VwGH vom 28.10.2009, 2009/15/0168

VwGH vom 28.10.2009, 2009/15/0168

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2008/15/0135 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck in 4840 Vöcklabruck, Hatschekstraße 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0672- L/09, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2007 (mitbeteiligte Partei: F OHG in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Mitbeteiligte, eine OG mit den Gesellschaftern Renate L und Josef L, erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Gewinnermittlung nach § 5 EStG). Das Erdgeschoss des Hauses der Ehegatten Renate L und Josef L wurde für den Gewerbebetrieb der OG verwendet. Im Hinblick auf diese Nutzung für betriebliche Zwecke der OG stellte die Liegenschaft anteilig (mit dem auf das Erdgeschoss entfallenden Anteil) Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter Renate L und Josef L dar. Im ersten Stock des Hauses befindet sich seit über 30 Jahren der (Haupt)Wohnsitz der beiden - vor 1947 geborenen - Gesellschafter.

Zum Ablauf des Jahres 2007 erklärte die OG die Aufgabe ihres Betriebes. Sie begehrte die Anwendung der "Hauptwohnsitzbefreiung" gemäß § 24 Abs. 6 EStG 1988.

Im Zuge einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, die dem Erdgeschoss des Hauses zuzuordnende stille Reserve des Grund und Bodens sei als Folge der Betriebsaufgabe gewinnerhöhend zu erfassen.

Den Prüfungsfeststellungen entsprechend erließ das Finanzamt einen Bescheid betreffend die Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO für das Jahr 2007, mit welchem es die im Grund und Boden, soweit er zum Sonderbetriebsvermögen gehörte, enthaltene stille Reserve dem von der Mitbeteiligten erklärten steuerlichen Ergebnis und anteilig den Gewinnanteilen der Gesellschafter hinzurechnete.

Die Mitbeteiligte brachte Berufung ein. Sie beantragte, im Hinblick auf die Betriebsaufgabe die "Hauptwohnsitzbefreiung" des § 24 Abs. 6 EStG 1988 auch für die im Anteil am Grund und Bodens enthaltene stille Reserve anzuwenden. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass § 24 Abs. 6 EStG auf das gesamte Wirtschaftsgut "Gebäude" abstellte, also auf die bautechnische Einheit samt dem Boden (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom , 2005/14/0038). Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits im Erkenntnis vom , 2000/14/0178, Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 erläutert. Demnach wolle diese Begünstigung soziale Härten vermeiden, die sich ergäben, wenn der Unternehmer im Betriebsgebäude seinen Hauptwohnsitz habe und wegen der Betriebsaufgabe stille Reserven besteuern müsste, die er nicht "realisieren" könne, ohne gleichzeitig seinen Wohnsitz aufzugeben. Die Bestimmung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 wolle somit gewährleisten, dass der Steuerpflichtige nicht durch die Versteuerung der stillen Reserven seines Hauptwohnsitzes zu dessen Aufgabe gezwungen werde. Daraus ergebe sich, dass die "Hauptwohnsitzbefreiung" die stillen Reserven im gesamten Wirtschaftsgut (Haus und Boden des Hauptwohnsitzes) erfasse.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der erste Absatz des mit in Kraft getretenen, mit "Gewinn der rechnungslegungspflichtigen Gewerbetreibenden" überschriebenen § 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 24/2007 regle die Gewinnermittlung jener Steuerpflichtigen, die nach § 189 UGB der Pflicht zur Rechnungslegung unterlägen und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten. Bei dieser Gewinnermittlung seien auch Wertänderungen des zum Anlagevermögen gehörenden Grund und Bodens zu erfassen.

