zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 08.07.2009, 2009/15/0053

VwGH vom 08.07.2009, 2009/15/0053

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. Thomas Richter, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Altstadt 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0486-L/08, betreffend Einkommensteuer 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Jahr 1985 als echter stiller Gesellschafter an der PL AG beteiligt. Aus dieser Beteiligung erklärte er negative Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt erließ im Jahr 1987 einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO, in welchem es die Verluste aus Kapitalvermögen anerkannte und einen Ausgleich mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten vornahm.

Am erließ das Finanzamt gemäß § 200 Abs. 2 BAO einen endgültigen Einkommensteuerbescheid, in welchem die Beteiligung als stiller Gesellschafter an der PL AG als Liebhaberei beurteilt wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion vom als unbegründet abgewiesen. Zur Frage der Verjährung führte die Berufungsentscheidung aus, im Zusammenhang mit vorläufigen und endgültigen Abgabenfestsetzungen beginne die fünfjährige Verjährungsfrist nicht etwa bereits mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei (gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO), sondern nach § 208 Abs 1 lit d BAO erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt worden sei. Die Ungewissheit, wie die gegenständliche Beteiligung steuerlich zu behandeln sei, sei frühestens im Jahr 1993 beseitigt worden, weil in diesem Jahr "die ersten richtungsweisenden" Entscheidungen der Rechtsmittelbehörde ergangen seien.

Die genannte Berufungsentscheidung hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2001/14/0223, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor den Liebhabereiverordnungen habe die Verwaltungsbehörde, wenn noch ungewiss sei, ob eine Liebhaberei oder eine Einkunftsquelle vorliege, zunächst vorläufige Bescheide zu erlassen. Dieser Judikatur zufolge sei über die Einkunftsquelleneigenschaft nach Ablauf des Beobachtungszeitraumes endgültig zu entscheiden, woraus sich auch die Antwort auf die Frage ergebe, wann in einem solchen Fall die Ungewissheit wegfalle und dementsprechend ein endgültiger Bescheid zu erlassen sei.

Im Falle einer zunächst vorläufigen Bescheiderlassung sei die Frage nach dem Wegfall der Ungewissheit und die damit im Zusammenhang stehende Frage, zu welchem Zeitpunkt gemäß § 208 Abs. 1 lit. d BAO die Frist der Festsetzungsverjährung zu laufen beginne, nicht danach zu beantworten, zu welchem Zeitpunkt nach Erlassung des vorläufigen Bescheides bestimmte Entscheidungen einer Behörde ergehen, wie dies der Ansicht der Finanzlandesdirektion in der Berufungsentscheidung entspreche. Aus dem Umstand, dass die "ersten richtungsweisenden Entscheidungen der Rechtsmittelbehörde" erst ab einer nach Datum und Geschäftszahl näher angeführten Entscheidung Ende März 1993 ergangen seien, habe die Finanzlandesdirektion daher nicht frei von Rechtsirrtum ableiten können, dass die Verjährungsfrist iSd § 208 Abs. 1 lit. d BAO erst mit Ablauf des Jahres 1993 angelaufen sei. In Verkennung der Rechtslage habe die Finanzlandesdirektion Feststellungen darüber, wann und durch welche Fakten die für die vorläufige Abgabenfestsetzung maßgebliche Ungewissheit im Beschwerdefall weggefallen sei, nicht getroffen.

In der Folge wies die belangte Behörde die Berufung mit Berufungsentscheidung vom erneut ab. Den Wegfall der Ungewissheit stützte sie auf das Ergehen des hg. Erkenntnisses vom , 93/13/0171. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, eine Beteiligung sei nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn nach der konkreten Art der Betätigung objektive Ertragsfähigkeit vorliege, d.h. innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives steuerliches Gesamtergebnis erzielbar sei, wobei er eine Zeitspanne dann noch als absehbar angesehen habe, wenn sie nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert worden sei.

Mit Erkenntnis vom , 2007/15/0054, hat der Verwaltungsgerichtshof auch diese Berufungsentscheidung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, in rechtlicher Hinsicht liege eine Einkunftsquelle vor, wenn die Beteiligung objektiv geeignet sei, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften. Ob die Beteiligung tatsächlich geeignet gewesen sei, im angesprochenen Zeitrahmen ein positives Ergebnis zu erzielen, sei eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage. Solcherart habe beschwerdefallbezogen der Fristenlauf iSd § 208 Abs. 1 lit. d BAO mit Ablauf des Jahres eingesetzt, in welchem die Unsicherheit über die objektive Ertragsfähigkeit der Beteiligung weggefallen sei. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde könne aus der Lösung von Rechtsfragen in Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes kein Schluss auf die objektive Ertragsfähigkeit einer konkreten Betätigung gezogen werden.

Die belangte Behörde habe es in Verkennung der Rechtslage unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, wann und durch welche Fakten die Ungewissheit über die objektive Ertragsfähigkeit der Beteiligung im Beschwerdefall weggefallen ist.

Im fortgesetzten Verfahren forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom auf, den Prospekt der PL AG, den Vertrag über den Beteiligungserwerb, die Prognoserechnung, eine Aufstellung über die Finanzierung (Eigen- oder Fremdmittel) und Aufzeichnungen über die tatsächliche Ertragsentwicklung vorzulegen.

