VwGH vom 17.12.2015, Ra 2015/07/0125
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des J W in S, vertreten durch Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwalt in 8054 Graz-Seiersberg, Kärntnerstraße 518, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 46.1-1691/2015-14, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom beantragte der Revisionswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung (im Folgenden: BH) die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer biologischen Kleinkläranlage.
Mit Schreiben vom ersuchte die BH das wasserwirtschaftliche Planungsorgan um Stellungnahme zum Antrag des Revisionswerbers.
Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan führte dazu im Schreiben vom aus, die Marktgemeinde S (in weiterer Folge: Marktgemeinde) beabsichtige im gegenständlichen Projektbereich die Errichtung und den Betrieb einer Schmutzwasserkanalisationsanlage und habe diesbezüglich bereits bei der BH um die wasserrechtliche Bewilligung angesucht. Daher stelle jede Einzelanlage, die bis zur Realisierung dieses Projekts errichtet werde, eine Beeinträchtigung wasserwirtschaftlicher Interessen dar. Seitens der wasserwirtschaftlichen Planung werde daher dem gegenständlichen Antrag nicht zugestimmt. Es werde ersucht, den gegenwärtigen Zustand bis zur Realisierung des Kanalprojekts der Marktgemeinde zu tolerieren.
Mit Bescheid vom wies die BH den Antrag des Revisionswerbers gemäß §§ 98, 105 und 107 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung einer Pflanzenkläranlage "unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen" ab. Begründend führte die BH nach Wiedergabe der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans aus, im Zuge der vorläufigen Überprüfung sei festgestellt worden, dass im gegenständlichen Projektbereich seitens der Marktgemeinde die Errichtung einer Schmutzwasserkanalisationsanlage geplant und die Liegenschaft des Revisionswerbers im Anschlussbereich dieser Abwasserentsorgungsanlage gelegen sei. Durch die im öffentlichen Interesse liegende Errichtung einer Schmutzwasserkanalisationsanlage widerspräche die Errichtung und der Betrieb einer Kleinkläranlage zur Reinigung der häuslichen Abwässer der Liegenschaft des Revisionswerbers den Vorgaben des Gemeindeabwasserplanes, zumal die Liegenschaft des Revisionswerbers jedenfalls im Anschlussbereich gemäß dem Steiermärkischen Kanalgesetz (im Folgenden: Stmk KanalG) liege. Eine Ausnahme vom Anschlusszwang könne aufgrund des vorliegenden Sachverhalts "nicht festgestellt" werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber mit Schreiben vom Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) und beantragte, den Bescheid der BH vom zu beheben und den Antrag zu bewilligen bzw. in eventu der BH die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom angeführten Abweisungsgrund aufzutragen. Der Revisionswerber beantragte außerdem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Am fand vor dem LVwG eine mündliche Verhandlung statt, in der das wasserwirtschaftliche Planungsorgan ausführte, das eingereichte Projekt entspreche grundsätzlich dem Stand der Technik und sei im Bereich der gegenständlichen Liegenschaft eine Verrieselung der gereinigten Grundwässer grundsätzlich zulässig, weil dieser Bereich in den R-bach entwässere und nicht in den ohnehin problematischen L-bach. Es sei jedoch im Sinne der Wasserwirtschaft und der sparsamen Gebarung der öffentlichen Haushalte darauf hinzuweisen, dass die Errichtung einer öffentlichen Kanalanlage nur dann wirtschaftlich vertretbar sei, wenn möglichst viele anschlusspflichtige Liegenschaften durch diese Kanalanlage entsorgt werden könnten. In diesem Sinne sei auch die Stellungnahme der Wasserwirtschaft zu verstehen, da nur eine wirtschaftlich vertretbare Anlage nach dem Umweltförderungsgesetz förderbar sei.
