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VwGH vom 24.02.2016, Ro 2015/08/0028

VwGH vom 24.02.2016, Ro 2015/08/0028

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W121 2106405-1/21E, betreffend Notstandshilfe (mitbeteiligte Partei: Z J in Wien, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl, (Rechtsanwalt) Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Rathausstraße 19/DG/53), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht dem Mitbeteiligten ab dem Notstandshilfe in Höhe von täglich EUR 11,50 zuerkannt. Dieser habe am (nach Erfüllung einer neuen Anwartschaft) einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und am einen Antrag auf Zuerkennung der Notstandshilfe gestellt. Die Berechnung der Leistung sei in Anbetracht der Antragsstellung im zweiten Kalenderhalbjahr gemäß § 21 Abs. 1 AlVG auf der Grundlage der beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Entgelte des letzten Kalenderjahres (2013) mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 1.716,08 vorgenommen worden. Der Mitbeteiligte sei verheiratet. Seine Ehefrau habe ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von EUR 2.426,67. Er leiste für drei minderjährige Kinder Unterhalt. Seine Ehefrau habe als erhöhte Aufwendungen Begräbniskosten in Höhe von EUR 2.436,22 getragen. Wegen der erhöhten Kinderanzahl erhöhe sich die bei der Unterhaltsanrechnung zu berücksichtigende Freigrenze um EUR 50,-- pro Monat und wegen der Begräbniskosten um EUR 203,01 pro Monat.

2 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, strittig sei, ob bei Berechnung der Notstandshilfe der Ergänzungsbetrag iSd § 36 Abs. 1 AlVG und der Freibetrag für Unterhaltsberechtigte gemäß § 6 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung iVm § 36 Abs. 5 AlVG korrekt ermittelt worden seien.

3 Aus der genannten Bemessungsgrundlage errechne sich ein monatliches Nettoeinkommen des Mitbeteiligten von EUR 1.328,63, sohin ein tägliches Nettoeinkommen von EUR 43,68. Der Grundbetrag betrage gemäß § 21 Abs. 3 AlVG 55 % des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch auf einen Cent gerundet, sohin EUR 24,02. Gemäß § 20 Abs. 1 AlVG bestehe das Arbeitslosengeld (als Basis für die Ermittlung des verfahrensgegenständlichen Notstandshilfeanspruchs) aus einem Grundbetrag und den Familienzuschlägen sowie einem allfälligen Ergänzungsbetrag. Der Familienzuschlag betrage gemäß § 20 Abs. 4 AlVG pro zuschlagsberechtigter Person EUR 0,97, somit für drei zuschlagsberechtigte Kinder EUR 2,91 (täglich). Der tägliche Ausgleichszulagenrichtsatz im Sinn des § 21 Abs. 4 AlVG betrage im Jahr 2015 EUR 29,08.

Den Gesetzesmaterialien zu § 21 Abs. 4 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 (Budgetbegleitgesetz 2001) sei zu entnehmen, dass für Personen mit einem niedrigen Leistungsbezug eine soziale Abfederung vorgesehen werde, wobei gleichzeitig durch eine Beschränkung der höchstmöglichen Nettoersatzrate sichergestellt werden solle, dass ein ausreichender Anreiz zur Arbeitsaufnahme bestehen bleibe. Die soziale Abfederung von Empfängern niedrigen Lohnes erfolge in der Art, dass bei Personen mit Sorgepflichten eine Anhebung auf den Ausgleichszulagenrichtsatz mit Beschränkung auf 80 % des früheren Nettoeinkommens erfolge. Für Personen ohne Anspruch auf Familienzuschlag betrage die Beschränkung 58 % des früheren Nettoeinkommens.

