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VwGH vom 21.02.2013, 2009/13/0257

VwGH vom 21.02.2013, 2009/13/0257

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der W Privatstiftung in W, vertreten durch die Pistotnik Krilyszyn Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 25/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2093-W/07, betreffend Kapitalertragsteuer gemäß "§ 99" (richtig wohl: § 93) EStG 1988 für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Privatstiftung, wurde mit Stiftungsurkunde vom gegründet. Stifter waren Henrik und Christa W, die in die Beschwerdeführerin u.a. die Geschäftsanteile an der W GmbH (der Beschwerdeführerin zur hg. Zl. 2009/13/0258) eingebracht haben.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der W GmbH qualifizierte der Prüfer eine im Jahr 2000 erfolgte (zum Schein als Provision dargestellte) Zahlung der W GmbH von 2,100.000 S als anteiligen Kaufpreis einer Liegenschaft (Liegenschaft S), die Henrik W, der zum Zeitpunkt der Zahlung Geschäftsführer der W GmbH und Begünstigter der beschwerdeführenden Stiftung gewesen sei, privat erworben habe. Laut Prüfer stelle die Zahlung eine verdeckte Ausschüttung der W GmbH an die Beschwerdeführerin dar, die Henrik W in der Stellung als Stifter und Begünstigter der Beschwerdeführerin zugeflossen sei.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ einen entsprechenden "Haftungs- und Abgabenbescheid" betreffend Kapitalertragsteuer für das Jahr 2000.

Die Beschwerdeführerin berief gegen den angeführten Bescheid und brachte in der Berufung vor, dass es sich bei der in Rede stehenden Zahlung der W GmbH um die Provision für die Vermittlung einer Betriebsliegenschaft und nicht um den anteiligen Kaufpreis für eine Privatliegenschaft des Henrik W handle. Weiters warf sie die Frage auf, wieso einem Stifter aus einer Privatstiftung nach österreichischem Recht Vorteile zufließen sollten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Haftungsbescheid als unbegründet ab. Zur Frage, ob die in Rede stehende Zahlung der W GmbH als anteiliger Kaufpreis für eine Privatliegenschaft von Henrik W anzusehen sei oder nicht, verwies sie auf die Berufungsentscheidung vom , GZ RV/2099-W/07 (Anm: gegen die zur hg. Zl. 2009/13/0258 von der W GmbH eine Beschwerde eingebracht wurde), mit der die diesbezügliche Berufung der W GmbH als unbegründet abgewiesen wurde. Im Übrigen führte sie aus wie folgt:

Mit Stiftungsurkunde vom hätten Henrik W (88,6%) und Christa W (11,4%) ihre Beteiligungen an der W GmbH auf die Beschwerdeführerin übertragen. In einer gleichzeitig erstellten Stiftungszusatzurkunde seien als Begünstigte der Beschwerdeführerin die beiden Stifter und deren Töchter benannt worden.

Christa W sei am verstorben. Dies habe gemäß § 6 Abs. 3 der Stiftungsurkunde dazu geführt, dass das Recht auf Ernennung des ersten Stiftungsvorstandes (§ 6 Abs. 4 lit. a), das Recht auf Abberufung und weitere Ernennung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes, soweit dieses nicht dem Gericht oder gemäß den weiteren Bestimmungen dieser Stiftungserklärung dem Beirat zukomme (§ 6 Abs. 4 lit. b), das Recht auf Abschluss von Mandats- und Dienstverträgen mit Mitgliedern des Stiftungsvorstandes einschließlich der Vereinbarung über die Höhe der ihnen zustehenden Vergütung (§ 6 Abs. 4 lit. c) und das Recht auf Abänderung der Stiftungserklärung (§ 6 Abs. 4 lit. d) auf den überlebenden Stifter Henrik W übergegangen seien.

Im Zeitpunkt der angenommenen verdeckten Ausschüttung (Zuwendung) seien die dargestellten Berechtigungen alleine Henrik W zugekommen, weil kein Beirat eingerichtet worden sei.

