VwGH vom 21.02.2012, 2011/23/0259
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/129.512/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer, einem serbischen Staatsangehörigen, der damals mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war, wurde zunächst eine bis gültige Erstniederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" erteilt und sein Aufenthaltstitel zuletzt bis verlängert. Am wurde die Ehe des Beschwerdeführers geschieden.
Am stellte der Beschwerdeführer einen mit einem Zweckänderungsantrag verbundenen Verlängerungsantrag auf Ausstellung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt".
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der ab mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldete Beschwerdeführer seit (wieder) bei einem (näher bezeichneten) Bauunternehmen beschäftigt sei, weshalb sein Aufenthalt - anders als die Erstbehörde noch angenommen hatte - derzeit zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Der Beschwerdeführer habe aber den Nachweis eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft nicht erbringen können. Zwar seien ein auf R.S. lautender Mietvertrag sowie eine Bestätigung von dieser vorgelegt worden, der zufolge der Beschwerdeführer über ein gesichertes Wohnrecht (an der von ihr angemieteten Wohnung) verfüge, jedoch ergebe sich aus dem zwischen dem Vermieter und R.S. geschlossenen Mietvertrag, dass die gänzliche oder teilweise Untervermietung oder sonstige Überlassung des Bestandobjekts an Dritte nicht gestattet sei und ein Verstoß dagegen die sofortige Kündigung zur Folge habe. Die Überlassung der Wohnung an den Beschwerdeführer sei daher vertragswidrig und es könne ein "Offenbarwerden der derzeitigen Nutzung der Wohnung durch den Beschwerdeführer" zur Kündigung von R.S. als (Haupt )Mieterin führen. Der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels stehe deshalb der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) entgegen.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass mit der Ausweisung zwar ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei; dieser sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten und deshalb zulässig. Der Beschwerdeführer sei geschieden und habe Sorgepflichten für zwei offenbar in Serbien lebende Kinder aus einer ersten Ehe. Er sei seit bis dato unregelmäßig - auch geringfügig - beschäftigt gewesen und habe immer wieder Arbeitslosengeld, aber auch bereits einmal Notstandshilfe bezogen. Insgesamt sei er mehr als vier Jahre in Österreich aufhältig, habe jedoch den Großteil seines Lebens in seiner Heimat verbracht. Eine weitere aus dem Aufenthalt ableitbare Integration sei nicht konkretisiert und in Bezug auf familiäre Bindungen bloß die Anwesenheit einer - mit dem Beschwerdeführer aber nicht im selben Haushalt lebenden - Tante (der Unterkunftgeberin) behauptet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Äußerung durch den Beschwerdeführer erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen ist. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG und des NAG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die zu diesem Zeitpunkt (Mai 2008) geltende Fassung der genannten Gesetze.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 FPG können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht. § 11 Abs. 2 Z 2 NAG sieht vor, dass Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden dürfen, wenn der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachweist.
Die Beschwerde wendet sich zunächst gegen die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass eine vertragswidrige Untervermietung oder Weitergabe der Wohnung durch die Hauptmieterin an den Beschwerdeführer erfolgt sei, die den Vermieter zur Aufkündigung des Bestandvertrags berechtigen würde. Dem ist zu entgegnen, dass es dem Fremden obliegt initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel seinen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen (siehe dazu das zu einem Aufenthaltstitelverfahren ergangene Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0157, mwN). Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen, im Verwaltungsverfahren das Einverständnis des Hauseigentümers zur Weitergabe der Wohnung an ihn nachzuweisen. Soweit sie in diesem Zusammenhang vorbringt, dass die vorgelegte Wohnbestätigung keinen verlässlichen Schluss zulasse, "ob und allenfalls auf welcher Rechtsgrundlage nun der Beschwerdeführer die genannte Wohnung benützen darf oder nicht", stellt sie im Übrigen selbst das Bestehen eines Rechtsanspruchs des Beschwerdeführers auf die Benützung der Wohnung in Frage.
Nach der bisherigen (noch zu § 8 Abs. 5 erster Satz Fremdengesetz 1997 ergangenen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verschafft jedenfalls ein zulässiger Untermietvertrag dem Untermieter einen Rechtsanspruch auf die in Rede stehende Unterkunft (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 98/19/0278). Liegt hingegen eine solche unzulässige Gebrauchsüberlassung an den Fremden durch den Hauptbestandnehmer vor, die den Hauptbestandgeber zur vorzeitigen Auflösung oder Aufkündigung des Bestandverhältnisses zum Hauptbestandnehmer berechtigen würde, ist die Unterkunft des Fremden nicht gesichert (vgl. das zu § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz 1992 ergangene Erkenntnis vom , Zl. 96/19/0181). Gleiches hat für § 11 Abs. 2 Z 2 NAG zu gelten.
