VwGH vom 21.09.2010, 2007/11/0137
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des T R in S, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 164.197/2- III/7/07, betreffend Verpflegskosten iA. ZDG (mitbeteiligte Partei: Österreichisches Rotes Kreuz - Landesverband Steiermark in 8010 Graz, Merangasse 26), nach durchgeführter mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Mag. Herwig Wünsch und des Vertreters der belangten Behörde, Mag. Peter Dornstädter, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 1.302,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Zuweisungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde der Beschwerdeführer zu einer Einrichtung der mitbeteiligten Partei in Graz zur Dienstleistung ("Hilfsdienste im Rettungs- Krankentransport- und Katastrophenhilfsdienst beim Blutspendedienst Betreuung von Flüchtlingen und Vertriebenen") vom bis zum zugewiesen. In diesem Zeitraum leistete der Beschwerdeführer seinen ordentlichen Zivildienst.
Mit Schreiben vom , bei der Zivildienstserviceagentur als Behörde erster Instanz eingelangt am , stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf bescheidmäßige Feststellung seiner vermögensrechtlichen Ansprüche gegenüber der mitbeteiligten Partei in Ansehung seiner angemessenen Verpflegung während der Dauer seines Zivildienstes.
Mit Bescheid vom sprach die Erstbehörde - unter anderem - Folgendes aus:
"Über den, in der Zivildienstserviceagentur am eingelangten Antrag gemäß § 1 Abs. 3 des Zivildienstgesetz - Übergangsrechtes 2006 BGBl. I Nr. 40/2006, auf bescheidmäßige Feststellung der vermögensrechtlichen Ansprüche, die auf Grund des § 28 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. 679 idgF., vor In-Kraft-Treten der Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden (Verpflegungsverordnung), BGBl. II Nr. 43/2006 entstanden sind, ergeht von der Zivildienstserviceagentur als Behörde erster Instanz folgender Spruch
1) Es wird gemäß § 1 des Zivildienstgesetz-Übergangsrechtes 2006, BGBl. I Nr. 40/2006 festgestellt, dass die Höhe der vermögensrechtlichen Ansprüche des Antragstellers gegen den Rechtsträger EUR 2.047,10 beträgt.
..."
Die Behörde erster Instanz führte zur Begründung unter anderem aus, dass im vorliegenden Fall ein Abzug von 15 vH. nach § 4 Abs. 2 Z. 1 der Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, gerechtfertigt sei, weil der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei übereinstimmend vorgebracht hätten, dass der Dienst des Beschwerdeführers immer am gleichen Dienstort bzw. in der gleichen Einsatzstelle begonnen und geendet habe. Es sei davon auszugehen, dass der Dienst immer an einem "gleichbleibenden Dienstort" verrichtet worden sei.
Der Gesamtanspruch des Beschwerdeführers betrage EUR 4.144,26; abzüglich der vom Rechtsträger bezahlten Beträge von EUR 1.918,51 bzw. EUR 178,65 ergebe sich ein (restlicher) vermögensrechtlicher Anspruch des Beschwerdeführers gegenüber der mitbeteiligten Partei in der Höhe von EUR 2.047,10.
Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für Inneres der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid.
Begründend wurde ausgeführt, der Dienst des Beschwerdeführers habe jeweils in der Einsatzstelle in Graz/Münzgrabenstraße begonnen und geendet. Innerhalb der Dienstzeit unternommene Botengänge, Ausfahrten und dergleichen, wobei in der Regel der Dienstantritt und dessen Beendigung in der Einrichtung bzw. an der Dienstverrichtungsstelle erfolgen, bewirkten keine Änderung des Dienstortes. Die Freizeit des Beschwerdeführers habe jedenfalls jeweils im gleichen Dienstort begonnen und geendet. Der Abzug von 15 v.H. von dem in § 4 Abs. 1 der Verpflegungsverordnung genannten Höchstbetrag scheine deshalb gerechtfertigt.
Für den Zuspruch von Verzugszinsen fehle es an einer entsprechenden Grundlage.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 459/07-6, abgelehnt und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom , B 459/07-8, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt.