Der Vertreter der Marktgemeinde entschuldigte sich für die am stattfindende Verhandlung und legte am eine Stellungnahme vor, in der darauf hingewiesen wurde, dass derzeit ein Projekt zur Errichtung der öffentlichen Kanalanlage durch die Marktgemeinde betrieben werde und bereits wasserrechtlich genehmigt sei. Die Liegenschaft des Revisionswerbers liege im Anschlussbereich des öffentlichen Kanals und bestehe nach Ansicht der Marktgemeinde kein Tatbestand einer Ausnahme vom Anschlusszwang. Dies müsste allerdings in einem gesonderten Verfahren nach dem Stmk KanalG abgeklärt werden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom wies das LVwG unter Spruchpunkt I. die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der BH vom als unbegründet ab und erklärte unter Spruchpunkt II., dass gegen das gegenständliche Erkenntnis gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
Das LVwG ging davon aus, dass zu prüfen sei, ob der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid der BH vom aus dem Titel der geltend gemachten öffentlichen Interessen gemäß § 105 WRG 1959 Berechtigung zukomme. Als Ausdruck der öffentlichen Interessen seien unter anderem die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk KanalG bezüglich der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Gemeinden zur Herstellung einer flächendeckenden Abwasserentsorgung und die Bestimmungen des Umweltförderungsgesetzes über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung öffentlicher Kanalanlagen zu beachten, zumal die in § 105 WRG 1959 genannten öffentlichen Interessen nicht abschließend geregelt seien und im Einzelfall zu beurteilen sei, ob diese Interessen ausreichend gewahrt seien.
Im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren sei die Anschlussmöglichkeit an einen öffentlichen Kanal allein noch kein Grund, die Bewilligung unter einem allgemeinen Hinweis auf widersprechende öffentliche Interessen zu verweigern. Die Wasserrechtsbehörde habe im konkreten Anlassfall zu prüfen, ob der Entfall des Anschlusses der Liegenschaft an den öffentlichen Kanal geeignet sei, öffentliche Interessen zu beeinträchtigen.
Aus den Bestimmungen des § 105 WRG 1959 ließen sich die öffentlichen Interessen nicht abschließend herleiten, zumal diese lediglich aufzählend ohne Anspruch auf Ausschließlichkeit geregelt seien (). Daher könne auch die Beeinträchtigung anderer, nicht in § 105 WRG 1959 aufgezählter öffentlicher Interessen zur Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung führen, sofern diese Interessen in ihrer Bedeutung gleichzustellen seien. Das Stmk KanalG könne für die Bewertung des öffentlichen Interesses herangezogen werden. § 2a Stmk KanalG verpflichte die Gemeinden, bis eine flächendeckende, dem Stand der Technik entsprechende Abwasserentsorgung herzustellen. Dazu seien diese unter anderem angehalten, einen entsprechenden Abwasserplan zu erstellen. Gemäß § 2b Abs. 4 leg. cit. habe sich der Gemeinderat bei der Erstellung des Abwasserplanes sodann mit den vorliegenden Planungsgrundlagen auseinanderzusetzen und die ökologisch, volks- und betriebswirtschaftlich optimierte Lösung zu ermitteln. Diese optimierte Lösung sei in einem Entwurf eines Abwasserplanes umzusetzen. Damit sei das öffentliche Interesse der jeweiligen Gemeinde an der wirtschaftlich effizientesten Abwasserbeseitigung hinreichend definiert.
Für den gegenständlichen Fall könne daher festgestellt werden, dass die wasserrechtliche Genehmigung einer Einzelkläranlage für eine Liegenschaft, die grundsätzlich im Anschlussverpflichtungsbereich einer wasserrechtlich bereits genehmigten und in Kürze hergestellten öffentlichen Kanalanlage liege, zumindest den öffentlichen Interessen der örtlichen Gemeinde an einer gesetzlich geforderten Abwasserentsorgung widerspreche. Die beteiligte Gemeinde habe in diesem Sinn dargelegt, dass eine Ausnahme von der Anschlusspflicht für die gegenständliche Liegenschaft nicht in Frage komme, um nicht das Projekt der öffentlichen Abwasserentsorgung zu gefährden. Damit bestehe an der beantragten Einzelkläranlage kein Bedarf mehr und jede andere Abwasserentsorgung als über den Kanal widerspreche öffentlichen Interessen ().
