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VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0281

VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0281

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Business Park 4/1/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32- 1137/05-2, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückersatz der durch die stationäre Behandlung des Patienten P F vom 5. bis entstandenen und nicht gedeckten Kosten in Höhe von EUR 1.755,90 ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Patient P F, amerikanischer Staatsbürger, sei am 30. Dezember zusammen mit seiner Freundin, Frau P L, welche an derselben Universität in England studiere, über den Bahnhof Bad Schandau in Deutschland nach Österreich eingereist. Der Patient habe angegeben, sich derzeit bei seiner Freundin in Graz, Xgasse (Nebenwohnsitz der Freundin) aufzuhalten. Mit Hauptwohnsitz sei Frau P L in Amstetten bei ihren Eltern gemeldet. Der Patient sei am im Landeskrankenhaus Graz, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin zufolge der Einweisungsdiagnose "nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis" stationär aufgenommen worden. Aus dem an den Patienten direkt übermittelten Arztbrief gehe hervor, dass dieser "auf Grund wässriger Diarrhoe (seit 3 Tagen), rezidiv. Bauchkrämpfen und Übelkeit auf die Station aufgenommen" worden sei. Zahlungsaufforderungen an den Patienten und seine Eltern in den USA seien erfolglos geblieben.

Die Beschwerdeführerin habe am einen Antrag auf Spitalskostenrückersatz gestellt. Sie habe darauf hingewiesen, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen laut Beilage das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei. Auf dem Datenerhebungsblatt sei vom Patienten angegeben worden, Student, ledig und ohne Einkommen zu sein und keine Versicherung zu haben. Es sei mit dem Antrag eine Kopie des Reisepasses und des internationalen Studentenausweises übermittelt worden. Auf der Rückseite des Reisepasses sei die Versicherungsgesellschaft "Sta Travel" angeführt. Eine telefonische Anfrage habe ergeben, dass der Aufdruck nur zu Werbezwecken erfolgt sei.

Mit Bescheid vom habe der Magistrat Graz, Sozialamt, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz abgewiesen, weil die Hilfsbedürftigkeit des Patienten nicht glaubhaft gemacht worden sei. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, aus dem Arztbrief der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin geh hervor, dass der Patient schon seit drei Tagen an wässriger Diarrhoe und rezidivierenden Bauchkrämpfen gelitten habe. Eine Gastroenteritis sei eine Entzündung des Magens und des Dünndarms und eben kein akut auftretendes Krankheitsereignis. Es wäre dem Patienten oder seiner Freundin, bei der er auf Besuch gewesen sei, möglich gewesen, rechtzeitig vorher einen Antrag bei der Sozialhilfebehörde zu stellen.

Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall rechtzeitig ein Antrag beim Sozialhilfeträger hätte gestellt werden können. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen im Sinne des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1485/07-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:


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a)
eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
b)
die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;
c)
der Dritte nicht selbst die Kosten zu tragen hatte.
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ausschließlich damit, dass die in § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG normierte Voraussetzung für den Kostenersatz nicht vorliege, weil der Patient oder seine Freundin rechtzeitig einen Antrag beim Sozialhilfeträger hätten stellen können.
Mit der Begründung der Abweisung des Antrages, die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG lägen aus diesem Grund nicht vor, hat die belangte Behörde das Gesetz verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt (hier: die Beschwerdeführerin), zur Verständigung des Sozialhilfeträgers begründet, und dass die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/10/0139, und vom , Zl. 2004/10/0209). Der Verlust des Rückersatzanspruches infolge Unterlassung der Verständigung des Sozialhilfeträgers (durch den Dritten, der Hilfe geleistet hat) tritt dann nicht ein, wenn der Dritte - etwa der Rechtsträger einer Krankenanstalt, die medizinische Hilfe geleistet hat - nichts von der Notlage der Person, der Hilfe gewährt wurde, wusste oder die Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfeleistung wegen der Dringlichkeit nicht möglich war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/10/0186, und vom , Zl. 2004/10/0209).
Dem Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin konnte somit nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass der Patient oder seine Freundin vor dem stationären Krankenhausaufenthalt den Sozialhilfeträger hätten verständigen können, weil weder den Patienten noch seine Freundin eine derartige Obliegenheit traf. Die belangte Behörde hat auf Grund der Verkennung der Rechtslage keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Beschwerdeführerin - entsprechend ihren Behauptungen - die Verständigung der Sozialhilfebehörde vor Beginn der stationären Behandlung bzw. vor unverschuldeter späterer Kenntniserlangung von der Hilfsbedürftigkeit tatsächlich nicht möglich war.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am

Fundstelle(n):
CAAAE-93102