Die belangte Behörde begründete das Fehlen des Nachweises eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft im angefochtenen Bescheid - wie bereits dargestellt - damit, dass die gänzliche Überlassung der Wohnung an den Beschwerdeführer vertragswidrig sei und zur Kündigung der Hauptmieterin durch den Vermieter führen könne. Demzufolge hält sich die den angefochtenen Bescheid tragende Auffassung der belangten Behörde im Rahmen der wiedergegebenen Rechtsprechung. Wenn die Beschwerde dagegen einwendet, dass die betreffende Mietvertragsklausel bereits nach ihrem Wortlaut einen Vorbehalt auf § 11 Mietrechtsgesetz (MRG) enthalte und diese Bestimmung das Vorliegen eines - aus Sicht des Vermieters - wichtigen Grundes gegen die Untervermietung voraussetze, zeigen auch diese Beschwerdeausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.
So stellte die belangte Behörde fest, dass die Wohnung dem Beschwerdeführer zur Gänze überlassen wurde und er mit seiner Tante (der Untervermieterin) nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Nach § 11 Z 1 MRG liegt jedoch ein wichtiger Grund gegen die Untervermietung vor, wenn der Mietgegenstand zur Gänze untervermietet werden soll. Korrespondierend stellt es nach § 30 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 4 MRG einen wichtigen Grund dar, aus dem der Vermieter den Mietvertrag kündigen kann, wenn der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3 MRG) dringend benötigt. Da unter "Weitergabe" im Sinne dieser Gesetzesstelle auch jede unentgeltliche Gebrauchsüberlassung zu verstehen ist (siehe die unter RIS-Justiz RS0070650 zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes), wäre für den Beschwerdeführer auch dann nichts gewonnen, wenn - wie in der Beschwerde in den Raum gestellt wird - eine Leihe vorliegen sollte.
Soweit die Beschwerde hingegen die Feststellung der gänzlichen Weitergabe der Wohnung an den Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid bekämpft, ist sie auf dessen niederschriftliche Aussage am im Verwaltungsverfahren zu verweisen. Der Beschwerdeführer gab dabei nicht bloß - wie in der Beschwerde dargestellt - an, "allein" in der Wohnung zu wohnen, sondern er erklärte überdies, dass die Unterkunftgeberin "bei einem Freund" wohne. Das von der Beschwerde in diesem Zusammenhang erstattete Vorbringen, mit "allein" habe der Beschwerdeführer bloß ein Wohnen ohne (neuer) Partnerin aber mit seiner Tante in der (34 m2 großen, bloß aus Zimmer und Küche bestehenden) Wohnung gemeint, ist daher aktenwidrig und zeigt keinen Verfahrensmangel auf.
Wenn die Beschwerde schließlich darin einen Verfahrensmangel erblickt, dass dem Beschwerdeführer das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft nicht vorgehalten worden sei, und er andernfalls die Möglichkeit des Nachweises einer eigenen (Haupt )Mietwohnung gehabt hätte, ist ihr zu erwidern, dass an den Beschwerdeführer eine Verständigung nach § 25 NAG mit einem entsprechenden Vorhalt erging, auf die dieser jedoch nicht reagierte. Auch in der Berufung wies der Beschwerdeführer keine eigenen Hauptmietrechte an einer Wohnung nach oder behauptete solche auch nur.
Die gegen die Interessenabwägung nach § 66 FPG im angefochtenen Bescheid gerichteten Beschwerdeausführungen zu einem im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigenden Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Tante gehen schon deshalb ins Leere, weil auch diese von einem - entsprechend den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren - gerade nicht festgestellten Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt ausgehen. Aber auch im Übrigen macht der Beschwerdeführer keine Umstände geltend, die die belangte Behörde im Rahmen ihrer Abwägung nicht schon in ausreichendem Maß berücksichtigt hätte und die sie dazu hätten veranlassen müssen, von der Ausweisung Abstand zu nehmen. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 FPG), erweist sich daher nicht als rechtswidrig.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am