Darüber hinaus komme der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans im Wasserrechtsverfahren besondere Bedeutung bei der Auslegung öffentlicher Interessen zu, da die Erstellung der Abwasserpläne durch die Gemeinden in enger Abstimmung mit dem Referat für wasserwirtschaftliche Planung erfolge und die Förderung der Projekte nach Maßgabe des Umweltförderungsgesetzes nur für ökologisch und ökonomisch optimierte Projekte erteilt werden könne. Der Versuch des Revisionswerbers, sich durch eine eigene wasserrechtlich genehmigte Einzelkläranlage der Anschlussverpflichtung nach dem Stmk KanalG zu entziehen, laufe den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an einer sparsamen und zweckmäßigen Abwasserplanung der Gemeinden zuwider und könne daher als Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gewertet werden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das LVwG aus, es sei keine Rechtsfrage zu lösen gewesen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme. Das gegenständliche Erkenntnis weiche weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Auslegung des § 105 WRG 1959 ab, noch fehle es an diesbezüglicher Rechtsprechung. Die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In der gegen das Erkenntnis des LVwG erhobenen außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber unter Verweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst geltend, die Rechtsansicht des LVwG widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der wasserrechtlichen Genehmigung von Einzelkläranlagen. So könne etwa die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 für eine biologische Abwasserbeseitigungsanlage nicht mit der Begründung verweigert werden, dass ohnehin eine Verpflichtung zum Anschluss an die Gemeindekanalisationsanlage und damit kein Bedarf bestehe. Das LVwG verkenne den Inhalt und den Umfang des § 105 WRG 1959 und gehe überdies irrig davon aus, dass mit dem Antrag des Revisionswerbers vom eine Ausnahme vom Anschlusszwang nach dem Stmk KanalG angestrebt worden sei. Der Revisionswerber habe jedoch lediglich die Bewilligung der Errichtung der Pflanzenkläranlage angestrebt.
Mit Schriftsatz vom erstattete die BH eine Revisionsbeantwortung, in der sie ausführte, dass aufgrund der Fakten - Gemeindeabwasserplan, Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans, gesetzliche Grundlage des Stmk KanalG - ein dem § 105 WRG 1959 gleichzusetzendes öffentliches Interesse bestehe. Aus Sicht der BH sei das angefochtene Erkenntnis des LVwG weder aus formellen noch aus materiellen Gründen mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen geltend, das LVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es Inhalt und Umfang der Bestimmung des § 105 WRG 1959 verkenne.
Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.
2.1. Es ist unstrittig, dass die verfahrensgegenständliche Pflanzenkläranlage einer wasserrechtlichen Genehmigung nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfte. Die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung setzt voraus, dass bestehende Rechte nicht verletzt und die öffentlichen Interessen (§ 105 WRG 1959) nicht beeinträchtigt werden.
Auf die Beeinträchtigung von den Interessen des § 105 WRG 1959 gleichzuhaltenden öffentlichen Interessen und darauf, dass eine Ausnahmegenehmigung "nicht in Frage komme", stützt das LVwG die Abweisung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung.
2.2. Die hier wesentlichen Bestimmungen des Stmk KanalG, LGBl. Nr. 79/1988, in der hier relevanten Fassung, LGBl. Nr. 87/2013, lauten:
"§ 1
(1) Die im Bauland im Sinn der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen oder auf sonstigen bebauten Grundstücken anfallenden Schmutz- und Regenwässer sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes in einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise vom Grundstückseigentümer abzuleiten oder zu entsorgen.
(2) ...
§ 4
(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf Bauwerke desselben Grundstückseigentümers, die mit dem anschlusspflichtigen Bauwerk in unmittelbarer baulicher Verbindung stehen oder ihm eng benachbart sind und wenn Schmutz- oder Regenwässer anfallen (Hof und sonstige Nebengebäude). Befinden sich die Grundstücke im Bauland im Sinn der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen und wird ein zusammenhängender Baulandbereich durch einen Kanalstrang erschlossen, so entsteht die Anschlusspflicht unabhängig vom Abstand zum Kanalstrang. In diesem Fall hat jedoch der Anschlussverpflichtete die Kosten für die Hauskanalanlage, Instandhaltung und Reinigung (§ 7 Abs. 1) nur für eine Anschlusslänge von höchstens 100 m zu tragen.
(2) ...
(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Gleiches gilt für Regenwässer, wenn ihre Versickerung auf dem eigenen Grundstück möglich ist oder sie als Betriebsmittel (zum Beispiel zur Bodenbewässerung) Verwendung finden. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen."
3. Es trifft zu, dass die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Stmk KanalG über die Anschlusspflicht ein grundsätzliches öffentliches Interesse am Anschluss dokumentiert und damit daran, dass Abwässer aus Liegenschaften über einen öffentlichen Kanal abgeleitet werden. Dieses öffentliche Interesse kann auch bei der Prüfung der öffentlichen Interessen nach § 105 WRG 1959 von Bedeutung sein.
