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VwGH vom 28.10.2009, 2009/15/0042

VwGH vom 28.10.2009, 2009/15/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J A in A, vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte Gesellschaft m. b.H., 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0545-S/08, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag Jänner 2006 bis Juli 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer die hinsichtlich des Zeitraumes Jänner 2006 bis Juli 2007 für seine Kinder A. und J. bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zurück. In der Bescheidbegründung wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 3 Abs. 2 FLAG hinsichtlich jener Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger seien, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe sowie Kinderabsetzbetrag bestehe, wenn sich die Kinder nach den §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005 (im Folgenden auch NAG), rechtmäßig in Österreich aufhielten.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG bestehe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger seien, Anspruch auf Familienbeihilfe nur, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhielten. Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 3 lit. a EStG stehe einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt werde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Auf zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge sei § 26 FLAG anzuwenden. Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG habe, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 FLAG genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden sei.

Gemäß § 24 Abs. 2 NAG seien Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt würden, nur dann als Verlängerungsanträge anzusehen, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt werde; später eingebrachte Anträge gälten als Erstanträge. Nach Einbringung eines Verlängerungsantrages halte sich der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen.

Auf der Grundlage einer Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft H traf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Feststellung, dass die Kinder A. und J. im Zeitraum vom bis im Besitz gültiger Aufenthaltstitel gewesen seien. Erst am , somit mehr als 20 Monate nach Ablauf der gültigen Aufenthaltstitel, seien Anträge auf Daueraufenthalt gestellt worden, welche allerdings "aus formalrechtlichen Gründen" am zurückgezogen worden seien. Gemäß § 24 Abs. 2 NAG gälten nämlich Anträge nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt worden sei. Da im gegenständlichen Fall die Verlängerung erst nach Ablauf eines Zeitraumes von über zwanzig Monaten beantragt worden sei, seien die in Rede stehenden Anträge als Erstanträge zu werten gewesen. Erstanträge wiederum seien gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der zuständigen Vertretungsbehörde einzubringen; dabei sei die Entscheidung über diese Anträge im Ausland abzuwarten. Dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau sei am anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft H. die Rechtslage nach dem NAG mitgeteilt worden. Es sei ihnen die sofortige Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in Agram nahe gelegt worden. Am seien bei der österreichischen Botschaft in Agram die Erstanträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "beschränkt" gestellt worden. Diese Anträge seien zwar korrekt gestellt worden, es hätten allerdings einige für die Visaerteilung notwendige Unterlagen gefehlt. Da die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "beschränkt" quotenabhängig sei und zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Quote zur Verfügung gestanden sei, seien die Anträge in die Warteliste der Quoten eingetragen worden. Am sei der Familie des Beschwerdeführers ein Verbesserungsauftrag zur Beibringung der fehlenden Unterlagen zugegangen. Dieser habe die Aufforderung enthalten, die Mängel binnen zwei Wochen zu beheben. Da in der Folge keine Unterlagen vorgelegt worden seien, seien die Erstanträge vom mit den Bescheiden vom zurückgewiesen worden. Diese Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen. Am seien neuerlich Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "beschränkt" gestellt worden. Da wiederum auf einen Quotenplatz habe gewartet werden müssen, hätten die Aufenthaltstitel erst am erteilt werden können.

Nach Ansicht der belangten Behörde stehe somit fest, dass sich die Kinder A. und J. im Zeitraum vom bis zum illegal im Bundesgebiet aufgehalten hätten. Ab dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels seien Verlängerungsanträge nicht mehr möglich. Es könnten nur mehr Erstanträge gestellt werden. Nur Verlängerungsanträge hätten zur Folge, dass sich der Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Sohin habe das Finanzamt zu Recht Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurückgefordert. Der Beschwerdeführer habe auch auf § 26 Abs. 4 FLAG verwiesen. Nach dieser Bestimmung dürfe die Oberbehörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anweisen, von einer Rückforderung abzusehen. Dabei handle es sich um eine Maßnahme der Dienstaufsicht, auf die kein Rechtsanspruch der Partei besteht. Zudem komme der belangten Behörde keine Dienstaufsicht gegenüber dem Finanzamt zu.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Durch das "Fremdenrechtspaket 2005", BGBl. I Nr. 100/2005, hat der Gesetzgeber eine Änderung der Rechtslage auf dem Gebiet des Asyl- und Fremdenrechts vorgenommen. Im Zuge dieser Reform wurde auch § 3 FLAG neu gefasst. Art. 12 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I 2005/100, lautet auszugsweise:

"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, ..., wird wie folgt geändert: ...

2. § 3 lautet:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

3. Nach § 54 wird folgender § 55 angefügt:

§ 55. Die §§ 2 Abs. 8 erster Satz und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, treten mit , nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, sowie des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, in Kraft."

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid zu Recht darauf, dass die den Anspruch vermittelnden Kinder im Zeitraum Jänner 2006 bis Juli 2007 nicht über einen Aufenthaltstitel nach §§ 8, 9 NAG verfügt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0199).

In der Beschwerde wird dem entgegen gehalten, der Beschwerdeführer habe lediglich übersehen, dass die Aufenthaltstitel für seine beiden Kinder abgelaufen seien. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/19/1496, zufolge sei bei Fremden, die sich schon seit Jahren in Österreich aufhielten, im Falle relativ geringfügiger Fristversäumnisse in verfassungskonformer Interpretation von rechtzeitig gestellten Verlängerungsanträgen auszugehen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Abgesehen davon, dass das Erkenntnis vom , 95/19/1496, nicht zum NAG ergangen ist, ist darauf zu verweisen, dass im gegenständlichen Fall die Fristversäumung ca. zwanzig Monate umfasst und daher jedenfalls nicht mehr geringfügig ist.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt § 3 Abs. 2 FLAG nicht darauf ab, "inwieweit die öffentliche Ordnung durch die vom unrechtmäßigen Aufenthalt ausgehende Störung gefährdet wird", sondern auf einen Aufenthaltstitel iSd §§ 8 und 9 NAG.

Nach § 26 Abs. 4 FLAG sind die Oberbehörden ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Die Bestimmung räumt der jeweiligen Partei des Verwaltungsverfahrens aber keinen Anspruch auf die Ausübung dieses Aufsichtsrechtes ein. Das Unterlassen von auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes gerichteten Maßnahmen begründet schon deswegen auch keinen im Rahmen einer Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erfolgreich geltend zu machenden Verfahrensmangel (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0323).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am