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VwGH vom 30.06.2015, Ra 2015/06/0050

VwGH vom 30.06.2015, Ra 2015/06/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision der I P in T, vertreten durch Dr. Richard Huber, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Bahnhofplatz 9/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KLVwG-3037/4/2014, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens in einer Bauangelegenheit (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeindevorstand der Gemeinde T; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom wurde G. P., dem Rechtsvorgänger im Eigentumsrecht der Revisionswerberin, ein baupolizeilicher Auftrag zur Beseitigung konsensloser Bauten, alternativ die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes, aufgetragen.

Mit (im zweiten Rechtsgang ergangenen) Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde T vom wurde der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde T vom dahingehend abgeändert, dass entweder nachträglich um Baubewilligung für die betroffenen Baulichkeiten anzusuchen oder der rechtmäßige Zustand herzustellen sei. Dieser rechtmäßige Zustand wurde näher umschrieben (teilweise vollständige Abbrüche, teilweise Teilabbrüche).

Die dagegen von G. P. erhobene Vorstellung wurde von der Kärntner Landesregierung mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid blieb unangefochten.

Mit Schreiben vom stellte G. P. einen Antrag auf Wiederaufnahme des Bauauftragsverfahrens. Der Einschreiter habe neue Beweismittel aufgefunden, die die Umstände eines Suizids beträfen, der in den gegenständlichen Baulichkeiten stattgefunden habe, und zwar zu einem Zeitpunkt, aus dem hervorgehe, dass die Baulichkeiten älter seien als von der Behörde angenommen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts S vom wurde die Einverleibung des Eigentumsrechts der Revisionswerberin für die Liegenschaft, auf der sich die gegenständlichen Baulichkeiten befinden, bewilligt.

Mit Schreiben vom stellte die Revisionswerberin einen im Wesentlichen gleichlautenden Antrag auf Wiederaufnahme des baupolizeilichen Auftragsverfahrens wie G. P.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde T vom wurde der Wiederaufnahmeantrag der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten. Sie stellte auch den Antrag, über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Im Übrigen legte sie im Wesentlichen dar, zum strittigen Alter (Herstellungszeitraum) der gegenständlichen Baulichkeiten habe die Baubehörde bisher die Argumentation des G. P. offenbar missverstanden. G. P. habe zum Ausdruck bringen wollen, dass sich aus dem Umstand, dass in einem Zubau (nicht in dem im Jahr 1896 errichteten Hauptgebäude) im Jahr 1980 ein Selbstmord ereignet habe, zwingend ergebe, dass das Gebäude damals bereits bestanden habe. Daraus sei abzuleiten, dass die Ausnahmebestimmung der Kärntner Bauordnung 1996 über den Wegfall der Genehmigungspflicht hinsichtlich bereits lange bestandener Gebäude zur Anwendung komme. Die Revisionswerberin habe mit ihrem Wiederaufnahmeantrag Bestätigungen der Zeugen A. P., F. P. und J. G. vorgelegt, bei denen es sich tatsächlich um neu hervorgekommene Beweismittel handle. Weder der Revisionswerberin noch ihrem Rechtsvorgänger sei bekannt gewesen, dass diese Personen Wahrnehmungen zum Selbstmord gemacht hätten. Die Verwertung dieser schriftlichen Bestätigungen, aber auch die Einvernahme der genannten Personen als Zeugen, die ausdrücklich beantragt werde, würde hervorbringen, dass sich der Selbstmord nicht im Hauptgebäude, sondern in den Zu- und Anbauten ereignet hätte. Damit wäre erwiesen, dass auch diese außerhalb der 30- Jahresfrist schon bestanden hätten. Die Gemeindebehörde habe eine andere Lokalität des Selbstmordes angenommen, als tatsächlich gegeben.

Mit Schreiben vom forderte das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Revisionswerberin gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen schriftlich mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt sie erstmals von der Existenz der Zeugen erfahren habe und zu welchem Zeitpunkt der Rechtsvorgänger G. P. erstmals von der Existenz dieser Zeugen Kenntnis erlangt habe. Sollte dem Verbesserungsauftrag nicht bzw. nicht vollständig innerhalb der festgesetzten Frist entsprochen werden, wäre der Antrag auf Wiederaufnahme des baupolizeilichen Verfahrens als mangelhaft belegt zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom legte die Revisionswerberin im Wesentlichen dar, sie habe gerüchteweise von einem Suizid bereits als Kind erfahren. Erst durch ein Gespräch mit ihren Eltern wenige Tage vor dem habe sie Kenntnis davon erhalten, dass es sich um den Selbstmord des J. P. gehandelt habe. Der Vater der Revisionswerberin habe kurz zuvor bei einem zufälligen Zusammentreffen mit F. P. erfahren, dass dieser und J. G. Wahrnehmungen zum Selbstmord gemacht hätten, nämlich dass J. G. den genauen Auffindungsort der Leiche kenne, weil er die Leiche gefunden habe. Erst zu diesem Zeitpunkt habe für die Revisionswerberin erkennbar sein können, dass F. P. und J. G. dienliche Wahrnehmungen gemacht hätten und somit geeignete Zeugen seien.

