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VwGH vom 23.02.2009, 2007/10/0205

VwGH vom 23.02.2009, 2007/10/0205

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U-14.126/1, betreffend Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Tiroler Landesregierung hat mit Bescheid vom der Berufung des Landesumweltanwaltes von Tirol gegen den Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom stattgegeben (Spruchpunkt I) und dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung eines Fahrsicherheitszentrums und einer Kart-Sportanlage inklusive Nebenanlagen und Zufahrtsweg an einem bestimmt bezeichneten Standort gemäß §§ 1, 7 Abs. 1 und Abs. 2, 9, 23 Abs. 1 und Abs. 3, 29 Abs. 6 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, LGBl. Nr. 26/2005 (TNSchG) iVm § 2 Abs. 4 der Tiroler Naturschutzverordnung 2006, LGBl. Nr. 39/2006, versagt. Mit Spruchpunkt III. wurden die Verfahrenskosten unter Außerachtlassung des von der Behörde erster Instanz für die Ausübung der mit ihrem Bescheid verliehenen Berechtigungen nach der Landes-Verwaltungsabgabenverordnung, LGBl. Nr. 30/2007, bemessenen Betrages neu festgesetzt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, die Tiroler Landesregierung habe mit Bescheid vom dem Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde T betreffend Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich der projektsgegenständlichen Grundstücke in "Sonderfläche Fahrtechnikzentrum und Kartsportanlage" die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt. Mit Bescheid vom selben Tag habe sie der vom Gemeinderat beschlossenen Änderung des örtlichen Raumordnungskonzepts betreffend die Änderung der Festlegung in "Fläche mit vorwiegend gewerblicher Nutzung" die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt.

Die Behörde erster Instanz habe (u.a.) die naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt. Sie habe festgestellt, dass bei Realisierung des gegenständlichen Projektes alle Schutzgüter gemäß § 1 Abs. 1 TNSchG nachhaltig und massiv negativ berührt würden, was je nach Schutzgut von eher lokal bis weit über die Projektsgrenzen hinaus in Erscheinung trete. Die Auswirkungen des Projekts auf Landschaftsbild und Erholungswert wären eher lokal begrenzt. Weiters habe die Behörde erster Instanz festgestellt, dass der Auto-, Motor- und Radfahrerbund Österreichs (ARBÖ), der das geplante Fahrsicherheitszentrum betreiben solle, eine Alternativenprüfung durchgeführt habe. Dabei habe sich gezeigt, dass andere Standorte in Tirol aufgrund von wirtschaftlichen oder anderen Aspekten nicht umsetzbar seien.

Im Bescheid der Behörde erster Instanz sei festgehalten, dass das geplante Projekt zu zwei Drittel auf schon derzeit stark anthropogen überprägten Flächen, die als Gewerbegebiet genutzt seien, zu liegen komme. Die darüber hinausgehende Beanspruchung von naturkundefachlich wertvollen Flächen sei gering. Überdies befänden sich diese Flächen im Nahbereich bestehender Infrastrukturen (Gewerbegebiet, Bundesstraße und Zufahrtsstraße). Das öffentliche Interesse an der Errichtung des Fahrsicherheitszentrums und der Kart-Sportanlage habe die Erstbehörde darin erblickt, dass Führerscheinneulingen der lange Anfahrtsweg zum bestehenden Fahrsicherheitszentrum im Raum Innsbruck erspart werde. Auch die Gokartbahn werde in die Ausbildung der Fahranfänger einfließen und stelle einen gewissen Fun-Faktor für die Fahrschüler dar.

Der Landesumweltanwalt habe in seiner Berufung darauf verwiesen, dass das Projekt der Errichtung einer Gokartbahn bereits mit Bescheid vom abgewiesen worden sei. Ein gewisses öffentliches Interesse an einem Fahrsicherheitszentrum habe der Landesumweltanwalt nicht ausgeschlossen.

