VwGH vom 27.06.2017, Ro 2015/13/0019

VwGH vom 27.06.2017, Ro 2015/13/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamts Wien 8/16/17 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7104123/2014, betreffend Einkommensteuer 2010 (mitbeteiligte Partei: M in W, vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte wurde von seinem österreichischen Arbeitgeber im Zeitraum bis nach Italien entsandt. Im Streitjahr 2010 war der Mitbeteiligte in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Revisionswerbers für 2010 fest, wobei es einen Betrag iHv EUR 1.056,78 an ausländischer Steuer in Abzug brachte.

3 In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom brachte der Mitbeteiligte vor, er habe während der Entsendung seinen Wohnsitz in Österreich beibehalten. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe sich weiterhin in Österreich befunden. Nach Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Italien komme Österreich das Besteuerungsrecht hinsichtlich seines gesamten Welteinkommens zu. Italien habe nach Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA-Italien das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Bezüge, die auf die in Italien ausgeübten Arbeitstage entfielen. Nach Art. 23 Abs. 3 lit. a DBA-Italien komme die Anrechnungsmethode zur Anwendung. Die tatsächliche italienische Lohnsteuer für 2010 habe laut seinem Gehaltszettel EUR 25.551,57 betragen. Der Höchstbetrag der anrechenbaren ausländischen Steuer bestimme sich nach dem Teil der österreichischen Einkommensteuer, der auf die durch Anrechnung begünstigten Auslandseinkünfte entfalle. Bei Auslandseinkünften von EUR 51.970,96 und einer österreichischen Einkommensteuer vor Anrechnung von EUR 22.759,75 sowie einem veranlagungspflichtigen Welteinkommen von EUR 65.739,50 ergebe sich unter Anwendung der Formel "Einkommensteuer x Auslandseinkünfte / Einkommen" ein anrechenbarer Höchstbetrag von EUR 17.992,93.

4 Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung des Mitbeteiligten teilweise Folge und berücksichtigte bei der Ermittlung der Einkommensteuer für 2010 eine anrechenbare Lohnsteuer in Höhe von EUR 16.344,86.

5 Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und neuerlich die Anrechnung von EUR 17.992,93 (der nunmehr berücksichtigte Betrag von EUR 16.344,86 sei abermals nicht nachvollziehbar).

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde des Mitbeteiligten Folge. Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, bei der Anrechnung der ausländischen Steuer könne es nicht auf die Unterscheidung zwischen festen und nicht festen Steuersätzen und damit auf die speziellen Tarifregelungen des österreichischen Steuerrechts ankommen. Die Anrechnung der ausländischen Steuer habe unabhängig davon zu erfolgen, ob bestimmte Bezüge in Österreich mit einem fixen Sondersteuersatz oder nach dem progressiven Tarif "besteuert werden (siehe dazu die von Zorn, Lenneis, Renner und Gröhs auf der SWI-Jahrestagung 2010 vertretenen, einhelligen Meinungen (in: SWI-Jahrestagung:

Ausländische sonstige Bezüge - DBA mit Anrechnungsmethode, SWI 1/2011, S 21 f.))". Nach der "daher" anzuwendenden Formel "Einkommensteuer (EUR 22.759,75) x Auslandseinkünften (EUR 51.970,96) / Einkommen (EUR 65.739,50) ergibt sich eine anzurechnende Steuer bzw. ein Anrechnungshöchstbetrag von EUR 17.992,93". (Anmerkung: Bei dieser Berechnung, die derjenigen des Mitbeteiligten in der Berufungsschrift folgte, blieben die mit dem festen Steuersatz besteuerten sonstigen Bezüge sowie die darauf entfallende Einkommensteuer außer Ansatz.)

7 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil die Frage, "ob eine ausländische Steuer, für die in einem Doppelbesteuerungsabkommen die Anrechnungsmethode vorgesehen ist, in voller Höhe, nämlich auf die Summe aus österreichischer Tarifsteuer und Fixsteuer, anzurechnen ist, noch nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof war".

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Amtsrevision, die zur Revisionszulässigkeit auf die diesbezügliche Begründung im angefochtenen Erkenntnis verweist, nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die mitbeteiligte Partei erwogen:

9 Art. 23 Abs. 3 lit. a des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl Nr. 125/1985 (DBA-Italien), lautet:

"a) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach diesem Abkommen in Italien besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Italien gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer vom Einkommen nicht übersteigen, der auf die Einkünfte, die in Italien besteuert werden dürfen, entfällt."

10 Wie das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis an sich zutreffend ausführt, kann es bei der Anrechnung der ausländischen Steuer nicht auf die speziellen Tarifregelungen des österreichischen Steuerrechts ankommen. Die Anrechnung der ausländischen Steuer hat daher im Sinne der gestellten Zulässigkeitsfrage unabhängig davon zu erfolgen, ob bestimmte Bezüge in Österreich mit einem festen Steuersatz oder nach dem progressiven Tarif besteuert werden. Daher ist die ausländische Steuer auf die gesamte österreichische Einkommensteuer (Steuer laut Tarif und Steuer nach festen Sätzen) anzurechnen (vgl. auch die dazu im angefochtenen Erkenntnis zitierten Nachweise in SWI 2011, 21 f). Bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags sind in diesem Sinne zur Ermittlung des auf die ausländischen Einkünfte anzuwendenden Durchschnittssteuersatzes die gesamte österreichische Einkommensteuer (Steuer laut Tarif und Steuer nach festen Sätzen) und das gesamte Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht,

37. EL, Z 23 Tz 167 ff, zur Auslandssteueranrechnung im Fall "sonstiger Bezüge"; die fixbesteuerten ausländischen Sonderzahlungen sind dabei in sämtliche Daten der Formel - "Einkommensteuer", "Auslandseinkünfte", "Einkommen" - einzubeziehen).

11 Das Finanzamt tritt in der Amtsrevision der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags unter Einbeziehung der fixbesteuerten sonstigen Bezüge an sich nicht entgegen. Der ebenfalls in diese Richtung zielenden Begründung im angefochtenen Erkenntnis wirft sie allerdings zu Recht eine widersprüchliche Berechnung vor, zumal bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags von EUR 17.992,93 eben diese sonstigen Bezüge keine Berücksichtigung gefunden haben (anders als in dem der Berufungsvorentscheidung zu Grunde liegenden Berechnungsblatt, das unter Einbeziehung der sonstigen Bezüge zu einem Anrechnungshöchstbetrag von EUR 16.344,87 gekommen sei).

12 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig. Für das fortgesetzte Verfahren ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die fixbesteuerten Sonderzahlungen (wie oben erwähnt) in sämtliche Daten der Formel einzubeziehen sind. Sie erhöhen damit, entgegen der im Berechnungsblatt zur Berufungsvorentscheidung ausgewiesenen Berechnung, auch die "Auslandseinkünfte", worauf die mitbeteiligte Partei in der Revisionsbeantwortung zutreffend hinweist.

13 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am