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VwGH vom 21.09.2010, 2007/11/0205

VwGH vom 21.09.2010, 2007/11/0205

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des G M in A, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 258998/5- III/7/07, betreffend Verpflegskosten iA. ZDG (mitbeteiligte Partei: Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs Gruppe Linz in 4040 Linz, Reindlstraße 24), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Zuweisungsbescheid der ZivildienstverwaltungsgmbH vom wurde der Beschwerdeführer zu einer Einrichtung der mitbeteiligten Partei in Linz zur Dienstleistung ("Hilfsdienste im Rettungs- Krankentransport- und Katastrophenhilfsdienst bei der Wasserrettung im Behindertenservice Telefon- Journal- und Reinigungsdienste") vom bis zum zugewiesen. In diesem Zeitraum leistete der Beschwerdeführer seinen ordentlichen Zivildienst.

Mit Schreiben vom , bei der Zivildienstserviceagentur als Behörde erster Instanz eingelangt am , stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber der mitbeteiligten Partei in Ansehung seiner angemessenen Verpflegung während der Dauer seines Zivildienstes. Den ihm vom Rechtsträger angebotenen Betrag erachte er ua. deshalb als zu niedrig, weil er die Reinigung der Dienstkleidung selbst habe bezahlen müssen. In einer Stellungnahme vom zu den Angaben der mitbeteiligten Partei brachte der Beschwerdeführer vor, in dem ihm bereits bezahlten Betrag müsse außerdem das Reinigungsentgelt enthalten sein, weil die Reinigung der Dienstkleidung vom Rechtsträger verweigert worden sei.

Mit Bescheid vom sprach die Erstbehörde - unter anderem - Folgendes aus:

"Über den, in der Zivildienstserviceagentur am eingelangten Antrag gemäß § 1 Abs. 3 des Zivildienstgesetz - Übergangsrechtes 2006 BGBl. I Nr. 40/2006, auf bescheidmäßige Feststellung der vermögensrechtlichen Ansprüche, die auf Grund des § 28 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. 679 idgF., vor In-Kraft-Treten der Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden (Verpflegungsverordnung), BGBl. II Nr. 43/2006 entstanden sind, ergeht von der Zivildienstserviceagentur als Behörde erster Instanz folgender Spruch

1) Es wird gemäß § 1 des Zivildienstgesetz-Übergangsrechtes 2006, BGBl. I Nr. 40/2006 festgestellt, dass die Höhe der vermögensrechtlichen Ansprüche des Antragstellers gegen den Rechtsträger EUR 2.024,72 beträgt.

..."

Die Behörde erster Instanz führte zur Begründung unter anderem aus, dass im vorliegenden Fall ein Abzug von 15 vH. nach § 4 Abs. 2 Z. 1 der Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, gerechtfertigt sei, weil der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei übereinstimmend vorgebracht hätten, dass der Dienst des Beschwerdeführers großteils an der selben Dienststelle begonnen und geendet habe. Es sei davon auszugehen, dass es sich um einen gleich bleibenden Dienstort im Sinne der Verpflegungsverordnung gehandelt habe.

Weitere Abzüge seien hingegen nicht gerechtfertigt.

Soweit der Beschwerdeführer auf die Reinigung seiner Dienstkleidung hingewiesen habe, "welche EUR 0,20 pro Tag gekostet hätte und vom Verpflegungsgeld abgezogen worden wäre", sei ihm zu erwidern, dass er keine tauglichen Beweise übermittelt habe, die seine nachweislich aufgewendeten Kosten belegen könnten, sodass den Angaben des Rechtsträgers gänzlich Glauben zu schenken gewesen sei.

Der Gesamtanspruch des Beschwerdeführers betrage EUR 4.184,72; abzüglich des vom Rechtsträger bezahlten Betrages von EUR 2.160,-- ergebe sich ein (restlicher) vermögensrechtlicher Anspruch des Mitbeteiligten gegenüber der beschwerdeführenden Partei in der Höhe von EUR 2.024,72.

Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für Inneres den Berufungen des Beschwerdeführers sowie der mitbeteiligten Partei keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid.

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach dessen Angaben an drei Dienstverrichtungsstellen in Linz seinen Dienst zu verrichten gehabt. Innerhalb der Dienstzeit unternommene Botengänge, Ausfahrten und dergleichen, wobei in der Regel der Dienstantritt und dessen Beendigung in der Einrichtung bzw. an der Dienstverrichtungsstelle erfolgen, vermögen jedoch keine Änderung des Dienstortes zu bewirken. Die Freizeit des Beschwerdeführers habe jedenfalls jeweils im gleichen Dienstort begonnen und geendet. Der Abzug von 15 v.H. von dem in § 4 Abs. 1 der Verpflegungsverordnung genannten Höchstbetrag scheine deshalb gerechtfertigt.

