VwGH vom 16.12.2009, 2009/15/0085

VwGH vom 16.12.2009, 2009/15/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0527- G/08, betreffend Investitionszuwachsprämie für 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Die Beschwerdeführerin machte eine Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 in Höhe von EUR 682.035,45 geltend. Diese Investitionszuwachsprämie wurde für eine im April 2003 in Betrieb genommene Splittanlage beantragt. Mit der Herstellung dieser Splittanlage wurde im Jahr 2001 begonnen, bis sind Teilherstellungskosten von EUR 259.887,98, bis weitere EUR 843.727,29 angefallen, welche aktiviert wurden. Die Beschwerdeführerin behandelte auch diese Teilherstellungskosten als Investitionszuwachs des Jahres 2003.

2. Das Finanzamt zog die im Jahr 2001 und 2002 aktivierten Teilherstellungskosten von der Summe der Investitionen des Jahres 2003 ab und zählte sie den Investitionen der Jahre 2001 und 2002 bei Berechnung des Durchschnittes der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der letzten drei Jahre hinzu. Das Finanzamt gelangte so zu einer Kürzung der Investitionszuwachsprämie 2003 um EUR 147.148,71, welcher Betrag zur (Nach-)Zahlung der Beschwerdeführerin vorgeschrieben wurde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid des Finanzamtes als unbegründet ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens im Erwägungsteil aus, strittig sei, ob für Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung/Herstellung sich über mehrere Jahre erstrecke, die in den jeweiligen Jahren zu aktivierenden Teilbeträge bereits prämienbegünstigt seien, das heiße, ob für diese Teilbeträge bereits im Jahr der Aktivierung die Investitionszuwachsprämie geltend zu machen sei oder erst im Jahr der Fertigstellung des herzustellenden Wirtschaftsgutes bzw. ob diesbezüglich ein Wahlrecht bestehe. Der Wortsinn des § 108e Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 lasse unzweifelhaft erkennen, dass zur Ermittlung des "durchschnittlichen Investitionszuwachses" die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten miteinzubeziehen seien. Nach dem Sinn und der Gesamtkonzeption dieser Regelung komme man weiters zu dem Ergebnis, dass für die Berechnung des Durchschnitts die in den jeweiligen Jahren aktivierungspflichtigen Aufwendungen (Teilbeträge) den Durchschnittswert erhöhten und in die Bemessungsgrundlage im Jahr der Aktivierung einflössen. Dies werde durch die Formulierung "durchschnittlicher Zuwachs" untermauert. Aus dieser Formulierung gehe deutlich hervor, dass "Anlagen in Bau" die Bemessungsgrundlage insofern minderten, als diese bereits im Vorjahr zu berücksichtigen gewesen wären, weil bereits von diesen Teilbeträgen die Prämie geltend zu machen gewesen wäre. Jede andere Vorgangsweise würde zu willkürlichen Folgen führen. Ausgehend vom Grundtatbestand könne § 108e Abs. 3 EStG 1988 nur so ausgelegt werden, dass eine derartige Regelung einen Investitionsanreiz bieten solle, indem der jährliche Wertzuwachs von Investitionen, der sich auch in zu aktivierenden Teilbeträgen niederschlage, gefördert werde. Die Einbeziehung der Teilbeträge der Herstellung sowohl in den Vergleichsbetrag als auch in die Anspruchsgrundlage sei daher die einzig verfassungskonforme, denkmögliche Auslegung. Die verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung könne nur dazu führen, dass sämtliche zu aktivierenden Herstellungs- und Anschaffungskosten sowohl während des Vergleichszeitraumes als auch im Jahr der Geltendmachung der Prämie nach den gleichen Maßstäben behandelt werden müssten.