Dieser erachtet sich durch den erstangefochtenen Bescheid in seinem Recht auf angemessene Verpflegung als Zivildiener verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Hinblick auf die behauptete Rechtsverletzung zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Die Bestimmungen des Zivildienstgesetzes - ZDG, BGBl. Nr. 679/1986, in der Fassung BGBl. I Nr. 106/2005 bzw. Nr. 40/2006, lauten (auszugsweise):
"§ 28. (1) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dafür Sorge zu tragen, dass die Zivildienstleistenden angemessen verpflegt werden, sie die für die Leistung des Zivildienstes erforderliche Ausbildung, Bekleidung samt deren Reinigung erhalten, die Beiträge für Kranken- und Unfallversicherung im Umfang der nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, vorgesehenen Leistungen entrichtet werden und ihnen die Pauschalvergütung gemäß § 25a geleistet wird.
(2) Die Rechtsträger der Einrichtungen haben dem Bund eine monatliche Vergütung von 150 Euro je Zivildienstleistendem zu leisten.
(3) Rechtsträger von Einrichtungen, die Dienstleistungen im Rettungswesen, in der Katastrophenhilfe, in der Sozial- und Behindertenhilfe, in der Altenbetreuung, in der Krankenbetreuung, in der Betreuung von Drogenabhängigen, Vertriebenen, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft erbringen, sind von der Vergütungsleistung nach Abs. 2 ausgenommen, es sei denn, es handelt sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht. Als solche Beherrschung gilt nicht, wenn der Rechtsträger die Dienstleistung - ohne sonst an die Gebietskörperschaft gebunden zu sein - für diese auf Grund eines Vertrages erbringt...
...
§ 31. (1) Dem Zivildienstpflichtigen sind die notwendigen Fahrtkosten für folgende Reisen zu ersetzen:
1. Bei Antritt des Zivildienstes die Anreise von der Wohnung oder Arbeitsstelle des Zivildienstpflichtigen im Inland, sofern aber diese im Ausland gelegen sind, von der Staatsgrenze zur Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle), ...
6. die täglichen Fahrten zwischen der Unterkunft (Wohnung) im Dienstort und der Einrichtung (Dienstverrichtungsstelle),
...
7. die täglichen Fahrten nach § 27 Abs. 2,
..."
1.2. Art. 2 des am kundgemachten Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird, BGBl. I Nr. 40/2006 (Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006), lautet:
"Artikel 2
Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006
§ 1. (1) Vermögensrechtliche Ansprüche, die auf Grund des § 28 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG), BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, vor In-Kraft-Treten der Verpflegungsverordnung, BGBl. II Nr. 43/2006, entstanden sind, sind bis zum Ablauf von sechs Monaten nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes vom Anspruchsberechtigten in nachvollziehbarer Weise beim jeweiligen Rechtsträger bei sonstiger Verjährung geltend zu machen.
(2) Der Rechtsträger hat Ansprüche nach Abs. 1 unter Heranziehung der in der Verpflegungsverordnung festgelegten Grundsätze bis zu einem Höchstbetrag von EUR 13,60 pro Tag binnen drei Monaten ab Geltendmachung abzugelten.
(3) Besteht zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Rechtsträger keine Übereinstimmung über die Höhe der nach Abs. 2 abzugeltenden Ansprüche, hat der Rechtsträger auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zu Stande und nimmt der Rechtsträger eine Abgeltung nicht vor, stellt die Zivildienstserviceagentur auf Antrag des Anspruchsberechtigten die Höhe fest. Ein solcher Antrag ist bis zu vier Wochen nach Ablauf der Frist nach Abs. 2 zu stellen. Dem Rechtsträger kommt in diesem Verfahren Parteistellung im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2004, zu. Im Falle einer rechtskräftigen Feststellung hat der Rechtsträger die festgestellten Ansprüche binnen sechs Wochen abzugelten.
