VwGH vom 19.02.2018, Ro 2015/12/0013
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter in Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstr. 17-19, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom , GZ. W173 2010943-1/5E, betreffend Stilllegung von Bezügen gemäß § 4 Abs. 3 BezBegrBVG (mitbeteiligte Partei: KP in F in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Ein Aufwandersatz an die mitbeteiligte Partei findet nicht statt.
Begründung
1 Mit Bescheid vom stellte die revisionswerbende Partei fest, dass der Ruhebezug des Mitbeteiligten gemäß § 4 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG), BGBl. I Nr. 64/1997, vom bis zur Gänze stillzulegen sei. Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 4 Abs. 1 BezBegrBVG dürften Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes höchstens zwei Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterlägen. Bestünden Ansprüche auf mehr als zwei solcher Bezüge oder Ruhebezüge, seien alle bis auf die zwei höchsten Bezüge oder Ruhebezüge stillzulegen. Der Mitbeteiligte habe seit einen Anspruch auf Ruhebezug nach dem Pensionsgesetz 1965. Im Zeitraum vom bis sei neben seinem laufenden Bezug für die Tätigkeit als Bürgermeister der Gemeinde A auch ein Bezug als Mitglied des Bundesrates zur Auszahlung gelangt. Beginnend mit habe ein Anspruch des Mitbeteiligten auf Bezug 1. als Mitglied des Bundesrates (EUR 4.080,--), 2. als Bürgermeister der Gemeinde A (EUR 2.588,35) und 3. Ruhebezug PVA-Pensionsservice (EUR 2.150,16) bestanden.
2 Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 BezBegrBVG spreche von einem weiteren "Bezug", worunter aufgrund der klaren Trennung und Unterscheidung zwischen Bezügen und Ruhebezügen in den §§ 4 und 5 BezBegrBVG ein Ruhebezug nicht subsumiert werden könne. Die Erläuterungen gingen mit dem Gesetzeswortlaut insofern konform, als der ausnahmsweise dritte nicht stillzulegende Bezug nur ein solcher sein könne, der als Entgelt für die Ausübung einer politischen Funktion in Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern gebühre. Ein stillgelegter Ruhebezug könne auch nicht an die Stelle eines höheren und daher vorrangig zur Auszahlung gelangenden Bezuges für die Ausübung der politischen Funktion in der Gemeinde mit unter 10.000 Einwohnern treten und nach § 4 Abs. 3 BezBegrBVG zur Auszahlung gelangen, weil sich hiefür keine Grundlage im Gesetz finde und dies außerdem in Widerspruch zu den genannten Erläuterungen stünde. Die Auslegung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes zu § 4 Abs. 3 BezBegrBVG, wonach in der Frage der Zulässigkeit "eines weiteren Bezuges" nicht zwischen Aktiv- und Ruhebezug zu unterscheiden sei, könne nicht geteilt werden. Eine Begründung, warum in Abs. 3 unter "Bezug" sowohl ein Aktiv- als auch ein Ruhebezug subsumierbar sei, während an allen anderen Stellen der Bestimmung samt Überschrift - aber auch in allen anderen Bestimmungen des BezBegrBVG, die auf Bezüge und Ruhebezüge abstellten - immer und ausnahmslos Bezug und Ruhebezug als unterschiedliche Leistungen ausdrücklich nebeneinander angeführt seien, sei nicht ersichtlich.
3 Über Beschwerde des Mitbeteiligten hob das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss den bekämpften Bescheid auf und verwies die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurück. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
4 In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Mitbeteiligte habe seit Anspruch auf einen monatlichen Ruhebezug nach dem Pensionsgesetz 1965 aufgrund seiner vormaligen Tätigkeit als Finanzbeamter. Daneben beziehe er zumindest seit 2009 laufend Bezüge als Bürgermeister der Gemeinde A und in der Zeit von bis außerdem Bezüge als Mitglied des Bundesrates. Außerdem bestehe auch ein Anspruch auf Witwerpension. Am hätten die Bezüge des Mitbeteiligten als Mitglied des Bundesrates EUR 4.080,--, als Bürgermeister der Gemeinde A EUR 2.588,35 und der Ruhebezug des BVA-Pensionsservice EUR 2.150,16 betragen. Die Einwohnerzahl der Gemeinde A sei in den Jahren 2009 bis Juni 2015 unter 2.000 gelegen.