Zur Gokartbahn werde von der belangten Behörde festgestellt, dass es im Raum Tirol bereits zwei Gokartbahnen (S und St) und eine Minigokartbahn für Kinder gebe. Hinzu kämen einige Bahnen, die im Rahmen von Freizeitangeboten in Hotelanlagen zur Verfügung stünden. Überdies könnten von Interessenten Bahnen in Salzburg und Vorarlberg benützt werden. Angesichts dieses Überangebotes liege die Errichtung einer weiteren Gokartbahn nicht im öffentlichen Interesse. Überdies habe die Tiroler Landesregierung mit dem die naturschutzrechtliche Bewilligung für eine Gokartbahn auf dem gegenständlichen Gelände untersagenden Bescheid vom ein öffentliches Interesse ausdrücklich verneint. Da es sich nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes bei einem Gokart um kein Kraftfahrzeug handle, sei eine Ausbildung von Fahranfängern mit dem Gokart nicht im öffentlichen Interesse gelegen.

Die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen liege zweifellos im öffentlichen Interesse. Dazu sei allerdings zu berücksichtigen, dass es in Berufen wie Fahrinstruktor, Gokarttrainer oder Techniker kein Überangebot am Arbeitsmarkt gebe. Auch in der Gastgewerbebranche, der ein Teil der projektsgegenständlichen Arbeitsplätze zuzuordnen sei, gebe es eher einen Arbeitskräftemangel.

Dem Fahrsicherheitszentrum habe der Landesumweltanwalt ein gewisses öffentliches Interesse zuerkannt. Diesbezüglich sei jedoch anzumerken, dass ein relativ neues Fahrsicherheitszentrum des ÖAMTC im Raum Innsbruck bestehe, das den momentanen Zahlen an Führerscheinneulingen hinsichtlich des Mehrphasenführerscheines gewachsen sei. Überdies könnten Fahranfänger aus Tirol in die bestehenden Fahrsicherheitszentren in Salzburg und Vorarlberg ausweichen. Angesichts dieses Angebots an Fahrsicherheitszentren sei mit qualitativen oder quantitativen Problemen in der Ausbildung von Fahranfängern nicht zu rechnen.

Durch das gegenständliche Projekt würden Feuchtgebiete, ein Bach und die nach der Tiroler Naturschutzverordnung 2006 teilweise geschützte Pflanzenart Seidelbast "berührt bzw. entfernt", woraus sich die naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht des Projekts ergebe. Nach dem Gutachten des naturkundefachlichen Amtssachverständigen würden bei Realisierung des gegenständlichen Projektes alle Schutzgüter nach § 1 Abs. 1 TNSchG nachhaltig und massiv negativ berührt, wobei die Auswirkungen je nach Schutzgut von eher lokal bis weit über die Projektgrenzen hinaus in Erscheinung treten.

Das gegenständliche Projekt könne daher nur bei Vorliegen eines langfristigen öffentlichen Interesses bewilligt werden. Aus den obigen Ausführungen werde jedoch ersichtlich, dass weder an der Gokartbahn noch am Fahrsicherheitszentrum ein langfristiges öffentliches Interesse besteht. Auch wenn die Baulandwidmung bzw. der Raumordnungsplan ein gewisses öffentliches Interesse an einer widmungsgemäßen Bebauung indizierten, sei gegenständlich das Vorliegen eines langfristigen öffentlichen Interesses zu verneinen. Selbst wenn jedoch ein öffentliches Interesse an dem Fahrsicherheitszentrum gegeben wäre (das jedoch untrennbar mit der Gokartbahn verbunden sei, weil auf demselben Gelände während des Tages das Fahrsicherheitstraining und am Abend der Gokartbetrieb stattfinde), würde dieses öffentliches Interesse das öffentliche Interesse am Naturschutz niemals überwiegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass am gegenständlichen Projekt kein langfristiges öffentliches Interesse bestehe. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Widmung der gegenständlichen Grundstücke, auf die schon jetzt gegebene Überlastung des Fahrsicherheitszentrums im Raum Innsbruck, die sich nach Einführung des verpflichtenden Fahrsicherheitstrainings für Berufskraftfahrer noch verstärken werde. Weiters macht er geltend, dass sich die Anfahrtswege von Fahranfängern zur Absolvierung des Fahrsicherheitstrainings wesentlich verkürzen würden. Die Gokartbahn liege aus der Sicht der Tourismuswirtschaft im langfristigen öffentlichen Interesse. Die Gokartbahn in St sei längst geschlossen. Jene in S habe einen neuen Eigentümer, der sie nicht mehr weiterführen wolle. Anders als die Behörde erster Instanz ausgeführt habe, würden durch das Projekt nicht nur zehn Arbeitsplätze, sondern insgesamt bis zu 26 Arbeitsplätze geschaffen. Diese Arbeitsplätze stünden vor allem in den Sommermonaten zur Verfügung, was für die vor allem vom Wintersport geprägte Region von großer Bedeutung sei. Die belangte Behörde habe keine ausreichend begründete Interessenabwägung vorgenommen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler

