VwGH vom 16.11.2017, Ro 2015/07/0025

VwGH vom 16.11.2017, Ro 2015/07/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des F B in H, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-550371/5/Kü/AK, betreffend Entziehung einer Erlaubnis gemäß § 25a Abs. 6 AWG 2002 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landeshauptmann von Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: LH) vom wurde dem Revisionswerber gemäß § 25a Abs. 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) die mit den Bescheiden vom und vom erteilte Genehmigung zum Sammeln und Behandeln von gefährlichen Abfällen entzogen.

2 In der Bescheidbegründung hielt der LH unter anderem fest, dass die Überprüfung der Verlässlichkeit des Revisionswerbers drei Übertretungen des AWG 2002 durch diesen ergeben habe. Die verhängten Strafen seien mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding (BH) vom verhängt worden, weil der Revisionswerber keine Abfallbilanzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 hochgeladen gehabt habe. Die Verwaltungsstrafverfahren seien rechtskräftig abgeschlossen.

3 Die Verpflichtung von Abfallsammlern und -behandlern zur Aufzeichnung von Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen stelle eine zentrale Bestimmung des AWG 2002 dar. Gemäß § 21 Abs. 3 AWG 2002 seien diese Daten als Jahresabfallbilanz jährlich dem Landeshauptmann zu melden. Diese Meldungen seien wesentlich im System des AWG 2002, weil sich daran weitere Verpflichtungen bzw. Folgen im Fall von nicht erfolgten oder fehlerhaften Meldungen knüpften. Die Meldung dieser Daten an die zuständigen Behörden seien notwendig für eine effiziente Überwachung der Abfall- bzw. Stoffströme und somit unumgänglich zur Überprüfung der Einhaltung diesbezüglicher abfallrechtlicher Vorschriften.

4 Es sei verfehlt, die Bestimmung des § 8 Abs. 3 erster Satz Abfallbilanzverordnung als Formvorschrift anzusehen. Auch könne das Unterlassen der Meldung der Jahresabfallbilanz sicherlich nicht als geringfügiger Verstoß angesehen werden, weil die Meldung dieser Daten an die zuständigen Behörden - in jener konkreten Art und Weise - für eine effiziente und zielgerichtete Überwachung der Abfall- und Stoffströme notwendige Voraussetzung sei.

5 Mit Straferkenntnis vom sei der Revisionswerber wegen Nichtübermittlung der Abfallbilanzen 2010, 2011 und 2012 rechtskräftig bestraft worden. Es lägen somit drei Verwaltungsübertretungen vor.

6 Gemäß § 25a Abs. 6 AWG 2002 sei die Erlaubnis zu entziehen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht mehr vorlägen. Diese Formulierung bedeute eine Handlungsverpflichtung der Behörde und keine Ermessensentscheidung. Da der Revisionswerber wegen der angeführten Übertretungen des AWG 2002 in drei Fällen rechtskräftig bestraft worden sei, könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass er die Tätigkeit des Sammelns und Behandelns von Abfällen sorgfältig und sachgerecht ausübe und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfülle. Die Zuverlässigkeit des Revisionswerbers sei somit nicht mehr gegeben. Damit fehle jedoch eine essentielle Voraussetzung des Bewilligungsinhabers für den Fortbestand der Erlaubnis.

7 In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der Revisionswerber im Wesentlichen aus, er habe entsprechend seiner Pflicht gemäß § 17 AWG 2002 den Behörden jeweils Jahresbilanzen vorgelegt. Er verfüge über keine eigene EDV-Anlage und habe die Jahresbilanzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 jeweils per E-Mail an das zuständige Bundesministerium sowie an die BH übermittelt, wobei die Übermittlung durch einen näher genannten Freund erfolgt sei.

8 Auf Grund des Umstandes, dass der Revisionswerber die Jahresabfallbilanzen nur in eine Excel-Datei, nicht jedoch in einer einzigen XML-Datei an die zuständigen Behörden übersandt habe, seien über ihn mit Straferkenntnis der BH vom wegen Übertretungen von § 79 Abs. 3 Z 1 in Verbindung mit § 17 AWG 2002 drei Strafen zu je EUR 100,--, gesamt EUR 300,--, verhängt worden. Gegen dieses Straferkenntnis habe der Revisionswerber keine Beschwerde erhoben.