§ 21 Abs. 4 AlVG besage somit - so das Verwaltungsgericht weiter -, dass im Sinne der genannten sozialen Abfederung eine Anhebung auf den Ausgleichszulagenrichtsatz zu erfolgen habe ("Ergänzungsbetrag"), wenn der Grundbetrag unter diesem Richtsatz liege. Fraglich sei, ob sich diese Anhebung nur auf den Grundbetrag oder auf den Grundbetrag zuzüglich Familienzuschläge beziehe, mit anderen Worten, ob der Ergänzungsbetrag also in der Differenz von Grundbetrag und Familienzuschlägen zum Ausgleichszulagenrichtsatz oder in der Differenz zwischen Grundbetrag und Ausgleichszulagenrichtsatz bestehe. Wenn es die Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, den Grundbetrag zuzüglich Familienzuschläge auf den Ausgleichszulagenrichtsatz anzuheben (diese Ansicht werde vom revisionswerbenden Arbeitsmarktservice vertreten), führe dies dazu, dass - wie im vorliegenden Fall - das tägliche Arbeitslosengeld immer in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes gebühre, unabhängig davon, ob der betreffende Leistungsbezieher für ein oder mehrere Kinder unterhaltsverpflichtet sei. Je mehr unterhaltsberechtigte Personen vorhanden wären, umso niedriger wäre der Ergänzungsbetrag. Mit der Einführung des Ergänzungsbetrages habe der Gesetzgeber jedoch nicht die Absicht verfolgt, die betragsmäßige Differenzierung des Arbeitslosengeldes danach, für wie viele Kinder eine arbeitslose Person Unterhalt leiste, aufzugeben. Sofern die Absicht bestanden habe, Niedrigverdienern unabhängig von der Anzahl ihrer Kinder das gleiche Arbeitslosengeld zuzuerkennen, wäre zu erwarten, dass dies in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebracht worden wäre, zumal dies mit der Zielsetzung einer sozialen Abfederung und dem Sachlichkeitsgebot nur schwer zu vereinbaren sei. Es erscheine systemwidrig, auf der einen Seite in § 20 AlVG einen Zuschlag je unterhaltsbeziehender Person zu gewähren und andererseits durch eine der sozialen Abfederung dienende Leistungsanhebung bei Niedriglohnbeziehern diese Zuschlagsgewährung im Ergebnis aufzuheben. Die Systemwidrigkeit bestehe vor allem dann, wenn bei höherem Einkommen der Grundbetrag ohnehin den Ausgleichszulagenrichtsatz erreiche und zusätzlich noch der genannte Zuschlag gewährt würde.

Daher seien im vorliegenden Fall in einem ersten Schritt der Grundbetrag auf den Ausgleichszulagenrichtsatz anzuheben und in einem zweiten Schritt allfällige Familienzuschläge hinzuzurechnen. Dem stehe § 21 Abs. 4 AlVG nicht entgegen, der bestimme, dass das tägliche Arbeitslosengeld einschließlich eines allenfalls erforderlichen Ergänzungsbetrages mindestens in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes gebühre. Dass der Ausgleichszulagenrichtsatz im Falle eines Ergänzungsbetrages durch Familienzuschläge überschritten werde, schließe diese Bestimmung nicht aus. Auch § 36 Abs. 1 AlVG bestätige für den Fall der Berechnung der Notstandshilfe, dass sich die Leistung aus dem Grundbetrag zuzüglich dem Ergänzungsbetrag und zuzüglich allfälliger Familienzuschläge zusammensetze.

Der tägliche Anspruch auf Notstandshilfe ab vor Partnereinkommensanrechnung errechne sich daher bei einem Ausgleichszulagenrichtsatz 2015 von EUR 29,08 wie folgt: EUR 22,82 (95 % des Grundbetrages, da der Ausgleichszulagenrichtsatz nicht erreicht werde), zuzüglich EUR 4,81 (95 % des Ergänzungsbetrages, also der Differenz zwischen dem Ausgleichszulagenrichtsatz und dem Grundbetrag) zuzüglich EUR 2,91 (3 Familienzuschläge), sohin EUR 30,54. Die "Deckelungsgrenze" des § 21 Abs. 5 AlVG (im vorliegenden Fall 80 % des täglichen Nettoeinkommens, also 80 % von EUR 43,68 = EUR 34,94) würde nicht überschritten.