Naturschutzgesetzes haben folgenden Wortlaut:

"§ 1. (1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass


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a)
ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
b)
ihr Erholungswert,
c)
der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. ..."

§ 7. (1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:


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a)
das Ausbaggern;
b)
die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;
...

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich

a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines 5 m breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens.

...

1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und

2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke

einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

...

§ 9. In Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:


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a)
das Einbringen von Material;
b)
das Ausbaggern;
c)
die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden;
d) jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinaus gehende Nutzung;
e) Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche;
f)
Entwässerungen;
g)
die Verwendung von Kraftfahrzeugen.
...

§ 23. (1) Die Landesregierung hat durch Verordnung

...

b) andere wild wachsende Pflanzenarten und Pilze, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, deren Erhaltung aber zur Wahrung der Interessen das Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 geboten ist,

zu geschützten Arten zu erklären.

...

(3) Die Landesregierung kann durch Verordnung für Pflanzenarten nach Abs. 1 lit. b soweit dies zur Sicherung des Bestandes bestimmter Pflanzenarten, insbesondere zur Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes der wild wachsenden Pflanzenarten des Anhanges V lit. b der Habitat-Richtlinie erforderlich ist,

a) verbieten,

1. Pflanzen solcher Arten sowie deren Teile (Wurzeln, Zwiebeln, Knollen, Blüten, Blätter, Zweige, Früchte und dergleichen) und Entwicklungsformen von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, im frischen oder getrockneten Zustand zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben;

2. den Standort von Pflanzen solcher Arten so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand an diesem Standort unmöglich wird;

...

(5) Sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und die Populationen der betroffenen Pflanzenart in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können Ausnahmen von den Verboten nach Abs. 2 und 3 lit. a bewilligt oder hinsichtlich der in Abs. 1 lit. b genannten Pflanzenarten auch durch Verordnung der Landesregierung festgelegt werden

a) zum Schutz der übrigen Pflanzen und wild lebenden Tiere und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume,

b) zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen, Gewässern und Eigentum,

c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt,

d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichtes, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen,

e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und im beschränkten Ausmaß das Entnehmen oder Halten einer begrenzten, von der Behörde spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Pflanzenarten zu erlauben.

...

§ 29. ...

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) für ... Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3,

...

darf nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erhaltung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

..."

Die Tiroler Naturschutzverordnung 2006 erklärt in ihrem § 2 Abs. 3 die in der Anlage 3 angeführten wild wachsenden Pflanzenarten, wozu auch der Seidelbast gehört (Anlage 3 lit. b Z. 20), zu teilweise geschützten Pflanzenarten, hinsichtlich derer es gemäß dem Abs. 4 lit. c dieser Bestimmung u.a. verboten ist, den Standort so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand unmöglich wird.

Nach den unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid werden durch das gegenständliche Projekt "Feuchtgebiete,

ein Bach und die ... teilweise geschützte Pflanzenart Seidelbast

berührt bzw. entfernt".

