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VwGH 27.07.2017, Ra 2015/07/0109

VwGH 27.07.2017, Ra 2015/07/0109

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
GSGG §5;
GSLG Krnt 1998 §15 Abs1 litd;
GSLG Krnt 1998 §17 Abs1;
GSLG Krnt 1998 §17 Abs2;
GSLG Krnt 1998 §17;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 1
Die Mitglieder einer Bringungsgemeinschaft sind nach § 17 Abs. 1 Krnt GSLG 1998 zu den aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entspringenden Leistungen verpflichtet. Dazu zählt (ua) der Aufwand, der der Bringungsgemeinschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwächst; dieser ist gemäß § 17 Abs. 2 Krnt GSLG 1998 auf die Mitglieder nach dem Anteilsverhältnis umzulegen. Bei einem Streit über die konkrete Umlegung einer Leistung ist gemäß § 17 Abs. 2 dritter Satz legcit vorerst eine Streitbeilegung nach § 15 Abs. 1 lit. d legcit zu versuchen. Binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt des erfolglosen Versuches der Streitbeilegung kann die Entscheidung der Agrarbehörde beantragt werden (vgl. E , 2003/07/0124).
Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GSGG 1951 §5;
GSLG Krnt 1998 §17 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
RS 2
Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens - auch eines anwaltlich vertretenen Antragstellers - von Amts wegen zu ermitteln (vgl. E , 2006/09/0094). Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Krnt GSLG 1998 sieht die Erlassung eines Feststellungsbescheides durch die Agrarbehörde zur Frage, ob und in welchem Umfang Beitragsverpflichtungen eines Mitgliedes einer Bringungsgemeinschaft bestehen, vor (vgl. E 85/07/0093; E , 89/07/0040). Der Antrag des Mitglieds der Bringungsgemeinschaft enthält kein ausdrückliches Feststellungsbegehren. Es wird jedoch explizit Bezug genommen auf die, die Befugnis zur Erlassung eines Feststellungsbescheides normierende Bestimmung des § 17 Abs. 2 legcit; darüber hinaus kann der Begründung des Antrages auch entnommen werden, dass sich dieser gegen das Bestehen der zur Zahlung vorgeschriebenen Beitragsschuld richtet. Angesichts dessen lässt sich die Frage, ob der Antrag nach dem Willen dieses Mitgliedes ein Feststellungsbegehren beinhaltete, nach dessen Wortlaut (zumindest) nicht eindeutig beantworten. Das VwG hätte den Antrag - dessen Rechtzeitigkeit vorausgesetzt - daher nicht als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern den wahren Parteiwillen ermitteln müssen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der Mag. I B in D, vertreten durch die Dr. Farhad Paya Rechtsanwalt GmbH in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KLVwG-S5-850/4/2015, betreffend Zurückweisung eines Antrages i.A. des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Amt der Kärntner Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft "F" in D), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 1. Die Revisionswerberin ist Mitglied der mitbeteiligten Bringungsgemeinschaft.

2 Mit Schreiben vom schrieb die mitbeteiligte Partei der Revisionswerberin die Zahlung von EUR 386,37 für eine näher beschriebene Sanierung der Bringungsanlage vor.

3 Mit Schreiben vom erhob die Revisionswerberin "Widerspruch" gegen die genannte Beitragsvorschreibung. Darin bestritt sie die Vorschreibung "dem Grunde nach" und beantragte die Durchführung eines Streitbeilegungsgesprächs gemäß § 17 Abs. 2 Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetz (K-GSLG) mit dem Obmann der mitbeteiligten Partei.

4 Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom wurde die Revisionswerberin zu einem für den angesetzten Streitschlichtungsgespräch eingeladen.

5 Mit Schreiben vom gab die Revisionswerberin bekannt, dass es ihr und ihrem Vertreter nicht möglich sei, zu dem für den anberaumten Streitschlichtungsgespräch zu erscheinen. Sie beantrage daher, diesen Termin um drei Wochen zu verlegen.

6 Aus dem im Akt erliegenden "Protokoll der Streitschlichtung vom " ergibt sich, dass die Revisionswerberin nicht zu dem Streitbeilegungsgespräch kam.

Mit dem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom stellte die Revisionswerberin u.a. "gemäß § 17 Abs. 2 (K-GSLG) den Antrag auf Entscheidung über ihren Widerspruch gegen die Beitragsvorschreibung der (mitbeteiligten Partei) vom , worin sie für die Sanierung der ersten 200 m der Bringungsanlage ‚F' zur Zahlung eines Beitrages in Höhe von Euro 386,37 verpflichtet wird".

