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VwGH vom 11.03.2016, Ra 2015/06/0107

VwGH vom 11.03.2016, Ra 2015/06/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft O, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom , Zl. E B05/08/2015.003/005, betreffend Nichtigerklärung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. T GmbH in S, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5; 2. Marktgemeinde D, vertreten durch die Kölly Anwälte OG in 7350 Oberpullendorf, Rosengasse 55), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Das Land Burgenland hat der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der erstmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für ein Krematorium auf dem Grundstück Nr. 1321/6, KG G, erteilt.

2 Die Bezirkshauptmannschaft O erklärte mit Bescheid vom den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gemäß § 33 Z 1 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (BauG) in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und § 14 Abs. 3 lit. h des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (RPG) wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan für nichtig.

3 Dagegen erhoben die erstmitbeteiligte Partei und der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde Beschwerden vor dem Landesverwaltungsgericht Burgenland.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in Stattgabe beider Beschwerden der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft O vom aufgehoben.

5 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das gegenständliche Grundstück sei als Bauland-Industriegebiet gewidmet. Neben dem Krematoriumsgebäude sollten im Freien acht Parkplätze errichtet werden. Im Betriebskonzept seien keine Besucher vorgesehen, und es gebe auch keinen Verabschiedungsraum. Nur die Mitarbeiter des Krematoriums und die Bestattungsunternehmen hätten Zutritt zum Krematorium. Dieses werde an 365 Tagen im Jahr betrieben. Außerhalb der Kernzeit hätten die Bestattungsunternehmen über einen Zugangscode nur Zutritt zum Annahmeraum und zum Kühlraum.

6 Unter "Betrieb" sei eine organisatorisch-technische, im Wesentlichen selbständige, geschlossene Einheit sachlicher und persönlicher Mittel zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke bzw. eine unter Zusammenfassung von Arbeits- und Produktionsmitteln planvoll organisierte Wirtschaftseinheit mit dem Ziel der Produktion von Gütern und Dienstleistungen zu verstehen. Die geplante Anlage sei somit ein Betriebsgebäude und entspreche der Flächenwidmung Bauland-Industriegebiet.

7 Die belangte Behörde sei jedoch der Meinung, dass für die Anlage die Flächenwidmung Bauland-Sondergebiet gemäß § 14 Abs. 3 lit. h RPG notwendig sei. Nach den Erläuterungen zu § 14 Abs. 3 lit. h RPG komme den dort genannten Bauten sowohl aus raumplanerischer als auch aus verkehrstechnischer Sicht regionale Bedeutung zu, da sie zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen führten und folglich emissionsgeneigt seien: Laut Erläuterungen werde eine Wohnnutzung im unmittelbaren Umfeld dieser Anlagen daher aus raumplanerischer Sicht als problematisch gesehen und sollte vermieden werden; bisher seien diese Bauten in den verschiedenen Baulandwidmungskategorien zulässig gewesen; eine unmittelbar angrenzende Wohnbebauung sei durchaus widmungskonform gewesen, und dieser habe auf Grund der Bestimmungen des RPG nicht entgegengewirkt werden können; so werde z. B. ein Wohnhaus im unmittelbaren Nahebereich einer Kaserne oder einer allgemeinen Krankenanstalt (sowohl Wohnhaus als auch Kaserne oder allgemeine Krankenanstalten befänden sich auf Grundstücken mit der Flächenwidmung Bauland-gemischtes Baugebiet) mit überhöhten Emissionen zu rechnen haben, obwohl aus raumplanungsrechtlicher Sicht beide Bauten als widmungskonform anzusehen seien; daher wäre die Schaffung von Sondergebieten als eigene Widmungskategorie für Anlagen mit überregionaler Bedeutung, die in den meisten Fällen auch erhöhte Emissionen bewirkten, aus raumplanerischer Sicht notwendig; dadurch könnten Nutzungskonflikte vermieden werden.