Der Stiftungsvorstand sei bei der Besorgung seiner Geschäfte zwar an den Stiftungszweck gebunden, der gemäß § 2 Abs. 1 der Stiftungsurkunde u.a. in Zuwendungen aus dem Vermögen oder aus den Erträgnissen des Vermögens der Stiftung an die Begünstigten, und zwar durch Geld- und/oder Sachleistungen, bestehe. Dies reiche jedoch nicht aus, von einer mangelnden Dispositionsfähigkeit des Stifters über das Vermögen der Stiftung auszugehen, weil ja auch der Stiftungszweck und Inhalt der Stiftungsurkunde in der Disposition des Stifters liege und nicht zwingend und in jedem Fall eine Schranke für die Dispositionsbefugnis des Stifters darstelle.

Bei dieser Sachlage komme Henrik W nach Ansicht der belangten Behörde eine zentrale eigentümerähnliche Stellung zu.

Wie in der Berufungsentscheidung vom , GZ RV/2099- W/07, dargestellt, habe die W GmbH einen Teil des Kaufpreises einer von Henrik W erworbenen Liegenschaft übernommen. Fraglich sei, ob der sich daraus ergebende Vorteil als verdeckte Ausschüttung (Zuwendung) an Henrik W behandelt und der Beschwerdeführerin Kapitalertragsteuer vorgeschrieben werden könne.

Wiesner (SWK 1984 AI 169) habe verdeckte Ausschüttungen einer Stiftung gegenüber dem Stifter als wirtschaftlich beherrschender Person als "nicht denkunmöglich" erachtet.

Laut Schuchter (taxlex 2008, 224) sei der Zuwendungsbegriff im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 weit gefasst (Stichwort: "Zuwendungen jeder Art") und umfasse nicht nur einmalige oder laufende Zahlungen, sondern auch die Gewährung geldwerter Vorteile einschließlich Sachzuwendungen jeder Art. Auch verdeckte Zuwendungen oder Zuwendungen, die zwar in der Stiftungsurkunde bzw. Stiftungszusatzurkunde nicht gedeckt, aber vom Stiftungsvorstand genehmigt worden seien, führten zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Offene wie verdeckte Ausschüttungen setzten definitionsgemäß eine Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung voraus. Ein bloßer "Machthaber" (etwa ein an der Gesellschaft nicht beteiligter Geschäftsführer) könne nicht Empfänger von Ausschüttungen sein. Die Annahme einer verdeckten Ausschüttung der W GmbH an deren Geschäftsführer Henrik W wäre demnach rechtlich verfehlt.

Daher sei zunächst von einer gemäß § 10 KStG 1988 in Verbindung mit § 94 Z 2 EStG 1988 von der Körperschaftsteuer sowie der Kapitalertragsteuer befreiten Ausschüttung der W GmbH an die Beschwerdeführerin auszugehen.

Die weitere Zuwendung des Vorteils von der Beschwerdeführerin an den Stifter und Begünstigten Henrik W führe bei Henrik W zur Steuerpflicht gemäß § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988.

Das mangels Rückforderungsanspruch als gegeben anzunehmende Einverständnis der Beschwerdeführerin zur Einkommensverwendung löse bei ihr gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 die Pflicht aus, Kapitalertragsteuer von der an den Begünstigten geflossenen Zuwendung abzuführen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorteilszuwendungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegen nach § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201/1996, der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer; sie ist - soweit keine Endbesteuerung vorliegt - im Zuge der Veranlagung der Kapitalerträge auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuerschuld des Empfängers der betreffenden Kapitalerträge anrechenbar. Keine Kapitalertragsteuer fällt an, wenn die Voraussetzungen des § 94 Z 2 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung für die so genannte Schachtelbegünstigung erfüllt sind, d.h. Empfänger der Kapitalerträge eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist, die mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Befreiungsbestimmung umfasst sämtliche Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a und b EStG 1988, so z.B. auch verdeckte Ausschüttungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0022, VwSlg. 8088/F).

