VwGH vom 24.06.2015, Ro 2015/09/0006

VwGH vom 24.06.2015, Ro 2015/09/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-KO-14-0037, betreffend Aufhebung einer Beschlagnahme nach dem Glückspielgesetz (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg; mitbeteiligte Partei: P GmbH in G, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom ordnete die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg wegen des anlässlich einer Kontrolle am gewonnenen Verdachts der Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen gegenüber der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin und Veranstalterin gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme zweier näher bezeichneter Glücksspielgeräte an.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid Folge, hob diesen sowie die diesem vorangegangene vorläufige Beschlagnahme auf und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.

Das Verwaltungsgericht begründete sein Erkenntnis unter Hinweis auf das - zu § 52 GSpG idF BGBl. I Nr. 54/2010 ergangene - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 422/2013-9, VfSlg 19.754/2013, und der diesem folgenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zusammengefasst damit, dass bei jeder einzelnen Ausspielung zumindest der strafbare Versuch einer gerichtlich strafbaren Handlung gemäß § 168 StGB gesetzt werde, weil die Geräte wegen ihrer funktionierenden Automatik-Start-Tasten die Möglichkeit von Serienspielen böten. Es sei daher von ausschließlicher Gerichtszuständigkeit auszugehen, weshalb insoweit auch keine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit zur Anordnung der im § 53 GSpG angeführten Sicherungsmaßnahmen bestehe.

Die Revision sei zulässig, weil zu der zum Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehenden Fassung des § 52 GSpG (idF BGBl. I Nr. 13/2014) noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu vorliege, ob im Hinblick auf die Möglichkeit von Serienspielen bei jeder einzelnen Ausspielung von ausschließlicher gerichtlicher Zuständigkeit auszugehen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Bundesministers für Finanzen aus den Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhalts und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstatteten Revisionsbeantwortungen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist im Ergebnis aus den vom Landesverwaltungsgericht aufgezeigten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt.

In der zu § 52 Abs. 3 GSpG idF BGBl. I Nr. 13/2014 zwischenzeitig ergangenen Rechtsprechung wurde bereits ausgeführt, dass aus der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu § 52 GSpG idF der Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 für die Interpretation des § 52 GSpG in der geltenden Fassung nichts gewonnen werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 203/2014-16 ua). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2015/17/0005, ausgehend vom eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 52 Abs. 3 GSpG idF BGBl. I Nr. 13/2014 und den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Abgabenänderungsgesetzes 2014 festgehalten, dass mit dieser Novelle des Glückspielgesetzes unzweifelhaft die nahezu vollständige Ausschließung der strafgerichtlichen Zuständigkeit intendiert war.

Erfüllt daher jemand durch eine Handlung den Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, ist auf Grund des § 52 Abs. 3 GSpG nur die Verwaltungsstrafbehörde zur Verfolgung des Beschuldigten (und in der Folge das Verwaltungsgericht) zuständig. Eine Zuständigkeit der gerichtlichen Strafverfolgungsbehörde wegen des Delikts gemäß § 168 StGB ist nur dann gegeben, wenn eine Strafverfolgung wegen der Übertretung des § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG idF BGBl. I Nr. 13/2014 ausscheidet (siehe auch dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2015/17/0005, und des Verfassungsgerichtshofs vom , G 203/2014-16 ua).

Der vorliegende Revisionsfall gleicht nun insoweit, als die Möglichkeit für Serienspiele - allenfalls mit einer Automatik-Start-Taste - weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach den Materialien eine Sonderbehandlung erfährt, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ro 2015/17/0007 bis 0009, zu Grunde lag, sodass zur weiteren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird. Das Verwaltungsgericht durfte somit eine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit (hier: für die Beschlagnahme) nach dem Glückspielgesetz nicht mit der Begründung, es liege eine gerichtliche Strafbarkeit vor, von vornherein verneinen.

Zu den in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 203/2014-16 ua, zu verweisen.

Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am