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VwGH vom 27.01.2016, Ro 2015/08/0027

VwGH vom 27.01.2016, Ro 2015/08/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des Arbeitsmarktservice Wien in 1160 Wien, Huttengasse 25, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W131 2008270-1/8E, betreffend Verlust des Arbeitslosengeldes (mitbeteiligte Partei: B K in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht "die den angefochtenen Bescheid (des revisionswerbenden Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS)) vom endgültig ablösende Beschwerdevorentscheidung vom im Zuge der Gewährung von Nachsicht gemäß § 10 Abs 3 AlVG" ersatzlos aufgehoben.

Das AMS hatte ausgesprochen, dass die Mitbeteiligte den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 5. März bis ohne Nachsichterteilung gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliere, weil sie das Zustandekommen einer vom AMS zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung bei der B. AG durch ihr Verhalten vereitelt habe.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Mitbeteiligte habe sich am bei der B. AG in Klosterneuburg vorgestellt und dabei zu erkennen gegeben, dass ihr ein Arbeitsplatz mit einem weniger weiten Anreiseweg lieber wäre.

Bereits am gleichen Tag habe die Mitbeteiligte bei der B. AG im 16. Wiener Gemeindebezirk eine Bewerbung samt Lebenslauf abgegeben. Sie sei während der Sanktionsfrist einmal geringfügig bei der A. GmbH beschäftigt gewesen. Seit dem bis zumindest sei sie bei der I. GmbH beschäftigt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, es könne

"verfahrensökonomisch dahingestellt bleiben, ob die Bf (Mitbeteiligte) am das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vorsätzlich vereitelt hat, da eine Sanktion nach § 10 Abs 1 AlVG für deren Zulässigkeit jedenfalls auch voraussetzt, dass keine - nach dem Wortlaut des § 10 Abs 3 AlVG zwingend - zu berücksichtigenden Nachsichtsgründe vorliegen. IdS spricht der Abs 3 des § 10 AlVG davon, dass die Sanktion gemäß Abs 1 unter bestimmten Voraussetzungen nachzusehen ist, wenn nicht die Rechtsfolge des Abs 1 nur mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Abs 3 eintreten darf".

Es habe daher gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 3 AVG insbesondere davon Abstand genommen werden können,

"selbst die in Betracht kommenden Teilnehmer bzw. Zuhörer an der Kommunikation zwischen der Bf (Mitbeteiligten) und dem am für die B. AG gegenüber der Bf agierenden Mitarbeiter zeugenschaftlich dahingehend einzuvernehmen, was die Bf in welchem Tonfall und mit welcher mehr oder weniger verständlichen Eindeutigkeit genau gesagt hat, um beurteilen zu können, ob die Bf das Beschäftigungsverhältnis zur B. AG wirklich vorsätzlich vereitelt hat".

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , Zl. 2000/19/0136, zu erkennen gegeben, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch bei einer Beschäftigungsaufnahme erst zu einem Zeitpunkt, der länger als acht Wochen ab Beginn der Sanktionsfrist liege, dennoch eine Nachsicht iSd nunmehrigen § 10 Abs. 3 AlVG angebracht sein könne.

Auch im vorliegenden Fall wäre gemäß § 10 Abs. 3 AlVG Nachsicht zu gewähren, weshalb eine Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 AlVG nicht zulässig sei. Die Mitbeteiligte habe sich bereits am durch Absolvierung eines Bewerbungsgespräches bei der B. AG im 16. Wiener Gemeindebezirk um Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit bemüht. Sie sei schließlich ab dem - nach acht Wochen ab dem - kontinuierlich bei der I. GmbH beschäftigt gewesen. Der Mitbeteiligten sei keine fehlende Arbeitswilligkeit zuzuschreiben. Es liege ein zur gänzlichen Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG führender Fall vor.

