Suchen Hilfe
VwGH vom 21.02.2012, 2011/23/0275

VwGH vom 21.02.2012, 2011/23/0275

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/413.828/2007, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein 1975 geborener Staatsangehöriger von Nigeria, reiste am illegal in das Bundesgebiet ein, wo er die Gewährung von Asyl beantragte.

Am heiratete der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin.

Mit rechtskräftigem, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig sei.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte sie dazu aus, dass im Hinblick auf den mehr als vierjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und dessen "familiäre Bindungen" im Inland zu seiner österreichischen Ehegattin damit zwar ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sei; dieser erweise sich jedoch wegen des sehr hohen Stellenwertes, welcher der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukomme, als dringend geboten. Der - in der Fortsetzung des Aufenthalts trotz rechtskräftiger Abweisung des Asylantrags liegende - Verstoß des Beschwerdeführers gegen das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass gegenläufige private und familiäre Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien, als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an ihn erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 2295/07-8, ab und trat sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde erweist sich im gegenständlichen Fall nun schon deshalb als berechtigt, weil die belangte Behörde die gebotene Interessenabwägung nach § 66 FPG (in der Stammfassung) vor dem Hintergrund der in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hervorgestrichenen Kriterien nur unzureichend vorgenommen hat. Insoweit kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe der Erkenntnisse vom , Zl. 2009/21/0031, und Zl. 2007/21/0493, verwiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Konstellationen wie der vorliegenden schon wiederholt darauf hingewiesen, dass sich die Fremdenpolizeibehörde nicht mit formelhaften Begründungen begnügen darf, sondern sich mit den konkreten Auswirkungen einer Ausweisung auf die Situation des Fremden und seiner österreichischen Familienangehörigen zu befassen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0205, mwN). Es hätten daher im angefochtenen Bescheid nähere Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, insbesondere zu den Wohnverhältnissen, der Art der Beschäftigung und den erzielten Einkommen, aber etwa auch zur Frage der Unbescholtenheit, der Deutschkenntnisse und den Bindungen zum Heimatstaat getroffen werden müssen (siehe dazu das bereits genannte Erkenntnis Zl. 2007/21/0493).

Der angefochtene Bescheid war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
IAAAE-93340