VwGH 28.08.2015, Ra 2015/07/0117
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §53 Abs1; AVG §58 Abs2; AVG §7 Abs1 Z3; AVG §7 Abs1; VwGG §34 Abs1; VwGG §42 Abs2 Z3 litb; VwGG §42 Abs2 Z3 litc; VwGVG 2014 §17; VwRallg; |
RS 1 | Den Parteien des Verfahrens kommt bezüglich der Amtssachverständigen ein formelles Ablehnungsrecht nicht zu, allerdings haben die Parteien die Möglichkeit, Umstände, die gegen den Amtssachverständigen sprechen, im Verfahren vorzutragen. Die Behörde bzw. das VwG hat ein diesbezügliches Vorbringen auf seine Berechtigung hin zu prüfen und die diesbezüglichen Erwägungen in der Entscheidungsbegründung darzulegen, sofern eine Befangenheit nicht von vornherein auszuschließen ist. |
Normen | |
RS 2 | Im Zusammenhang mit der Befangenheit von Amtssachverständigen ist darauf abzustellen, ob konkrete Umstände zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist (vgl. E , 2007/07/0050 = VwSlg 17716 A/2009). |
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RS 3 | Den Verfahrensbestimmungen zu den Befangenheitsgründen kommt besondere rechtsstaatliche Bedeutung zu, sollen sie doch der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive entgegenwirken. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des J, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG-2014/19/3459-3, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Angerberg in 6320 Angerberg, Linden 5; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1. Mit dem mit der vorliegenden außerordentlichen Revision angefochtenen Erkenntnis vom erteilte das Landesverwaltungsgericht Tirol - unter Abweisung einer Beschwerde des nunmehrigen Revisionswerbers - der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer bestimmten Oberflächenentwässerung im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Partei.
Dieser Entscheidung liegen die - auf sachverständiger Grundlage gewonnenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zugrunde, dass bei der projektierten Oberflächenentwässerungsanlage die anfallenden Niederschlagswässer über insgesamt sieben Regenwasserkanäle gesammelt und zunächst in einem Sandfangbauwerk vorgereinigt würden; anschließend werde das Niederschlagswasser über eine Stahlbetonrohr in eine Sickermulde eingeleitet. Hinweise darauf, dass das Wasser im Zuge der Versickerung in das "Lindenmoos" gelange, hätten sich nicht ergeben.
Aufgrund des zugrunde liegenden Projektes erfolge keine direkte Ableitung der gereinigten Oberflächenwässer in das südlich gelegene "Lindenmoos" und damit auf im Eigentum des Revisionswerbers stehende Grundstücke. Die in Fällen von über einem zugrunde gelegten einjährlichen Bemessungsereignis liegenden Niederschlägen auftretenden Niederschlagswässer, welche dabei Richtung "Lindenmoos" abflössen, füllten zunächst den Freibord der vorhandenen Sickermulde aus, träten dann über und flössen dann dem "Lindenmoos" zu. Das in solchen Fällen dem "Lindenmoos" zufließende Oberflächenwasser stamme aus dem natürlichen Einzugsgebiet des "Lindenmooses". Die projektierte Anlage entspreche dem Stand der Technik.
Das Verwaltungsgericht stützte seine Feststellungen insbesondere auch darauf, dass der Revisionswerber den Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen für Siedlungswasserbautechnik nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei.
2. In seinem mit der Revision gegen das angefochtene Erkenntnis verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bringt der Revisionswerber vor, es bestehe die Gefahr, dass es zu einer unwiederbringlichen Zerstörung des in seinem Eigentum stehenden Feuchtbiotopes "Lindenmoos" komme; durch die im bewilligten Projekt vorgesehenen Drainagerohre komme es zu direkten Zuflüssen des gesammelten Oberflächenwassers in das "Lindenmoos".
Im Weiteren führt der Aufschiebungsantrag an, dass es sich beim "Lindenmoos" um ein "äußerst schützenswertes Feuchtbiotop" handle, das schon bei geringfügigen Wasserstandsänderungen gefährdet werden könne, weil dadurch die "jahrhunderte alte, besonders schützenswerte Kulturzone und die darin befindlichen Pflanzenarten zerstört" würden. Ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG liege daher jedenfalls vor.
3. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass der Beschwerdeführer (nunmehr: Revisionswerber) schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.
Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen. Unter diesen Annahmen sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. etwa jüngst den hg. Beschluss vom , Ra 2015/07/0067, mwN).
4. Von einer offenkundigen Mangelhaftigkeit der dem hier angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegten, auf sachverständiger Grundlage gewonnenen Feststellungen ist allerdings auch mit Blick auf das Vorbringen des Revisionswerbers nicht auszugehen; entsprechende vom Revisionswerber in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgebrachte Einwände wurden vom Amtssachverständigen auf nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennende Weise entkräftet.