§ 10 Abs. 3 AlVG sehe bei einer im Raum stehenden Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 AlVG bei der Nachsichtsgewährung eine Mitwirkung des Regionalbeirats iSd § 21 Abs. 1 Z 6 AMSG vor. Sei nach § 10 Abs. 1 und 3 AlVG eine Sanktion ohne Ermessen zu verhängen oder aber Nachsicht von einer Sanktion in Abhängigkeit von der Berücksichtigungswürdigkeit zu gewähren, normiere der Gesetzgeber keine Ermessens- sondern Rechtsentscheidungen. Der Gesetzgeber habe in Art. 130 Abs. 4 B-VG bzw. § 28 VwGVG einen Vorrang der Sachentscheidung durch die Verwaltungsgerichte normiert. Der Regionalbeirat des AMS sei kein Organ der unabhängigen (Verwaltungs )Gerichtsbarkeit, sondern gemäß § 3 Abs. 3 AMSG ein Organ der Arbeitsmarktverwaltung. Er sei bei der durch das Bundesverwaltungsgericht getroffenen Sachentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AlVG nicht mehr (ausdrücklich) anzuhören. Eine solche Anhörung habe nur bei der Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde zu geschehen, zumal sonst die gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK anzustrebende Waffengleichheit der Verfahrensparteien nicht gewährleistet wäre.

Klargestellt werde, dass eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher inhaltlich über eine Beschwerde abgesprochen werde, einen zuvor ergangenen ersten Bescheid - diesem endgültig derogierend - mit der Maßgabe ablöse, dass nach der Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung der durch diese abgelöste erste Bescheid nicht neuerlich auflebe.

Die Revision sei zulässig, weil die Entscheidung davon abhängig sei, ob bei einer Nachsichtsentscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AlVG der Sachverhalt zur Frage der rechtmäßigen Sanktionsverhängung aufzuklären sei oder ob diesbezügliche Ermittlungen mangels Rechtserheblichkeit letztlich dahinstehen könnten. Es stelle sich die Frage, ob eine Sanktionsverhängung nach § 10 Abs. 1 AlVG und die Nachsicht nach § 10 Abs. 3 AlVG verschiedene Entscheidungen seien oder ob von einer Sanktionsverhängung abgesehen werden müsse, wenn entweder der sanktionstragende Sachverhalt nicht zur Gänze erweislich sei oder aber zumindest Nachsichtsgründe erweislich seien. Weiters sei die Frage zu klären, wie lange nach dem Sanktionsbeginn gemäß § 10 Abs. 1 AlVG eine Beschäftigungsaufnahme erfolgen dürfte, um berücksichtigungswürdig zu sein. Schließlich sei keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahin gefunden worden, ob der Regionalbeirat allenfalls auch bei einer Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 10 Abs. 3 AlVG anzuhören sei.

2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Mitbeteiligte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Revision bringt vor, die Mitbeteiligte habe die ihr vom AMS zugewiesene, zumutbare Beschäftigung als Kassierin beim Dienstgeber B. AG mit der Begründung nicht angetreten, dass ihr die Wegzeit nach Klosterneuburg zu lang sei. Sie habe ein Verhalten gesetzt, das nach allgemeiner Erfahrung geeignet sei, einen potenziellen Dienstgeber von der Anstellung des Arbeitslosen abzubringen, wodurch die Sanktion gemäß § 10 Abs. 1 AlVG zu Recht erfolgt sei.

Der Bereich des § 10 Abs. 1 AlVG wäre gehörig zu ermitteln gewesen. Dies hätte wegen Vorliegens eines Vereitelungstatbestandes gemäß § 10 Abs. 1 AlVG zu einer Abweisung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht führen müssen. Erst danach wäre der Bereich des § 10 Abs. 3 AlVG gesondert zu ermitteln gewesen.

2. Zur Frage, ob vor Erteilung einer Nachsicht nach § 10 Abs. 3 AlVG zwingend das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Sanktion nach § 10 Abs. 1 AlVG geklärt werden muss, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. Ro 2015/08/0026, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass in berücksichtigungswürdigen Fällen nach § 10 Abs. 3 AlVG der Anspruchsverlust nach Abs. 1 dieser Bestimmung ganz oder teilweise nachzusehen ist. Dabei ist die Erfüllung eines der zum Anspruchsverlust führenden Tatbestände der Erteilung der Nachsicht logisch vorgelagert. Kommt aber die regionale Geschäftsstelle oder - im Beschwerdeverfahren - das Bundesverwaltungsgericht zur Überzeugung, dass der Ausspruch eines Anspruchsverlusts schon deswegen nicht in Betracht käme, weil gemäß § 10 Abs. 3 AlVG jedenfalls die gänzliche Nachsicht zu erteilen wäre, so kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn von einer abschließenden Beurteilung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 AlVG abgesehen wird.

3. Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft, als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Berücksichtigt man den Zweck des § 10 AlVG, den zeitlich befristeten Ausschluss vom Leistungsbezug als Sanktion für jene Arbeitslosen vorzusehen, die es zumindest in Kauf nehmen, dass die Versichertengemeinschaft durch eine Verletzung der ihnen bei der Arbeitssuche durch das Gesetz auferlegten Pflichten über Gebühr belastet wird, dann kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an; ebenso wenig können aufgrund der Systematik des Gesetzes jene Umstände zur Annahme eines berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG führen, die schon im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit der Beschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 AlVG von Bedeutung sind und deren Prüfung ergeben hat, dass sie diese nicht ausschließen. Unter einer anderen Beschäftigung iSd § 10 Abs. 3 AlVG kann nur eine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung verstanden werden. Wird sie noch während der Sperrfrist aufgenommen, so stellt dies (unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände) einen Grund für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht des Ausschlusses vom Bezug des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) mit der Konsequenz dar, dass auch für die Zeit vor dem Beginn der die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung (mit der ja der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe schon nach § 24 Abs. 1 AlVG wegfällt) je nach der zeitlichen Nähe zum Beginn der Sperrfrist diese ganz oder teilweise nachzusehen ist. Eine ausdrückliche Regelung, innerhalb welcher Frist die andere Beschäftigung aufgenommen werden muss, um eine gänzliche oder teilweise Nachsicht vom Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes zu rechtfertigen, enthält § 10 Abs. 3 AlVG nicht. Die Behörde hat daher in rechtlicher Gebundenheit zu entscheiden, ob ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG vorliegt, und sodann unter Abwägung aller für die Nachsichtsentscheidung maßgebenden Umstände des Einzelfalles eine Ermessensentscheidung dahin zu treffen, in welchem Ausmaß eine Nachsicht von der Sperrfrist (ganz oder teilweise) zu gewähren ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0234, und vom , Zl. 2008/08/0135).

Die Erteilung der Nachsicht kann auch durch das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Sachentscheidung über die Beschwerde erfolgen. Dabei hat es - wenn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegen und die Angelegenheit daher nicht gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG zurückverwiesen wird - auch das bei der Festlegung des Umfangs der Nachsicht offen stehende Ermessen zu üben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2014/09/0027). Die Erteilung der Nachsicht durch das Verwaltungsgericht setzt nicht die Anhörung des Regionalbeirates iSd § 10 Abs. 3 AlVG voraus (vgl. wieder das Erkenntnis Zl. Ro 2015/08/0026).

Gemäß Art. 133 Abs. 3 B-VG liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Verwaltungsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Die Ermessensentscheidung unterliegt daher der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insoweit, als das Verwaltungsgericht von seinem Ermessen grob unrichtigen oder dieses Ermessen überschreitenden Gebrauch gemacht hat.

4.1. Zur Frage der Beurteilung als berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG hat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis Zl. Ro 2015/08/0026 ausgesprochen, dass § 10 Abs. 3 AlVG die Aufnahme einer anderen Beschäftigung ausdrücklich als Beispiel für einen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Nachsichtserteilung nennt. Dass eine solche Beschäftigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt - etwa, wie das AMS meint, bis zum Ablauf von acht Wochen ab Beginn des Anspruchsverlusts - aufgenommen worden sein muss, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Grundsätzlich kann daher jede Beschäftigung berücksichtigt werden, die vor der (endgültigen) Entscheidung über die Nachsicht angetreten worden ist und auf Grund einer gewissen zeitlichen Nähe zur Weigerung bzw. Vereitelung noch deren negative Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft (teilweise) auszugleichen vermag. Während aber im Fall der Aufnahme einer Beschäftigung vor Ablauf der Ausschlussfrist die (gänzliche oder teilweise) Nachsicht jedenfalls zu erteilen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/19/0136, VwSlg. 15.621 A), werden bei einer späteren Beschäftigungsaufnahme zumindest ernsthafte Bemühungen schon im Vorfeld zu verlangen sein, damit - allenfalls in Verbindung mit anderen zugunsten des Arbeitslosen sprechenden Umständen - noch von einem berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG ausgegangen werden kann.