8 Die überregionale Bedeutung eines Bauvorhabens im Sinne der genannten Norm und der wiedergegebenen Erläuterungen ergebe sich jedoch nicht aus den Standorten der Kundenbeziehungen der Betreiber, sondern auf Grund der Bewertung der Bauvorhaben aus z. B. sozialen, touristischen, kulturellen oder auch wirtschaftlichen Aspekten. Die belangte Behörde vermenge die regionale Bedeutung aus verkehrstechnischer Sicht und die überregionale Bedeutung der Anlage an sich. Eine Reduktion der Argumentation hinsichtlich der überregionalen Bedeutung des Bauvorhabens auf den Wirkungsbereich über Gemeinde-, Bezirks- und Bundeslandgrenzen hinaus entspreche nicht den Überlegungen des Gesetzgebers und sage nichts über die überregionale Bedeutung des Krematoriums aus. Die Intention der genannten Norm, nämlich Nutzungskonflikte zu verhindern, werde im gegenständlichen Fall nicht schlagend, da keine Konflikte mit den umliegenden Flächenwidmungen erkannt werden könnten und auch nicht behauptet worden seien. Die Kremation sei Ausdruck einer gesellschaftlich anerkannten Bestattungskultur, zu der es auch gehöre, in einem kontemplativen Umfeld von den Verstorbenen Abschied zu nehmen. Beim Betriebstypus eines Krematoriums ohne Verabschiedungsraum erreiche die Notwendigkeit der Wahrung der Pietät und Würde nicht die entsprechende Intensität, dass für das Bauvorhaben eine Sondergebietswidmung erforderlich erscheine. Es seien keine Umstände vorgebracht worden bzw. ersichtlich, nach denen das Bauvorhaben nicht unter die Widmungen gemäß § 14 Abs. 3 lit. a bis g RPG einordenbar sei.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit aufzuheben.