9 Es werde ihm nur vorgeworfen, es unterlassen zu haben, die Jahresabfallbilanzen in einer einzigen XML-Datei im Wege des elektronischen Registers an den Landeshauptmann zu melden. Es sei nicht richtig, dass er deswegen dreimal verwaltungsstrafrechtlich verurteilt worden sei, weil er keine Jahresabfallbilanzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 vorgelegt habe. Insgesamt ergebe sich damit, dass dem Revisionswerber nur geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften vorzuwerfen seien und sich dies auch aus der Höhe der von der BH verhängten Strafen ableiten lasse.

10 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) vom als unbegründet abgewiesen. Das LVwG erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig, weil bislang Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Frage der geringfügigen Verstöße gegen Formvorschriften im Sinn des § 25 (richtig: § 25a) Abs. 3 Z 2 AWG 2002 fehle.

11 In seinen Erwägungen hielt das LVwG dem Beschwerdevorbringen zunächst die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Änderung des AWG 1990, BGBl. I Nr. 151/1998, entgegen, in denen zu dem mit der Novelle eingeführten § 15 Abs. 3 AWG 1990 (nunmehr: § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002) festgestellt worden sei, dass die Ausschließungsgründe gemäß § 13 Gewerbeordnung 1994 auch bei der Beurteilung der Verlässlichkeit eines Abfallsammlers oder -behandlers für gefährliche Abfälle herangezogen werden sollten. Lediglich geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften sollten bei der Prüfung der Verlässlichkeit nicht einbezogen werden. Als Beispiele dafür würden in den Erläuterungen das Ausfüllen eines Begleitscheines ohne die zugeteilte Abfallbesitzernummer, aber mit eindeutiger Zuordnung zum Übergeber und Übernehmer, ferner keine Angabe der Telefonnummer sowie keine Abfallbezeichnung wortwörtlich nach der ÖNORM S 2100, jedoch einer Abfallart eindeutig zuordenbar, genannt.

12 Die Nichterfüllung von Aufzeichnungspflichten bzw. der Vorlage gesetzmäßig geforderter Daten finde sich in der beispielhaften Aufzählung nicht. Dies könne - so das LVwG - jedenfalls als Indiz dafür gewertet werden, dass ein Unterlassen der zeitgerechten Vorlage einer Abfallbilanz in der gesetzlich vorgesehenen Form nicht einem geringfügigen Verstoß gegen Formvorschriften gleichzusetzen sei.

13 Nach der zu § 15 Abs. 3 AWG 1990 (nunmehr: § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002) ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege ein Verstoß gegen ein Gesetz zum Schutz der Umwelt nicht nur dann vor, wenn eine Verwaltungsübertretung dadurch begangen werde, dass Luft, Wasser oder Boden verunreinigt oder schädlichen Einwirkungen ausgesetzt oder störender Lärm erzeugt worden sei. Nicht nur solche Vorschriften dienten dem Umweltschutz, die ausdrücklich und direkt das Verbot enthielten, Luft, Wasser oder Boden zu verunreinigen oder schädlichen Einwirkungen auszusetzen oder störenden Lärm zu erzeugen, sondern auch alle Vorschriften, die auf andere Weise - und sei es auch nur mittelbar - eine Beeinträchtigung dieser Schutzgüter zu verhindern suchten. Dazu zählten insbesondere auch Vorschriften über die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen, aber auch Ordnungsvorschriften, wie jene der Abfallnachweisverordnung, die den Umgang mit Stoffen mit potenziell umweltgefährlichem Charakter so regelten, dass eine Gefahr erst gar nicht entstehe und für eine entsprechende Kontrolle dieses Umganges sorgten.