Zur hier strittigen Frage, ob sich die "Hauptwohnsitzbefreiung" des § 24 Abs. 6 EStG 1988 auch auf den Grund und Boden erstrecke, habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2005/14/0038, zu Recht erkannt, das Gesetz stelle auf das gesamte Wirtschaftsgut "Gebäude" ab, also auf eine bautechnische Einheit samt dem dazugehörigen Boden. Es komme entscheidend auf Sinn und Zweck der Regelung an. Das Gesetz stelle darauf ab, dass der Unternehmer im Betriebsgebäude seinen Hauptwohnsitz habe und wegen der Betriebsaufgabe gezwungen wäre, stille Reserven zu versteuern. Er müsste zur Begleichung der Steuerschuld seinen Wohnsitz aufgeben. § 24 Abs. 6 EStG 1988 wolle gewährleisten, dass der Steuerpflichtige nicht (durch die Versteuerung der stillen Reserven) zur Aufgabe seines Hauptwohnsitzes gezwungen werde. Daher erfasse die "Hauptwohnsitzbefreiung" die stillen Reserven im gesamten Wirtschaftsgut.

Auch die belangte Behörde vertrete diese der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde liegende Auffassung.

Auf den Literaturbeitrag von Quantschnigg/Mayr, RdW 2007, 118, in welchem eine andere Ansicht vertreten werde, habe Beiser in einem Beitrag in RdW 2007, 243, repliziert. Die belangte Behörde halte die Argumente des letztgenannten Beitrages für überzeugend. Demnach bestätigten die Gesetzesmaterialien die teleologische Auslegung des Verwaltungsgerichtshofes. In den ErlRV zum Abgabenänderungsgesetz 1980, 457 BlgNR XV. GP, werde formuliert: "Zur Vermeidung von Härten sieht der Entwurf in bestimmten Fällen der Betriebsaufgabe auf Antrag eine Ausscheidung der stillen Reserven betrieblich genutzter Gebäudeteile aus dem steuerpflichtigen Aufgabegewinn vor." Die Gesetzesmaterialien betonten damit das Ziel, soziale Härten infolge einer Besteuerung der stillen Reserven des Hauptwohnsitzes anlässlich einer Betriebsaufgabe zu vermeiden. § 24 Abs. 6 EStG 1988 habe die Hauptwohnsitzbefreiung des § 24 Abs. 6 EStG 1972 (idF AbgÄG 1980) übernommen, ohne die soziale Zielrichtung zu verändern. In den ErlRV, 621 BlgNR XVII. GP, sei zu § 24 Abs. 6 EStG 1988 zu lesen:

"Bei Betriebsaufgabe unterbleibt die Versteuerung der stillen Reserven hinsichtlich der Betriebsgebäude, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt. Bisher wurde auf das Alter abgestellt, ab dem die Voraussetzungen für eine gesetzliche Alterspension vorliegen. Dies führte zu Problemen bei bestimmten Freiberuflern, die erst mit höherem Alter einen Anspruch auf eine Alterspension haben (zB bei Notaren). Außerdem erscheint die bisher ungleiche Behandlung von Männern (60. Lebensjahr) und von Frauen (55. Lebensjahr) im Steuerrecht verfassungsrechtlich bedenklich. Ansonsten ist bei den weiteren Voraussetzungen keine Änderung eingetreten."

Dass das Bundesministerium für Finanzen die "Hauptwohnsitzbefreiung" nur "§ 4 Abs. 3- und § 4 Abs. 1- Gewinnermittlern" habe gewähren wollen (so Quantschnigg/Mayr, RdW 2007/120, 118), der Nationalrat aber eine solche ungleiche Anwendung abgelehnt und die Befreiung gleichmäßig allen Arten der Gewinnermittlung gewährt habe, spreche für die Befreiung auch des Bodenwertes. Eine Besteuerung des Bodens bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG wäre gerade mit jener sozialen Härte verbunden, die es nach dem erklärten Gesetzeszweck zu vermeiden gelte.