Angesichts der im Provisorialverfahren somit zugrunde zu legenden Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichtes kommt es auf die weiteren Ausführungen des Aufschiebungsantrages zur Schutzwürdigkeit des Feuchtbiotopes "Lindenmoos" nicht an.
Angemerkt sei allerdings, dass diesen Ausführungen nicht auf die erforderlich konkrete Weise entnommen werden kann, welcher Vermögensschaden dem Revisionswerber bei Verwirklichung des bewilligten Projektes drohe. Für die vorliegende Entscheidung nach § 30 Abs. 2 VwGG ist es schließlich auch ohne Belang, ob das bewilligte Projekt auf "anderen Flächen" verwirklicht hätte werden können.
5. Dem Antrag war daher keine Folge zu geben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des J O in A, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2014/19/3459-3, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Kufstein; mitbeteiligte Partei: Gemeinde Angerberg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom bestätigte das Landesverwaltungsgericht Tirol - durch Abweisung einer Beschwerde des Revisionswerbers - Spruchteil A des Bescheides der belangten Behörde vom , mit dem der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer bestimmten Oberflächenentwässerung in deren Gemeindegebiet erteilt worden war.
2 Dieser Entscheidung legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass bei der projektierten Oberflächenentwässerungsanlage die anfallenden Niederschlagswässer über insgesamt sieben Regenwasserkanäle gesammelt und zunächst in einem Sandfangbauwerk vorgereinigt würden; anschließend werde das Niederschlagswasser über ein Stahlbetonrohr in eine Sickermulde eingeleitet. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers in dessen Beschwerde hätten sich keine Hinweise dafür ergeben, dass Wasser im Zuge der geplanten Versickerung in der Sickermulde in das dem Revisionswerber gehörende L.-Moos gelange.
3 Aufgrund des zugrunde liegenden Projektes erfolge keine direkte Ableitung der gereinigten Oberflächenwässer in das südlich gelegene L.-Moos und damit auf im Eigentum des Revisionswerbers stehende Grundstücke. Die in Fällen von über einem zugrunde gelegten einjährlichen Bemessungsereignis liegenden Niederschlägen auftretenden Niederschlagswässer, welche dabei Richtung L.-Moos abflössen, füllten zunächst den Freibord der vorhandenen Sickermulde aus, träten dann über und flössen dann dem L.-Moos zu. Das in solchen Fällen dem L.-Moos zufließende Oberflächenwasser stamme aus dem natürlichen Einzugsgebiet des L.-Mooses. Die projektierte Anlage entspreche dem Stand der Technik.
4 Aus den beweiswürdigenden Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses wird deutlich, dass das Verwaltungsgericht seine Überzeugung, dass die vom beantragten Projekt vorgesehene Bemessungswassermenge zur Gänze in der Sickermulde versickere und nicht in das L.-Moos abgeleitet werde, maßgeblich auf die Ausführungen des bereits in der Verhandlung vor der belangten Behörde am und wiederum in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am befragten siedlungswasserbautechnischen Amtssachverständigen DI M.R. stützte.
5 In den im Erkenntnis wörtlich wiedergegebenen Darlegungen von DI M.R. in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht relativierte dieser etwa eine Wendung des im Bescheid der belangten Behörde vom wiedergegebenen wasserfachlichen Befundes, dem zufolge das gereinigte Oberflächenwasser in das südlich gelegene L.-Moos abgeleitet werde; DI M.R. führte dazu aus, es könne theoretisch zu einer Ausleitung kommen, wenn sich das Ende des Drainagerohres freispüle. Die Dimensionierung der Sickermulde sei nach den einschlägigen Regelwerken und Normen erfolgt. Anzeichen dafür, dass das versickerte Wasser aufgrund von Dichtschichten in Richtung L.-Moos abgeleitet werde, seien nicht vorgelegen.
6 Aus diesen - zentral auf die Einschätzung durch den Amtssachverständigen DI M.R. gestützten - Feststellungen folgerte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht, dass die vom Revisionswerber geltend gemachte Verletzung seiner Rechte nicht zu besorgen sei; insbesondere gehe dessen Vorbringen, das aufgrund des gegenständlichen Projektes in das L.-Moos gelangende Wasser weise eine andere chemische Zusammensetzung auf, als das auf natürlichem Weg dem L.-Moos zufließende Wasser, "ins Leere".
7 Die Revision ließ das Verwaltungsgericht unter bloßem Hinweis auf den Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu.
