als gegeben erachte. Die Frage der "wirtschaftlichen Unterordnung" sei aber nur für die Abgrenzung zwischen "Nebengewerbe/Gewerbe" nicht aber "Urproduktion/Nebengewerbe" relevant; dazu fehle aber noch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zur Frage, ob die Tätigkeit des Laserns von Äpfeln in "wirtschaftlicher Unterordnung" erbracht werde, habe das Bundesverwaltungsgericht den Sachverhalt auch nicht ermittelt.

17 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragten, der Revision nicht Folge zu geben.

18 Die Revision ist - wie die Revisionswerberin im Ergebnis zutreffend aufzeigt - zulässig und berechtigt, weil das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

19 Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 erster Satz BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG erstreckt sich die Pflichtversicherung nach Maßgabe der Anlage 2 zum BSVG insbesondere auch auf land(forst)wirtschaftliche Nebengewerbe gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 BSVG sind die im § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a leg. cit. bezeichneten Personen in der Unfallversicherung pflichtversichert.

Gemäß § 23 Abs. 1 BSVG ist Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung für die gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG Pflichtversicherten bei einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, für den ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 Bewertungsgesetz 1955 festgestellt wird, der nach § 23 Abs. 2 BSVG ermittelte Versicherungswert (Z 1); bei Ausübung von betrieblichen Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG die nach § 23 Abs. 4b BSVG ermittelte Beitragsgrundlage (Z 3). Treffen mehrere dieser Beitragsgrundlagen zusammen, so ist deren Summe für die Ermittlung der Beitragsgrundlage des Pflichtversicherten maßgebend (monatliche Beitragsgrundlage).

Gemäß § 30 BSVG ist die Beitragsgrundlage für den Betriebsbeitrag in der Unfallversicherung gemäß § 22 Abs. 2 lit. a BSVG in entsprechender Anwendung der für die Pensionsversicherung geltenden Bestimmungen des § 23 BSVG (mit hier nicht relevanten Maßgaben) festzustellen.

Die Anlage 2 zum BSVG in der maßgebenden Fassung ordnet in Z 1 den Versicherungstatbestand "Land- und forstwirtschaftliche Urproduktion (§ 5 des Landarbeitsgesetzes 1984)" der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 1 BSVG und in Z 3 den Versicherungstatbestand "Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs. 4 GewO 1994" - insbesondere in Z 3.1 die "Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte" - der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 3 BSVG zu.

20 § 5 Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes (LAG) lautet auszugsweise:

"(1) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei. (...)."

Gemäß § 5 Abs. 5 lit. a LAG gelten als Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ferner Betriebe, die in untergeordnetem Umfang im Verhältnis zum Hauptbetrieb im Sinne des Abs. 1 bzw. 2 geführt werden und deren Geschäftsbetrieb Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs. 4 GewO 1994 umfasst, sofern diese nach ihrer wirtschaftlichen Zweckbestimmung in einem Naheverhältnis zum Hauptbetrieb erfolgen.

21 Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und 2 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz auf die Land- und Forstwirtschaft (Abs. 2 und 3) sowie auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs. 4) nicht anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 GewO 1994 gehört zur Land- und Forstwirtschaft insbesondere "die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen".

Gemäß § 2 Abs. 3a GewO-1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzulegen, welche von Land- und Forstwirten hergestellten Produkte der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion zugehörig sind. Dabei ist vom alten Herkommen, der langjährigen Übung, der Abnehmererwartung hinsichtlich Angebotsform und -zustand des Produktes, der sich wandelnden Auffassung über eine Vermarktungsfähigkeit und den Erfordernissen einer Sicherung der Nahversorgung im ländlichen Raum auszugehen.

§ 2 Abs. 4 GewO 1994 lautet auszugsweise:

"Unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 2) sind zu verstehen:

1. die Verarbeitung und Bearbeitung überwiegend des eigenen

Naturproduktes unter der Voraussetzung, dass der Charakter des jeweiligen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt bleibt; die Be- und Verarbeitung kann auch durch einen befugten Gewerbetreibenden im Lohnverfahren erfolgen; der Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse muss gegenüber dem Wert des bearbeiteten oder verarbeiteten Naturproduktes untergeordnet sein;

(...)"

22 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 der auf Grund des § 2 Abs. 3a GewO 1994 erlassenen Urprodukteverordnung, BGBl. II Nr. 410/2008, gelten als der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion zugehörige Produkte unter anderem:

"Obst (Tafel- und Pressobst), Dörrobst, Beeren, Gemüse und Erdäpfel (auch gewaschen, geschält, zerteilt oder getrocknet), gekochte Rohnen (rote Rüben), Edelkastanien, Mohn, Nüsse, Kerne, Pilze einschließlich Zuchtpilze, Sauerkraut, Suppengrün, Tee- und Gewürzkräuter (auch getrocknet), Schnittblumen und Blütenblätter (auch getrocknet), Jungpflanzen, Obst- und Ziersträucher, Topfpflanzen, Zierpflanzen, Gräser, Moose, Flechten, Reisig, Wurzeln, Zapfen;"