7 Zusammengefasst brachte die Revisionswerberin darin vor, ihr Antrag auf Verlegung des Streitbeilegungsgesprächs sei am zur Post gegeben worden und am beim Obmann der mitbeteiligten Partei eingelangt. In der Vollversammlung der mitbeteiligten Partei vom habe deren Obmann ihrem Ehegatten mitgeteilt, dass die Streitschlichtung "über die Bühne gegangen" sei. Nach Ansicht der Revisionswerberin habe noch gar kein Streitschlichtungsgespräch über die strittige Beitragsvorschreibung stattgefunden. Sollte man jedoch gegenteiliger Auffassung sein, so sei festzuhalten, dass die Revisionswerberin erst am von diesem Umstand Kenntnis erlangt habe, weshalb die Frist zur Stellung eines Antrages nach § 17 Abs. 2 K-GSLG gewahrt sei. Die in Rechnung gestellten Arbeiten fänden in einem näher genannten Bescheid der belangten Behörde keine Deckung. Der Obmann der mitbeteiligten Partei allein habe für die Kosten der durchgeführten Maßnahmen aufzukommen, nicht jedoch die übrigen Mitglieder der mitbeteiligten Partei.

8 Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde u. a. den "Widerspruch" der Revisionswerberin als unbegründet ab.

9 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die von der Revisionswerberin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und änderte den Bescheid vom dahin ab, dass der Antrag der Revisionswerberin vom auf Entscheidung über den Widerspruch gegen die Beitragsvorschreibung der mitbeteiligten Partei vom als unzulässig zurückgewiesen werde.

10 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe äußerst kurzfristig vor dem bekannt gegebenen Termin des Streitschlichtungsgespräches reagiert. Da die Mitglieder einer Bringungsgemeinschaft ein Streitbeilegungsverfahren nicht beliebig in die Länge ziehen dürften (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0124 = VwSlg. 16.496A), sei es dem Vorstand frei gestanden, auf die spät eingebrachte und unbegründete Vertagungsbitte nicht gesondert zu reagieren. Dass die Revisionswerberin das Streitschlichtungsgespräch aus eigenem Verschulden nicht aufgesucht habe, sei dem Scheitern des Gesprächs gleichzuhalten.

11 Nach gescheiterter Streitschlichtung im Vorstand stehe dem jeweiligen Mitglied binnen 14 Tagen die Möglichkeit des Antrags an die Agrarbehörde offen, damit diese gemäß § 17 Abs. 2 K-GSLG das Bestehen oder Nichtbestehen der Beitragsschuld feststelle. Keinesfalls könne die Behörde aber über einen Widerspruch gegen die Zahlungsvorschreibung entscheiden. Ein solches Verfahren sei den Organen der Bringungsgemeinschaft vorbehalten. Zumal die Revisionswerberin anwaltlich vertreten gewesen sei, sei es nicht statthaft, den Antrag entgegen dem eindeutigen Wortlaut in einen unzulässigen - weil verfristeten - Feststellungsantrag umzudeuten. Der Antrag der Revisionswerberin vom sei daher jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen.

12 Die Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der wesentlichen Begründung nicht zu, dass die Rechtslage durch die hg. Rechtsprechung, insbesondere durch das hg. Erkenntnis zur Zl. 2003/07/0124, geklärt sei.

13 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht samt den Verfahrensakten vorgelegt hat.

14 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (K-GSLG), LGBl. 4/1998 idF LGBl. 85/2013, lauten:

"§ 15

Satzung, Organe

(1) Die Bringungsgemeinschaft hat ihre Einrichtung und Tätigkeit durch eine Satzung zu regeln. In der Satzung sind der Name, der Sitz und der Zweck der Bringungsgemeinschaft (§ 14 Abs. 2 letzter Satz) wiederzugeben. Im übrigen sind in die Satzung insbesondere Bestimmungen aufzunehmen über

(...)

d) die Pflicht des Vorstandes, die Schlichtung von Streitigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 lit. c zu versuchen;

(...)

§ 17

Beitragsleistungen

(1) Die Mitglieder einer Bringungsgemeinschaft sind zu den aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entspringenden Leistungen verpflichtet. Diese Verpflichtung erlischt - ausgenommen hinsichtlich allfälliger Rückstände - mit dem Austritt aus der Bringungsgemeinschaft oder mit deren Auflösung.