14 Das Straferkenntnis der BH - so das LVwG weiter - könne jedenfalls nicht in der vom Revisionswerber dargestellten Weise verstanden werden, dass ausschließlich die Nichtvorlage einer XML-Datei, in welcher die Abfallbilanz enthalten sei, angelastet werde. Vielmehr ergebe sich aus der Tatanlastung, dass dem Revisionswerber als Erlaubnisinhaber vorrangig vorgeworfen werde, es unterlassen zu haben, Jahresabfallbilanzen für die Berichtsjahre 2010, 2011 und 2012 innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen vorzulegen. Dies ergebe sich auch aus der Begründung der objektiven Tatseite, in der festgehalten werde, dass der Revisionswerber der Aufzeichnungspflicht und somit der Verpflichtung zur Erstellung der Jahresbilanzen in elektronischer Form unterliege, jedoch dieser Verpflichtung für die drei genannten Jahre - wie die Auswertung aus dem elektronischen Datenmanagement ergeben habe - nicht nachgekommen sei.

15 Damit sei festzustellen, dass der Revisionswerber eine Bestimmung des AWG 2002 übertreten habe, welche im weitesten Sinn dem Umweltschutz diene und jedenfalls nicht - im Sinn der Erläuterungen zur Regierungsvorlage - als Formvorschrift zu werten sei.

16 Auch der Umstand, dass drei Verwaltungsübertretungen in einem Straferkenntnis mit relativ geringen Strafen abgehandelt worden seien, könne der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Der Tatbestand der mangelnden Verlässlichkeit infolge dreimaliger Bestrafung wegen bestimmter Übertretungen sei nicht nur dann erfüllt, wenn diese Bestrafungen in drei voneinander getrennten Strafverfügungen oder Straferkenntnissen ausgesprochen worden seien. Auch müsse nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwischen den einzelnen Bestrafungen - oder auch zwischen den einzelnen Tatzeitpunkten - kein bestimmter Zeitraum liegen. Bei der Prüfung der Verlässlichkeit sei ein strenger Maßstab anzulegen.

17 Unabhängig vom Umstand, welche Abfalldaten der Revisionswerber im Wege seiner Vertretung dem Bundesministerium bzw. Umweltbundesamt auch vorgelegt habe, stehe auf Grund der vorliegenden Unterlagen fest, dass der Revisionswerber dreimal wegen Übertretung des § 79 Abs. 3 Z 1 iVm § 17 AWG 2002 iVm § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung rechtskräftig bestraft worden sei. Die verletzten Verwaltungsvorschriften seien nicht als Formvorschriften im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 zu verstehen. Die Meldung von Abfalldaten im Sinn des § 17 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 3 AWG 2002 sei notwendig für eine effiziente Überwachung der Abfall- bzw. Stoffströme und somit unumgänglich zur Überprüfung der Einhaltung diesbezüglicher abfallrechtlicher Vorschriften. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung lege einerseits den Zeitpunkt der Übermittlung von Daten fest und regle, in welcher Form die Daten vorzulegen seien. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Vorlage einer Abfallbilanz ergebe sich aber bereits direkt aus § 21 Abs. 3 AWG 2002.

18 Durch die drei rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen des AWG 2002 sei somit die Verlässlichkeit des Revisionswerbers im Sinn des § 25a Abs. 3 AWG 2002 nicht mehr gegeben, weshalb der LH zu Recht dem Revisionswerber die Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von Abfällen entzogen habe.

19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

20 Der LH beantragt in seiner Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber unter anderem aus, es sei dem LVwG zuzustimmen, dass höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob die Nichtvorlage einer Abfallbilanz in der von § 8 Abs. 3 der Abfallbilanzverordnung geforderten Form einen geringfügigen Verstoß gegen Formvorschriften im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 darstelle, fehle. Überhaupt fehle generell Judikatur zur Frage, welche Kriterien für die Qualifikation eines Verstoßes als geringfügigen Verstoß gegen Formvorschriften relevant seien.