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. 797/1996, sind Zuwendungen jeder Art einer nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung an Begünstigte und Letztbegünstigte, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen. Diese können in offener oder verdeckter Form vorliegen (vgl. z.B. Büsser in Hofstätter/Reichel , EStG Kommentar, 42. Lieferung (Oktober 2008), § 27 Tz 31.1.1.; Stangl in Arnold/Hangl/Tanzer , Privatstiftungs-Steuerrecht2 (2009), Rz II/522).

Bei inländischen Kapitalerträgen, zu denen nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. 797/1996,

u. a. Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftungen an Begünstigte und Letztbegünstigte zählen, wird die Einkommensteuer gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass es sich bei der in Rede stehenden Zahlung der W GmbH nicht um die Provision für die Vermittlung einer Betriebsliegenschaft, sondern um den anteiligen Kaufpreis für eine im Privatvermögen von Henrik W angeschaffte Liegenschaft gehandelt habe. Dies stößt laut Erkenntnis vom heutigen Tag, 2009/13/0258, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken. Daher kommt der Beschwerde, soweit sie sich gegen diese Feststellung wendet, keine Berechtigung zu.

Die Beschwerde trägt weiters vor, die Beschwerdeführerin habe im gegebenen Sachzusammenhang weder eine vermögensvermehrende Ausschüttung empfangen noch an den Stifter und zum Kreis der Begünstigten zählenden Henrik W eine Zuwendung geleistet, die ihr Einkommen vermindert "und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft im Sinne der von der Behörde angenommenen zentralen eigentümerähnlichen Stellung des (Henrik W) hätte". Die Behörde verkenne insbesondere den Umstand, dass die Annahme einer verdeckten Ausschüttung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentschluss der Körperschaft voraussetze.

Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Wenn der belangten Behörde nicht widersprochen werden kann, dass es sich bei der in Rede stehenden Zahlung der W GmbH um den anteiligen Kaufpreis für eine im Privatvermögen von Henrik W stehende Liegenschaft gehandelt hat, trifft auch ihre rechtliche Beurteilung zu, die dadurch bewirkte Entnahme stelle, auch für den Fall, dass die entnommenen Mittel dem zum Kreis der Begünstigten der Beschwerdeführerin zählenden Henrik W zugeflossen seien, eine ("durchgeleitete") verdeckte Ausschüttung an die Beschwerdeführerin dar. Wendet eine GmbH, die im Eigentum einer Privatstiftung steht, dem Begünstigten der Stiftung einen Vermögensvorteil zu, und liegt die wirtschaftliche Veranlassung hierfür nicht in gegenüber der GmbH erbrachten Leistungen, sondern in der Stellung des Zuwendungsempfängers als Begünstigtem der Stiftung, wird also das Vermögen der GmbH und damit der ihre Anteile haltenden Stiftung vermindert, während das Vermögen des Begünstigten eine Vermehrung erfährt, so liegt einerseits eine (verdeckte) Ausschüttung der GmbH an die Stiftung und andererseits eine (verdeckte) Zuwendung der Stiftung an den Begünstigten vor (vgl. in diesem Sinn zur sogenannten "durchgeleiteten" verdeckten Ausschüttung das bereits zitierte Erkenntnis VwSlg. 8088/F). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vorgang auf einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung der Stiftung beruht.

Die auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung kann sich schlüssig aus den Umständen des betreffenden Falles ergeben und liegt z.B. auch dann vor, wenn der Stiftungsvorstand - ausdrücklich oder schlüssig - mit einem Vorteil, den sich der Begünstigte ursprünglich ohne dessen Kenntnis zuwendet, in der Folge einverstanden ist. Die belangte Behörde ging davon aus, dass "mangels Rückforderungsanspruch" von einem Einverständnis auszugehen sei. Gegenteiliges geht aus den Verwaltungsakten und der Beschwerde nicht hervor, in der u.a. der Standpunkt vertreten wird, dass auch dann "keine kapitalertragsteuerlich relevante verdeckte Ausschüttung" vorliegen könne, wenn die W GmbH Henrik W durch Bezahlung eines Kaufpreisteiles seiner Privatliegenschaft einen Vorteil zugewendet hätte.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am