(2) Der Aufwand, der der Bringungsgemeinschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwächst, ist auf die Mitglieder nach dem Anteilsverhältnis (§ 16 Abs. 3) umzulegen. Die Umlegung hat durch das nach der Satzung zuständige Organ innerhalb von einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem der Aufwand erwachsen ist, zu erfolgen. Entsteht hierüber ein Streit, der nicht nach § 15 Abs. 1 lit. d beigelegt werden kann, so kann binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt des erfolglosen Versuches der Streitbeilegung die Entscheidung der Agrarbehörde beantragt werden.

(...)

§ 19

Streitigkeiten

(1) Die Agrarbehörde entscheidet - unbeschadet der in diesem Gesetz sonst vorgesehenen Zuständigkeiten - auf Antrag unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges über Streitigkeiten, die

a) den Bestand, den Inhalt, den Umfang und die Ausübung eines Bringungsrechtes betreffen;

b) Entschädigungs- oder Beitragsleistungen nach diesem Gesetz betreffen;

c) zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen und die nicht nach § 15 Abs. 1 lit. d beigelegt werden können.

(...)"

16 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

18 3. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird im Wesentlichen bemängelt, das Verwaltungsgericht sei trotz fehlender Kenntnis der Revisionswerberin davon, dass der Versuch der Streitbeilegung als gescheitert gewertet werde, von einer Verfristung des Antrages vom ausgegangen. Weiters hätte das Verwaltungsgericht darauf Bedacht nehmen müssen, dass im Antrag der Revisionswerberin vom auch das Begehren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Beitragsschuld inkludiert gewesen sei. In diesem Zusammenhang verweist die Revision auch auf die hg. Rechtsprechung, wonach die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht verpflichtet sei, bei Anbringen unklaren Inhaltes den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/07/0163, und vom , Zl. 2011/07/0139).

19 4. Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet. 20 4.1. Die Mitglieder einer Bringungsgemeinschaft sind nach § 17 Abs. 1 K-GSLG zu den aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entspringenden Leistungen verpflichtet. Dazu zählt (u.a.) der Aufwand, der der Bringungsgemeinschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwächst; dieser ist gemäß § 17 Abs. 2 K-GSLG auf die Mitglieder nach dem Anteilsverhältnis umzulegen. Bei einem Streit über die konkrete Umlegung einer Leistung ist gemäß § 17 Abs. 2 dritter Satz K-GSLG vorerst eine Streitbeilegung nach § 15 Abs. 1 lit. d K-GSLG zu versuchen. Binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt des erfolglosen Versuches der Streitbeilegung kann die Entscheidung der Agrarbehörde beantragt werden (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 2003/07/0124).

21 Das Verwaltungsgericht legte dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde, dass der Streitbeilegungsversuch am gescheitert sei und die Frist von zwei Wochen nach § 17 Abs. 2 dritter Satz K-GSLG mit diesem Datum zu laufen begonnen habe. Davon ausgehend kam es zu dem Ergebnis, dass der Antrag der Revisionswerberin vom verspätet sei.

22 Wie bereits dargelegt beginnt die Frist für die Anrufung der Agrarbehörde nach § 17 Abs. 2 dritter Satz K-GSLG mit dem erfolglosen Versuch der Streitbeilegung zu laufen. Im vorliegenden Fall ersuchte die Revisionswerberin mit Schreiben vom um Verlegung des für den angesetzten Streitbeilegungsgesprächs. Nach ihrem Vorbringen im Antrag vom und in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht hat die mitbeteiligte Partei auf ihr - am eingelangtes - Verlegungsgesuch nicht reagiert, die Revisionswerberin hat vielmehr erst bei einer Vollversammlung der mitbeteiligten Partei am erfahren, dass der Streitbeilegungsversuch am in ihrer Abwesenheit stattgefunden hatte. Ihr sei daher nicht bekannt gewesen, dass der Streitbeilegungsversuch als gescheitert gewertet werde.

23 Bei Zutreffen dieses Vorbringens hätte das Verwaltungsgericht nicht von einer Verspätung des Antrages vom ausgehen dürfen: Angesichts des von der Revisionswerberin nach ihrem Vorbringen (noch) rechtzeitig gestellten Verlegungsgesuchs und mangels irgendeiner Information über die nicht erfolgte Verlegung bzw. die Abhaltung des Schlichtungsgesprächs musste die Revisionswerberin bis zum Zeitpunkt der oben genannten Vollversammlung nicht davon ausgehen, dass das Streitbeilegungsgespräch tatsächlich stattgefunden hatte und infolge ihrer Abwesenheit als erfolglos gewertet wurde.