Davon ausgehend ist die dem angefochtenen Bescheid erkennbar zugrundeliegende - vom Beschwerdeführer nicht bekämpfte - Ansicht unbedenklich, das Projekt könne gemäß § 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 erster Satz iVm § 7 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 9 TNSchG nur bewilligt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 leg. cit. überwiegen. Da die beantragte Bewilligung hinsichtlich der teilweise geschützten Pflanzenart Seidelbast auch eine Ausnahme von Verboten gemäß § 23 Abs. 3 lit. a TNSchG iVm § 2 Abs. 4 der Tiroler Naturschutzverordnung 2006 darstellen würde, kommt eine Bewilligung gemäß § 23 Abs. 5 lit. c TNSchG gegebenenfalls nur "aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art" in Betracht.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen anderer langfristiger öffentlicher Interessen verneint und die begehrte Bewilligung schon deshalb versagt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der als langfristiges öffentliches Interesse im Sinne von § 27 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 (nunmehr § 29 Abs. 2 Z. 2 TNSchG) qualifizierten Sicherstellung der öffentlichen Stromversorgung ausgesprochen, dass ein konkretes Projekt nur dann in diesem Interesse gelegen ist, wenn ohne seine Verwirklichung die Stromversorgung im betreffenden Versorgungsgebiet - auf längere Sicht - qualitativ oder quantitativ nicht gewährleistet wäre (Erkenntnis vom , Zl. 2000/10/0065). Voraussetzung ist demnach nicht nur, dass an dem Nutzen, den das Projekt erbringen soll, allgemein ein langfristiges öffentliches Interesse besteht, sondern auch, dass das konkrete Projekt zur langfristigen qualitativen oder quantitativen Sicherung dieses Interesses erforderlich ist. Dabei ist es Sache der Partei, das langfristige öffentliche Interesse zu formulieren sowie die zu dessen Beurteilung erforderlichen Tatsachen vorzubringen und - über Aufforderung durch die Behörde - zu beweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/10/0149).

Der Projektwerber hat also konkret geltend zu machen, welchen langfristigen öffentlichen Interessen das Projekt dient und konkrete Umstände zu behaupten, aus denen sich ergibt, dass das Projekt zur Sicherung dieser Interessen erforderlich ist.

Nach der vom Beschwerdeführer mit den Projektunterlagen vorgelegten "Projektübersicht" ist das Projektziel die "Schaffung eines Fahrsicherheits- und Trainingsangebotes für Führerscheinneulinge und eine Gokartbahn mit verschiedenen motorsportlichen Veranstaltungen (z.B. Quad Super Mot und Moped) sowie moderne Seminar- und Präsentationsräume inklusive einer Gastronomie, damit eine praxisnahe und abwechslungsreiche Trainingsmöglichkeit für das Tiroler Oberland und das Außerfern gewährleistet ist". In diesem Dokument wird an erforderlichem Personal "Fahrlehrer, Instruktoren" genannt.

Bei der mündlichen Verhandlung vom hat ein Vertreter des ARBÖ darauf hingewiesen, dass sämtliche Führerscheinneulinge der Führerscheinklassen A und B eine Mehrphasenausbildung zu absolvieren hätten, die ein Fahrsicherheitstraining mit verkehrspsychologischem Gruppengespräch vorsehe. Zur Zeit würden etwa 18.000 Tiroler pro Jahr die Führerscheinprüfung absolvieren. Das bestehende Fahrsicherheitszentrum im Raum Innsbruck sei diesem Andrang nicht gewachsen, sodass für etwa 50 % der Fahranfänger ein Aufschub genehmigt werden müsse. In 25 % der Fälle müsse dieser Aufschub sogar noch verlängert werden. Die für 2008 und 2009 zu erwartende Einführung der Mehrphasenausbildung für Berufskraftfahrer lasse eine Verschlechterung der Situation erwarten. Durch das Fahrsicherheitszentrum gekoppelt mit Gokartbetrieb würden mehrere Arbeitsplätze für Fahrinstruktoren, Sekretärinnen, Techniker, Gokarttrainer sowie gastgewerbliches Personal geschaffen. Im Mehrphasenbetrieb des Fahrtechnikzentrums würden drei Personen benötigt. Für die Betreuung des Seminarbetriebes sei ein Psychologe und eine weitere Person erforderlich. Die Ausbildung mit dem Gokart biete eine zusätzliche Möglichkeit für Fahranfänger und stelle einen gewissen Fun-Faktor dar.