§ 2. Die Zivildienstserviceagentur ersetzt Rechtsträgern, die Ansprüche gemäß § 1 abgegolten haben, den nach den Grundsätzen der Verpflegungsverordnung berechneten und geleisteten Betrag bis zu einer Höhe von höchstens EUR 4,20 pro Tag und Anspruchsberechtigten, wenn sie diesen innerhalb von weiteren drei Monaten nach der Auszahlung bei sonstiger Verjährung geltend gemacht haben. Dies gilt nicht für Rechtsträger, bei denen es sich um eine Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines Rechtsträgers, den eine Gebietskörperschaft durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht, handelt. § 28 Abs. 3 letzter Satz ZDG gilt. Der Rechtsträger hat der Zivildienstserviceagentur alle im Zusammenhang mit der Abgeltung stehenden Unterlagen vorzulegen.
§ 3. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren auf Feststellung der Angemessenheit der Verpflegung oder auf Gewährung von Geldaushilfe gelten als fristgerecht geltend gemachte Ansprüche im Sinne des § 1. Die diesen Verfahren zu Grunde liegenden Unterlagen sind von den verfahrensführenden Stellen den jeweiligen Rechtsträgern zu übermitteln. Mit dieser Übermittlung gelten die Verfahren als eingestellt."
Die am ausgegebene Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge für die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden (Verpflegungsverordnung), BGBl. II Nr. 43/2006, lautet (auszugsweise):
"Auf Grund des § 28 des Zivildienstgesetzes 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2005, wird verordnet:
§ 1. Eine angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG besteht täglich aus Frühstück, einer warmen Hauptmahlzeit und einer weiteren Mahlzeit.
§ 2. Der Rechtsträger einer Einrichtung kommt seiner Verpflichtung zur angemessenen Verpflegung von Zivildienstleistenden gemäß § 28 Abs. 1 ZDG nach, indem er täglich Frühstück, eine warme Hauptmahlzeit und eine weitere Mahlzeit (Naturalverpflegung) zur Verfügung stellt. Auf ärztliche Anordnungen oder religiöse Gebote ist Bedacht zu nehmen.
§ 3. Nimmt der Zivildienstleistende an einer ihm angebotenen Naturalverpflegung mit Zustimmung des Vorgesetzten (§ 38 Abs. 5 ZDG) nicht teil, so gebührt ihm als Ersatz derjenige Betrag, der den durchschnittlichen Kosten entspricht, die dem Rechtsträger der Einrichtung für diese Verpflegung erwachsen. Dieser Betrag darf im Falle der Nichtteilnahme an allen Mahlzeiten die Höhe von EUR 3,40 nicht unterschreiten.
§ 4. (1) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, hat dieser dem Zivildienstleistenden einen Betrag von EUR 13,60 abzugelten.
(2) Soweit dem Rechtsträger die Naturalverpflegung nicht möglich ist, kann er von dem in Abs. 1 genannten Betrag
1. 15 v.H. in Abzug bringen, wenn der Zivildienstleistende seinen Dienst an einem gleichbleibenden Dienstort verrichtet;
..."
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1. Der Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des Abschlages nach § 4 Abs. 2 Z. 1 der Verpflegungsverordnung in den entscheidungsrelevanten Punkten demjenigen, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/11/0231, zu Grunde lag. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses und die darin zitierten hg. Entscheidungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
2.2. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung von Verzugszinsen genügt es, auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/11/0126, und vom , Zl. 2007/11/0139, zu verweisen.
2.3. Soweit der Beschwerdeführer aber ins Treffen führt, die belangte Behörde habe die für die von ihr zutreffende Ermessensübung nötigen Sachverhaltselemente nicht ausreichend festgestellt, ist ihm zu entgegnen, dass schon mangels Regelung von Ermessensdeterminanten in der Verpflegungsverordnung bzw. im ZDG-ÜR nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Behörde bei der Beantwortung der Frage, ob ein Abschlag nach § 4 Abs. 2 Z. 1 der Verpflegungsverordnung vorzunehmen ist, Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG eingeräumt wäre.
2.4. Auch die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-93295