5 Wie den Erläuterungen des Initiativantrages zum "Bezügebegrenzungsgesetz", die vom Verfassungsausschuss übernommen worden seien, einleitend zu entnehmen sei, sollten mit dem "Bezügebegrenzungsgesetz" für Politiker in Bund, Ländern, Gemeinden und Selbstverwaltungskörpern Einkommensobergrenzen festgelegt und Kollisionsnormen für den Fall des Zusammentreffens mehrerer Einkommen von Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterlägen, vorgesehen werden (IA 453 BlgNR 20. GP 64; AB 687 BlgNR 20. GP 1). Von den zitierten Erläuterungen zum "Bezügebegrenzungsgesetz" sei auch das BezBegrBVG umfasst. § 4 BezBegrBVG, der mit den §§ 5 bis 7 leg.cit. einen zusammengehörigen Regelungskomplex bilde, solle dem Grundsatz der Zulässigkeit von höchstens zwei Einkommen "aus öffentlichen Kassen" - das heiße von der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern - verwirklichen. Dieser Grundsatz sei primär in § 4 Abs. 1 leg.cit. explizit umgesetzt worden. In § 4 Abs. 4 leg.cit. seien dazu Obergrenzen bei Zusammentreffen zweier Einkommen eingezogen worden.
§ 5 leg.cit. umfasse ein differenziertes System von Obergrenzen, das verschiedene Kombinationen von Einkommen erfasse.
6 § 4 BezBegrBVG lasse aber selbst Ausnahmen vom Grundsatz der Höchstzulässigkeit "zweier öffentlicher Einkommen" zu. Dies betreffe insbesondere dessen Abs. 2, 3 und 5. Die in § 4 Abs. 2 leg.cit. erwähnte Pensionsleistung aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie die in § 4 Abs. 5 leg.cit. genannten Ruhebezüge aufgrund von freiwilligen Beitragsleistungen könnten zusätzlich zu den (sonstigen) zwei höchsten Bezügen bzw. Ruhebezügen im Sinne des § 4 Abs. 1 BezBegrBVG bezogen werden und unterlägen weder für sich alleine, noch mit den Einkommen nach § 4 Abs. 1 leg.cit. zusammen, einer betragsmäßigen Obergrenze. Einkommensansprüche nach § 4 Abs. 3 leg.cit. seien mehrfach Einschränkungen unterworfen. Die Zulässigkeit eines weiteren Einkommens sei nämlich auf Funktionäre von Gemeinden bis zu einer bestimmten Einwohnerzahl beschränkt. Dieses zulässige weitere Einkommen sei in der absoluten Höhe limitiert (§ 1 leg.cit.) und dürfe dem Einkommen im Sinne des § 4 Abs. 1 leg.cit. nur soweit hinzugezählt werden, als nicht die jeweilige Grenze des § 5 leg.cit. überschritten werde (BerndWieser, BezBegrBVG 1997, in Korinek/Holoubek (Hrsg) Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Textsammlung und Kommentar, B IV, zu § 4 Rz 1, 3).
7 Anders als in den Abs. 1 und 4 des § 4 BezBegrBVG, in denen die Begriffe "Bezug" und "Ruhebezug" explizit aufschienen, werde in der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 3 leg.cit. für den Funktionär von Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern neben der in § 4 Abs. 1 leg.cit. verankerten Beschränkung auf zwei Einkommen (Bezügen oder Ruhebezügen) expressis verbis noch die Möglichkeit auf einen "weiteren Bezug" (limitiert durch die §§ 1 und 5 leg.cit.) eröffnet. Der Begriff "Ruhebezug" scheine in der Bestimmung des § 4 Abs. 3 leg.cit. nicht expressis verbis auf.
8 Der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Judikatur zum Bezugsbegriff davon aus, dass der Begriff "Bezug" im allgemeinen Sprachgebrauch synonym mit dem Begriff des "Gehaltes" und "Einkommens" verwendet werde. Unter dem Begriff "Einkommen" sei wiederum die "Gesamtsumme der regelmäßigen Einnahmen" zu verstehen. Der Wortsinn des Begriffs "Bezüge" beinhalte somit das Element einer gewissen Regelmäßigkeit (Hinweis auf ; ). Dieses Element treffe sowohl auf in Ausübung des Amtes bezogene "Aktivbezüge" als auch im Anschluss daran im Ruhestand - nach Beendigung der Funktion und darauf begründete - bezogene "Ruhebezüge" zu. § 4 leg.cit. werde auch in dem BezBegrBVG als Bestimmung der Höchstzahl der Bezüge und Ruhebezüge betitelt.