Seitens der Gemeinde T wurde bei der Verhandlung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Einfließen der dementsprechenden Kommunalsteuer in das Gemeindebudget verwiesen.

In einer weiteren Stellungnahme vom hat der ARBÖ unter Nennung konkreter Zahlen ausgeführt, dass die Kapazität des bestehenden Fahrtechnikzentrums im Raum Innsbruck nicht ausreiche, allen Fahranfängern in Tirol die zeitgerechte Absolvierung des vorgeschriebenen Fahrsicherheitstrainings mit Gruppengespräch zu ermöglichen. Weiters verweist der ARBÖ darauf, dass ab 2008 sämtliche professionellen Kraftfahrzeuglenker alle fünf Jahre ein Fahrsicherheitstraining im Ausmaß von 35 Stunden absolvieren müssten, was eine weitere Überlastung des bestehenden Fahrsicherheitszentrums darstelle. Überdies führt der ARBÖ in diesem Schreiben die durch das Projekt bewirkte Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Verkürzung der Fahrstrecke für Fahranfänger aus dem Tiroler Oberland ins Treffen.

Im Verwaltungsverfahren wurde somit zwar die mit dem Projekt verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen vorgebracht, aber weder deren genaue Anzahl genannt, noch konkrete Umstände geltend gemacht, aus denen ersichtlich ist, dass das gegenständliche Projekt zur Sicherung des langfristigen öffentlichen Interesses an der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen notwendig ist. Damit wurde im Verwaltungsverfahren im Sinne der dargestellten hg. Judikatur nicht ausreichend vorgebracht, dass am gegenständlichen Projekt zur Sicherung von Arbeitsplätzen ein langfristiges öffentliches Interesse bestehe. Ebenso wenig hat der Beschwerdeführer konkrete Umstände geltend gemacht, aus denen abgeleitet werden könnte, sein Projekt sei zur Förderung bzw. Aufrechterhaltung des Tourismus erforderlich. Dass an der Ausübung des Gokartsports an sich ein langfristiges öffentliches Interesse bestehe, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet und ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Der als Betreiber des projektgegenständlichen Fahrsicherheitszentrums vorgesehene ARBÖ hat jedoch im Ermittlungsverfahren vorgebracht, dass das Fahrsicherheitszentrum zur Absolvierung des für Führerscheinneulinge gesetzlich geforderten Fahrsicherheitstrainings samt verkehrspsychologischem Gruppengespräch erforderlich sei. Gemäß § 4a Abs. 1 erster Satz Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997, haben Besitzer einer Lenkerberechtigung für die Klassen A oder B unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs. 3 anlässlich des erstmaligen Erwerbes jeder dieser Lenkerberechtigungsklassen innerhalb des in § 4b Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Gemäß dem Abs. 4 Z. 2 und 3 dieser Bestimmung ist im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase u.a. ein Fahrsicherheitstraining, dass ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch beinhaltet, zu absolvieren. Gemäß § 4b ist dieses Fahrsicherheitstraining im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach Erwerb der Lenkberechtigung zu absolvieren.

Diese Bestimmungen wurden mit der Novelle zum Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 129/2002, eingeführt. Nach den Erläuterungen zum Initiativantrag, der zu dieser Novelle führte (707/A Blg.NR, XXI. GP), ist das primäre Ziel der Einführung einer zweiten Ausbildungsphase "die signifikante und nachhaltige Senkung der überproportional hohen Unfallszahlen von Fahranfängern". Demnach dient die in der zweiten Ausbildungsphase verpflichtend vorgesehene Absolvierung eines Fahrsicherheitstrainings mit verkehrspsychologischem Gruppengespräch dem zweifellos langfristigen öffentlichen Interesse an der Hintanhaltung von Unfällen von Fahranfängern.