22 Die Revision erweist sich hinsichtlich der mit dem zitierten Vorbringen (auch) dargelegten Rechtsfrage, ob die Nichtvorlage einer Abfallbilanz in der von § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung geforderten Form (lediglich) gegen Formvorschriften verstößt, als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

23 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 in der Fassung BGBl. I Nr. 193/2013, lauten:

"Aufzeichnungspflichten für Abfallbesitzer

§ 17. (1) Abfallbesitzer (Abfallersterzeuger, -sammler und -behandler) haben, getrennt für jedes Kalenderjahr, fortlaufende Aufzeichnungen über Art, Menge, Herkunft und Verbleib von Abfällen zu führen. Bilanzpflichtige Abfallsammler und - behandler haben auch den Branchencode des Übergebers der Abfälle aufzuzeichnen; dies gilt nicht für vereinfachte Aufzeichnungen gemäß einer Verordnung nach § 23 Abs. 3. Abfallsammler und - behandler haben diese Aufzeichnungen nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 23 Abs. 3 elektronisch zu führen. Für Transporteure gilt die Aufzeichnungspflicht mit Sammlung und Aufbewahrung der Begleitscheine gemäß § 18 Abs. 1 oder mit der Übermittlung der Begleitscheindaten durch den Übernehmer an das Register gemäß § 22 Abs. 1 als erfüllt.

(...)

Registrierungs- und Meldepflichten für Abfallsammler und - behandler und gemäß EG-VerbringungsV Verpflichtete

§ 21. (...)

(3) Gemäß § 17 aufzeichnungspflichtige Abfallsammler und - behandler - mit Ausnahme von Transporteuren, soweit sie Abfälle im Auftrag des Abfallbesitzers nur befördern - haben nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 23 Abs. 3 über das voran(ge)gangene Kalenderjahr eine Aufstellung über die Herkunft der übernommenen Abfallarten, die jeweiligen Mengen und den jeweiligen Verbleib, einschließlich Art und Menge der in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführten Stoffe, vorzunehmen (Jahresabfallbilanz). Von Abfallersterzeugern übernommene Abfälle sind als Summenwert pro Abfallart, gegliedert nach dem Branchencode und dem jeweiligen Bundesland der Abfallherkunft, auszuweisen; für nach Maßgabe einer Verordnung gemäß § 23 festgelegte Abfälle hat eine Gliederung nach der jeweiligen Gemeinde zu erfolgen. In allen übrigen Fällen hat eine Untergliederung nach dem jeweiligen Übergeber oder Übernehmer der Abfälle zu erfolgen. Die Jahresabfallbilanzen sind bis spätestens 15. März jeden Jahres dem Landeshauptmann zu melden.

§ 17 Abs. 5 ist - mit Ausnahme des Teilsatzes über die Summenbildung - anzuwenden.

(...)

Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen§ 24a. (1) Wer Abfälle sammelt oder behandelt

bedarf einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. (...)

(...)

Bestimmungen für die Erlaubnis für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen

§ 25a. (1) Die zuständige Behörde hat innerhalb von drei Monaten nach Einbringen eines vollständigen und mangelfreien Antrages gemäß § 24a Abs. 1 mit Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn:

(...)

4. die Verlässlichkeit in Bezug auf die auszuübende

Tätigkeit gegeben ist,

(...)

(3) Verlässlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, dass sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verlässlich gilt eine Person,

(...)

2. die dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder

Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der GewO 1994, des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215, oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften bestraft worden ist, solange die Strafen noch nicht getilgt sind; nicht einzubeziehen sind dabei geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften.

(...)

(6) Wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht mehr vorliegen, ist die Erlaubnis zu entziehen. (...)"

24 § 8 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Jahresabfallbilanzen (Abfallbilanzverordnung), BGBl. II Nr. 497/2008, lautet:

"Jahresabfallbilanz

§ 8. (1) Für die Jahresabfallbilanz gemäß § 21 Abs. 3 AWG 2002 ist über die Schnittstelle gemäß § 5 Abs. 5 eine XML-Datei mit einer Zusammenfassung über die Herkunft, die jeweiligen Mengen und den jeweiligen Verbleib der Abfallarten, einschließlich Art und Menge der in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführten Stoffe im Falle eines Endens der Abfalleigenschaft, über das vorangegangene Kalenderjahr zu erstellen. Anhang 2 ist anzuwenden. Für Abfallsammler und -behandler, die ihre Aufzeichnungen gemäß § 6 Abs. 5 oder § 9 Abs. 3, 4, und 5 nicht elektronisch führen, wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auch für eine elektronische Hilfestellung zur Erstellung der Jahresabfallbilanz in einer XML-Datei sorgen. Für den Fall, dass für die Jahresabfallbilanz über die Schnittstelle gemäß § 5 Abs. 5 mehrere XML-Dateien erstellt werden, können diese vor der Meldung im Wege des Registers unterstützt durch die EDM-Anwendung zu einer einzigen XML-Datei mit der Jahresabfallbilanz konsolidiert werden.