Erst in der Folge eines (näher dargelegten) Gespräches Anfang bzw. Mitte August 2014 habe G. P. Kenntnis davon erlangt, dass die genannten Personen als Zeugen geeignete Wahrnehmungen wiedergeben könnten.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Angaben "wenige Tage vor dem " sowie "Anfang/Mitte August 2014" genügten den gesetzlichen Vorgaben des § 69 Abs. 2 AVG, wonach der Zeitpunkt der Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund anzugeben sei, nicht. Der Verbesserungsauftrag vom sei daher nicht vollständig erfüllt worden, weshalb der Wiederaufnahmeantrag als mangelhaft belegt zurückzuweisen sei.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass diese zeitlichen Angaben den gesetzlichen Vorgaben des § 69 Abs. 2 AVG entsprächen, sei der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen. Die Wiederaufnahme käme nämlich nur dann in Betracht, wenn die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Im vorliegenden Fall sei dem Spruch des Bescheides des Gemeindevorstandes der Gemeinde T vom eindeutig zu entnehmen, dass sich dieser auf An-, Zu- und Ausbauten (Räume 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 10), die konsenslos seit den Siebzigerjahren errichtet worden seien, beziehe. Auch aus der Begründung sowie einer näher genannten Planskizze komme hervor, dass die Baubehörde einen Errichtungszeitpunkt der Räume 2, 3, 4, 5, 6 und 10 im Jahr 1979 annehme. Ausgehend davon hätten die Erklärungen der Zeugen über den Selbstmord im Februar 1980 nicht dazu führen können, dass eine im Hauptinhalt des Spruches andere Entscheidung zu ergehen hätte. Die Behörde sei im Auftragsverfahren davon ausgegangen, dass die Räume 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 10 ein Alter von mehr als 30 Jahren aufwiesen. Allein daraus sei ersichtlich, dass die Zeugenaussagen eine Bekräftigung dieser Feststellungen darstellten und niemals zu einer im Hauptinhalt des Spruches anderen Entscheidung hätten führen können. Die Argumentation, dass die gegenständlichen Zu- und Anbauten nach dem Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht als Gebäude anzusehen seien, stelle keinen Wiederaufnahmegrund dar, da sie eine nachträgliche Erkenntnis einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beträfen.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt sei geklärt. In der Beschwerde seien im Wesentlichen Rechtsfragen aufgeworfen worden, zu deren Lösung eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stünden daher der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Im Hinblick darauf habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen werden können.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

Das Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die Gemeinde T erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist in Bezug auf die Frage, ob das Landesverwaltungsgericht zu Recht von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen hat, zulässig. Sie ist im Hinblick darauf auch begründet:

§ 24 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet auszugsweise:

"Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom S. 389 entgegenstehen.

(5) ..."

Das Landesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung jedenfalls eventualiter darauf gestützt, dass die beantragten Zeugeneinvernahmen das Alter der gegenständlichen Baulichkeiten nicht anders erweisen könnten, als dieses von der vor dem Landesverwaltungsgericht belangten Behörde angenommen worden sei. Das ändert aber nichts daran, dass das Landesverwaltungsgericht angesichts des sachverhaltsbezogenen Vorbringens der Revisionswerberin eine mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2014/06/0033, mwN - dies nach dem genannten Erkenntnis sogar dann, wenn gar keine mündliche Verhandlung beantragt worden ist). Bemerkt wird, dass die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses in diesem Zusammenhang auch insofern widersprüchlich ist und deshalb nicht davon ausgegangen werden könnte, dass eine Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Erörterung nicht zu erwarten gewesen wäre, weil demnach betreffend die Räume 7 und 8 offenbar keine einheitliche Feststellung hinsichtlich des Errichtungszeitpunktes vorgelegen ist.

Das angefochtene Erkenntnis war schon auf Grund der unterlassenen Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

Bemerkt wird, dass in der Revision sachverhaltsbezogen (betreffend den Zeitpunkt des Eigentumserwerbes durch die Revisionswerberin) auch die Begründetheit des Verbesserungsauftrages vom in Frage gestellt wird, was zeigt, dass auch angesichts der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zur Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrages im Hinblick auf den Verhandlungsantrag eine Verhandlung durchzuführen gewesen wäre.

