VwGH vom 25.04.2018, Ra 2015/06/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. des A W, 2. der K W, beide in S und vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 2a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , LVwG-3/69 und 17/16/6-2015, betreffend Ersatzvornahme (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Salzburg hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbenden Parteien haben auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken Nr. X und Y, KG H, in den Jahren 1976/77 - soweit vorliegend relevant - ein Einfamilienhaus errichtet. Eine Baubewilligung hiefür wurde nicht erteilt.
2 Mit Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom wurde die Berufung der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Magistrates Salzburg vom , mit dem ihnen unter Fristsetzung der Auftrag erteilt worden war, (u.a.) das auf diesen Grundstücken ohne Baubewilligung errichtete Wohnhaus zu beseitigen, als unbegründet abgewiesen.
3 Mit Bescheiden des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (im Folgenden: Bürgermeister) vom wurde den revisionswerbenden Parteien die mit näher genanntem Schreiben angedrohte Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG angeordnet und sie wurden unter Fristsetzung zum Erlag eines Betrages von EUR 10.848,00 als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gegen nachträgliche Verrechnung aufgefordert.
4 In Stattgebung der dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobenen Berufung hob die Salzburger Landesregierung mit Bescheiden vom die vorgenannten Bescheide des Bürgermeisters auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadt Salzburg zurück. Zur Begründung führte die Berufungsbehörde aus, der Titelbescheid des Bürgermeisters vom sei von diesem nicht vorgelegt worden und befinde sich auch nicht im Verwaltungsakt. Es werde nicht verkannt, dass die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides, der vollstreckt werden solle und in Ansehung dessen der Vorauszahlungsauftrag erfolge, in diesem Verfahrensstadium nicht mehr aufgeworfen werden könne bzw. die Überprüfung des Titelbescheides nicht Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens sei. Dennoch sei die Vollstreckung durch die Akzessorietät gegenüber dem Titelbescheid geprägt. Es müsse auch für das Vollstreckungsverfahren gelten, dass in diesem nachvollzogen werden können müsse, was denn überhaupt Gegenstand der Vollstreckung sei. Dies wiederum lasse sich nur - zumindest im vorliegenden Fall - aus dem erstinstanzlichen Bescheid bestimmen, insbesondere weil sich der Berufungsbescheid vom (siehe Rz 2) auf eine Abweisung beschränke und den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich bestätige. Der Kostenvorauszahlungsauftrag diene der Schaffung eines Exekutionstitels. Voraussetzung sei, dass die dem Kostenvorauszahlungsauftrag zugrunde gelegte Verpflichtung inhaltlich eindeutig bestimmt sei. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht nachvollziehbar gewesen. Es sei auch nicht möglich gewesen, zu beurteilen, ob die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimme.
5 Ohne weitere Verfahrensschritte oder Ermittlungen erließ der Bürgermeister in weiterer Folge die Bescheide vom , mit denen wiederum (im Wesentlichen gleichlautend wie in den Bescheiden vom - siehe Rz 3) die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG angeordnet und den revisionswerbenden Parteien unter Fristsetzung der Erlag eines Betrages von EUR 10.848,00 als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gegen nachträgliche Verrechnung auferlegt wurde.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien - mit Ausnahme einer vorliegend nicht relevanten Maßgabe - als unbegründet ab.
In der Begründung führte das LVwG zum "fehlenden" Titelbescheid aus, der im physischen Akt der Baubehörde vorhandene Berufungsbescheid der Bauberufungskommission aus dem Jahre 1979 habe sich ausführlich mit dem Gegenstand des behördlichen Beseitigungsauftrages aus dem Jahre 1978 auseinandergesetzt und diesen klar beschrieben. Dass die Papierausfertigung des erstinstanzlichen Beseitigungsbescheides offenbar in Verstoß geraten sei, schade daher nicht. Auch stünden den nunmehr bekämpften Bescheiden nicht die Bescheide der Salzburger Landesregierung vom (siehe Rz 4) entgegen, sei darin doch nicht inhaltlich festgestellt worden, dass ein Beseitigungsauftrag rechtlich nicht existent sei, sondern die Sache lediglich (mangels Vorliegens des physischen Bescheides) an die Erstinstanz zurückverwiesen habe.
