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VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0278

VwGH vom 13.05.2011, 2007/10/0278

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH. in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Business Park 4/1/7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA11A-32- 1264/07-2, betreffend Rückersatz von Spitalskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückersatz der durch die stationäre Behandlung der Patientin A C vom 3. bis und vom

8. bis entstandenen und nicht gedeckten Kosten in Höhe von insgesamt EUR 4.444,-- ab. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Patientin A C, rumänische Staatsbürgerin, vom

3. bis mit der Diagnose "Abdominelle Beschwerden, Cyst.ovar.dext." und vom 8. bis mit der Diagnose "Appendicitis chron. bei Mesenterialzyste" stationär im Landeskrankenhaus Voitsberg aufgenommen worden sei. Der Abschluss einer Reiseversicherung sei von der Patientin angegeben worden, eine Kopie des Versicherungsvertrages sei Inhalt des Verwaltungsakts. Weiters habe die Patientin angegeben, sie sei ledig und habe ein Kind, das Schülerin und 1989 geboren sei. Sie verdiene als Kassiererin in Rumänien monatlich EUR 120,--. Nachdem die rumänische Versicherung eine Kostenübernahme abgelehnt habe, seien alle Rechnungslegungen an die Patientin nach Rumänien ebenfalls erfolglos geblieben.

Mit Schreiben vom habe die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Spitalskostenrückersatz an die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg, Sozialhilfeverband, gestellt und darauf hingewiesen, dass auf Grund der durchgeführten Erhebungen das Vorliegen der finanziellen Hilfsbedürftigkeit schlüssig anzunehmen sei. Außer den Spitalskostenrechnungen seien dem Antrag ein Antrag auf Hilfeleistung und das Erhebungsblatt für den Antrag auf Spitalskostenrückersatz beigelegt worden.

Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg habe in der Folge am einen Verbesserungsauftrag erteilt und darin um Präzisierung des Antrages und um Übermittlung der Krankengeschichte ersucht. Dem sei mit Schreiben vom entsprochen worden. Im Arztbrief zum ersten stationären Aufenthalt sei folgender Passus enthalten: "Die Patientin wurde am auf Grund seit 3 Tagen rezidivierend auftretender krampfartiger Schmerzen im rechten Unterbauch zur Observanz stationär aufgenommen." Aus dem Arztbrief zum zweiten stationären Aufenthalt gehe hervor: "Appendicitis chron. bei Mesenterialzyste". Die Patientin sei am 8.4. erneut mit Schmerzen im Unterbauch rechts stationär aufgenommen worden.

Mit Bescheid vom habe die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg, Sozialhilfeverband, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Spitalskostenrückersatz für die beiden stationären Aufenthalte der Patientin A C abgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall lägen die Voraussetzungen für einen Rückersatzanspruch gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (Stmk. SHG) für beide stationären Aufenthalte aus folgenden Gründen nicht vor:

Sozialhilfe werde gemäß § 2 Stmk. SHG auf Antrag des Hilfebedürftigen oder mit Zustimmung des Hilfebedürftigen von Amts wegen gewährt. Es handle sich im vorliegenden Fall aber nicht um eine akute Notfallbehandlung, weil die Patientin laut Arztbrief schon seit drei Tagen Schmerzen im rechten Unterbauch gehabt habe. Es hätte also von der Patientin ein solcher Antrag vorher bei der zuständigen Sozialhilfebehörde gestellt werden müssen. Zum zweiten stationären Aufenthalt ab werde ausgeführt, dass es bei diesem zweiten Krankenhausaufenthalt bei der Patientin erneut zu Schmerzen im Unterbauch gekommen sei, es sei eine chronische Appendicitis diagnostiziert worden. Man könne also auch hier nicht von einem akuten Schmerzgeschehen sprechen. Eine Hilfsbedürftigkeit im Hinblick auf die Spitalskosten liege hier zusätzlich insoweit nicht vor, als eine Reiseversicherung vorgelegen sei, um diese Kosten abzudecken. Diese sei laut Fotokopie eines Formulars der Versicherung für die Zeitspanne vom 9. April bis abgeschlossen worden (der Beginn mit sei unverständlich, weil sich die Patientin schon am in Österreich befunden habe).

Ein Rückersatzanspruch Dritter bestehe nur bei Zutreffen aller Voraussetzungen gemäß § 31 Stmk. SHG. Die Sozialhilfe stelle keine generelle "Ausfallshaftung" für uneinbringliche Forderungen seitens des Krankenhausträgers dar, vielmehr würden Rückersatzleistungen ausschließlich auf Basis der Voraussetzungen nach § 31 Stmk. SHG erbracht. Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zu dem Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall rechtzeitig ein Antrag beim Sozialhilfeträger hätte gestellt werden können und eine abgeschlossene Reiseversicherung vorhanden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1626/07-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete aber keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 31 Abs. 1 Stmk. SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:


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a)
eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
b)
die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;
c)
der Dritte nicht selbst die Kosten zu tragen hatte.
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin einerseits damit, dass die in § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG normierte Voraussetzung für den Kostenersatzes nicht vorliege, weil die Patientin rechtzeitig Anträge beim Sozialhilfeträger hätte stellen können. Andererseits wird der Antrag abgewiesen, weil "eine abgeschlossene Reiseversicherung vorhanden war".
Mit der Begründung der Abweisung des Antrages, die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG lägen aus diesem Grund nicht vor, hat die belangte Behörde das Gesetz verkannt. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt (hier: die Beschwerdeführerin), zur Verständigung des Sozialhilfeträgers begründet, und dass die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/10/0139, und vom , Zl. 2004/10/0209). Der Verlust des Rückersatzanspruches infolge Unterlassung der Verständigung des Sozialhilfeträgers (durch den Dritten, der Hilfe geleistet hat) tritt dann nicht ein, wenn der Dritte - etwa der Rechtsträger einer Krankenanstalt, die medizinische Hilfe geleistet hat - nichts von der Notlage der Person, der Hilfe gewährt wurde, wusste oder die Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfeleistung wegen der Dringlichkeit nicht möglich war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/10/0007, vom , Zl. 2005/10/0186, und vom , Zl. 2004/10/0209).
Dem Ersatzanspruch der Beschwerdeführerin konnte somit nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass die Patientin vor ihren stationären Krankenhausaufenthalten den Sozialhilfeträger hätte verständigen können, weil die Patientin eine derartige Obliegenheit nicht traf. Außerdem hat sich die belangte Behörde mit dem bereits im Verwaltungsverfahren und auch vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Vorbringen, auf Grund der Angabe der Patientin, es liege eine Reiseversicherung vor, sei der Beschwerdeführerin die Notlage der Patientin nicht bekannt gewesen, nicht auseinander gesetzt.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages auf Spitalskostenrückersatz weiters damit, es liege im Hinblick auf eine abgeschlossene Reiseversicherung keine Hilfsbedürftigkeit vor. Es liegen aber keine Anhaltspunkte für einen liquidierbaren Anspruch der Patientin aus dieser Reiseversicherung vor. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich daher insoweit als mangelhaft.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-93091