10 Die zweitmitbeteiligte Marktgemeinde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

11 Die erstmitbeteiligte Partei hat nur eine Stellungnahme zum Antrag auf aufschiebende Wirkung erstattet.

12 Das Landesverwaltungsgericht Burgenland hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens im Industriegebiet sei, dass dieses einem Betrieb diene. Einrichtungen anderer Art, die in keinem Zusammenhang mit einem Betrieb stünden, seien im Industriegebiet unzulässig. Ein Krematorium stelle keinen Betrieb im Sinne des § 14 Abs. 3 lit. d RPG dar. Daraus folge, da auch keine der übrigen Widmungen nach § 14 Abs. 3 lit. a bis c und e bis g RPG einschlägig sei, dass eine Sondergebietswidmung nach lit. h des § 14 Abs. 3 RPG erforderlich sei. Darauf komme es aber letztlich nicht an. Entscheidend sei, dass das Vorhaben jedenfalls in der Widmung Bauland-Industriegebiet nicht hätte bewilligt werden dürfen. Der vom Landesverwaltungsgericht zitierte Betriebsbegriff nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stamme aus dem Wirtschaftslenkungs- und Anlagenrecht. Einrichtungen des Bestattungswesens dienten weder der Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke noch der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, sondern der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Die Regelungen des Burgenländischen Leichen- und Bestattungswesengesetzes zeigten deutlich, dass es im diesbezüglichen Genehmigungsverfahren ausschließlich um die Wahrung öffentlicher Interessen gehe. Bei der Zurverfügungstellung von Bestattungsanlagen handle es sich um eine öffentliche Aufgabe, die seit 2010 auch von Privaten wahrgenommen werden könne, wobei aber die Letztverantwortung für das Vorhandensein ausreichender Bestattungsmöglichkeiten nach wie vor bei der Gemeinde liege. Die Möglichkeit, dass auch Private diese Aufgaben erfüllten, ändere nichts daran, dass es sich um Leistungen der Daseinsvorsorge (Pflege des Andenkens an Verstorbene) handle. Aus der Sicht eines privaten Errichters und Betreibers möge eine Bestattungsanlage seiner wirtschaftlichen Tätigkeit dienen und daher als Betrieb zu werten sein. Objektiv betrachtet handle es sich dennoch um eine Einrichtung der Daseinsvorsorge. Der Betriebsbegriff des § 14 Abs. 3 lit. d RPG sei seit der Stammfassung des Gesetzes derselbe geblieben und umfasse lediglich die wirtschaftliche Betätigung in Form der Produktion von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen nach rein marktwirtschaftlichen Grundsätzen, nicht aber den (teilliberalisierten) Bereich der Daseinsvorsorge. Einrichtungen der Daseinsvorsorge seien demnach nicht als Betriebe im raumordnungsrechtlichen Sinn anzusehen. Dass der burgenländische Landesgesetzgeber von einem engen raumordnungsrechtlichen Betriebsbegriff ausgehe, zeige sich auch daran, dass er weder für das Industriegebiet noch für das Betriebsgebiet eine Regelung getroffen habe, wonach Betriebe, die einen Immissionsschutz beanspruchten, unzulässig seien. Somit lasse sich nur durch eine einschränkende Auslegung des Betriebsbegriffes das geradezu absurde Ergebnis vermeiden, dass in einem Industriegebiet neben Industrieanlagen im engeren Sinn Betriebe wie z. B. private Krankenanstalten, Pflegeeinrichtungen, Kindergärten, Schulen und andere Betreuungseinrichtungen errichtet und betrieben werden dürften. Der Gesetzgeber gehe ganz offenkundig davon aus, dass derartige Einrichtungen im Bauland-Industriegebiet (ebenso wie im Bauland-Betriebsgebiet) ohnedies von vornherein unzulässig seien. Dafür spreche auch, dass in § 14 Abs. 3 lit. h RPG, der die Sondergebietswidmung regle, mehrere Bauten ausdrücklich angeführt seien, die bei einem weiteren Begriffsverständnis durchaus als Betriebe angesehen werden könnten. Die Gemeinde habe im Rahmen der örtlichen Raumplanung eine spezifische Standortplanung für derartige Anlagen vorzunehmen. Gerade dafür habe der Landesgesetzgeber ungefähr zeitgleich mit der Liberalisierung im Burgenländischen Leichen- und Bestattungswesengesetz die Grundlage für Sondergebietswidmungen in der RPG-Novelle LGBl. Nr. 1/2010 geschaffen. Da es sich um keinen Betrieb handle, gebe es auch keine Betriebstype Feuerbestattungsanlagen. Die offenbar vom Landesverwaltungsgericht vertretene gegenteilige Ansicht liefe darauf hinaus, dass im Bauland-Industriegebiet letztlich alle Nutzungen mit Ausnahme von nicht betriebsnotwendigen Wohnungen zulässig wären. Ähnliches gelte für das Bauland-Betriebsgebiet, wo lediglich eine Beschränkung der maximal zulässigen Immissionen hinzukomme. Aus der Festlegung dieser Widmungen ließe sich somit nur eine äußerst vage Festlegung künftiger Nutzungen ableiten. Dies entspreche keineswegs der Aufgabe des Flächenwidmungsplans. Nach dem Betriebsbegriff sei aber davon auszugehen, dass mit der Festlegung der Widmung Bauland-Industriegebiet eine klare Entscheidung des Verordnungsgebers verbunden sei, auf den betroffenen Flächen bestimmte Betriebstypen zuzulassen. Gleichzeitig würden die Gemeinde sowie andere Infrastrukturträger in die Lage versetzt, die erforderliche Erschließung und die Ver- und Entsorgung auf diese zulässigen Betriebstypen abzustimmen. Wären hingegen auch öffentliche Einrichtungen unterschiedlichster Art vom Betriebsbegriff umfasst, wären die künftige Nutzungsstruktur und die daraus resultierenden Bedürfnisse sowie Nutzungskonflikte kaum abschätzbar. Weiters könnte kaum beurteilt werden, ob die für die angestrebte wirtschaftliche Entwicklung einer Gemeinde erforderlichen Betriebsflächen im ausreichenden Maß zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang sei auch der überregionale Charakter des Krematoriums zu sehen. Es gehe nicht darum, ob die in einem Industriegebiet angesiedelten Betriebe überregionale wirtschaftliche Bedeutung hätten. Vielmehr gehe es darum, dass es sich bei dem Vorhaben um eine öffentliche Einrichtung von überörtlicher Bedeutung handle. Dem Verordnungsgeber des Flächenwidmungsplanes könne nicht unterstellt werden, dass er mit der Festlegung einer Industriegebietswidmung eine vorausschauende Planung für eine solche Einrichtung getroffen hätte.