Abschließend ist zur Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten Folgendes zu bemerken:

§ 63 Abs. 1 AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 hatte folgenden Wortlaut:

" § 63. (1) Der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellung) richten sich, abgesehen von den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 erhielt § 63 Abs. 1 AVG mit Wirksamkeit vom folgende Fassung:

" § 63. (1) Der Instanzenzug in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde und das Recht zur Erhebung der Berufung richten sich nach den Verwaltungsvorschriften. Gegen die Bewilligung oder die Verfügung der Wiederaufnahme und gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist eine Berufung nicht zulässig."

§ 70 Abs. 3 AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 lautete wie folgt:

"(3) Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiederaufnahme steht dem Antragsteller das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu. Gegen die Bewilligung oder die Verfügung der Wiederaufnahme ist eine abgesonderte Berufung nicht zulässig."

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 wurde § 70 Abs. 3 AVG aufgehoben. Nach den Materialien (RV 2009 BlgNR 24. GP, S. 17) sollen die Nachfolgeregelungen zu § 70 Abs. 3 AVG (und § 72 Abs. 4 AVG) aus systematischen Gründen in § 63 Abs. 1 AVG getroffen werden.

§ 94 der Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung (K-AGO), LGBl. Nr. 66/1998 idF Nr. 85/2013, lautet:

" § 94

Entscheidung über Berufungen

(1) Über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches entscheidet der Gemeindevorstand, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Dieser übt - soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist - auch die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.

(2) Über Berufungen gegen Bescheide des Gemeindevorstandes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in erster Instanz entscheidet der Gemeinderat, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Dieser übt - soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist - auch die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus."

Art. 118 Abs. 4 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 lautet auszugsweise:

"(4) ... In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches

besteht ein zweistufiger Instanzenzug; dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. ..."

Art. 115 Abs. 2 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 lautet:

"(2) Soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes festgesetzt ist, hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht nach den Grundsätzen der folgenden Artikel dieses Abschnittes zu regeln. Die Zuständigkeit zur Regelung der gemäß den Art. 118, 118a und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten einschließlich eines allfälligen Ausschlusses des Instanzenzuges bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes."

Bescheide über die Ablehnung von Anträgen auf Wiederaufnahme eines Verfahrens sind verfahrensrechtlicher Natur (vgl. die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 1530 unter E 19 zitierte hg. Rechtsprechung). Sie gehören dem Verfahrensrecht an (Teil der Rechtsfindung für eine am Ende materiell-rechtliche Entscheidung, vgl. Walter , Österreichisches Bundesverfassungsrecht, System, S. 9), es ist somit der Verfahrensgesetzgeber (auch) im Sinne des Art. 115 Abs. 2 B-VG zu ihrer Regelung zuständig.

Zur nunmehr aufgehobenen Bestimmung des § 70 Abs. 3 AVG judizierte der Verwaltungsgerichtshof, dass unter der im Instanzenzug übergeordneten Behörde nur jene zu verstehen ist, die nach Lage des Falles der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Angelegenheit auch in der Sache selbst als Berufungsbehörde zur Entscheidung berufen ist. Wenn daher in einer Verwaltungsangelegenheit der Rechtszug in der mittelbaren Bundesverwaltung beim Landeshauptmann endete, konnte der Bundesminister als Berufungsbehörde in der Hauptsache nicht in Betracht kommen. Er konnte demnach auch mit der gegen den verfahrensrechtlichen Bescheid der Ablehnung der Wiederaufnahme des Verfahrens erhobenen Berufung gegen die Entscheidung des Landeshauptmanns, der den Wiederaufnahmeantrag als erste und einzige Behörde abgelehnt hatte, nicht rechtens angerufen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/07/0035, und vom , Zl. 95/11/0090).