(2) Die Jahresabfallbilanz hat den Zeitraum eines Kalenderjahres (1. Jänner bis 31. Dezember) zu umfassen. Die Inhalte und Gliederungen müssen den Vorgaben des Anhangs 2 entsprechen. Für die Branchenangabe ist die Einteilung gemäß Abschnitt 8 Nummer 1.1 der EG-AbfallstatistikV zu verwenden.

(3) Die Jahresabfallbilanz ist in einer einzigen XML-Datei im Wege des Registers gemäß § 22 AWG 2002 bis spätestens 15. März jeden Jahres, erstmals bis zum , über das vorangegangene Kalenderjahr, an den Landeshauptmann zu melden. Sofern aufgrund anderer Verordnungen zum AWG 2002 Meldungen als Teil der Jahresabfallbilanz über das Register gemäß § 22 AWG 2002 zu erfolgen haben, sind diese in der selben XML-Datei im Wege des Registers gemäß § 22 AWG 2002 zu übermitteln. Gemeinden können sich in Übereinstimmung mit den landesrechtlichen Vorschriften zur Erfüllung dieser Meldepflicht eines Gemeindeverbandes bedienen.

(...)"

25 In der Revision wird zur Frage des Vorliegens einer Formvorschrift ausgeführt, § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung regle, in welcher Form die Jahresabfallbilanzen zu erstellen und in welcher Weise sie an die Behörde zu übermitteln seien. Diese Norm sei im Straferkenntnis für die Bestrafung des Revisionswerbers letztlich ausschlaggebend gewesen, sie sei auch in den Rechtsgrundlagen des Straferkenntnisses ausdrücklich genannt und werde durch den Verweis auf die notwendige XML-Datei inhaltlich auch im Spruch des Straferkenntnisses rezipiert. Dagegen habe die BH § 21 Abs. 3 AWG 2002, der die grundsätzliche Verpflichtung zur Übermittlung einer Jahresabfallbilanz, nicht aber die Form derselben regle, nicht als Übertretungsnorm angegeben. Es treffe daher die Annahme des Gerichtes, das Straferkenntnis habe generell und unabhängig von der Form die Nichtvorlage der Jahresabfallbilanzen sanktioniert, nach den im Straferkenntnis angezogenen Rechtsgrundlagen nicht zu.

26 § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung sei zweifelsohne eine Formvorschrift, sie regle die verbindlich einzuhaltende Form einer Eingabe eines Erlaubnisinhabers an die Abfallrechtsbehörde. Dass sie darüber hinaus das gesetzliche Gebot des § 21 Abs. 3 AWG 2002 und die Übergangsvorschrift des § 91 Abs. 14 AWG 2002 inhaltlich wiederhole, mache sie noch nicht zu einer materiell-rechtlichen Norm.

27 Darüber hinaus sei nach der zutreffenden Ansicht von Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015), Rz 13 zu § 25a, davon auszugehen, dass unterlassene Meldungen trotz Meldepflicht generell Formverstöße im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 darstellten. Dies gelte auch hier und für die Vorlagepflichten des § 21 Abs. 3 AWG 2002.

28 Richtig sei, dass die Ausnahme für geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften mit der AWG-Novelle 1998 eingefügt und mit dem AWG 2002 in § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 wortident fortgeschrieben worden sei. Ob die Nichtvorlage der in § 21 Abs. 3 AWG 2002 vorgeschriebenen Abfallbilanz unter die genannte Ausnahme falle oder nicht, könne naturgemäß aus den Gesetzesmaterialien nicht abgeleitet werden und zwar schon deshalb nicht, weil § 21 Abs. 3 AWG 2002 zum Zeitpunkt der Ausnahme für geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften im Jahr 1998 noch nicht dem Rechtsbestand angehört habe.

29 Zusammengefasst sei der Bestrafung des Revisionswerbers die Übertretung einer Formvorschrift im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 zugrunde gelegen.