Diese Auslegung werde auch durch eine Wortinterpretation bestätigt. Nach § 12 Abs. 3 EStG 1988 betrage die Behaltefrist für "Grundstücke oder Gebäude" unter bestimmten Voraussetzungen 15 Jahre. Der Terminus "Grundstücke" erfasse dabei unbebaute Grundstücke, der Terminus "Gebäude" bebaute Grundstücke samt Grund und Boden. Es sei konsistent, die Begriffe "Gebäude" und "Gebäudeteile" in § 24 Abs. 6 EStG 1988 ebenso im Sinn von Baulichkeit samt Grund und Boden zu verstehen. Diese Interpretation finde auch Deckung im allgemeinen Sprachgebrauch:

Wer ein Haus/Gebäude oder eine Wohnung kaufe, kaufe ein Gebäude oder einen Gebäudeteil mitsamt Grund und Boden.

§ 24 Abs. 6 EStG erfasse sohin auch den anteiligen Bodenwert, entstünden doch hinsichtlich des Hauptwohnsitzes soziale Härten in gleicher Weise durch eine Besteuerung der stiller Reserven im Bodenwert wie durch eine Besteuerung der stiller Reserven im Wert der Baulichkeit.

Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt gemäß § 292 BAO Beschwerde erhoben, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I 2005/161 lautet:

"Wird der Betrieb aufgegeben und werden aus diesem Anlass Gebäudeteile (Gebäude) ins Privatvermögen übernommen, so unterbleibt auf Antrag die Erfassung der darauf entfallenden stillen Reserven. Voraussetzung ist, dass das Gebäude bis zur Aufgabe des Betriebes der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen ist, auf das Gebäude keine stillen Reserven übertragen worden sind und einer der folgenden Fälle vorliegt:

1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsaufgabe veranlasst.

2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beizubringenden medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.

3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) nach Betriebsaufgabe durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist sein steuerlicher Wertansatz um die unversteuerten stillen Reserven zu kürzen. Wird das Gebäude (der Gebäudeteil) innerhalb von fünf Jahren nach Aufgabe des Betriebes durch den Steuerpflichtigen oder einen unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert, gilt die Veräußerung als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung, das beim Steuerpflichtigen zur Erfassung der stillen Reserven höchstens im Umfang der Bemessungsgrundlage bei Betriebsaufgabe führt. Die zu erfassenden stillen Reserven sind als Aufgabegewinn zu versteuern. Wurde das Gebäude (der Gebäudeteil) vor der Veräußerung bereits zur Erzielung von Einkünften verwendet, ist der steuerliche Wertansatz um die versteuerten stillen Reserven wieder zu erhöhen."

Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0193).

Im Erkenntnis vom , 2005/14/0038, hat der Verwaltungsgerichtshof zu der § 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I 2005/161 im Wesentlichen entsprechenden Regelung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. 1996/201 zu Recht erkannt:

"Der Umstand, dass das Gesetz von der Übertragung stiller Reserven auf das Gebäude sowie von der Veräußerung des Gebäudes spricht, zeigt auf, dass auf das einzelne Wirtschaftsgut 'Gebäude' abgestellt ist. Bei Gebäuden stellt idR jede bautechnische Einheit (samt dem Boden, vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 98/15/0019, und vom , 98/14/0061, und Hofstätter/Reichel, § 4 Abs. 1 EStG, Tz 56 und Tz 135 'Boden und Gebäude') ein einzelnes Wirtschaftsgut dar.

Der Verwaltungsgerichtshof beschreibt im Erkenntnis vom , 2000/14/0178, Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 24 Abs. 6 EStG 1988. Demnach sollen durch die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 soziale Härten vermieden werden, wenn der Unternehmer im Betriebsgebäude seinen Hauptwohnsitz hat und anlässlich der Betriebsaufgabe stille Reserven versteuern müsste, die er nicht realisieren kann, ohne gleichzeitig seinen Wohnsitz aufzugeben.