Mit Eingabe vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Beendigung seines Beteiligungsverhältnisses durch Liquidation der Gesamtrechtsnachfolgerin am erfolgt sei und es zu einen Gesamtverlust von 90.000 S gekommen sei (Verlust 1985: 100.000 S, abzüglich Zinsgutschrift je 5.000 S für 1987 und 1988). Eine Prognoserechnung habe es nicht gegeben, demnach auch keinen Prognosezeitraum. Die Beteiligung sei zum Zeitpunkt des Erwerbs zeitlich nicht begrenzt gewesen. Der Erwerb der Beteiligung sei zum einen zu Lasten eines Kontokorrentkontos erfolgt, zum anderen durch Aufnahme eines Kredites.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung wiederum ab.

Mangels eines entsprechenden Beobachtungszeitraums habe die Einkunftsquelleneigenschaft im Jahr der Veranlagung noch nicht endgültig beurteilt werden können. Aus dem nun durchgeführten Vorhalteverfahren ergebe sich, dass das Beteiligungsverhältnis des Beschwerdeführers durch Liquidation der Gesamtrechtsnachfolgerin der PL AG am geendet habe, wobei der Beschwerdeführer einen Gesamtverlust von 90.000 S zu verzeichnen habe. Die objektive Beseitigung der Ungewissheit sei nach Ansicht der belangten Behörde im Jahr 1995 mit dem Ende des Beteiligungsverhältnisses eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt sei auch keine Einkunftserzielung aus der Beteiligung mehr zu erwarten gewesen.

Da eine Prognoserechnung nicht vorhanden sei und der Beschwerdeführer auch keine anderen konkreten Berechnungen vorgelegt habe, welche die objektive Ertragsfähigkeit seiner Tätigkeit darlegen könnten, gehe die belangte Behörde davon aus, dass das objektive Ende der Beteiligung am als Zeitpunkt des tatsächlichen Wegfalls der Ungewissheit anzunehmen sei. Gemäß § 208 Abs 1 lit d BAO beginne die Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995, weil in diesem Jahr die Ungewissheit beseitigt worden sei.

Da der endgültige Einkommensteuerbescheid 1998 ergangen sei, sei die Verjährung gemäß § 207 Abs. 2 BAO noch nicht eingetreten gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß 208 Abs. 1 lit. d BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 200 BAO nicht schon mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (lit. a), sondern erst mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, in welchem Zeitpunkt die Ungewissheit hinsichtlich der Beurteilung der Beteiligung des Beschwerdeführers als Liebhaberei weggefallen und damit der Lauf der Verjährungsfrist nach § 208 Abs. 1 lit. d BAO in Gang gesetzt worden ist.

Während die Berufungsentscheidungen vom und vom den Wegfall der Ungewissheit aus dem Ergehen von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes und von Bescheiden einer Rechtsmittelbehörde abgeleitet haben, was der Verwaltungsgerichtshof jeweils als rechtswidrig beurteilt hat, stützt sich der nunmehr angefochtene Bescheid auf von der belangten Behörde festgestellte tatsächliche Umstände.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor den Liebhabereiverordnungen muss, um beurteilen zu können, ob eine Betätigung auf Dauer gesehen geeignet ist, Überschüsse abzuwerfen, ein längerer Zeitraum der Betätigung beobachtet werden. Der Beobachtungszeitraum kann durchaus einen Zeitraum von ca 10 Jahren umfassen (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 18). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2001/14/0223 darauf hingewiesen, dass (erst) nach Ablauf des Beobachtungszeitraumes die Ungewissheit wegfällt und endgültig die Einkunftsquelleneigenschaft beurteilt werden kann.

Die belangte Behörde hat im nunmehr angefochtenen Bescheid für die 1985 eingegangene Beteiligung angenommen, dass erst auf Grund der bis 1995 eingetretenen Entwicklung die Liebhabereibeurteilung vorgenommen werden konnte. Sie hat dabei einen Beobachtungszeitraum zur Anwendung gebracht, der nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht. Ihr kann nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass erst die bis 1995 eingetretene Entwicklung einen sicheren Schluss darauf zugelassen hat, ob aus der Beteiligung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives steuerliches Gesamtergebnis erzielbar war, was Voraussetzung für das Vorliegen einer Einkunftsquelle ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0146).

Der Beschwerdeführer bringt vor, der Ablauf des Beobachtungszeitraumes und der Eintritt der Liquidation seien lediglich die "letztmöglichen" Zeitpunkte für das Wegfallen der Ungewissheit. Damit zeigt er aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil er nicht nachvollziehbar dartut, zu welchem konkreten früheren Zeitpunkt die Ertragsunfähigkeit der Beteiligung tatsächlich festgestanden ist. Soweit der Beschwerdeführer die im Jahr 1993 ergangenen "ersten richtungsweisenden" Entscheidungen der Rechtsmittelbehörde anspricht, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom ausgesprochen hat, dass sich der Wegfall der Ungewissheit auf tatsächliche Umstände zu stützen hat.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid nicht gegen § 63 Abs. 1 VwGG verstoßen. Im Erkenntnis vom , 2007/15/0054, hat der Verwaltungsgerichtshof beanstandet, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, wann und durch welche Fakten die Ungewissheit über die objektive Ertragsfähigkeit der Beteiligung im Beschwerdefall weggefallen ist. Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Feststellungen nachgeholt.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 2008/455.

Wien, am