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VwGH vom 31.05.2012, 2011/23/0164

VwGH vom 31.05.2012, 2011/23/0164

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Mag. Harald Schuster, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 13, sowie durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/52.171/2008, betreffend Aufhebung eines Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein unbefristetes Rückkehrverbot rechtskräftig erlassen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0216, als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Gründe (zwei Verurteilungen - einmal wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, einmal wegen gewerbsmäßig schweren Einbruchsdiebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung - durch das Landesgericht für Strafsachen Wien bzw. das diesen Urteilen zugrunde liegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers) wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Am beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Rückkehrverbotes und begründete dies damit, dass er am in Wien die serbische Staatsangehörige K. geheiratet habe. Seiner Ehefrau sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, darüber hinaus sei sie in Österreich berufstätig.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom abgewiesen, weil der für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgebliche Grund nicht weggefallen sei. In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Aufenthaltsverfestigung durch seinen langjährigen, mehr als fünf Jahre andauernden Aufenthalt, auf sein nach wie vor nicht erledigtes Asylverfahren und auf seine Ehe mit K., die als Konventionsflüchtling zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Er wohne nunmehr in geordneten Lebensverhältnissen und sei nach den beiden (dem Rückkehrverbot zugrunde liegenden) Verurteilungen nicht mehr straffällig geworden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Die belangte Behörde stellte zunächst fest, dass der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge am nach Österreich eigereist sei und am folgenden Tag einen Asylantrag gestellt habe. Sein Asylverfahren sei noch anhängig.

Auch unter Zugrundelegung seiner nunmehrigen familiären Bindung - so die belangte Behörde im Rahmen ihrer Erwägungen - sei die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes erforderlich, um die vom Beschwerdeführer nach wie vor ausgehende erhebliche Gefahr abzuwenden, zumal seit der Erlassung des Rückkehrverbotes erst ca. ein Jahr vergangen sei. Auf Grund seines Gesamt(fehl)verhaltens sei weiterhin eine "Gefährlichkeitsprognose" im Sinn des § 62 Abs. 1 FPG zu treffen. Weiters wies die belangte Behörde noch darauf hin, dass die Ehe zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, zu dem der Beschwerdeführer (vorbehaltlich des Ausgangs des Asylverfahrens) mit einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht habe rechnen dürfen. Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände sah sich die belangte Behörde auch nicht in der Lage, das Rückkehrverbot im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens aufzuheben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Februar 2008 geltende Fassung.

Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein darauf abzielender Antrag kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Bei der Beurteilung nach § 65 Abs. 1 FPG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes bzw. des Rückkehrverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des § 66 FPG zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde auch bei dieser Entscheidung das ihr eingeräumte Ermessen zu üben (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0229).

Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe nicht beachtet, dass er nur zu einer bedingten bzw. einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, so handelt es sich dabei um einen Umstand, der bereits der Erlassung des Rückkehrverbotes zugrunde gelegt wurde.

Der Beschwerdeführer wendet sich insbesondere gegen die Gefährdungsannahme sowie die Interessenabwägung und bringt diesbezüglich vor, dass er auf Grund seiner Eheschließung nunmehr in geordneten Verhältnissen wohne und durch das Rückkehrverbot sein Familienleben mit seiner Ehefrau nicht fortsetzen könne. Damit zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes angesichts des der Erlassung zugrunde liegenden Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers erforderlich ist, um die von ihm ausgehende Gefahr abzuwenden. Der Zeitraum von knapp elf Monaten zwischen der Erlassung des Rückkehrverbotes und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides ist jedenfalls zu kurz, um einen Wegfall der für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Gründe annehmen zu können.

Der Beschwerde gelingt es auch nicht, eine Fehlerhaftigkeit der im angefochtenen Bescheid unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung aufzuzeigen. Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass sein Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet durch die - nach Erlassung des Rückkehrverbotes erfolgte - Eheschließung verstärkt wurde. Die belangte Behörde hielt diesem persönlichen Interesse aber zu Recht das große öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer Straftaten, wie sie der Beschwerdeführer begangen hat, entgegen und erachtete das Rückkehrverbot somit weiterhin als dringend geboten. Bei ihrer Interessenabwägung konnte die belangte Behörde auch berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die nunmehrige familiäre Bindung zu einem Zeitpunkt eingegangen ist, zu dem er nicht mit seinem dauernden Verbleib in Österreich rechnen durfte. Eine allfällige, aus einer Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes resultierende Trennung von seiner Ehefrau ist somit im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

Der mehr als fünfjährige Aufenthalt in Österreich sowie das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren vermögen das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht maßgeblich zu verstärken. (Gleiches gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine fehlenden Bindungen zu seinem Heimatstaat.) Welche weiteren, seit Erlassung des Rückkehrverbotes geänderten Umstände die belangte Behörde noch hätte berücksichtigen sollen, wurde weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde aufgezeigt. Vor diesem Hintergrund geht auch der Verweis in der Beschwerde auf das - im Übrigen einen nicht vergleichbaren Fall betreffende - Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 18.223/2007, ins Leere.

Schließlich zeigt die Beschwerde auch keine Aspekte auf, die zu einer Aufhebung des Rückkehrverbotes im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens hätten führen müssen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-93034