VwGH vom 28.12.2015, Ra 2015/08/0158
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision der Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W167 2005261-1/3E, betreffend Zurückverweisung in einer Angelegenheit der Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. B-Institut Wien in Wien, 2. S W in W,
3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Kostenersatzbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Mit Bescheid vom stellte die revisionswerbende Gebietskrankenkasse fest, dass die Zweitmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei in der Zeit vom 1. Februar bis zum der Pflichtversicherung unterlegen sei.
1.2. Über den von der erstmitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch hat der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom den genannten Bescheid der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse bezüglich des Zeitraumes vom 9. Februar bis zum bestätigt (Spruchpunkt 1). Bezüglich des Zeitraumes vom 23. Oktober bis zum hat der Landeshauptmann von Wien den angefochtenen Bescheid behoben und die Angelegenheit an die revisionswerbende Gebietskrankenkasse zurückverwiesen (Spruchpunkt 2). Zu den Urlaubsersatzleistungen würden konkrete Ermittlungen fehlen. Ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung sei nicht gegeben.
1.3. Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse erhob betreffend die Zurückverweisung des Verfahrens (Spruchpunkt 2) Berufung. Mit Teilbescheid vom hat der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz dieser Berufung keine Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid sei unzureichend begründet gewesen. Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse werde sich im fortgesetzten Verfahren mit der Kündigung der Vereinbarung vom auseinanderzusetzen haben und habe hiebei zu berücksichtigen, dass grundsätzlich keine Möglichkeit bestehe, befristete Verträge zu kündigen, dass der zweite Absatz des Kündigungsschreibens auf eine Entlassung hindeuten würde, dass eine Kündigungsentschädigung nur bei einer unberechtigten Entlassung durch den Dienstgeber zustehen würde und dass diese Frage nicht im Verwaltungsweg, sondern durch das zuständige Arbeits- und Sozialgericht zu klären sei. Zur Frage der Urlaubskonsumation sei auch der Dienstgeber zu befragen.
1.4. Mit Teilbescheid vom hat der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz der Berufung der erstmitbeteiligten Partei gegen Spruchpunkt 1 keine Folge gegeben. Er bestätigte, dass die Zweitmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei vom 9. Februar bis zum der Vollversicherungspflicht unterlegen ist.
2. Mit (Ersatz)Bescheid vom stellte die revisionswerbende Gebietskrankenkasse - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - fest, dass die Zweitmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei auch in der Zeit vom 23. Oktober bis in einem die Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions ) Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG sowie die Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden sei. Das Dienstverhältnis habe auf Grund der Kündigung am geendet. Die erstmitbeteiligte Partei habe zum Urlaubsverbrauch der Zweitmitbeteiligten keine Angaben gemacht. Auch dem Akt seien dazu keine Angaben zu entnehmen. Daher werde der Angabe der Zweitmitbeteiligten Glauben geschenkt, dass sie keinen Urlaub konsumiert habe. Da das Dienstverhältnis seit rund zehn Monate gedauert habe und die Zweitmitbeteiligte an fünf Tagen pro Woche (Montag bis Freitag) gearbeitet habe, sei von einer Urlaubsersatzleistung im Ausmaß von zwanzig Tagen auszugehen. Unter Einberechnung der Wochenenden ergebe sich daher die Dauer des Dienstverhältnisses einschließlich der Urlaubsersatzleistung bis zum .
3. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der erstmitbeteiligten Partei hat das Verwaltungsgericht mit dem in Revision gezogenen Beschluss den bekämpften Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Feststellung des Sachverhalts und Erlassung eines neuen Bescheides an die revisionswerbende Gebietskrankenkasse zurückverwiesen. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
Das Verwaltungsgericht führte unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , 2013/09/0166, aus, die revisionswerbende Gebietskrankenkasse habe die erforderlichen Ermittlungsschritte unterlassen und sich nur auf die Angabe der Zweitmitbeteiligten bezogen, wonach diese keinen Urlaub konsumiert habe. Es habe keine Befragung der erstmitbeteiligten Partei durch die revisionswerbende Gebietskrankenkasse gegeben. Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse habe
"die erforderlichen Ermittlungsschritte unterlassen und sich nur auf die Angabe der Trainerin (Zweitmitbeteiligten) bezogen, wonach diese keinen Urlaub konsumiert habe. Es erfolgte keine Befragung der (erstmitbeteiligten Partei) durch die (revisionswerbende Gebietskrankenkasse). Dass die (erstmitbeteiligte Partei) keine Unterlagen zu konsumiertem bzw. nicht konsumiertem Urlaub von der (Zweitmitbeteiligten) vorlegte, liegt wahrscheinlich daran, dass das Dienstverhältnis ursprünglich als Werkvertrag vereinbart wurde. Es hätte demnach zumindest erhoben werden müssen, was allgemein betriebsintern zwischen der (erstmitbeteiligte Partei) und ihren Dienstnehmerinnen hinsichtlich Urlaubs vereinbart wurde, insbesondere ob es eine Art von Betriebsurlaub gab bzw. ob für die Zeit zwischen zwei Kursen üblicherweise Urlaub vereinbart wurde. Diesbezüglich wird die (revisionswerbende Gebietskrankenkasse) weitere Ermittlungen durchführen müssen, da anhand der im Akt ersichtlichen Ermittlungsergebnisse eine Berechnung des Endes der Pflichtversicherung unter Berücksichtigung einer allfälligen Urlaubsersatzleistung nicht möglich ist."
Hinsichtlich des Vorliegens eines echten Dienstverhältnisses könne der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse nicht entgegengetreten werden.
4. Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision der Gebietskrankenkasse. Die mitbeteiligten Parteien haben von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung abgesehen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
1. In Anbetracht der Feststellungen der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse lagen dem Bundesverwaltungsgericht brauchbare Ermittlungsergebnisse vor, die von ihm allenfalls zur vervollständigen gewesen wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/08/0126). Das Verwaltungsgericht wird zu berücksichtigen haben, ob eine Partei den Verbrauch bestimmter Urlaubstage behauptet (der Verbrauch von Urlaub ist gemäß § 4 Abs. 1 Urlaubsgesetz zwischen den Parteien eines Dienstvertrages zu vereinbaren; der Arbeitgeber hat gemäß § 8 Urlaubsgesetz entsprechende Aufzeichnungen zu führen) bzw. ob sich sonst greifbare Anhaltspunkte für einen solchen Verbrauch ergeben. Sollten demnach noch Erhebungen erforderlich sein, hat sich das Verwaltungsgericht im fortzusetzenden Verfahren selbst insbesondere durch Einvernahme von Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ein Bild über den zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses verbleibenden Resturlaubsanspruch zu machen.
2. Der angefochtene Beschluss war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die revisionswerbende Gebietskrankenkasse hat keinen Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, weil sie selbst Rechtsträgerin iSd § 47 Abs. 5 VwGG ist.
Wien, am