30 Diesem Vorbringen ist jedoch Folgendes zu entgegnen:

31 Gemäß dem bereits zitierten § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 gilt eine Person, die dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der GewO 1994, des WRG 1959 oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften bestraft worden ist, solange die Strafen noch nicht getilgt sind, keinesfalls als verlässlich. Dabei sind geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften nicht einzubeziehen.

32 Bei der Prüfung der Verlässlichkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen ().

33 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 95/07/0230, zur Vorgängerbestimmung des § 15 Abs. 3 AWG 1990, die ebenso wie § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 eine Regelung über die keinesfalls vorliegende Verlässlichkeit einer Person bei Bestrafung wegen dreimaliger Übertretungen enthielt, ausgeführt, dass auch bei Übertretungen von Bestimmungen der GewO, des AWG und des WRG 1959 zu prüfen ist, ob die übertretenen Bestimmungen dem Umweltschutz dienen, und dass als Maßstab für diese Prüfung das Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. Nr. 491/1984, herangezogen werden kann.

34 Nunmehr kann als Maßstab das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl. I Nr. 111/2013, herangezogen werden (vgl. dazu auch Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, Abfallwirtschaftsgesetz 20022 (2014) E 1 zu § 25a AWG 2002).

35 Wie das LVwG im angefochtenen Erkenntnis zutreffend ausführte, dienen nach dem Erkenntnis des , nicht nur solche Vorschriften dem Umweltschutz, die ausdrücklich und direkt das Verbot enthalten, Luft, Wasser oder Boden zu verunreinigen oder schädlichen Einwirkungen auszusetzen oder störenden Lärm zu erzeugen, sondern auch alle Vorschriften, die auf andere Weise - und sei es auch nur mittelbar - eine Beeinträchtigung dieser Schutzgüter zu verhindern suchen. In dem genannten Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof dazu insbesondere auch Vorschriften über die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagen, aber auch Ordnungsvorschriften wie jene der Abfallnachweisverordnung, die den Umgang mit Stoffen mit potenziell umweltgefährlichem Charakter so regeln, dass eine Gefahr für die Umwelt erst gar nicht entsteht, und für eine entsprechende Kontrolle dieses Umganges sorgen, gezählt.

36 Gleiches hat sinngemäß aber auch für die hier unter anderem wesentliche Bestimmung des § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung zu gelten, wonach die Jahresabfallbilanz in einer einzigen XML-Datei im Wege des Registers gemäß § 22 AWG 2002 bis spätestens 15. März jeden Jahres, erstmals bis zum , über das vorangegangene Kalenderjahr, an den Landeshauptmann zu melden ist. Zu den Zielen dieser Verordnung zählen nach deren § 1 unter anderem die Einführung einer bundeseinheitlichen Jahresabfallbilanzmeldung, die Verbesserung der abfallwirtschaftlichen Planungsdaten, die Unterstützung der Behörden beim Vollzug, insbesondere bei ihrer regelmäßigen Kontrolltätigkeit, und die Reduzierung des Verwaltungsaufwandes durch Einführung eines elektronischen Datenmanagements. Gemäß § 2 Abfallbilanzverordnung legt diese Verordnung zum Zweck der Nachvollziehbarkeit der Sammlung, Lagerung und Behandlung von Abfällen Art und Form der Meldung der Jahresabfallbilanzen gemäß § 21 Abs. 3 AWG 2002 und der elektronischen Aufzeichnungen und deren Zusammenfassung (Summenbildung) für Art, Menge, Herkunft und Verbleib der Abfälle gemäß § 17 Abs. 1, 4 und 5 AWG 2002 fest.

37 Unterbleibt nun eine dem § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung entsprechende Meldung, können die mit dieser Verordnung verfolgten Ziele nicht erreicht werden. Vor diesem Hintergrund ist der Beurteilung des LVwG, die Meldung von Abfalldaten im Sinne des § 17 Abs. 1 iVm § 21 Abs. 3 AWG 2002 sei für eine effiziente Überwachung der Abfall- bzw. Stoffströme notwendig und somit unumgänglich zur Überprüfung und Einhaltung diesbezüglicher abfallrechtlicher Vorschriften, nicht entgegenzutreten.