Konkret führt das LVwG zwei der Bewilligung entgegen stehende öffentliche Interessen ins Treffen. So wird zum einen aus den Bestimmungen der §§ 2a und 2b Abs. 4 Stmk KanalG (Verpflichtung zur Erstellung eines Abwasserplans) ein öffentliches Interesse, und zwar das Interesse der Gemeinde an der wirtschaftlich effizientesten Abwasserbeseitigung, abgeleitet; diesem Interesse widerspreche die Erteilung der angestrebten wasserrechtlichen Bewilligung. Weiters komme eine Ausnahme von der Anschlusspflicht nicht in Frage.
Zum anderen ergebe sich ein öffentliches Interesse aus der Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans; die Erteilung der angestrebten wasserrechtlichen Bewilligung laufe den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an einer sparsamen und zweckmäßigen Abwasserplanung der Gemeinde zuwider und könne daher als Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gewertet werden.
4. § 4 Abs. 5 Stmk KanalG sieht Ausnahmen vom Anschlusszwang vor, wobei eine Voraussetzung dafür darin liegt, dass das öffentliche Interesse nicht geschädigt wird. Das Stmk KanalG geht somit davon aus, dass das Unterbleiben eines Anschlusses durchaus auch ohne Beeinträchtigung öffentlicher Interessen möglich ist. Eine wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 kann daher nicht mit der Rechtfertigung versagt werden, dass das Unterbleiben eines Anschlusses an die Gemeindekanalisation generell eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt (vgl. dazu die zur Rechtslage in der Steiermark ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 92/06/0208, vom , 93/07/0131, sowie vom , 2006/07/0032).
In diesen Erkenntnissen hat der Verwaltungsgerichtshof näher begründet zum Verhältnis einer Ausnahme nach dem Stmk KanalG und einer wasserrechtlichen Bewilligung für eine Einzelkläranlage ausgeführt, dass eine für eine schadlose Abwasserentsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 iVm § 1 Abs. 1 Stmk KanalG allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 5 Stmk KanalG voranzugehen hat, da sie eine notwendige Bedingung für Letztere ist. Daraus folgt, dass die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht allein mit der Begründung verweigert werden darf, es bestehe kein Bedarf, da der Revisionswerber ohnedies zum Anschluss an die Gemeindekanalisationsanlage verpflichtet wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/07/0131).
Obwohl das LVwG das genannte hg. Erkenntnis vom , 93/07/0131, im angefochtenen Erkenntnis zitiert, begründet es die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung in erster Linie mit dem Argument, dass die wasserrechtliche Genehmigung einer Einzelkläranlage für eine Liegenschaft, die grundsätzlich im Anschlussverpflichtungsbereich einer wasserrechtlich bereits genehmigten und in Kürze hergestellten öffentlichen Kanalanlage liege, zumindest den öffentlichen Interessen der örtlichen Gemeinde an einer gesetzlich geforderten Abwasserentsorgung widerspreche.
Diese Ansicht des LVwG würde aber zur Folge haben, dass es im Anschlussverpflichtungsbereich von öffentlichen Kanalanlagen nie zur Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung für eine Einzelkläranlage und damit nie zu einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 5 Stmk KanalG käme, widerspräche eine solche Genehmigung doch regelmäßig den genannten öffentlichen Interessen an einer geordneten Abwasserentsorgung. Insofern das LVwG mit dieser Begründung die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ablehnte, wich es daher von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
5. Das LVwG verwies allerdings zutreffend unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom , 2010/07/0142, auf die Relevanz der Frage, ob für die gegenständliche Einzelkläranlage überhaupt eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden könne.
5.1. Das genannte hg. Erkenntnis vom bezieht sich auf die Niederösterreichische Bauordnung 1996, welche in § 62 Abs. 2 eine Anschlusspflicht an einen öffentlichen Kanal und in Abs. 3 eine an das Vorliegen mehrerer Voraussetzungen geknüpfte Ausnahme von dieser Pflicht vorsieht. Der Verwaltungsgerichtshof brachte im dortigen Erkenntnis zum Ausdruck, dass die Wasserrechtsbehörde die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung dann verweigern kann, wenn selbst bei gedachter Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung eine Ausnahme von der Anschlusspflicht (wegen Nichterfüllung einer oder mehrerer weiterer notwendiger Voraussetzungen für die Ausnahme) nicht in Frage käme. In einem solchen Fall besteht kein Bedarf mehr an einer Bewilligung für eine Einzelkläranlage und die Entsorgung der Abwässer auf andere Weise als über den öffentlichen Kanal würde öffentlichen Interessen widersprechen (vgl. dazu auch die zuvor zum Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2005/07/0124 und 2006/07/0123).
