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VwGH vom 21.06.2012, 2011/23/0175

VwGH vom 21.06.2012, 2011/23/0175

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2011/23/0643 E

2011/23/0552 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des SI, vertreten durch Dr. Walter Rosenkranz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 12/17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/219.247/2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer, einem 1996 geborenen serbischen Staatsangehörigen, wurde im Hinblick auf die von seinem Vater mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe ein vom bis gültiger und in weiterer Folge bis verlängerter Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" erteilt. Am stellte der Beschwerdeführer einen Verlängerungsantrag.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom wurde gegen den Vater des Beschwerdeführers ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, weil dieser eine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit der Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt habe.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (belangte Behörde) den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus. Begründend verwies die belangte Behörde auf das gegen den Vater des Beschwerdeführers rechtskräftig erlassene Aufenthaltsverbot. Es könne demnach kein Zweifel bestehen, dass der in § 11 Abs. 1 Z 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005 (NAG) normierte, der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehende Versagungsgrund (Vorliegen einer Aufenthaltsehe) verwirklicht sei. Die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung im Grunde des § 54 Abs. 1 FPG lägen somit vor.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - habe im Verfahren geltend gemacht, bereits im Kindesalter nach Österreich gekommen zu sein, sich seit 2006 im Bundesgebiet aufzuhalten und in Österreich die Schule zu besuchen. Vor diesem Hintergrund sei zweifelsfrei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Der Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: "zur Aufrechterhaltung auf dem Gebiete des Fremdenwesens" - dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße "der dargelegte Versagungsgrund" jedoch gravierend. Die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden daher keinesfalls schwerer wiegen als "das in der Verwirklichung des genannten Versagungsgrundes bewirkte hohe öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die belangte Behörde stellte zur Begründung der gegen den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 FPG erlassenen Ausweisung auf die Verwirklichung des in § 11 Abs. 1 Z 4 NAG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 normierten Versagungsgrundes ab. Dem hält die Beschwerde entgegen, dass der Beschwerdeführer mit der (angeblichen) Scheinehe seines Vaters nichts zu tun habe und dieses (angebliche) Fehlverhalten seines Vaters nicht gegen ihn wirken könne. Damit ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt.

Nach § 30 Abs. 1 NAG dürfen sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der von der belangten Behörde herangezogene Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 NAG nur den Vater des Beschwerdeführers, nicht jedoch den Beschwerdeführer selbst betreffen kann (arg.: "Ehegatten" in § 30 Abs. 1 NAG).

Dem Beschwerdeführer kann die von seinem Vater eingegangene Aufenthaltsehe nicht angelastet werden (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/18/0039).

Daher war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-93092