15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis habe das Landesverwaltungsgericht (auch) eine inhaltliche Entscheidung über die Beschwerde des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde getroffen. Diese Beschwerde wäre aber mangels Zulässigkeit zurückzuweisen gewesen. Das Landesverwaltungsgericht habe somit über eine unzulässige Beschwerde in der Sache entschieden und sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet.

16 Die Revision ist in Anbetracht der Frage zulässig, ob ein Krematorium (ohne Verabschiedungsräumlichkeiten) ein Betrieb im Sinne des § 14 Abs. 3 lit. d RPG ist.

17 Der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung ist grundsätzlich nach den maßgebenden Normen im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes zu beurteilen, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen anderes anordnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0030, mwN).

18 Die Widmung der gegenständlichen Grundfläche als Bauland-Industriegebiet erfolgte mit der vierten Änderung des Flächenwidmungsplanes, beschlossen vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde am , genehmigt mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom .

19 § 14 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969 in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 20/1981, lautet auszugsweise:

"§ 14

Bauland

...

(3) ...

c) Als Geschäftsgebiete sind solche Flächen vorzusehen, die vorwiegend für öffentliche Bauten, Verwaltungsgebäude, Handels- und Dienstleistungsbetriebe, für Gebäude und Einrichtungen des Fremdenverkehrs, für Versammlungs- und Vergnügungsstätten, im übrigen aber für Wohngebäude bestimmt sind.

d) Als Industriegebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Betriebsgebäude und betriebliche Anlagen, im übrigen aber für die dazugehörigen Geschäfts- und Verwaltungsgebäude sowie für den Betrieb notwendige Wohngebäude und Einrichtungen bestimmt sind.

e) Als gemischte Baugebiete sind solche Flächen vorzusehen, auf denen

Z. 1 Wohngebäude samt den dazugehörigen Nebenanlagen und Z. 2 sonstige Gebäude und Betriebsanlagen, die überwiegend

den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung dienen und keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder eine übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen,

errichtet werden dürfen.

..."

20 Mit der Novelle zum RPG, LGBl. Nr. 1/2010, wurde § 14 Abs. 3 RPG folgende lit. h angefügt:

"h) Als Sondergebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Bauten bestimmt sind, die sich nach der Art oder den Umständen des jeweiligen Bauvorhabens oder im Hinblick auf die gewachsene Bebauungsstruktur nicht unter lit. a bis g einordnen lassen oder die einer besonderen Standortsicherung bedürfen, wie Erstaufnahmestellen im Sinne von § 59 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 29/2009, Kasernen, allgemeine Krankenanstalten, Klöster, Burgen und Schlösser. Bei der Festlegung von Sondergebieten ist der jeweilige Verwendungszweck auszuweisen."

21 Mit der genannten Novelle wurde dem § 30 RPG folgender Abs. 3 angefügt:

"(3) Die Bestimmungen des § 14 Abs. 3 lit. h treten hinsichtlich bestehender Kasernen, allgemeiner Krankenanstalten, Klöster, Burgen und Schlösser am in Kraft."

22 Aus der dargestellten Rechtslage ergibt sich, dass für die Auslegung des Begriffes "Industriegebiet" die Rechtslage des RPG im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan am maßgebend ist, eine gesetzliche Regelung, die anderes vorsieht, besteht nicht. Daraus folgt aber auch, dass sämtliche Überlegungen, die das Erfordernis einer Sondergebietswidmung betreffen, ins Leere gehen, weil diese Widmungskategorie erst mit der Novelle LGBl. Nr. 1/2010 geschaffen wurde.

23 In den Erläuternden Bemerkungen zur Stammfassung des RPG (11-22) wird zu § 14 RPG unter anderem ausgeführt, im Zweifelsfall, ob ein bestimmtes Bauwerk in einem bestimmten Baugebiet ausgeführt werden dürfe, sei die Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob das vorgesehene Bauwerk dem Wesen des betreffenden Baugebietes entspreche. Die ratio legis strebe eine möglichst sinnvolle Zuordnung der einzelnen menschlichen Lebensbereiche, des Wohnens, Arbeitens und der Erholung an.