Allgemein formuliert folgt daraus, dass dann, wenn bereits im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gesichert davon ausgegangen werden kann, dass für das verfahrensgegenständliche Projekt keine Ausnahme vom Anschlusszwang erteilt werden kann und der Grund für diese Verweigerung nicht im Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung liegt, die wasserrechtliche Bewilligung ohne Rechtsirrtum mit der obigen Begründung versagt werden könnte.
Weil die Frage der Ausnahme vom Anschlusszwang als Hauptfrage nicht von der Wasserrechtsbehörde (sondern von der Gemeinde) zu beurteilen ist, stellt diese Frage eine im wasserrechtlichen Verfahren zu prüfende Vorfrage dar. Wenn diese Frage nicht bereits durch eine bindende Entscheidung der Gemeindebehörde entschieden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2006/07/0123), hat die Wasserrechtsbehörde bzw. das Verwaltungsgericht auch diesbezüglich entsprechende Feststellungen zu treffen und rechtliche Überlegungen anzustellen.
5.2. Diesbezüglich erweist sich das Erkenntnis des LVwG aber als unzureichend begründet.
Nach § 4 Abs. 5 Stmk KanalG ist die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vom Anschlusszwang (abgesehen vom Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung) dann nicht möglich, wenn öffentliche Interessen geschädigt werden oder ein Nachteil für die Nachbarschaft entsteht.
Die BH stellte in der Begründung ihres Bescheides ohne nähere Begründung fest, "eine Ausnahme vom Anschlusszwang könne aufgrund des vorliegenden Sachverhalts nicht festgestellt werden." Damit wird offenbar auf die Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans verwiesen, in der lediglich allgemein auf die wirtschaftliche Interessenslage der Gemeinde hingewiesen worden war.
Das LVwG brachte in diesem Zusammenhang die Schädigung öffentlicher Interessen der Gemeinde und die seitens des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans genannten öffentlichen Interessen an einer sparsamen und zweckmäßigen wasserwirtschaftlichen Planung ins Spiel.
Es berief sich zum einen auf die Bestimmungen der §§ 2a und 2b Abs. 4 Stmk KanalG, die allerdings lediglich auf die Verpflichtung zur Erstellung eines Abwasserplanes und auf dessen Inhalt Bezug nehmen. Aus dieser Verpflichtung der Gemeinde allein kann sich aber noch nicht ergeben, dass durch die Erteilung einer konkreten Ausnahme von der Anschlussverpflichtung für die verfahrensgegenständliche Anlage öffentliche Interessen geschädigt werden.
Das LVwG stützte sich in der Begründung des Erkenntnisses auch auf einen Hinweis der Marktgemeinde, wonach eine Ausnahme "nicht in Frage komme", um nicht das Projekt (aus wirtschaftlichen Gründen) zu gefährden. In dieser Überlegung könnte zwar grundsätzlich ein Anhaltspunkt für die Schädigung öffentlicher Interessen im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG liegen, allerdings bedürfte es dazu einer detaillierteren Begründung der konkret gegebenen wirtschaftlichen Hintergründe. Die bloße Behauptung der Schädigung wirtschaftlicher Interessen der Gemeinde allein genügt nicht, um bereits die vom Gesetz geforderte Schädigung öffentlicher Interessen darzutun.
Dies gilt gleichermaßen für die Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans. Soweit seine Stellungnahme überhaupt auf die Frage der Ausnahme von der Anschlusspflicht Bezug nimmt, so erscheint sie ebenfalls als zu wenig konkret, um bereits daraus ableiten zu können, eine Ausnahme von der Anschlusspflicht komme für die Anlage des Revisionswerbers wegen Schädigung der öffentlichen Interessen nicht in Frage.
5.3. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher im Zusammenhang mit der Prüfung der Frage, ob im vorliegenden Fall die Möglichkeit einer Ausnahme von der Anschlusspflicht - aus anderen Gründen als dem Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung - gesichert auszuschließen sei, als unzureichend begründet.
Auch unter diesem Aspekt widerspricht es daher der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
6. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014.
Das den Ersatz der Umsatzsteuer betreffende Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Ra 2015/03/0040, sowie vom , 94/13/0097).
Wien, am