Die Bestimmung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 will somit gewährleisten, dass der Steuerpflichtige nicht durch die Versteuerung der stillen Reserven seines bisherigen Hauptwohnsitzes zur Aufgabe seines bisherigen Hauptwohnsitzes gezwungen wird. Daraus ergibt sich, dass die Hauptwohnsitzbefreiung die stillen Reserven im gesamten Wirtschaftsgut (Grund- und Gebäudewert des bisherigen Hauptwohnsitzes) erfasst."

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch den gegenständlichen Fall nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Auch § 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I 2005/161 stellt ab auf Personen mit betrieblichen Einkünften und Hauptwohnsitz in einem Gebäude, welches wegen der Verwendung für die betriebliche Einkunftsquelle (anteilig) zum Betriebsvermögen gehört. Die Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 hat zur Folge, dass, soweit das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört hat, dessen Übergang in das Privatvermögen die stillen Reserven aufdeckt und Einkommensteuer auslöst. Die Aufdeckung der stillen Reserven durch Überführung in das Privatvermögen bringt allerdings nicht einen Zufluss liquider Mittel für die Begleichung der dadurch ausgelösten Einkommensteuer mit sich. § 24 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I 2005/161 (wie auch in der dem hg. Erkenntnis 2005/14/0038 zu Grunde liegenden Fassung) nimmt auf den besonderen Fall Bedacht, dass die Betriebsaufgabe am Ende des Erwerbslebens des (der) Steuerpflichtigen (typischerweise mit dem Übertritt in die Pension) erfolgt. Für diesen Fall verhindert der Gesetzgeber hinsichtlich jenes Objektes, in welchem sich der Hauptwohnsitz des (der) Steuerpflichtigen befindet, (unter konkret festgelegten Voraussetzungen) die steuerpflichtige Aufdeckung der stillen Reserven. Der Zweck der Regelung steht dabei unzweifelhaft fest:

Der Gesetzgeber will verhindern, dass der (die) Steuerpflichtige am Ende des Erwerbslebens gezwungen ist, zur Abtragung der durch die Betriebsaufgabe ausgelösten Einkommensteuerschuld den Wohnsitz zu veräußern. Ebenso unzweifelhaft ist es, dass der Zweck der Regelung konterkariert wäre, würde bei einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen die Besteuerung eines Anteiles des Wirtschaftsgutes, nämlich des Grund und Bodens, bestehen bleiben.

Die teleologische Auslegung führt daher - wie im hg. Erkenntnis 2005/14/0038 zum Ausdruck gebracht - zu dem Ergebnis, dass die Regelung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 mit dem Begriff "Gebäude" das einheitliche Wirtschaftsgut in seiner Gesamtheit, also einschließlich Grund und Boden, erfasst. Dass diese Auslegung in keinem Widerspruch zum Wortlaut der Bestimmung steht, hat die belangte Behörde - unter Bezugnahme auf Beiser RdW 2007, 243 - überzeugend dargetan, wird doch etwa ein "Gebäudekauf" nach der Auffassung des redlichen Verkehrs auch auf den dazugehörigen Boden bezogen.

Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Bescheid auch auf § 12 EStG 1988, in dessen Abs. 3 "Grundstücke oder Gebäude" und in dessen Abs. 3 "Grund und Boden" angesprochen werden. Der in § 12 Abs. 3 EStG 1988 verwendete Begriff "Grundstücke" erfasse - so die belangte Behörde - unbebaute Grundstücke, der Begriff "Gebäude" hingegen bebaute Grundstücke. Auf diese Argumentation des angefochtenen Bescheides braucht im Beschwerdefall nicht eingegangen zu werden, weil § 12 EStG 1988 nicht zur Anwendung gekommen ist und ohnedies jede Norm - insbesondere vor dem Hintergrund ihres Telos - einer eigenständigen Interpretation bedarf. In diesem Zusammenhang führt das beschwerdeführende Finanzamt auf Seite 8 der Beschwerde zutreffend aus, eine (Wort)Interpretation könne sich immer nur auf die auszulegende Norm und nicht auf andere Normen beziehen.