Diese Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ergingen auf der Grundlage des Art. 103 Abs. 4 B-VG, der vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 vorsah, dass in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Instanzenzug, sofern der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hatte und nicht durch Bundesgesetz ausnahmsweise auf Grund der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich anderes bestimmt war, beim Landeshauptmann endete. Stand die Entscheidung in erster Instanz dem Landeshauptmann zu, so ging der Instanzenzug nach Art. 103 Abs. 4 B-VG in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung, wenn nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt war, bis zum zuständigen Bundesminister. Art. 103 Abs. 4 B-VG in der genannten Fassung enthielt also insofern eine dem § 94 Abs. 2 erster Satz K-AGO im Wesentlichen entsprechende Regelung.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung, die in den zitierten hg. Erkenntnissen vom und vom zum Ausdruck kommt, abzugehen. Insbesondere hat auch die Aufhebung des § 70 Abs. 3 AVG nicht bewirkt, dass nunmehr eine andere Auffassung zu vertreten wäre: Einerseits lassen die Gesetzesmaterialien keine Bedeutung der Novelle in diese Richtung erkennen und hat auch die herrschende Auffassung zu § 70 Abs. 3 AVG die Meinung vertreten, dass damit hinsichtlich der Ablehnung der beantragten Wiederaufnahme keine besondere, von den Verwaltungsvorschriften abweichende Regelung im Sinne des § 63 Abs. 1 AVG vorliegt (vgl. Hengstschläger/Leeb , AVG IV, S. 1280, Rz 11 zu § 70 AVG). Andererseits galt bereits zu § 63 Abs. 1 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 in Bezug auf die dort genannten Verwaltungsvorschriften, dass verfahrensrechtliche Bescheide, sofern der Gesetzgeber nicht erkennbar anderes bestimmt, in Ansehung der Zulässigkeit eines ordentlichen Rechtsmittels und des allfälligen Instanzenzugs ebenso zu beurteilen sind wie der den Verfahrensgegenstand, die Sache, erledigende Bescheid. Gegen sie wurde ein (und zwar dasselbe) Rechtsmittel nur für zulässig gehalten, wenn ein solches gegen den in der Sache ergehenden Bescheid offenstand. Nur dann, wenn zwischen dem verfahrensrechtlichen Bescheid und der Sachentscheidung keiner oder nur ein zufälliger, äußerlicher Zusammenhang bestand, wurden für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen verfahrensrechtliche Bescheide die allgemeinen Grundsätze für anwendbar gehalten (vgl. Walter/Thienel , aaO, S. 1151).

Schon angesichts der zur bisherigen Judikatur und Lehre völlig schweigenden Gesetzesmaterialien kann im Hinblick auf den Wortlaut des § 63 Abs. 1 AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 auch nicht der Auffassung von Grabenwarter/Fister , Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit,

4. Auflage, S. 139 beigepflichtet werden, dass sich aus einem Umkehrschluss aus § 63 Abs. 1 Satz 2 AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 anderes ergäbe, dass nämlich, sofern der innergemeindliche Instanzenzug nicht gesetzlich ausgeschlossen wurde, bei Ablehnungen von Wiederaufnahmen (offenbar jedenfalls) mit Berufung an die übergeordnete Gemeindebehörde vorzugehen ist. Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsverfahrensrecht,

10. Auflage, S. 353, Rz 616 gehen ebenfalls unter Verweis auf § 63 Abs. 1 Satz 2 AVG davon aus, dass die Ablehnung, Zurückweisung oder Abweisung der Wiederaufnahme, soweit der innergemeindliche Instanzenzug nicht ausgeschlossen ist, mit Berufung an die übergeordnete Gemeindebehörde (offenbar uneingeschränkt) zu bekämpfen ist und erst danach eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht möglich ist. Nach Hengstschläger/Leeb , Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, S. 339 Rz 598, richtet sich der Instanzenzug im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde hingegen nach dem in der betroffenen (nicht wieder aufgenommenen) Verwaltungssache zur Verfügung stehenden Rechtsmittelweg; nach diesen Autoren steht also gegen den verfahrensrechtlichen Abweisungs- oder Zurückweisungsbescheid derselbe Rechtszug offen, wie gegen einen materiellrechtlichen Bescheid "dieser Behörde in der Hauptsache".

Der Verwaltungsgerichtshof hält jedenfalls den Verfahrensrechtsgesetzgeber für zuständig, den Instanzenzug bei verfahrensrechtlichen Bescheiden zu regeln. Insofern kann § 63 Abs. 2 2. Satz AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 kompetenzrechtlich unbedenklich regeln, dass gegen die Bewilligung oder die Verfügung der Wiederaufnahme und gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung eine Berufung nicht zulässig ist, eine Regelung, die somit im Sinne des Art. 118 Abs. 4 B-VG iVm Art. 115 Abs. 2 B-VG vom zuständigen Gesetzgeber getroffen wurde. Dies bedeutet aber auch, dass § 63 Abs. 1 1. Satz AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 ebenso kompetenzrechtlich unbedenklich auf die Verwaltungsvorschriften verweisen kann. Dieser Verweis bedeutet bei verfahrensrechtlichen Bescheiden, die mit einer bestimmten Verwaltungssache zusammenhängen, somit weiterhin, wie auch nach § 63 Abs. 1 AVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013, dass solche verfahrensrechtlichen Bescheide nur jene Instanzen befassen können, die auch in der Sache selbst befasst werden können, und die Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 hat an diesem Verständnis nichts geändert. In Bezug auf verfahrensrechtliche Bescheide wie den gegenständlichen liegt folglich mit dem Verweis auf die Verwaltungsvorschriften ein gesetzlicher Ausschluss des zweistufigen Instanzenzuges im Sinne des Art. 118 Abs. 4 B-VG durch die Regelung des § 63 Abs. 1 1. Satz AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 vor.

Das Landesverwaltungsgericht Kärnten war daher zuständig, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom zu entscheiden.

Ein Kostenersatz war mangels Antrages nicht zuzusprechen.

Wien, am