9 Gestützt auf die Erläuterungen zum "Bezügebegrenzungsgesetz", wonach höchstens zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen zulässig seien und lediglich für politische Funktionäre in Gemeinden unter 10.000 Einwohnern eine Ausnahme bestehe, die daneben eine Funktion ausüben dürften, für die das Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze des ASVG liege, vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass § 4 Abs. 3 BezBegrBVG auf einen nach § 4 Abs. 1 leg.cit. stillgelegten Ruhebezug nicht anwendbar sei. Beim ausnahmsweise nicht stillzulegenden Bezug im Sinne des § 4 Abs. 3 leg.cit. könne es sich nur um einen "Aktivbezug" in Form eines Entgeltes für die Ausübung einer politischen Funktion in einer Gemeinde mit unter 10.000 Einwohnern handeln. Soweit sich die belangte Behörde auf die wörtlich zitierten Erläuterungen stütze, werde von ihr selbst eingeräumt, dass diese äußerst "spärlich" gehalten seien. Vielmehr handle es sich bei den aus dem Initiativantrag übernommenen Erläuterungen um nur knapp gehaltene, summarisch aufgezählte "Schwerpunkte" (Hinweis auf J.Hengstschläger, Sind Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern Rechtsträger, die im Sinne der §§ 4 und 5 BezBegrBVG "der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen"?, JRP 2006, 60 ff).
10 In den von der belangten Behörde zitierten Erläuterungen werde nicht auf bestimmte, einzelne gesetzliche Bestimmungen in Paragraphen oder Absätzen Bezug genommen. Vielmehr werde darin programmatisch und global die grundsätzliche, hinkünftige Limitierung auf zwei "Bezüge aus öffentlichen Kassen" umschrieben. Bei dieser Festlegung der Bezügelimitierung in den Erörterungen werde auch nicht - wie in § 4 Abs. 1 BezBegrBVG ausdrücklich angeführt - auf (Aktiv)Bezüge oder Ruhebezüge von der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern Bezug genommen. Zur sich daran anschließenden Ausführung in den genannten Erläuterungen zur "Ausnahme" - gemeint wohl Ausnahme von der Beschränkung auf zwei Bezüge -, wonach politische Funktionäre in Gemeinden unter 10.000 Einwohnern eine Funktion ausüben dürften, für die das Entgelt unter der Geringfügigkeitsgrenze des ASVG liege, sei darauf zu verweisen, dass in § 4 Abs. 1 BezBegrBVG nicht die Anzahl der Funktionen, sondern die Anzahl der Bezüge limitiert werde. Absicht sei wohl gewesen, mit einer lex specialis zu § 4 Abs. 1 leg.cit. Funktionären von Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern neben den höchsten zwei Bezügen nach § 4 Abs. 1 leg.cit. ausnahmsweise einen weiteren Bezug aus öffentlichen Kassen zu ermöglichen, soweit damit bestimmte betragsmäßige Höchstgrenzen nicht überschritten würden (Hinweis auf Hengstschläger, aaO).
11 Eine ausdrückliche Differenzierung zwischen Aktivbezug und Ruhebezug gehe aus der sehr global gefassten Formulierung der Bezügelimitierung auf zwei Bezüge und der Ausnahme für politische Funktionäre in Gemeinden mit weniger 10.000 Einwohnern in dem von der belangten Behörde zitierten "Schwerpunkt" der Erläuterungen wohl nicht hervor. Vielmehr sollte den genannten Funktionären in Abweichung von der grundsätzlichen Begrenzung auf zwei öffentliche Einkommen ein weiteres "öffentliches Einkommen" ermöglicht werden. Dieses könne sowohl von einem Aktiv- als auch von einem Ruhebezug herrühren. Wesentlich sei nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für ein solches "öffentliches Einkommen" das Element der Regelmäßigkeit. Dies treffe sowohl auf Aktiv- als auch Ruhebezüge zu.
12 Entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Rechtsansicht sei daher unter den Begriff "weiterer Bezug" im Sinne des § 4 Abs. 3 leg.cit. sowohl ein Aktiv- als auch ein Ruhebezug als dritte zulässige "öffentliche Einkommensquelle" verbunden mit den in der genannten Bestimmung verankerten betragsmäßigen Beschränkungen zu subsumieren.