Soweit das Finanzamt vorbringt, Regelungen des EStG müssten nicht immer das gesamte Wirtschaftsgut erfassen, sondern könnten sich auch auf Teile eines Wirtschaftsgutes beziehen, ist dem zuzustimmen. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist allerdings - wie eben ausgeführt - durch Interpretation der konkreten Norm festzustellen.

Das beschwerdeführende Finanzamt bringt auch vor, auf Grund der Diktion jener einkommensteuerlichen Bestimmungen, die betriebliche Einkünfte beträfen, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass als Normadressat ein Steuerpflichtiger angesprochen sei, der den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittle. Für jede andere Form der Gewinnermittlung bestünden jeweils "konkrete Hinweise", wofür § 5 EStG selbst "das beste Beispiel darstellt". Werde dieser Aspekt als "roter Faden" des EStG 1988 akzeptiert, könne sich die "Wohnsitzbefreiung" nur auf die Baulichkeit erstrecken, "denn der bloße § 4/1-Ermittler hat herkömmlicherweise Grund und Boden nicht als Wirtschaftsgut in seiner Bilanz, sodass der Gesetzgeber gar nicht veranlasst gewesen sein konnte, diesbezüglich darauf hinzuweisen".

Dieses Beschwerdevorbringen überzeugt nicht, ist doch bereits die Prämisse unzutreffend, die Gewinnermittlungsnormen des EStG 1988 fänden nur dann auf eine andere Gewinnermittlungsart als jene nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 Anwendung, wenn sie dies ausdrücklich durch einen "konkreten Hinweis" anordneten. So finden beispielsweise die Bewertungsnormen des § 6 EStG 1988 unzweifelhaft auch im Falle der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 Anwendung.

Das Finanzamt bringt weiters vor, bei § 4-Ermittlern" sei der Grund und Boden nicht steuerhängig, weswegen eine Gleichbehandlung des "§ 4-Ermittlers" mit dem "§ 5-Ermittler" gar nicht möglich sei. Die soziale Härte, die bei einer Beschränkung der Begünstigung auf die Baulichkeit auftreten könne, habe ihre Wurzeln nicht in § 24 Abs. 6 EStG 1988, sondern in der Differenzierung der Gewinnermittlungsarten.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass sich "§ 5- Ermittler", die in einem (teilweise) zum Betriebsvermögen gehörenden Haus ihren Hauptwohnsitz haben und am Ende ihres Erwerbslebens vor der Gefahr stehen, den Wohnsitz - im Hinblick auf die Aufdeckung der stillen Reserven - verkaufen zu müssen, in einer gleichartigen Situation befinden wie Personen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG 1988 im Rahmen deren Betriebsaufgabe. Gerade im Hinblick auf diese gleichartige Situation erfasst die Befreiung des § 24 Abs. 6 EStG auch die Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988, und zwar in einer auch den Besonderheiten dieser Gewinnermittlungsart entsprechenden Weise.

Die Beschwerde verweist schließlich auch noch auf das EStG 1972. Erstmals mit dem AbgÄG 1980 sei eine Vorgängerbestimmung des im Beschwerdefall anzuwendenden § 24 Abs. 6 EStG 1988 geschaffen und in das EStG 1972 eingefügt worden. Der Ministerialentwurf des AbgÄG 1980 habe die Begünstigung ausschließlich für die Gewinnermittlungsarten nach § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 EStG vorgesehen. Erst die Regierungsvorlage des AbgÄG 1980 habe die Begünstigung auch den "§ 5 Ermittlern" gewährt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage finde sich - so die Beschwerde - wörtlich die Aussage, dass die neue Begünstigung des § 24 Abs. 6 die stillen Reserven "nicht auch des Grund und Bodens" erfasse.

Dieses Beschwerdevorbringen erweist sich als nicht nachvollziehbar. Die ErlRV zum AbgÄG 1980, 457 BlgNR XV. GP, enthalten eine solche Aussage nicht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am