4 Gemäß § 36 Abs. 2 AlVG sei das Einkommen des Partners unter Berücksichtigung bestimmter Freigrenzen (Freibeträge) auf die Notstandshilfe anzurechnen. Im Jahr 2015 betrage der Freibetrag für den Partner gemäß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG iVm § 6 Abs. 2 und § 7 Notstandshilfeverordnung EUR 551,--. Der Erhöhungsbetrag iSd § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG betrage EUR 83,--. Die erhöhte Freigrenze betrage somit EUR 634,--. Es handle sich dabei nicht um zwei Freigrenzen, wobei eine EUR 551,-- und die andere EUR 83,-- betragen würde, sondern im Hinblick auf die weitere Anordnung des § 6 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung um eine einheitliche Freigrenze. Die einfache Freigrenze iSd genannten Bestimmung betrage daher pro Monat EUR 634,-- für den das Einkommen beziehenden Ehepartner und die Hälfte dieses Betrages, sohin EUR 317,--, für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beitrage. Das revisionswerbende Arbeitsmarktservice wolle aber für jedes Kind nur eine Unterhaltsfreigrenze in Höhe von EUR 275,50 (somit die Hälfte von EUR 551,--) vorsehen. Der Betrag von EUR 83,-- wäre von der Hälfteregelung des § 6 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung nicht erfasst.

Gemäß § 36 Abs. 3 lit. B AlVG seien von dem monatlichen Einkommen der Ehefrau des Mitbeteiligten iHv EUR 2.426,67 die Beträge von EUR 11.-- (Werbungskostenpauschale), EUR 634,-- (Freibetrag für die Partnerin), EUR 951,-- (drei Freibeträge für Kinder von je EUR 317,--), EUR 50,-- (Freibetrag erhöhte Kinderanzahl) sowie EUR 203,01 (erhöhte Freigrenze Begräbniskosten) abzuziehen, sodass sich ein anrechenbares Einkommen von EUR 18,99 täglich ergebe. Der tägliche Notstandshilfeanspruch vor Partnereinkommensanrechnung betrage EUR 30,54. Mit Anrechnung des Partnereinkommens gebühre ab Notstandshilfe in Höhe von EUR 11,50 täglich.

5 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Ermittlung des Ergänzungsbetrages und zur Frage, ob der Erhöhungsbetrag des § 36 Abs. 5 AlVG auch bei den Unterhaltsfreigrenzen zu berücksichtigen sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Das revisionswerbende Arbeitsmarktservice bringt vor, aus § 20 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 AlVG gehe hervor, dass der Gesetzgeber unabhängig von der Anzahl der Familienzuschläge eine Bezugsobergrenze eingezogen habe. Der Leistungsbezug sei mit dem Erreichen dieser Bezugsgrenze limitiert und könne nicht beliebig - zum Beispiel abhängig von der Kinderanzahl - überschritten werden. Das Gesetz nehme auf die Kinderanzahl bzw. die Zahl unterhaltsberechtigter Personen nicht Bezug. Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, unabhängig von der Kinderanzahl eine an das frühere Nettoeinkommen gekoppelte Obergrenze einzuführen. Die angestrebte soziale Abfederung werde durch die Unterscheidung erreicht, ob ein Anspruch auf Familienzuschlag gegeben sei oder nicht. Für Personen mit Anspruch auf Familienzuschlag erfolge die Anhebung auf den Ausgleichszulagenrichtsatz mit Beschränkung auf 80 % des früheren Nettoeinkommens, wohingegen für Personen ohne Anspruch auf Familienzuschlag die genannte Anhebung mit 60 % des früheren Nettoeinkommens beschränkt sei. Eine weitere Unterscheidung nach Anzahl der gewährten Familienzuschläge vorzunehmen, sei nicht gewollt gewesen.

