VwGH vom 28.05.2009, 2009/15/0009
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck in 4810 Gmunden, Tagwerkerstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/1330- L/08, betreffend Umsatzsteuer 2002 (mitbeteiligte Partei: J H als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der O GmbH), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom wurde über das Vermögen der O. GmbH der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Mag. H. zum Masseverwalter bestellt.
Im Gefolge einer abgabenbehördlichen Prüfung nahm das Finanzamt das mit "Bescheid" vom abgeschlossene Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2002 mit "Bescheid" vom wieder auf und erließ zugleich einen geänderten "Umsatzsteuerbescheid", mit dem die Umsatzsteuer dieses Jahres in Höhe von 101.807,50 EUR festgesetzt wurde. Beide Erledigungen ergingen an die O. GmbH z.H. Mag. H.
Die gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung von Mag. H. erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen, dass die angefochtene Erledigung keine Rechtswirksamkeit erlangt habe, weil der Gemeinschuldnerin während des Konkursverfahrens hinsichtlich der die Masse betreffenden Angelegenheiten gemäß § 1 Abs. 1 KO die Verfügungsfähigkeit entzogen sei. Wirksame Erledigungen seien daher ausschließlich an den Masseverwalter und nicht an die Gemeinschuldnerin zu richten.
Das Finanzamt erließ daraufhin - ohne die Wiederaufnahme des Verfahrens zu verfügen - den (nicht in den vorgelegten Akten enthaltenen, aber unstrittig ergangenen) Umsatzsteuerbescheid 2002 vom , mit dem die Umsatzsteuer neuerlich in Höhe der Erledigung vom festgesetzt wurde. Die vom Masseverwalter eingebrachte Berufung wurde von der belangten Behörde mit Berufungsentscheidung vom abgewiesen. Dagegen erhob der Masseverwalter Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof u.a. mit der Begründung, dass der Umsatzsteuerbescheid vom ohne wirksame Wiederaufnahme des Verfahrens ergangen sei, weil der Wiederaufnahmebescheid vom ebenso wie der Sachbescheid vom an die Gemeinschuldnerin ergangen sei.
Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde die Berufungsentscheidung vom gemäß § 300 Abs. 1 BAO auf. Die belangte Behörde schloss sich dabei der Ansicht des Masseverwalters an, dass keine wirksame Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Umsatzsteuerverfahrens für 2002 vorliege.
In der Folge erging die nunmehr vom Finanzamt gemäß § 292 BAO angefochtene Berufungsentscheidung, mit der der Berufung Folge gegeben und der Umsatzsteuerbescheid für 2002 insoweit abgeändert wurde, als die belangte Behörde die Umsatzsteuer in Höhe von 46.886,19 EUR mit der Begründung festsetzte, dass der Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes vom insoweit mit einer Rechtswidrigkeit belastet sei, als er ohne Vorliegen einer Rechtsgrundlage, nämlich einer rechtswirksamen Wiederaufnahme erlassen worden sei.
Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom räumten die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens übereinstimmend ein, dass auch der (vermeintlich erste) mit datierte "Umsatzsteuerbescheid 2002" an die O. GmbH, z.H. Mag. H., gerichtet war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vom Finanzamt erhobene Beschwerde erwogen:
Das Finanzamt bringt vor, dass die belangte Behörde trotz Fehlens eines Wiederaufnahmebescheides entgegen "ihrem eigenen Willen" nicht mit einer Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides vom vorgegangen sei, sondern (wie im ersten Rechtsgang) selbst eine Sachentscheidung getroffen habe.
Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides, der Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes vom sei ohne Vorliegen einer Rechtsgrundlage, nämlich einer rechtswirksamen Wiederaufnahme erlassen worden, eine Abgabenfestsetzung durch die belangte Behörde nicht tragen konnte. Traf es zu, dass das Finanzamt mit der Umsatzsteuerfestsetzung vom gegen die Rechtskraft eines zuvor ergangenen Umsatzsteuerbescheides verstoßen hatte, fehlte es auch einer Umsatzsteuerfestsetzung im Instanzenzug an der verfahrensrechtlichen Grundlage.
Ein solcher Fall liegt allerdings gegenständlich gar nicht vor, weil auch der vermeintlich erste "Umsatzsteuerbescheid vom " nach der Konkurseröffnung ergangen und nicht an den Masseverwalter, sondern an die Gemeinschuldnerin gerichtet war, sodass bereits diese Abgabenfestsetzung keine Rechtswirksamkeit erlangen konnte (zur Bescheiderlassung im Konkursverfahren vgl. für viele den hg. Beschluss vom , 2009/13/0013).
Nach der Aktenlage handelte es sich bei dem Bescheid vom um die erstmalige (rechtswirksame) Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2002. Bei dieser Sachlage war die belangte Behörde - entgegen der im ersten Rechtsgang erfolgten Klaglosstellung - sehr wohl dazu verhalten, über die vom Masseverwalter erhobene Berufung in der Sache zu entscheiden und die Berufung, entweder wie im ersten Rechtsgang abzuweisen oder ihr, wie nunmehr erfolgt, stattzugeben. In diesem Fall hätte sie sich aber mit dem Standpunkt des Finanzamtes auseinander setzen und darlegen müssen, warum sie der rechtlichen Beurteilung des Prüfers (anders als im ersten Rechtsgang) nicht folgen konnte.
Da die Begründung des angefochtenen Bescheides dessen Spruch nicht zu tragen vermag, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am