Es sei im vorliegenden Fall unstrittig, dass das verfahrensgegenständliche Wohnhaus (auch nach Sanierung/Adaptierung) noch jenes sei, das in den Siebzigerjahren von den revisionswerbenden Parteien erbaut worden (so auch die Angabe der erstrevisionswerbenden Partei in der Verhandlung vor dem LVwG) und damit Gegenstand des Beseitigungsbescheides aus dem Jahr 1978 gewesen sei. Der Leistungsumfang sei demnach - auch nach höchstgerichtlicher Judikatur (Hinweis auf ) - ausreichend bestimmbar gewesen. Aktenwidrig seien jedenfalls die Beschwerdeausführungen über die mangelnde Kenntnis des Titelbescheides, sei dieser doch von der damaligen Rechtsvertretung der revisionswerbenden Parteien mit Berufung angefochten worden, was zur Erlassung des oben genannten Berufungsbescheides aus dem Jahr 1979 (durch Zustellung an den damaligen Rechtsvertreter) geführt habe. (Es folgen Ausführungen zur Leistungsfrist und zur Kostenschätzung.)
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
7 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , E 537/2015-7, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
8 In ihrer Revision an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die revisionswerbenden Parteien die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Revision erweist sich angesichts des Vorbringens zur Bindungswirkung rechtskräftiger Zurückverweisungsbescheide als zulässig.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG (siehe dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 28; vgl. dazu bereits VwGH VS , VwSlg 8091 A/1971) erstreckt sich die von einem rechtskräftigen Zurückverweisungsbescheid ausgehende Bindungswirkung nicht nur auf die angewiesene Unterbehörde und die Parteien des Verfahrens, die diesbezüglich ein subjektives Recht haben. Innerhalb der Grenzen der Rechtskraft ist die dem Behebungsbescheid zu Grunde liegende Rechtsansicht allgemein "verbindlich", d.h. im Falle eines weiteren Rechtsganges auch für die bescheiderlassende Behörde selbst sowie in weiterer Folge für eine allenfalls im Instanzenzug übergeordnete Behörde. Wie die Verwaltungsbehörden sind auch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts - sofern nicht eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist - an die die Aufhebung tragenden Gründe gebunden. Daher war auch das LVwG an die tragenden Gründe für die Aufhebung gebunden.
12 Die eingetretene Rechtskraft der Zurückverweisungsbescheide vom hatte demnach zur Folge, dass im vorliegenden Verfahren das LVwG bei unveränderter Sach- und Rechtslage an die von der Salzburger Landesregierung geäußerte, für die Behebung maßgebende Rechtsansicht gebunden war.
Tragend für die Aufhebung war in beiden Bescheiden die Rechtsansicht, dass sich der Gegenstand der Vollstreckung "nur - zumindest im vorliegenden Fall - aus dem erstinstanzlichen Bescheid bestimmen" lasse, insbesondere weil sich der Berufungsbescheid auf eine Abweisung beschränke und den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich bestätige. Dass sich - so das LVwG im angefochtenen Erkenntnis - der Berufungsbescheid ausführlich mit dem Gegenstand des behördlichen Beseitigungsauftrages auseinandergesetzt und diesen klar beschrieben habe und es "also unstrittig (ist), dass das
verfahrensgegenständliche Wohnhaus ... damit Gegenstand des
Beseitigungsbescheides aus dem Jahr 1978 war", setzt sich über diese überbundene Rechtsansicht hinweg. Verfahrensergebnisse, die Feststellungen zum erstinstanzlichen Bescheid ermöglichten, liegen nicht vor. Dass "das Wohnhaus in dieser Form seit dem Jahr 1978
zwar ... in gewisser Weise verändert worden ist, aber seit damals
bestanden hat und nie zur Gänze beseitigt und zB neu aufgebaut worden ist" (erstrevisionswerbende Partei in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG), besagt für sich allein noch nichts über den Spruch des Titelbescheides. Dass der Leistungsumfang im Sinne von , durch Beschreibung der durchzuführenden Maßnahmen im Einzelnen, planliche Darstellungen oder Verweis auf Pläne (der Verweis auf allfällige erteilte Bewilligungen scheidet jedenfalls aus) ausreichend bestimmbar wäre, ist vorliegend gleichfalls nicht zu erkennen.
13 Da sich das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig erweist, war auf das übrige Revisionsvorbringen nicht weiter einzugehen.
14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015060103.L00 |
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