23 Die revisionswerbende SVB legte ihrem Bescheid vom die Annahme zu Grunde, die strittige Tätigkeit der mitbeteiligten Parteien des "Laserns von Äpfeln" sei - als Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte im Sinn des Punktes 3.1 der Anlage 2 zum BSVG - ein land(forst)wirtschaftliches Nebengewerbe, weshalb die daraus erzielten Einkünfte bei Bildung der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 3 BSVG zu berücksichtigen seien. Die mitbeteiligten Parteien vertraten dagegen die Ansicht, die genannte Tätigkeit sei der land(forst)wirtschaftlichen Urproduktion zuzuordnen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner rechtlichen Beurteilung dagegen das Vorliegen eines land(forst)wirtschaftlichen Nebengewerbes mit der Begründung verneint, die Tätigkeit des "Laserns von Äpfeln" habe "mangels wirtschaftlicher Unterordnung" "bei den land(forst)wirtschaftlichen Einkünften unberücksichtigt zu bleiben". Dazu stellte es auf das Verhältnis der Umsätze aus dem Verkauf der "gelaserten Äpfel" zu den insgesamt von der Revisionwerberin festgestellten Umsätzen der mitbeteiligten Parteien aus land(forst)wirtschaftlichem Nebengewerbe ab. Mit diesen Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage verkannt.

24 Nach der (auch vom Bundesverwaltungsgericht zitierten) Rechtsprechung ist ein Nebengewerbe der Land- und Fortwirtschaft (eine land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit) im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 4 GewO 1994 eine an sich nicht land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit, die wegen ihres engen Zusammenhanges mit der Haupttätigkeit und wegen ihrer untergeordneten Bedeutung gegenüber dieser Haupttätigkeit nach der Verkehrsauffassung in dieser gleichsam aufgeht, sodass die gesamte Tätigkeit des Land- und Forstwirts als land- und forstwirtschaftlich anzusehen ist. Die wirtschaftliche Unterordnung muss sowohl hinsichtlich der Zweckbestimmung (die Nebentätigkeit darf keinen eigenständigen Tätigkeitszweck annehmen, sondern muss lediglich als Ausfluss der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit anzusehen sein) als auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Umfanges vorliegen, wobei das Verhältnis der Umsätze grundsätzlich ein taugliches Beurteilungskriterium darstellt. Das für das Vorliegen einer land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit erforderliche Tatbestandselement der wirtschaftlichen Unterordnung ist durch eine vergleichende Gegenüberstellung zwischen der jeweils ausgeübten land(forst)wirtschaftlichen Tätigkeit und der Nebentätigkeit vorzunehmen. Bei einem solchen Vergleich ist in jedem Einzelfall auf alle wirtschaftlichen Merkmale der betreffenden Tätigkeiten, insbesondere auf das Ausmaß der Wertschöpfung, auf die Höhe des Ertrages und der Kosten sowie auf den Aufwand an Arbeitskräften und an Arbeitszeit Bedacht zu nehmen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , 2008/08/0003, mwN).

25 Eine neben dem land(forst)wirtschaftlichen Hauptbetrieb ausgeübte Nebentätigkeit, die der Haupttätigkeit nicht wirtschaftlich untergeordnet ist, wäre nicht nach dem BSVG sondern gegebenenfalls nach dem GSVG pflichtversichert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2011/08/0224, und nochmals vom , 2008/08/0003).

26 Um beurteilen zu können, ob eine Nebentätigkeit "wirtschaftlich untergeordnet" ist, ist diese daher der land(forst)wirtschaftlichen Haupttätigkeit - somit der Flächenbewirtschaftung oder einem sonstigen Hauptbetrieb nach dem BSVG, der eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 erster Satz BSVG begründet - gegenüberzustellen. Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht einen solchen Vergleich jedoch nicht angestellt und - wie die Revisionswerberin im Ergebnis zutreffend ausführt - zur land- und forstwirtschaftlichen Haupttätigkeit der mitbeteiligten Parteien auch keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung der genannten Kriterien der "wirtschaftlichen Unterordnung" zulassen würden. Aus einem Vergleich der Einkünfte aus der strittigen Tätigkeit des "Laserns von Äpfeln" einerseits und andererseits der Einkünfte, die von den mitbeteiligten Parteien sonst aus land- und forstwirtschaftlichen Nebentätigkeiten erzielt werden, ist entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen.

27 Die Frage, ob eine "wirtschaftliche Unterordnung" im genannten Sinn vorliegt, stellt sich jedoch erst, wenn die infrage stehende Tätigkeit - im vorliegenden Fall das "Lasern von Äpfeln" -

nicht ohnehin als Urproduktion Teil des land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebes und als solche von der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 erster Satz BSVG mitumfasst ist.

