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VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0283

VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0283

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH. in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Business Park 4/1/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32- 1002/04-2, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang, nämlich soweit der Berufung gegen die Abweisung des Antrages betreffend die vom 5. bis und vom 28. April bis aufgelaufenen Verpflegskosten nicht Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom sprach die belangte Behörde aus, dass der Sozialhilfeverband Knittelfeld die Kosten für den Spitalsaufenthalt der Patientin D M für den Zeitraum von 8. bis zu ersetzen habe und wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz für die Zeiträume von 5. bis und von 28. April bis ab.

Begründend führte die belangte Behörde - soweit noch von Interesse - aus, die Patientin D M habe sich im Zeitraum vom


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8.
bis mit der Diagnose "Abortus imminens" vom
5.
bis mit der Einweisungsdiagnose "Senkwehen
36.
Schwangerschaftswoche" und vom 28. April bis 5. Mai mit der Einweisungsdiagnose "Partus I" im Landeskrankenhaus Judenburg-Knittelfeld in stationärer Pflege befunden. Für diese stationären Krankenhausaufenthalte seien Gesamtkosten in der Höhe von EUR 5.589,92 entstanden. Infolge geringfügiger Ratenzahlungen seitens der Patientin bestünden derzeit noch offene Restkosten in Höhe von EUR 5.444,32. Der ausstehende Betrag sei der Patientin in Rechnung gestellt worden. Als diese Rechnungen nicht beglichen worden seien, seien sie dem Kindesvater zugestellt worden. Dieser habe keine Zahlung geleistet. In den Zeiträumen der Spitalsaufenthalte der Patientin sei der Kindesvater in Ausbildung als EDV-Techniker gestanden und habe nur über ein geringfügiges Einkommen verfügt.

Die Beschwerdeführerin habe am , sowie am jeweils einen Antrag auf Spitalskostenrückersatz gestellt. Sie habe darauf hingewiesen, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen laut Beilagen das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei. Die über Aufforderung nachträglich übermittelten Datenerhebungsblätter ließen durch die Angaben: ledig, Hausfrau, kein Einkommen, Mitbewohnerin im Haushalt der Eltern (Vater Pensionist, Mutter Hausfrau) auf das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schließen.

Mit Bescheid vom habe der Sozialhilfeverband Knittelfeld die Anträge der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz abgewiesen, weil die Patientin nicht hilfsbedürftig gewesen sei. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, das Fehlen der Krankenversicherung allein bedeute noch keine Hilfsbedürftigkeit im Sinne des Stmk. SHG, doch sei bei Betrachtung aller Angaben sehr wohl eine Gefährdung des Lebensbedarfes festzustellen. Die Patientin wohne als allein erziehende Mutter bei den Eltern und habe außer der Familienbeihilfe keinerlei Einkommen oder Vermögen. Die Mutter der Patientin verfüge über kein Einkommen und der Vater beziehe eine Mindestpension. Der Kindesvater, der monatliche Alimentationszahlungen von EUR 97,62 leiste, habe bis eine Lehre als EDV-Techniker absolviert und daher in dem für die Beurteilung relevanten Zeitpunkt nur über ein geringfügiges Einkommen verfügt.

Bei der Inanspruchnahme des ersten stationären Aufenthaltes sei die Patientin erst im dritten Monat schwanger gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit dem Auftreten von Komplikationen rechnen müssen. Die Diagnose "Abortus imminens" habe eine akute Krankenbehandlung erfordert. Es habe daher die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden können, wie es § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG erfordere.

Beim zweiten stationären Aufenthalt sei die Patientin bereits in der 36. Schwangerschaftswoche gewesen und habe jederzeit mit dem Auftreten von Komplikationen bzw. der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe rechnen müssen. Es sei der Patientin daher zumutbar gewesen, rechtzeitig einen Sozialhilfeantrag zu stellen; dasselbe gelte für die Geburt beim dritten Krankenhausaufenthalt.

Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall für den Spitalsaufenthalt ab die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG vorgelegen seien, nicht aber für die zwei weiteren Spitalsaufenthalte.

Erkennbar lediglich gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1627/07-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird beantragt, den abweisenden Teil des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:


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a)
eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
b)
die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;
c)
der Dritte nicht selbst die Kosten zu tragen hatte.
Die belangte Behörde begründet den abweisenden Teil des angefochtenen Bescheides ausschließlich damit, dass die in § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG normierte Voraussetzung für den Kostenersatz nicht vorliege, weil die Patientin rechtzeitig einen Antrag beim Sozialhilfeträger hätten stellen müssen.
Mit der Begründung der Abweisung des Antrages, die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG lägen aus diesem Grund nicht vor, hat die belangte Behörde das Gesetz verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt (hier: die Beschwerdeführerin), zur Verständigung des Sozialhilfeträgers begründet, und dass die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/10/0139, und vom , Zl. 2004/10/0209). Der Verlust des Rückersatzanspruches infolge Unterlassung der Verständigung des Sozialhilfeträgers (durch den Dritten, der Hilfe geleistet hat) tritt dann nicht ein, wenn der Dritte - etwa der Rechtsträger einer Krankenanstalt, die medizinische Hilfe geleistet hat - nichts von der Notlage der Person, der Hilfe gewährt wurde, wusste oder die Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfeleistung wegen der Dringlichkeit nicht möglich war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/10/0007, vom , Zl. 2005/10/0186, und vom , Zl. 2004/10/0209).
Dem Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin konnte somit nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Patientin den Sozialhilfeträger hätte verständigen müssen, weil die Patientin eine derartige Obliegenheit nicht traf. Die belangte Behörde hat auf Grund der Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Beschwerdeführerin - entsprechend ihren Behauptungen - die Verständigung der Sozialhilfebehörde vor Beginn der stationären Behandlungen in den Zeiträumen von 5. bis und von 28. April bis bzw. vor unverschuldeter späterer Kenntniserlangung von der Hilfsbedürftigkeit tatsächlich nicht möglich war.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am

Fundstelle(n):
BAAAE-93111