13 Zu diesem Ergebnis gelange auch der Verfassungsdienst in seinem Antwortschreiben zur Interpretation des § 4 Abs. 3 BezBegrBVG, wonach die genannte Bestimmung eine Ausnahme vom Grundsatz zweier öffentlicher Einkommen gemäß Abs. 1 mit Beschränkungen normiere. Der Verfassungsdienst berufe sich dabei auf den klaren und eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 3 BezBegrBVG, der in der Frage der Zulässigkeit des einen "weiteren Bezuges" nicht zwischen Aktiv- und Ruhebezug unterscheide. Unterschiedliche Rechtsfolgen resultierten lediglich aus der einschränkenden Bestimmung des § 5 leg.cit. durch unterschiedliche Bezugsgrenzen abhängig von der Art der aufeinandertreffenden Bezüge bzw. Ruhebezüge.
14 § 4 Abs. 1 BezBegrBVG stelle auf Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern ab, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterlägen. Wie sich aus Art. 127 Abs. 7 B-VG ergebe, könne der Rechnungshof die Gebarung einer kleinen Gemeinde - zu der auch die Gemeinde A, in der der Mitbeteiligte als Bürgermeister tätig sei, aufgrund ihrer unter 10.000 liegenden Einwohnerzahl zähle - auf begründetes Ersuchen der zuständigen Landesregierung prüfen.
15 Der Mitbeteiligte verfüge damit im gegenständlich zu beurteilenden Zeitraum über zumindest drei Einkommen von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterlägen, nämlich die Einkommen aus seiner Tätigkeit als 1. Bundesrat,
2. Bürgermeister der Gemeinde A und 3. Ruhebezug gemäß dem PG 1965 aus seiner vormaligen Tätigkeit als Finanzbeamter. Die Revisionswerberin habe im Sinne obiger Ausführungen rechtswidriger Weise festgestellt, dass der Ruhebezug des Mitbeteiligten gemäß § 4 Abs. 3 BezBegrBVG vom bis zur Gänze stillzulegen sei.
16 Im bekämpften Bescheid seien lediglich Beträge zum Stichtag für den Bezug des Mitbeteiligten als
1. Mitglied des Bundesrates, 2. als Bürgermeister der Gemeinde A und 3. den Ruhebezug aufgrund seiner vormaligen Funktion als Finanzbeamter getroffen worden. Erst auf Basis der für den gesamten fraglichen Zeitraum von bis bekannten Beträge für die Bezüge in den genannten Funktionen bzw. für den Ruhebezug wäre eine Beurteilung darüber möglich, in welcher Höhe dem Mitbeteiligten die zu Unrecht stillgelegten Bezüge zustünden. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt seien diese nicht zu entnehmen. Auch zum Witwerpensionsbezug wären Feststellungen zu treffen gewesen. Die Revisionswerberin habe aufgrund ihrer unrichtigen Rechtsansicht lediglich ansatzweise ermittelt, weshalb mit Aufhebung und Zurückverweisung vorzugehen gewesen sei.
17 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Die der Behebung des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsfrage der Interpretation des Begriffes "einen weiteren Bezug" in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG besitze über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung.
18 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge der Revision Folge geben und den angefochtenen Beschluss dahin abändern, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten abgewiesen und der damit bekämpfte Bescheid der Revisionswerberin wiederhergestellt werde; in eventu wird beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Der Mitbeteiligte erstattete - unvertreten - eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die Revision abweisen und gemäß § 47 ff VwGG erkennen, dass die Revisionswerberin schuldig sei, den ihm "entstandenen Aufwandersatz" im gesetzlichen Ausmaß zu erstatten.
19 § 4 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG) in der Stammfassung BGBl. I Nr. 64/1997 lautet:
"Höchstzahl der Bezüge und Ruhebezüge
§ 4. (1) Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder dürfen insgesamt höchstens zwei Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Bestehen Ansprüche auf mehr als zwei solcher Bezüge oder Ruhebezüge, sind alle bis auf die zwei höchsten Bezüge oder Ruhebezüge stillzulegen.
(2) Bei der Anwendung des Abs. 1 sind Ansprüche auf eine Pensionsleistung aus der gesetzlichen Sozialversicherung nicht zu berücksichtigen.
(3) Abweichend vom Abs. 1 dürfen Funktionäre von Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern im Rahmen der Beträge des § 5 einen weiteren Bezug monatlich bis zur Höhe von 4% des Ausgangsbetrages nach § 1 beziehen.
(4) Von den verbleibenden Bezügen oder Ruhebezügen ist der jeweils niedrigere Bezug oder Ruhebezug nur soweit auszuzahlen, als insgesamt die im § 5 festgelegten Beträge nicht überschritten werden.
(5) Bei der Anwendung der Abs. 1 bis 4 sind Ruhebezüge nicht zu berücksichtigen, die auf Grund von freiwilligen Beitragsleistungen bezogen werden."