28 Die sachliche Rechtfertigung bzw. der Zweck der Bildung einer eigenen Beitragsgrundlage für die Erträge aus einer land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit neben jener aus dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb, ist darin gelegen, dass durch die Nebentätigkeit eine weitere Wertschöpfung erzielt wird, die bei der Bewertung des landwirtschaftlichen Betriebes keine Berücksichtigung gefunden hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2012/08/0075, und vom , 2004/08/0046).

29 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2016/08/0004, ausgesprochen, dass für die Abgrenzung der Urproduktion vom land(forst)wirtschaftlichen Nebengewerbe der "Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte" nunmehr - auch für die Zwecke des BSVG, soweit es an die land(forst)wirtschaftlichen Nebengewerbe gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 anknüpft - die am in Kraft getretene Urprodukteverordnung maßgeblich ist.

30 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 der Urprodukteverordnung ist "Obst (Tafel- und Pressobst)" auch "gewaschen, geschält, zerteilt oder getrocknet" als Urprodukt anzusehen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erkennbar geteilte Rechtsansicht der mitbeteiligten Parteien, die Äpfel blieben trotz des Laserns eines Schriftzuges auf ihrer Schale "Obst" im Sinn der Urprodukteverordnung, zumal sie weiter zum Verzehr geeignet seien, greift jedoch zu kurz.

31 Nach dem dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegenden unstrittigen Sachverhalt wird von den mitbeteiligten Parteien nach Kundenwunsch mit einem Laser ein Schriftzug - etwa eine Werbung, ein Glückwunsch, ein Firmenlogo oder ein Name - auf der Schale der Äpfel angebracht. Dadurch wird nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes ein Kaufanreiz geschaffen und ein höherer Erlös aus dem Verkauf der Äpfel erzielt.

32 Damit wird aber an den Äpfeln eine Bearbeitung vorgenommen, die über die in der Urprodukteverordnung genannten Arbeitsschritte des Waschens, Schälens, Zerteilens oder Trocknens hinausgeht und dadurch eine für eine Weiterverarbeitung eigener Erzeugnisse typische Wertschöpfung geschaffen, die eine Einbeziehung der Erträge aus dem Nebenbetrieb in eine eigene Beitragsgrundlage neben jener aus dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb sachlich rechtfertigt, zumal diese Wertschöpfung bei der Bewertung des landwirtschaftlichen Betriebes keine Berücksichtigung findet (vgl. in diesem Sinn nochmals das hg. Erkenntnis vom , 2011/08/0224).

33 Im Sinn der dargestellten Grundsätze sind damit die Einkünfte aus dem Verkauf der bearbeiteten Äpfel nicht mehr der landwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnen. Es liegt - soweit nicht (wie auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden kann) die Tätigkeit aufgrund fehlender wirtschaftlicher Unterordnung im oben genannten Sinn gar nicht dem BSVG unterliegt - ein land(forst)wirtschaftliches Nebengewerbe der "Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte" im Sinn der Anlage 2 Z 3.1 zum BSVG und des § 2 Abs. 4 Z 1 GewO 1994 vor, dessen Einnahmen bei Bildung der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 3 BSVG zu berücksichtigen sind.

34 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich auch aus einem weiteren Grund als rechtswidrig.

35 Ein Verwaltungsgericht hat grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und derart nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war. Es tritt insoweit im Rechtsmittelweg grundsätzlich an die Stelle der Verwaltungsbehörde, deren Entscheidung bei ihm angefochten wurde, wobei angesichts seiner Sachentscheidungs- und Sacherledigungskompetenz die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, an die Stelle des verwaltungsbehördlichen Bescheides tritt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/03/0027, mwN).

36 Im vorliegenden Fall wurden von der revisionswerbenden SVB monatliche Beitragsgrundlagen und Beiträge der mitbeteiligten Parteien nach dem BSVG in den Jahren 2009 bis 2013 festgestellt. Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht eine Feststellung über die Berücksichtigung der "Einkünfte aus gelaserten Äpfeln bei den Einkünften aus land(forst)wirtschaftlicher Nebentätigkeit" (erkennbar gemeint:

bei Festsetzung der Beitragsgrundlage nach § 23 Abs. 1 Z 3 BSVG und der darauf aufbauenden Bemessung der Beiträge) getroffen und im Rahmen der Begründung zum Ausdruck gebracht, die Revisionswerberin werde auf Grundlage dessen die Beiträge gegenüber den mitbeteiligten Parteien zu bemessen haben. Damit enthält das angefochtene Erkenntnis aber nur eine Feststellung eines Tatbestandselements der zu entscheidenden Sache und wird der Anforderung, auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, nicht gerecht (vgl. auch zur Unzulässigkeit des isolierten Abspruches über ein Tatbestandsmoment eines Rechtsverhältnisses das hg. Erkenntnis vom , 2005/08/0214; vgl. demgegenüber - zur hier nicht streitgegenständlichen - Zulässigkeit eines Abspruches über das Bestehen einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG das hg. Erkenntnis vom , Ro 2016/08/0004, mwN).

37 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

38 Der Revisionswerberin war kein Aufwandersatz zuzusprechen, weil sie selbst Rechtsträgerin im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG ist. Wien, am