VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0282

VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0282

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Business Park 4/1/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32- 1285/07-2, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückersatz der durch die stationäre Behandlung der Patientin A B vom 19. bis entstandenen und nicht gedeckten Kosten in Höhe von EUR 3.075,50 ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Patientin A B, kroatische Staatsbürgerin, sei in Graz, Xgasse wohnhaft. Sie sei von 19. bis zur Geburt ihres Kindes stationär im Landeskrankenhaus Graz aufgenommen worden. Nachdem kein Sozialversicherungsanspruch habe festgestellt werden können, sei über Erhebungsersuchen an den Magistrat Graz mit der Patientin das Datenerhebungsblatt für den Antrag auf Spitalskostenrückersatz ausgefüllt worden. Eine Rechnungslegung an die Patientin sei erfolglos geblieben. Auf sein Ersuchen sei dem Lebensgefährten seitens des Krankenhauses Ratenbezahlung bewilligt worden. Am sei an den Lebensgefährten ein Mahnschreiben mit dem Hinweis ergangen, dass gemäß § 168 Abs. 1 ABGB der Vater verpflichtet sei, der Mutter die Kosten der Entbindung zu ersetzen. Mit Schreiben vom sei der erstinstanzlichen Behörde mitgeteilt worden, dass der Lebensgefährte nicht in der Lage sei, die Ratenvereinbarungen einzuhalten (Laut seinen Aussagen beziehe er ein monatliches Einkommen von EUR 1.050,--, die Höhe der Miete betrage EUR 400,--, Gehaltsexekution von ca. EUR 200,--).

Die Beschwerdeführerin habe am einen Antrag auf Spitalskostenrückersatz gestellt. Sie habe darauf hingewiesen, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen laut Beilagen das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei. Im Datenerhebungsblatt sei von der Patienten angegeben worden: "ledig, Hausfrau, ohne Einkommen, wohnt bei Lebensgefährten" (unter Angabe von dessen Name, Geburtsdatum, Name und Anschrift seines Arbeitgebers). Laut Versicherungsdatenauszug des Sozialversicherungshauptverbandes sei der Lebensgefährte beim angegebenen Arbeitgeber seit laufend beschäftigt.

Mit Bescheid vom habe der Magistrat Graz, Sozialamt, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, die Patientin sei bereits in der 40. Schwangerschaftswoche gewesen und habe jederzeit mit dem Auftreten von Komplikationen oder einer vorzeitigen Geburt rechnen müssen. Es hätte also im Laufe der Schwangerschaft rechtzeitig ein Sozialhilfeantrag gestellt werden können und müssen. Es handle sich um keine akute Erkrankung bzw. Notfallbehandlung.

Auf die Frage der Hilfsbedürftigkeit werde nicht näher eingegangen, da für einen Rückersatzanspruch schon die Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG nicht gegeben sei.

Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall rechtzeitig ein Antrag beim Sozialhilfeträger hätte gestellt werden müssen. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen im Sinne des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1484/07-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:


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a)
eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
b)
die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;
c)
der Dritte nicht selbst die Kosten zu tragen hatte.
Gemäß § 4 Abs. 1 SHG ist Voraussetzung der Hilfe u.a., dass der Betroffene (hier: der Patient) den Lebensbedarf im Sinne des § 7 SHG (darunter gemäß § 7 Abs. 1 lit. c auch die Krankenhilfe im Sinne des § 10) für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Gemäß § 5 Abs. 1 SHG ist Hilfe nur soweit zu gewähren, als das Einkommen oder das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 7) zu sichern.
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ausschließlich damit, dass die in § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG normierte Voraussetzung für den Kostenersatz nicht vorliege, weil die Patientin rechtzeitig einen Antrag beim Sozialhilfeträger hätte stellen müssen.
Mit der Begründung der Abweisung des Antrages, die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG lägen aus diesem Grund nicht vor, hat die belangte Behörde das Gesetz verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt (hier: die Beschwerdeführerin), zur Verständigung des Sozialhilfeträgers begründet, und dass die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/10/0139, und vom , Zl. 2004/10/0209). Der Verlust des Rückersatzanspruches infolge Unterlassung der Verständigung des Sozialhilfeträgers (durch den Dritten, der Hilfe geleistet hat) tritt dann nicht ein, wenn der Dritte - etwa der Rechtsträger einer Krankenanstalt, die medizinische Hilfe geleistet hat - nichts von der Notlage der Person, der Hilfe gewährt wurde, wusste oder die Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfeleistung wegen der Dringlichkeit nicht möglich war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/10/0007, vom , Zl. 2005/10/0186, und vom , Zl. 2004/10/0209).
Dem Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin konnte somit nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Patientin den Sozialhilfeträger hätte verständigen müssen, weil die Patientin eine derartige Obliegenheit nicht traf. Ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz würde im Sinn der wiedergegebenen Rechtsprechung auch dann bestehen, wenn die Verständigung der Sozialhilfebehörde wegen Dringlichkeit nicht möglich war. Die belangte Behörde hat sich auf Grund der Verkennung der Rechtslage mit dem bereits in der Berufung erstatteten Vorbringen, die Patientin habe sich im Zeitpunkt der Spitalsaufnahme im akuten Geburtsstadium befunden, nicht befasst.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am