24 Aus raumordnungsrechtlicher Sicht sind in Bezug auf die Flächenwidmung einerseits die Aspekte der Aufschließung, die auch in der Revision angesprochen werden, andererseits die Aspekte der Auswirkungen der Bauvorhaben auf die Umgebung, insbesondere betreffend Emissionen oder auch Verkehrserregung, von Bedeutung. Dies bringt es mit sich, dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, welche Aspekte hinter der Verwendung eines Bauobjektes stehen und welche Aufgaben oder Ziele mit diesem Bauprojekt und seinem Betreiben verfolgt werden, es sei denn, die Raumordnung sieht detailliert Festlegungen eines bestimmten Verwendungszweckes, wie etwa für Krankenanstalten oder Einkaufszentren, vor. Im gegenständlichen Fall lässt sich derartiges weder aus der Verwendung des Wortes "Industriegebiete" noch aus den Worten "Betriebsgebäude" bzw. "betriebliche Anlagen" ableiten, und eine ausdrückliche Nennung von Krematorien in einer bestimmten Widmungskategorie findet sich nicht.

25 Zur raumordnungsrechtlichen Beurteilung steht hier ein Krematorium ohne Verabschiedungsräumlichkeiten an. Es handelt sich somit um eine bauliche Anlage, deren Zweck darin besteht, Verbrennungen von Leichen durchzuführen, die mit Kraftfahrzeugen zu dieser Anlage gebracht werden. In raumordnungsrechtlicher Sicht kann nicht erkannt werden, dass sich eine derartige Anlage von anderen Verbrennungsanlagen mit ähnlichen Zufahrts- und Anfahrtsgegebenheiten unterscheidet. Als Verbrennungsanlage entspricht das Bauwerk im Sinne der Gesetzesmaterialien jedenfalls auch dem Wesen des Industriegebietes. Es ist daher kein Grund ersichtlich, dass es sich bei dem gegenständlichen Bauprojekt nicht um ein Betriebsgebäude bzw. eine betriebliche Anlage im Sinne des § 14 Abs. 3 lit. d RPG handeln sollte. Darauf, dass eine Angelegenheit der Daseinsvorsorge vorliegt bzw. eine Verpflichtung im öffentlichen Interesse zur Bestattung von Leichen erfüllt wird, kommt es im gegenständlichen Fall angesichts dessen, dass das RPG keine derartige Spezifizierung vornimmt, nicht an.

26 Bemerkt wird, dass es keineswegs von vornherein ausgeschlossen ist, dass ein Bauvorhaben in mehreren Widmungsgebieten möglich ist, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Kriterien des jeweiligen Widmungsgebietes erfüllt sind. Würden etwa die Kriterien des § 14 Abs. 3 lit. e Z 2 RPG erfüllt, wäre von der Zulässigkeit der hier gegenständlichen Anlage auch im gemischten Baugebiet auszugehen; in Frage käme ebenso eine Zuordnung zum Geschäftsgebiet.

27 Die Konsequenz, dass im Industriegebiet praktisch alles zulässig wäre, wie sie die Revision sieht, ist hingegen nicht zutreffend. Etwa für die in § 14 Abs. 3 lit. c RPG ausdrücklich genannten öffentlichen Bauten oder Verwaltungsgebäude etc. muss schon Kraft eines Umkehrschlusses davon ausgegangen werden, dass diese damit keine Betriebsgebäude und betrieblichen Anlagen im Sinne des § 14 Abs. 3 lit. d RPG darstellen und folglich nicht ins Industriegebiet gehören. Vergleichbare Regelungen, die eine zwingende Zuordnung einer Anlage wie der hier gegenständlichen zu einer anderen Widmungskategorie als zum Industriegebiet vorsähen, gibt es aber nicht.

28 Insofern die Revision von einer Unzulässigkeit der gegenständlichen Anlage im Industriegebiet ausgeht, erweist sie sich folglich als unbegründet.

29 Auch das Vorbringen betreffend die Entscheidung über die Beschwerde des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde führt die Revision nicht zum Ziel, da der Bürgermeister die Gemeinde gemäß § 25 Abs. 1 1. Satz der Burgenländischen Gemeindeordnung nach außen vertritt und im Hinblick darauf und auf das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde das Landesverwaltungsgericht auch diese Beschwerde zutreffend in der Sache erledigt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0056).

30 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am