Mit den Ausführungen in der Berufung, dass die als "Anlagen in Bau" aktivierten Teilbeträge der Jahre 2001 und 2002 keine selbständigen Wirtschaftsgüter darstellten, weil diese als Vorarbeiten für die Nutzbarmachung der 2003 in Betrieb genommenen Splittanlage gedient hätten, könne die Beschwerdeführerin nichts für ihren Standpunkt gewinnen. Auf dem Konto "Anlagen in Bau" seien u.a. Herstellungskosten für noch nicht abgeschlossene Investitionen im Sachanlagenbereich auszuweisen. Nach § 124 Abs. 2

II Z. 4 UGB seien unter den Sachanlagen "Anlagen in Bau" zu aktivieren. Keinesfalls müssten die zu aktivierenden mit der Herstellung einer Sachanlage verbundenen Aufwendungen zu einem selbständigen Wirtschaftsgut führen. Dies verlange aber auch § 108e Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 nicht. Die in dieser Bestimmung genannten, zu aktivierenden Teilbeträge leiteten sich aus § 224 Abs. 2 II Z. 4 UGB ab. Es sei daher unbeachtlich, ob die in den Jahren 2001 und 2002 aktivierten Teilbeträge der Herstellungskosten der im Jahre 2003 fertig gestellten und in Betrieb genommenen Splittanlage selbständige Wirtschaftsgüter darstellten oder nicht. Von Bedeutung sei nur der Umstand, dass in den Jahren 2001 und 2002 zu aktivierende Teilbeträge der Herstellung vorgelegen seien, welche bereits "prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter" darstellten, für die nur im Jahr des Anfalles die Prämie zu beantragen gewesen sei und die gleichzeitig in den Vergleichsbetrag miteinzubeziehen seien.

Die Beschwerdeführerin könne auch mit den Hinweisen auf den Investitionsfreibetrag (§ 10 EStG 1988 alte Fassung), die Übertragung stiller Rücklagen (§ 12 EStG 1988) und auf die Bestimmungen des § 10a Abs. 3 Z. 2 und § 10c Abs. 2 EStG 1988 nichts für ihren Standpunkt gewinnen.

4. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin trägt vor, prämienbegünstigt gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 sei nur der "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" absetzbare Aufwand "für die Anschaffung oder Herstellung" bestimmter Wirtschaftsgüter. Daraus sei nicht nur eine funktionale (Abnutzbarkeit des Wirtschaftsgutes), sondern auch eine zeitliche Bindung an die AfA abzuleiten. Demnach sei für die Berechnung der Prämienbasis der Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung von Bedeutung. Bei einem - wie im Beschwerdefall - hergestellten Wirtschaftsgut sei die AfA ausgeschlossen, solange es nicht fertig gestellt sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Bemessungsgrundlage der 10 %igen Prämie des betreffenden Jahres (§ 108e Abs. 4 EStG 1988) ist der Investitionszuwachs in diesem Jahr. Hinsichtlich der Prämie für das Kalenderjahr 2003 kommt es somit auf den Investitionszuwachs dieses Jahres an. Nicht entscheidend ist, ob durch diesen Investitionszuwachs der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang eines prämienbegünstigten Wirtschaftsgutes bereits abgeschlossen wird oder nicht. Das Abstellen auf die AfA bedeutet nicht, dass diese bereits im Jahr, für welches die Prämie geltend gemacht wird, gewinnmindernd berücksichtigt sein muss; es reicht aus, wenn die Absetzung beim Steuerpflichtigen in einem Folgejahr erfolgt (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar § 108e EStG 1988, Tz 5). § 108e EStG 1988 sieht eine Investitionszuwachsprämie für die Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 vor. Der Zweck der Prämie ist es, den Zuwachs an Investitionen über den Schnitt der letzten drei Jahre hinaus zu fördern. Im Beschwerdefall ist der Investitionszuwachs die Differenz zwischen den steuerlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten von ungebrauchten, körperlichen Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens, die im Kalenderjahr 2003 angefallen sind und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von ungebrauchten, körperlichen Wirtschaftsgütern der drei letzten Wirtschaftsjahre vor dem . Die im Jahr 2001 und 2002 angefallenen und bereits aktivierten Teilherstellungskosten können bei Berechnung des Investitionszuwachses des Jahres 2003 nicht den Investitionen dieses Jahres zugerechnet werden, weil sie in diesem Jahr nicht angefallen sind. Die jeweils aktivierten Teilbeträge der Herstellungskosten sind in die Ermittlung des durchschnittlichen Investitionszuwachses der letzten drei Jahre miteinzubeziehen. Die belangte Behörde hat daher zutreffend die in den Jahren 2001 und 2002 aktivierten Teilherstellungskosten den Investitionen dieser Jahre hinzugerechnet.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am