4.2. Gerade solche ernsthaften, sogleich nach der vorgeworfenen Ablehnung des ersten Beschäftigungsangebots begonnenen und sodann konsequent weiterverfolgten Bemühungen konnte die Mitbeteiligte im vorliegenden Fall vorweisen. Die Mitbeteiligte hat die Verhaltensweise, die nach den Bescheiden des AMS den Tatbestand der Vereitelung iSd § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verwirklicht haben soll, am gesetzt. Noch am selben Tag hat sie sich jedoch eigeninitiativ um eine andere Arbeitsstelle beworben. Sie war sodann geringfügig beschäftigt und hat schließlich am - sohin 9 Wochen später - einen neuen Arbeitsplatz gefunden, den sie zumindest bis zum (dem Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht) innehatte.

Die Mitbeteiligte hat sich nicht nur bemüht, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, sondern sie hat bereits während der Sperrfrist eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen und in zeitlicher Nähe zur (angeblichen) Vereitelungshandlung ihre Arbeitslosigkeit schließlich beendet. In Anbetracht dieser Umstände liegt - unabhängig davon, welches konkrete Verhalten die Mitbeteiligte am gesetzt hat und ob dieses Verhalten eine Pflichtverletzung iSd § 10 Abs. 1 AlVG darstellt bzw. ob einer der Tatbestände des § 10 Abs. 1 AlVG tatsächlich verwirklicht worden ist - ein berücksichtigungswürdiger Grund vor, der es jedenfalls ausschließt , für den gesamten in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehenen Zeitraum - also für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die (angebliche) Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 leg. cit. folgenden sechs Wochen - einen Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe auszusprechen (zur rechtlichen Gebundenheit dieser Entscheidung vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2007/08/0234).

Das Verwaltungsgericht hat sodann unter Abwägung der genannten Umstände - auf die (angebliche) Vereitelungshandlung iSd Tatbestände des § 10 Abs. 1 AlVG kommt es nach dem Gesagten im vorliegenden Fall nicht an; das Vorliegen weiterer für oder gegen die Nachsicht sprechenden Gründe wurde nicht behauptet und ist auch nicht hervorgekommen - eine Ermessensentscheidung dahin getroffen, dass die Nachsicht von der Sperrfrist ganz zu gewähren ist. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass das Verwaltungsgericht dabei von seinem Ermessen grob unrichtigen oder dieses Ermessen überschreitenden Gebrauch gemacht hat.

Dass die tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung drei Wochen nach dem Ende des erstinstanzlich ausgesprochenen (sechswöchigen) Anspruchsverlusts erfolgt ist, hinderte nicht die Wertung des Gesamtverhaltens der Mitbeteiligten - auch unter Bedachtnahme auf die erst kurze Arbeitslosigkeit und die Eigeninitiative bei den weiteren Bewerbungen - als berücksichtigungswürdig im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. Ro 2015/08/0026, dem ein Fall zu Grunde lag, in dem die Arbeitsaufnahme vier Wochen nach dem Ende des sechswöchigen Anspruchsverlusts erfolgte). Dagegen ist die Rücksichtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Interessen des Dienstgebers durch die Offenlegung, dass an sich eine besser erreichbare Arbeitsmöglichkeit angestrebt werde, entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht zugunsten der Arbeitslosen zu werten. Vielmehr entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass etwa durch die Bekundung der Absicht, eine dezidiert als Dauerstelle angebotene Beschäftigung - aus welchen Gründen auch immer - nur als Übergangslösung zu betrachten, die Arbeitswilligkeit im Hinblick auf den konkret angebotenen Arbeitsplatz in Zweifel gezogen wird und dies nach § 10 AlVG sanktionierbar ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/08/0066, vom , Zl. 2006/08/0322, und vom , Zl. 2007/08/0315). Das Bundesverwaltungsgericht hat aber schon im Hinblick auf die Beschäftigungsaufnahme der Mitbeteiligten in Verbindung mit ihrem Vorverhalten im Ergebnis zu Recht das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG bejaht, die auch eine gänzliche Nachsicht des Anspruchsverlustes gerechtfertigt haben.

5. Im vorliegenden Fall ist das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerde entgegen der Beschwerdevorentscheidung stattzugeben war und die mit der Beschwerdevorentscheidung getroffene Sachentscheidung überhaupt nicht hätte ergehen dürfen. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher nicht rechtswidrig vorgegangen, indem es die Beschwerdevorentscheidung in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos behoben hat (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. Ro 2015/08/0026).

6. Die Revision erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am