Andere Abzüge wären hingegen nicht gerechtfertigt.

Für den Zuspruch von Verzugszinsen fehle es an einer entsprechenden Grundlage.

Zu der in der Berufung geäußerten Forderung des Beschwerdeführers auf Auszahlung von Reinigungsgeld werde festgestellt, dass der Antrag vom kein Begehren auf Zuspruch von Reinigungsentgelt enthalten habe, sondern nur die Angabe, der Beschwerdeführer habe die Reinigung der Dienstkleidung selbst bezahlen müssen. Die Entscheidung der Berufungsbehörde dürfe nicht über die "Sache" des Berufungsverfahrens hinausgehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf angemessene Verpflegung als Zivildiener verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Hinblick auf die behauptete Rechtsverletzung zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Die Bestimmungen des Zivildienstgesetzes - ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2005 bzw. Nr. 40/2006, lauten (auszugsweise):

"§ 28. (1) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dafür Sorge zu tragen, dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden, sie die für die Leistung des Zivildienstes erforderliche Ausbildung, Bekleidung samt deren Reinigung erhalten, die Beiträge für Kranken- und Unfallversicherung im Umfang der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, vorgesehenen Leistungen entrichtet werden und ihnen die Pauschalvergütung gemäß § 25a geleistet wird.

(2) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dem Bund eine monatliche Vergütung von 150 Euro je Zivildienstleistendem zu leisten.

(3) Rechtsträger von Einrichtungen, die Dienstleistungen im Rettungswesen, in der Katastrophenhilfe, in der Sozial- und Behindertenhilfe, in der Altenbetreuung, in der Krankenbetreuung, in der Betreuung von Drogenabhängigen, Vertriebenen, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft erbringen, sind von der Vergütungsleistung nach Abs. 2 ausgenommen, es sei denn, es handelt sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht. Als solche Beherrschung gilt nicht, wenn der Rechtsträger die Dienstleistung - ohne sonst an die Gebietskörperschaft gebunden zu sein - für diese auf Grund eines Vertrages erbringt...

...

§ 31. (1) Dem Zivildienstpflichtigen sind die notwendigen Fahrtkosten für folgende Reisen zu ersetzen:

1. Bei Antritt des Zivildienstes die Anreise von der Wohnung oder Arbeitsstelle des Zivildienstpflichtigen im Inland, sofern aber diese im Ausland gelegen sind, von der Staatsgrenze zur Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle), ...

6. die täglichen Fahrten zwischen der Unterkunft (Wohnung) im Dienstort und der Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle),

...

7. die täglichen Fahrten nach § 27 Abs. 2,

..."

1.2. Art. 2 des am kundgemachten Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird, BGBl. I Nr. 40/2006 (Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006), lautet:

"Artikel 2

Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006

§ 1. (1) Vermögensrechtliche Ansprüche, die auf Grund des § 28 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, vor In-Kraft-Treten der Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, entstanden sind, sind bis zum Ablauf von sechs Monaten nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes vom Anspruchsberechtigten in nachvollziehbarer Weise beim jeweiligen Rechtsträger bei sonstiger Verjährung geltend zu machen.

(2) Der Rechtsträger hat Ansprüche nach Abs. 1 unter Heranziehung der in der Verpflegungsverordnung festgelegten Grundsätze bis zu einem Höchstbetrag von EUR 13,60 pro Tag binnen drei Monaten ab Geltendmachung abzugelten.

(3) Besteht zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Rechtsträger keine Übereinstimmung über die Höhe der nach Abs. 2 abzugeltenden Ansprüche, hat der Rechtsträger auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zu Stande und nimmt der Rechtsträger eine Abgeltung nicht vor, stellt die Zivildienstserviceagentur auf Antrag des Anspruchsberechtigten die Höhe fest. Ein solcher Antrag ist bis zu vier Wochen nach Ablauf der Frist nach Abs. 2 zu stellen. Dem Rechtsträger kommt in diesem Verfahren Parteistellung im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004, zu. Im Falle einer rechtskräftigen Feststellung hat der Rechtsträger die festgestellten Ansprüche binnen sechs Wochen abzugelten.