8 Zur Höhe des Freibetrages führt die Revision aus, dass § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG lediglich auf den Freibetrag Bezug nehme, der der einkommensbeziehenden Person gewährt werde, nicht aber auf den Zusatzbetrag (Erhöhungsbetrag), der für unterhaltsberechtigte Personen zu gewähren sei. Es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, zusätzlich zu dieser Anhebung des Partnerfreibetrages ab auch eine Anhebung des Zusatzbetrages für unterhaltsberechtigte Personen zu gewähren. Zweck der Einführung des Erhöhungsbetrages von EUR 80,-- sei es gewesen, den einfachen Freibetrag um einen Anhebungsbetrag zu erhöhen und somit ein betragsmäßiges Ungleichgewicht des bisherigen einfachen Freibetrages im Vergleich zu den erhöhten Freibeträgen für ältere Personen zu beseitigen.

9 Zur Berechnung des Ergänzungsbetrags:

Gemäß § 20 Abs. 1 AlVG besteht das Arbeitslosengeld aus dem Grundbetrag und den Familienzuschlägen sowie einem allfälligen Ergänzungsbetrag. Gemäß § 20 Abs. 2 AlVG sind u.a. für Kinder die genannten Familienzuschläge zu gewähren, wenn der Arbeitslose zu ihrem Unterhalt tatsächlich wesentlich beiträgt und für diesen ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

§ 21 Abs. 4 und 5 AlVG lautet:

"(4) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt einschließlich eines allenfalls erforderlichen Ergänzungsbetrages mindestens in der Höhe eines Dreißigstels des Betrages, der dem Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG entspricht, soweit dadurch die Obergrenzen gemäß Abs. 5 nicht überschritten werden, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(5) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen mit Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 80 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen ohne Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 60 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent."

§ 36 Abs. 1 AlVG lautet:

"(1) Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Richtlinien über das Vorliegen einer Notlage im Sinne des § 33 Abs. 3 zu erlassen. Vorbehaltlich einer Minderung des Anspruches durch anzurechnendes Einkommen beträgt das Ausmaß der täglichen Notstandshilfe:

1. 95 vH des Grundbetrages zuzüglich 95 vH des Ergänzungsbetrages des jeweils gebührenden täglichen Arbeitslosengeldes, kaufmännisch gerundet auf einen Cent, wenn der tägliche Grundbetrag ein Dreißigstel des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG, kaufmännisch gerundet auf einen Cent, nicht übersteigt;

2. 92 vH des Grundbetrages des jeweils gebührenden täglichen Arbeitslosengeldes, kaufmännisch gerundet auf einen Cent, in den übrigen Fällen, wobei 95 vH eines Dreißigstels des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG, kaufmännisch gerundet auf einen Cent, nicht unterschritten werden dürfen;

zuzüglich gebühren Familienzuschläge gemäß § 20 AlVG, soweit dadurch die Obergrenze gemäß § 21 Abs. 5 nicht überschritten wird."

§ 36 Abs. 1 AlVG unterscheidet zwei Gruppen von Notstandshilfebeziehern: Solche, bei denen der tägliche Grundbetrag ein Dreißigstel des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG nicht überschreitet, und solche, bei denen dies der Fall ist. Die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen ist ausschlaggebend dafür, ob an täglicher Notstandshilfe 95 % des Grundbetrages zuzüglich 95 % des Ergänzungsbetrages bzw. nur 92 % des Grundbetrages gebühren. In dem "täglichen Grundbetrag" iSd § 36 Abs. 1 AlVG sind keine Familienzuschläge enthalten. Dies kommt auch im letzten Satz des § 36 Abs. 1 AlVG in der Wendung "zuzüglich gebühren Familienzuschläge" zum Ausdruck.