8 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurückweisung der Revision beantragt. Die belangte Behörde hat ebenfalls eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision und schließlich in eventu beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 1. Nach Art. 133 Abs. 4-BVG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 2. Die vorliegende außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit (unter anderem) vor, der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom mit einem bestimmten konkreten Vorbringen darauf hingewiesen, dass der Amtssachverständige DI M.R. in einem Naheverhältnis zu Ing. R.E. stehe, welcher zum einen einer der Eigentümer des Wohngebietes, welches durch die bewilligte Maßnahme entwässert werden solle, und zum anderen Gemeinderat der mitbeteiligten Partei sei. Deshalb habe der Revisionswerber in seiner Beschwerde den wassertechnischen Sachverständigen DI M.R. ausdrücklich "als befangen abgelehnt".
13 Mit der somit geltend gemachten Befangenheit des Amtssachverständigen habe sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis überhaupt nicht auseinandergesetzt; auch im Verhandlungsprotokoll habe das Verwaltungsgericht lediglich begründungslos durch Ankreuzen eines bestimmten Passus festgehalten, ein Befangenheitsgrund im Sinn des § 7 AVG liege nicht vor. Es sei allerdings das Vorliegen des Befangenheitsgrundes in keiner Weise überprüft worden, was eine "Verletzung grundlegender Verfahrensvorschriften" darstelle. Dem schließlich erstatteten Gutachten des Amtssachverständigen komme im vorliegenden Verfahren ganz zentrale Bedeutung zu, weil sich das gesamte angefochtene Erkenntnis im Wesentlichen auf dessen Ausführungen stütze.
14 3. Die vorliegende Revision ist zulässig und erweist sich auch als berechtigt.
15 3.1. Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (unter anderem) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden.
16 Gemäß § 53 Abs. 1 erster Satz AVG ist auf Amtssachverständige § 7 AVG anzuwenden.
17 Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn "sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihr volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen".
18 3.2. Den Parteien des Verfahrens kommt bezüglich der Amtssachverständigen ein formelles Ablehnungsrecht nicht zu, allerdings haben die Parteien die Möglichkeit, Umstände, die gegen den Amtssachverständigen sprechen, im Verfahren vorzutragen. Die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat ein diesbezügliches Vorbringen auf seine Berechtigung hin zu prüfen und die diesbezüglichen Erwägungen in der Entscheidungsbegründung darzulegen, sofern eine Befangenheit nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl. etwa die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 53 Rz 12).
19 Zum Vorliegen des Befangenheitsgrundes nach § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG genügen Umstände, die die volle Unbefangenheit als zweifelhaft erscheinen lassen können, die somit eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Befangenheit begründen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/12/0109). Auch im Zusammenhang mit der Befangenheit von Amtssachverständigen hat der Gerichtshof bereits darauf abgestellt, ob konkrete Umstände "zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis , Zl. 2007/07/0050 = VwSlg 17.716A, sowie die weiteren Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 7 Rz 14).
20 Den Verfahrensbestimmungen zu den Befangenheitsgründen kommt besondere rechtsstaatliche Bedeutung zu, sollen sie doch der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive entgegenwirken (vgl. die Judikaturnachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 7 Rz 1).
21 Wenn ein Revisionswerber eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG releviert, liegt eine derartige Bedeutung jedenfalls dann vor, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2014/07/0052 sowie die Rechtsprechungsnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 E 240 zu § 34 VwGG).
22 3.4. Einen derartigen Verstoß gegen tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes zeigt die vorliegende Revision auf:
23 Tatsächlich hat der Revisionswerber in seiner durch das angefochtene Erkenntnis erledigten Beschwerde mit Blick auf den Amtssachverständigen DI. M.R. ein konkretes Vorbringen "wegen bestehender Interessenkollision und mangelnder Unbefangenheit" erstattet und dabei im Wesentlichen behauptet, dieser sei der Vorgesetzte von Ing. R.E., welcher einerseits Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde sowie andererseits "einer der Eigentümer des Wohngebietes, welches durch die bewilligte Maßnahme entwässert werden" solle, sei.
24 Damit hat der Revisionswerber im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht konkrete Umstände behauptet, die zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings mit diesen Behauptungen inhaltlich überhaupt nicht befasst und derart tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes verletzt (zur Pflicht zur Prüfung eines Befangenheitsvorwurfs gegenüber einem Amtssachverständigen vgl. etwa auch den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2016/02/0055).
25 Die mögliche Relevanz des darin gelegenen Verfahrensmangels liegt mit Blick auf die zentrale Bedeutung der fachlichen Einschätzung des Amtssachverständigen DI. M.R. für das angefochtene Erkenntnis (vgl. die Wiedergabe oben, insbesondere unter Rz 4 ff) auf der Hand.
26 4. Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | VwGG §30 Abs2; WRG 1959; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015070117.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAE-93281