38 Die Verletzung der unter anderem einer Verbesserung der abfallwirtschaftlichen Planung sowie einer effizienten behördlichen Kontrolltätigkeit dienenden Bestimmung des § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung geht daher zweifellos über das Unterlassen einer Meldung etwa bei Bestellung des Abfallbeauftragten oder das Unterlassen einer bloß verspäteten Meldung des Wechsels des Inhabers einer Behandlungsanlage, die in der in der Revision zitierten Literatur (Scheichl/Zauner/Berl, Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (2015) Rz 13 zu § 25a AWG 2002) beispielhaft angeführt sind, hinaus. Ebenso übersteigt sie in ihrer Bedeutung die bereits im angefochtenen Erkenntnis aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage

39 (RV 1201 dB XX. GP) der Änderung des AWG 1990, BGBl. I Nr. 151/1998, zum damals eingeführten § 15 Abs. 3 AWG 1990 zitierten Beispiele, etwa das Ausfüllen eines Begleitscheines ohne die zugeteilte Abfallbesitzernummer, aber mit eindeutiger Zuordnung zum Übergeber und Übernehmer, oder die fehlende Angabe der Telefonnummer.

40 Infolge dessen stellt § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht eine bloße Formvorschrift im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 dar.

41 Unbestritten wurde der Revisionswerber mit dem Straferkenntnis der BH vom dreimal wegen Übertretung des § 79 Abs. 3 Z 1 iVm § 17 AWG 2002 iVm § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung bestraft. Nach der zu § 15 Abs. 3 AWG 1990 ergangenen, jedoch auch hier maßgeblichen Judikatur gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Tatbestand der dreimaligen Bestrafung wegen bestimmter Übertretungen nur dann erfüllt ist, wenn diese Bestrafungen in drei voneinander getrennten Strafverfügungen oder Straferkenntnissen ausgesprochen wurden (vgl. ; , 95/05/0043).

42 Handelt es sich bei § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung aber nicht um eine bloße Formvorschrift im genannten Sinn, führt auch das Vorbringen, es treffe die Annahme des LVwG, das Straferkenntnis der BH habe generell und unabhängig von der Form die Nichtvorlage der Jahresabfallbilanzen sanktioniert, nach den im Straferkenntnis angezogenen Rechtsgrundlagen nicht zu, die Revision nicht zum Erfolg.

43 Dass nach dem Revisionsvorbringen § 21 Abs. 3 AWG 2002, der die grundsätzliche Meldepflicht der Jahresabfallbilanzen bis spätestens 15. März jeden Jahres vorschreibt, im Zeitpunkt der Aufnahme der Ausnahme für geringfügige Verstöße gegen Formvorschriften im Jahr 1998 noch nicht dem Rechtsbestand angehört habe, ändert ferner nichts an der Richtigkeit der Beurteilung, dass der hier in Rede stehende Verstoß gegen die Verpflichtung zur Meldung der Jahresabfallbilanzen für die Berichtsjahre 2010, 2011 und 2012 nicht mit den in den Gesetzesmaterialien beispielhaft erwähnten (geringfügigen) Verstößen gegen Formvorschriften vergleichbar ist.

44 Nach dem Gesagten hatten somit der LH und das LVwG gemäß § 25a

45 Abs. 3 AWG 2002 zwingend eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, dass die Verlässlichkeit des Revisionswerbers "keinesfalls" mehr gegeben war. Eine Verlässlichkeitsprüfung im Sinn einer Prognose nach § 25a Abs. 3 erster Satz AWG 2002 konnte daher unterbleiben.

46 Da es sich bei § 8 Abs. 3 Abfallbilanzverordnung nicht um eine bloße Formvorschrift im Sinn des § 25a Abs. 3 Z 2 AWG 2002 handelt, war auf das Revisionsvorbringen, mit dem die Geringfügigkeit des Verstoßes (gegen Formvorschriften) behauptet wurde, nicht mehr einzugehen.

47 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

48 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren der belangten Behörde auf Ersatz des Vorlageaufwandes war abzuweisen, weil das Gesetz einen Ersatz eines Vorlageaufwandes für die Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG nicht vorsieht (vgl. etwa auch ).

Wien, am

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Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

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