Bei der Gruppe von Notstandshilfebeziehern, bei denen der Grundbetrag den Richtsatz nicht überschreitet, gebührt gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 AlVG an Notstandshilfe 95 % des Grundbetrages zuzüglich 95 % des Ergänzungsbetrages. Dies spricht dafür, dass der Ergänzungsbetrag iSd § 21 Abs. 4 AlVG in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag, und nicht in der Differenz zwischen dem Richtsatz sowie dem Grundbetrag zuzüglich den Familienzuschlägen besteht. Denn wäre der Ergänzungsbetrag die zuletzt genannte Differenz, dann würde es Fallkonstellationen geben, in denen sich - obwohl iSd § 36 Abs. 1 Z 1 AlVG der Grundbetrag den Richtsatz unterschreitet - gemäß § 21 Abs. 4 AlVG kein Ergänzungsbetrag errechnet, sodass die Anordnung in § 36 Abs. 1 Z 1 AlVG "zuzüglich 95 vH des Ergänzungsbetrages" ins Leere gehen würde. Dies ist dem Gesetzgeber im Zweifel nicht zu unterstellen (vgl. Krapf/Keul Arbeitslosenversicherungsgesetz, Rn 472 zu § 21 und Rn 670 zu § 36). Dazu kommt, dass sich der Richtsatz nach § 21 Abs. 4 AlVG vom Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (§ 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG) ableitet, in dem PartnerInnen und Kinder nicht berücksichtigt sind.

10 Zur Berechnung des Freibetrags:

Gemäß § 36 Abs. 1 AlVG hat der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Richtlinien über das Vorliegen einer Notlage iSd § 33 Abs. 3 AlVG zu erlassen. Gemäß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG hat er bei Erlassung der Richtlinien zu beachten, dass bei Berücksichtigung des Partnereinkommens vom anzurechnenden Einkommen ein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes notwendiger Betrag (Freibetrag) freizulassen ist. Dieser Freibetrag kann gemäß sublit. b und sublit. c leg. cit. sowie gemäß § 36 Abs. 5 AlVG erhöht werden. Gemäß § 36 Abs. 5 zweiter Satz AlVG ist der Freibetrag für die das anzurechnende Einkommen beziehende Person jedenfalls um EUR 80,-- (bzw. den gemäß § 108f ASVG angepassten Betrag) anzuheben, wenn dieser nicht gemäß § 36 Abs. 3 lit. B sublit. b oder c AlVG zu erhöhen war.

Gemäß § 6 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung beträgt die Freigrenze pro Monat (den gemäß § 108f ASVG anzupassenden Betrag von) EUR 430,-- für den das Einkommen beziehenden Partner und die Hälfte dieses Betrages für jede Person, für deren Unterhalt der Partner aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt. Unter "Freigrenze" iSd § 6 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung ist der (nicht angehobene) Freibetrag im Sinn des § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG zu verstehen. Das ergibt sich aus den folgenden Absätzen des § 6 Notstandshilfeverordnung, die den gesetzlichen Vorgaben des § 36 Abs. 3 lit. B sublit. b und c AlVG folgen. In der Freigrenze iSd § 6 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung ist daher auch nicht die Anhebung, die sich aus § 36 Abs. 5 zweiter Satz AlVG ergibt, enthalten, zumal jene Bestimmung unmittelbar auf einen bestimmten Betrag und in weiterer Folge auf "die Hälfte dieses Betrages" Bezug nimmt. Dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung würde es widersprechen, bei der genannten Hälfte auf den gemäß § 36 Abs. 5 zweiter Satz AlVG erhöhten Freibetrag abzustellen (vgl. hingegen zu den Anordnungen der Freigrenzenerhöhungsrichtlinie, die sich nicht nur auf den Freigrenzengrundbetrag, sondern auch auf die hinaufgesetzten Freigrenzen beziehen, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0281).

11 Da das Verwaltungsgericht die Rechtslage bei der Ermittlung des Freibetrages verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Es besteht kein Anspruch auf Kostenersatz (§ 47 Abs. 4 VwGG).

Wien, am