24 In der vorliegend von der Revisionswerberin behaupteten besonderen Konstellation hätte das Verwaltungsgericht den Beginn der Frist nach § 17 Abs. 2 dritter Satz K-GSLG daher nicht mit dem Datum des von der Revisionswerberin nicht wahrgenommenen Schlichtungsgesprächs, sondern erst ab dem Zeitpunkt annehmen dürfen, ab dem der Revisionswerberin das Scheitern der Streitschlichtung tatsächlich bekannt war. Indem das Verwaltungsgericht dies verkannt und sich mit dem Vorbringen der Revisionswerberin zur Rechtzeitigkeit ihres Antrages nicht auseinandergesetzt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

25 4.2. Auch die zweite Argumentationslinie des Verwaltungsgerichtes zur Zurückweisung des Antrags vom erweist sich allerdings als unzutreffend.

26 Das Verwaltungsgericht ging unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/07/0093, davon aus, dass ein Antrag nach § 17 Abs. 2 dritter Satz K-GSLG in Form eines Feststellungsantrages ergehen müsse. Zumal die Revisionswerberin bei Stellung des Antrages durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei, sei es "nicht statthaft, den Antrag entgegen seinem eindeutigen Wortlaut (...) in einen Feststellungsantrag umzudeuten".

27 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich der Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend. Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt allerdings voraus, dass eine der Auslegung zugängliche Parteienerklärung vorliegt und dass der Wille der Partei aus ihrem Vorbringen mit Eindeutigkeit erschlossen werden kann. Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens - auch eines anwaltlich vertretenen Antragstellers - von Amts wegen zu ermitteln. Der Inhalt ist ausgehend vom objektiven Erklärungswert zu deuten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0094, mwN).

28 In ihrem Schreiben vom stellte die Revisionswerberin "gemäß § 17 Abs. 2 (K-GSLG) den Antrag auf Entscheidung über ihren Widerspruch gegen die Beitragsvorschreibung der (mitbeteiligten Partei) vom , worin sie für die Sanierung der ersten 200 m der Bringungsanlage ‚F' zur Zahlung eines Beitrages in Höhe von Euro 386,37 verpflichtet wird". Sie begründete ihren Antrag u.a. damit, dass die in Rechnung gestellten Arbeiten in einem bestimmten Bescheid der belangten Behörde keine Deckung fänden und der Obmann der mitbeteiligten Partei allein für die Kosten aufzukommen habe.

29 Dem Verwaltungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass die Bestimmung des § 17 Abs. 2 K-GSLG die Erlassung eines Feststellungsbescheides durch die Agrarbehörde zur Frage, ob und in welchem Umfang Beitragsverpflichtungen eines Mitgliedes einer Bringungsgemeinschaft bestehen, vorsieht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis zur Zl. 85/07/0093 sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/07/0040) und der Antrag der Revisionswerberin vom kein ausdrückliches Feststellungsbegehren enthält. Der in Frage stehende Schriftsatz der Revisionswerberin nimmt jedoch explizit Bezug auf die gerade angesprochene, die Befugnis zur Erlassung eines Feststellungsbescheides normierende Bestimmung des § 17 Abs. 2 K-GSLG; darüber hinaus kann der Begründung des Antrages auch entnommen werden, dass sich dieser gegen das Bestehen der zur Zahlung vorgeschriebenen Beitragsschuld richtet. Angesichts dessen lässt sich die Frage, ob der Antrag vom nach dem Willen der Revisionswerberin ein Feststellungsbegehren beinhaltete, nach dessen Wortlaut (zumindest) nicht eindeutig beantworten.

30 Das Verwaltungsgericht hätte den Antrag vom - dessen Rechtzeitigkeit vorausgesetzt - daher nicht als unzulässig zurückweisen dürfen, sondern nach der oben wiedergegeben hg. Rechtsprechung den wahren Parteiwillen ermitteln müssen. Indem es dies unterlassen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis somit auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

31 5. Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GSGG §5;
GSGG 1951 §5;
GSLG Krnt 1998 §15 Abs1 litd;
GSLG Krnt 1998 §17 Abs1;
GSLG Krnt 1998 §17 Abs2;
GSLG Krnt 1998 §17;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Parteivorbringen Erforschung
des Parteiwillens
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015070109.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-93273