Der ARBÖ hat unter Nennung von konkreten Zahlen weiters vorgebracht, dass das bisher einzige Tiroler Fahrsicherheitszentrum im Raum Innsbruck schon jetzt nicht in der Lage sei, allen Fahranfängern rechtzeitig die Absolvierung eines Fahrsicherheitstrainings zu ermöglichen, und daher eine große Anzahl von Fahranfängern das Fahrsicherheitstraining nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist absolvieren könnten. Weiters hat der ARBÖ auf eine zu erwartende Verschärfung der Situation durch Einführung des verpflichtenden Fahrsicherheitstrainings für Berufskraftfahrer hingewiesen.

Damit lagen der belangten Behörde Ermittlungsergebnisse vor, die darauf hindeuten, dass das projektierte Fahrsicherheitszentrum zur Sicherung des dargestellten langfristigen öffentlichen Interesses an der Hintanhaltung von Unfällen von Fahranfängern erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt und - ohne Begründung hiefür - festgehalten, dass das bestehende Fahrsicherheitszentrum im Raum Innsbruck "den momentanen Zahlen an Führerscheinneulingen hinsichtlich des Mehrphasenführerscheines gewachsen ist". Der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf bestehende Fahrsicherheitszentren außerhalb Tirols, insbesondere in Vorarlberg, kann eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, dass viele Fahranfänger das Fahrsicherheitstraining - trotz der bestehenden Fahrsicherheitszentren in andern Bundesländern - aus Kapazitätsgründen nicht in der vorgeschriebenen Zeit absolvieren könnten, nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde ist daher aufgrund eines mangelhaften Verfahrens zum Ergebnis gelangt, am projektierten Fahrsicherheitszentrum bestehe kein langfristiges öffentliches Interesse.

Diesem Verfahrensmangel käme keine Relevanz zu, wenn die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid als Eventualbegründung vertretene Ansicht, dass selbst bei Vorliegen eines langfristigen öffentlichen Interesses am gegenständlichen Projekt jedenfalls die Naturschutzinteressen überwiegen würden, unbedenklich wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Abwägung gemäß § 27 Abs. 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997(nunmehr § 29 Abs. 2 Z. 2 TNSchG) in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TNSchG durch das Vorhaben zukommt. Dem ist das Gewicht der langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüber zu stellen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0009). Diesen Anforderungen wird die von der belangten Behörde für den Fall des Vorliegens langfristiger öffentlicher Interessen am Fahrsicherheitszentrum vorgenommene Abwägung in keiner Weise gerecht, enthält der angefochtene Bescheid doch weder konkrete Ausführungen zum Gewicht der beeinträchtigten Naturschutzinteressen noch zum Gewicht der langfristigen öffentlichen Interessen am verfahrensgegenständlichen Projekt.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde - sollte sie zum Ergebnis kommen, dass ein langfristiges öffentliches Interesse am Fahrsicherheitszentrum besteht - eine Interessenabwägung, die den dargestellten in der Judikatur entwickelten Anforderungen gerecht wird, durchzuführen haben. Im vorliegenden Fall wird die belangte Behörde auch auf die Kategorie öffentlicher Interessen gemäß § 23 Abs. 5 lit. c TNSchG einzugehen haben.

Dabei ist zu beachten, dass andere öffentliche Interessen einen Eingriff in Naturschutzinteressen nur insoweit rechtfertigen können, als dieser Eingriff jenen anderen öffentlichen Interessen dient. Das öffentliche Interesse an der Durchführung des Fahrsicherheitstrainings für Fahranfänger kann daher nur den durch die Errichtung des Fahrsicherheitszentrums erforderlichen Eingriff rechtfertigen. Sollte die - nach den Ausführungen der belangten Behörde auf dem ohnehin für das Fahrsicherheitszentrum erforderlichen Gelände betriebene - Gokartbahn daher einen zusätzlichen relevanten Eingriff in Naturschutzinteressen erfordern, so könnte das Gesamtprojekt nicht allein durch das öffentliche Interesse am Betrieb eines Fahrsicherheitszentrums gerechtfertigt werden.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG - auch in seinem Spruchpunkt III., mit dem die Verfahrenskosten unter Zugrundelegung der Abweisung der begehrten Berechtigung bemessen werden - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am