§ 2. Die Zivildienstserviceagentur ersetzt Rechtsträgern, die Ansprüche gemäß § 1 abgegolten haben, den nach den Grundsätzen der Verpflegungsverordnung berechneten und geleisteten Betrag bis zu einer Höhe von höchstens EUR 4,20 pro Tag und Anspruchsberechtigten, wenn sie diesen innerhalb von weiteren drei Monaten nach der Auszahlung bei sonstiger Verjährung geltend gemacht haben. Dies gilt nicht für Rechtsträger, bei denen es sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht, handelt. § 28 Abs. 3 letzter Satz ZDG gilt. Der Rechtsträger hat der Zivildienstserviceagentur alle im Zusammenhang mit der Abgeltung stehenden Unterlagen vorzulegen.

§ 3. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren auf Feststellung der Angemessenheit der Verpflegung oder auf Gewährung von Geldaushilfe gelten als fristgerecht geltend gemachte Ansprüche im Sinne des § 1. Die diesen Verfahren zu Grunde liegenden Unterlagen sind von den verfahrensführenden Stellen den jeweiligen Rechtsträgern zu übermitteln. Mit dieser Übermittlung gelten die Verfahren als eingestellt."

Die am ausgegebene Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden (Verpflegungsverordnung), BGBl. II Nr. 43/2006, lautet (auszugsweise):

"Auf Grund des § 28 des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, wird verordnet:

§ 1. Eine angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG besteht täglich aus Frühstück, einer warmen Hauptmahlzeit und einer weiteren Mahlzeit.

§ 2. Der Rechtsträger einer Einrichtung kommt seiner Verpflichtung zur angemessenen Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG nach, indem er täglich Frühstück, eine warme Hauptmahlzeit und eine weitere Mahlzeit (Naturalverpflegung) zur Verfügung stellt. Auf ärztliche Anordnungen oder religiöse Gebote ist Bedacht zu nehmen.

§ 3. Nimmt der Zivildienstleistende an einer ihm angebotenen Naturalverpflegung mit Zustimmung des Vorgesetzten (§ 38 Abs. 5 ZDG) nicht teil, so gebührt ihm als Ersatz derjenige Betrag, der den durchschnittlichen Kosten entspricht, die dem Rechtsträger der Einrichtung für diese Verpflegung erwachsen. Dieser Betrag darf im Falle der Nichtteilnahme an allen Mahlzeiten die Höhe von EUR 3,40 nicht unterschreiten.

§ 4. (1) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, hat dieser dem Zivildienstleistenden einen Betrag von EUR 13,60 abzugelten.

(2) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, kann er von dem in Abs. 1 genannten Betrag

1. 15 v.H. in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende seinen Dienst an einem gleichbleibenden Dienstort verrichtet;

..."

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis schon aus folgenden Erwägungen begründet.

2.1. Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer erst in der Berufung ausdrücklich einen Antrag auf Feststellung der Höhe des ihm zustehenden Reinigungsgeldes gestellt hat, weshalb es nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrat, dass es ihr verwehrt sei, erstmals in der Entscheidung über die Berufung über diesen Antrag abzusprechen.

Der Beschwerdeführer hat allerdings bereits im erstbehördlichen Verfahren (in seiner Stellungnahme vom ) vorgebracht, dass in dem vom Rechtsträger bereits bezahlten Betrag das Reinigungsentgelt enthalten sein müsste, was nur dahin verstanden werden kann, dass ein Teil des ihm von der mitbeteiligten Partei bereits ausbezahlten Betrages der Abgeltung nicht von Verpflegskosten, sondern von Reinigungskosten diente. Dieses Vorbringen zielte also nicht auf die Höhe der angemessenen Reinigungskosten, sondern darauf zu zeigen, dass der Beschwerdeführer weniger an Verpflegskosten erhalten hat, als die mitbeteiligte Partei behauptet. Die rechtliche Relevanz dieses Vorbringens hängt auch nicht etwa davon ab, ob der Rechtsträger den Zivildienstleistenden erwachsene Reinigungskosten mittels Reinigungspauschale abgelten durfte. Sollte dieses Vorbringen zutreffen, so hätte die belangte Behörde, die dazu keine Feststellungen getroffen hat, im angefochtenen Bescheid den (verbleibenden) vermögensrechtlichen Anspruch des Beschwerdeführers gegen die mitbeteiligte Partei infolge überhöhter Anrechnung eines bereits bezahlten Betrages (im Beschwerdefall EUR 2.160,--) zu niedrig angesetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/11/0179).

2.2. Der angefochtene Bescheid war bereits aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte.

2.3. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-93359