20 Die Revisionswerberin hat sich in der Zulässigkeitsbegründung der Amtsrevision auf die vom Bundesverwaltungsgericht genannte Rechtsfrage gestützt, ob § 4 Abs. 3 BezBegrBVG dahin auszulegen ist, dass unter "Bezug" ein Aktivbezug und ein Ruhebezug oder ausschließlich ein Aktivbezug zu verstehen ist. Sie vertritt den Standpunkt, das BezBegrBVG differenziere an vielen Stellen ausdrücklich zwischen Bezügen und Ruhebezügen, nicht aber in dessen § 4 Abs. 3, woraus zu schließen sei, dass unter dem dort verwendeten Begriff des Bezuges nur der Aktivbezug zu verstehen sei.
Damit wird - in Ermangelung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Auslegungsfrage - die Zulässigkeit der Revision dargetan, sie ist aber nicht berechtigt.
21 Dass der Gesetzgeber betreffend Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern davon ausging, dass sie der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, ergibt sich schon daraus, dass er für sie in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG eine Ausnahmeregelung zu § 4 Abs. 1 leg.cit. traf (vgl. auch Hengstschläger, aaO).
22 Das Bundesverwaltungsgericht und der Verfassungsdienst sind zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Begriff "Bezug" in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG dahin auszulegen ist, dass darunter sowohl ein Aktivbezug als auch ein Ruhebezug zu verstehen ist.
23 Das Bundesverwaltungsgericht hat ausführlich Erwägungen der Wortinterpretation und der Interpretation nach dem Zusammenhang dargestellt, die für dieses Ergebnis sprechen (s.o., vgl. dazu auch = VwSlg 18321 A/2012, und ). Nicht eingegangen ist es auf das der Interpretation nach dem Zusammenhang zuzuordnende Argument der Revisionswerberin, dass die an vielen anderen Stellen des Gesetzes erfolgte Differenzierung zwischen den Begriffen "Bezug" und "Ruhebezug" dafür spricht, dass unter dem Begriff des Bezugs in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG nur ein Aktivbezug zu verstehen sei. Mag dies zwar zutreffen, so ist doch bei Zusammenschau der betreffend die Auslegung der Bestimmung vom Bundesverwaltungsgericht angestellten Erwägungen mit dem Umstand, dass das von der Revisionswerberin angestrebte Auslegungsergebnis unsachlich wäre, davon auszugehen, dass unter dem Begriff des Bezuges in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG ein Aktiv- und ein Ruhebezug zu verstehen ist.
24 Unter dem "weiteren" Bezug in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG ist nämlich der niedrigste der drei Bezüge zu verstehen (vgl. auch Hengstschläger, aaO). Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 1 zweiter Satz BezBegrBVG bei Bestehen von mehr als zwei Bezügen alle bis auf die zwei höchsten stillzulegen sind und § 4 Abs. 3 BezBegrBVG als Ausnahmebestimmung die Möglichkeiten des Erhalts eines weiteren - der Höhe nach beschränkten - Bezuges einräumt.
25 Würde man den Überlegungen der Revisionswerberin folgen und davon ausgehen, dass ein dritter Bezug, wenn er ein Ruhebezug ist, immer stillzulegen wäre und nur ein weiterer Aktivbezug im Rahmen der Beträge des § 5 monatlich bis zur Höhe von 4 % des Ausgangsbetrages gemäß § 1 BezBegrBVG bezogen werden dürfte, würde die Beantwortung der Frage, ob mit Stilllegung vorzugehen ist oder nicht, davon abhängen, welche Höhe die vorliegenden Aktiv- und Ruhebezüge jeweils aufwiesen. Es würde vom Zufall abhängen, ob der dritthöchste Bezug ein Aktivbezug oder ein Ruhebezug wäre, wovon aber abhinge, ob er zur Gänze stillzulegen oder nur teilweise nicht auszuzahlen wäre. Dass ein derart unsachliches Ergebnis beabsichtigt gewesen wäre, kann dem Gesetzgeber jedoch nicht unterstellt werden.
26 Es ist daher festzuhalten, dass der Begriff "Bezug" in § 4 Abs. 3 BezBegrBVG dahin auszulegen ist, dass darunter sowohl ein Aktiv- als auch ein Ruhebezug zu verstehen ist.
27 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
28 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Dem vor dem Verwaltungsgerichtshof unvertretenen Mitbeteiligten steht kein Aufwandersatz zu, weil er im Sinne der genannten Normen ersatzfähige Aufwände nicht zu tragen hatte.
Wien, am
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Schlagworte: | Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 |
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