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VwGH vom 07.01.2016, Ra 2015/08/0165

VwGH vom 07.01.2016, Ra 2015/08/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des Arbeitsmarktservice Wien Dresdner Straße in 1200 Wien, Dresdner Straße 110, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W209 2003119- 2/5E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld (mitbeteiligte Partei: Mag. R M in Wien, vertreten durch Dr. Astrid Hinterberger, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Singerstraße 11/7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als mit ihm der Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom hinsichtlich des Widerrufs des Arbeitslosengeldes aufgehoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit (Ersatz )Bescheid der revisionswerbenden Behörde (des AMS) vom wurde gegenüber dem Mitbeteiligten gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug des Arbeitslosengeldes im Zeitraum bis widerrufen und der Mitbeteiligte gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt Empfangenen in Höhe von EUR 7.406,64 verpflichtet. Der Widerruf des Arbeitslosengeldes wurde damit begründet, dass der Mitbeteiligte im betreffenden Zeitraum in einem vollversicherten Dienstverhältnis gestanden sei, sodass Arbeitslosigkeit nicht vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis behob das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG den Bescheid der revisionswerbenden Behörde vom und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der Mitbeteiligte mit Wirkung vom einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt habe. Nach der Antragsausgabe habe er sich bei seinem AMS-Berater in der Servicezone nach seinem Versicherungsschutz erkundigt. Dieser habe "zwischen Tür und Angel" kurz in den "beschwerdegegenständlichen" Dienstvertrag Einsicht genommen, habe aber die Frage, ob ein geringfügiges Dienstverhältnis vorliege, nicht beantworten können. Die Frage nach dem Versicherungsschutz habe er bejaht. Im Zuge der Antragsrückgabe am habe der Mitbeteiligte den Dienstvertrag mit der Universität Wien vorgelegt. Darauf angesprochen habe der AMS-Mitarbeiter gemeint, dass im Fall eines nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses dieses ohnehin im System aufscheine. Eine Kopie des Dienstvertrages sei nicht zum Akt genommen worden. Das Antragsformular habe der Mitbeteiligte gemeinsam mit dem AMS-Berater ausgefüllt. Die Fragen zu Punkt 5 und 9 - "Ich stehe in Beschäftigung" und "Ich habe ein eigenes Einkommen" - habe er jeweils mit "Nein" beantwortet. Zu Punkt 12 - "Ich gebe folgende Beschäftigungs- und Ausbildungszeiten sowie sonstige Zeiten bekannt" - habe er lediglich angegeben, von bis Projektassistent an der TU Wien gewesen zu sein. Die Angaben im Antrag seien von seinem Berater auf ihre Vollständigkeit überprüft worden.

Das in den "Versicherungsdaten" des Mitbeteiligten aufscheinende vollversicherungspflichtige Dienstverhältnis zur Universität Wien sei durch den AMS-Berater auf Grund der Abmeldung des Dienstverhältnisses zur TU Wien irrtümlich händisch als beendet eingetragen worden, wodurch es nicht mehr - als dem Anspruch auf Arbeitslosengeld entgegenstehend - in den Hauptverbandsdaten aufgeschienen sei.

Mit Schreiben vom habe das AMS dem Mitbeteiligten mitgeteilt, dass er einen Arbeitslosengeldanspruch in näher bezeichneter Höhe habe. Der Mitbeteiligte, der sich bis dahin nicht im Klaren darüber gewesen sei, ob das Dienstverhältnis zur Universität Wien die Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe, sei daraufhin davon ausgegangen, dass es geprüft worden sei und dem Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entgegenstehe.

Im Zuge der Antragstellung auf Notstandshilfe am habe der AMS-Berater nach Einsichtnahme in die Hauptverbandsdaten ein durchgehendes vollversichertes Dienstverhältnis zur Universität Wien festgestellt.

In der rechtlichen Beurteilung setzte sich das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich mit der Frage auseinander, ob ein Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 AlVG verwirklicht sei, und verneinte dies schließlich. Implizit wurde dabei davon ausgegangen, dass der Mitbeteiligte im fraglichen Zeitraum in einem vollversicherten Dienstverhältnis zur Universität Wien gestanden sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die dem Verwaltungsgerichtshof unter Anschluss der Akten des Verfahrens vom Bundesverwaltungsgericht vorgelegt worden ist.

Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Revision richtet sich laut Anfechtungserklärung ausschließlich gegen die Behebung des Widerrufs der Notstandshilfe.

Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG bringt die revisionswerbende Behörde vor, dass das Bundesverwaltungsgericht insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, als es den erstinstanzlichen Bescheid auch hinsichtlich des Widerrufs der Notstandshilfe behoben habe, obwohl das Vorliegen einer vollversicherten Beschäftigung im Widerrufszeitraum unstrittig sei.

Die Revision ist aus dem geltend gemachten Grund zulässig und auch berechtigt.

2. Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt als arbeitslos insbesondere nicht, wer in einem Dienstverhältnis steht.

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen, wenn die Zuerkennung gesetzlich nicht begründet war.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

3. Das Bundesverwaltungsgericht ist implizit davon ausgegangen, dass der Mitbeteiligte im Widerrufszeitraum in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis gestanden ist. Ausgehend davon wäre er in diesem Zeitraum gemäß § 12 Abs. 3 lit. a (iVm Abs. 6 lit. a) AlVG nicht arbeitslos gewesen, und die revisionswerbende Behörde hätte zu Recht gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes widerrufen.

Dadurch, dass das Bundesverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Bescheid dennoch auch hinsichtlich des Widerrufs des Arbeitslosengeldes - und nicht nur hinsichtlich der Rückforderung - behoben hat, hat es die Rechtslage verkannt. Es besteht auch ein Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, weil der erstinstanzliche Bescheid zwar - wie dargestellt - zur Gänze ersatzlos behoben wurde, das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung aber implizit von einer Rechtmäßigkeit des Widerrufs auszugehen scheint, wäre doch andernfalls der Rückforderung von vornherein der Boden entzogen.

4. Das in Revision gezogene Erkenntnis war daher im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am