VwGH vom 24.09.2015, Ro 2015/07/0010
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revisionen 1.) des Bundes, vertreten durch das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, (Ro 2015/07/0010) und
2.) des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Ro 2015/07/0012), jeweils gegen Spruchpunkt 1 des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-14-0511, betreffend Feststellung nach § 10 Altlastensanierungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; mitbeteiligte Partei: E GmbH in M, vertreten durch Niederhuber Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt 1 des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Schreiben vom bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG), diese möge unter anderem feststellen, dass die in der Müllverbrennungsanlage D (MVA) eingesetzten Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG von der Beitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG ausgenommen seien.
Dem Antrag war ein Gutachten mit Tabellen (1 bis 10) beigelegt, aus denen die Zuordnung der Abfälle bzw. biogenen Abfallarten hervorgeht.
Die BH erließ einen Bescheid vom , in dem sie - jeweils bezogen auf diese Tabellen - ihre Feststellungen traf. Der auf die Tabellen 5 bis 9 bezogene (5.) Spruchteil lautete wie folgt:
" Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr 299/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2013, stellt die Bezirkshauptmannschaft Tulln fest, dass nachstehende Abfälle gemäß § 3 Abs. 1a Ziffer 7 Altlastensanierungsgesetz anhand der in den nachfolgenden Tabellen 5 bis 9 getroffenen Zuordnung zu fünfstelligen Schlüsselnummern, die in der Zeit seit in der von der E GmbH, betriebenen Müllverbrennungsanlage, (...), eingesetzt wurden, von der Beitragspflicht nach § 3 Abs. 1 Ziffer 2 Altlastensanierungsgesetz ausgenommen sind:
Tabelle 5: Zuordnung der biogenen Abfallarten im Hausmüll für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 6: Zuordnung der biogenen Abfallarten im Sperrmüll für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 7: Zuordnung der biogenen Abfallarten in der Shredderleichtfraktion für die thermische Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 8: Zuordnung der biogenen Abfallarten in den Rückständen aus der Abfallaufbereitung für die thermische
Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)
Tabelle 9: Zuordnung der biogenen Abfallarten in den
sonstigen Abfällen mit hohem biogenen Anteil für die thermische
Behandlung gemäß Anlage 5 AbfallverzeichnisVO
(...)"
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) änderte mit Bescheid vom den Bescheid der BH vom gemäß § 10 Abs. 2 AlSAG unter anderem in Spruchpunkt II folgendermaßen ab:
"Gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 i.d.g.F., wird festgestellt, dass die Verbrennung nachstehender Abfälle Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle (Schlüsselnummer 91101 der ÖNORM S 2100), Sperrmüll (Schlüsselnummer 91401 der ÖNORM S 2100), Shredderleichtfraktion (Schlüsselnummer 57803 der ÖNROM S 2100), Rückstände aus der Abfallaufbereitung (Schlüsselnummer 91103 und Schlüsselnummer 91105 der ÖNORM S 2100), Rückstände aus der Altpapierverarbeitung (Schlüsselnummer 18407 der ÖNORM S 2100), Küchen- und Kantinenabfälle (Schlüsselnummer 91202 der ÖNORM S 2100), Straßenkehricht (Schlüsselnummer 91501 der ÖNORM S 2100), Rechengut (Schlüsselnummer 94701 der ÖNORM S 2100), inklusive der in diesen Abfällen enthaltenen biogenen Anteile in der Abfallverbrennungsanlage Dürnrohr der Altlastenbeitragspflicht gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, unterliegt."
Dagegen wandte sich die mitbeteiligte Partei mit Beschwerde vom an das LVwG und beantragte, Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Mangelhaftigkeit des durchgeführten Verfahrens zur Gänze aufzuheben.
Das LVwG beauftragte einen abfallchemischen Amtssachverständigen Befund und Gutachten dazu zu erstatten, welcher bzw. welchen Schlüsselnummer(n) die von der mitbeteiligten Partei verwerteten Abfälle mit hohem biogenen Anteil aus Tabelle 5 bis 9 zuzuordnen seien. Das diesbezüglich erstattete Gutachten des ASV vom wurde den Verfahrensparteien mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem LVwG zur Kenntnis gebracht.
Das LVwG erließ nach Durchführung dieser mündlichen Verhandlung das nunmehr angefochtene Erkenntnis vom , in welchem es über die Beschwerde gegen den Abänderungsbescheid des BMLFUW folgendermaßen entschied:
"1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, dass festgestellt wird, dass die von der E GmbH in der Zeit seit in der MVA D eingesetzten Abfälle, welche als Abfall der Schlüsselnummer 91101 'Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle' gemäß der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis' mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur AbfallverzeichnisVO übernommen wurden,
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- | zu 14,5 % der Schlüsselnummer 11102 'überlagerte Lebensmittel' |
- | zu 4 % der Schlüsselnummer 91701 'Garten- und Parkabfälle' |
- | zu 8% der Schlüsselnummer 18702 'Papier und Pappe, beschichtet' |
- | zu 3,5 % der Schlüsselnummer 17202 'Bau- und Abbruchholz' |
- | zu 0,5% der Schlüsselnummer 12302 'Fette (zB Frittieröle)' und |
- | zu 0,5% der Schlüsselnummer 12101 'verdorbene Pflanzenöle' |
der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis' mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur AbfallverzeichnisVO zuzuordnen sind, und in diesem Ausmaß von der Beitragspflicht des § 3 Abs. 1 Z 2 AlSAG idF BGBl. I 136/2004 nach § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG idF BGBl. I 136/2004 ausgenommen sind. | |
2. | Über diese Feststellung hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. |
3. | Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig." |
Das LVwG stützte sich begründend im Wesentlichen auf das Gutachten des Amtssachverständigen und führte zusammengefasst aus, dass im Rahmen des Betriebes der MVA unter anderem Abfallgemische aus Sammelsystemen übernommen würden. Dies betreffe unter anderem die Abfallfraktion Siedlungsabfälle, welche als Abfall der Abfallart "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle, Schlüsselnummer 91101" übernommen werde und als Abfall der Tabelle 5 (Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle) laut Feststellungsantrag anzusprechen sei. In diesen Inputmaterialien seien Abfälle enthalten, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften am besten zu 14,5 % der Schlüsselnummer 11101 "überlagerte Lebensmittel", zu 4 % der Schlüsselnummer 91701 "Garten- und Parkabfälle", zu 8 % der Schlüsselnummer 18702 "Papier und Pappe, beschichtet", zu 3,5 % der Schlüsselnummer 17202 "Bau- und Abbruchholz", zu 0,5 % der Schlüsselnummer 12302 "Fette (z.B. Frittieröle)" und zu 0,5 % der Schlüsselnummer 12101 "verdorbene Pflanzenöle" zugeordnet werden könnten. Diese Abfälle könnten zwar von den übrigen gesammelten Materialien des Abfallgemisches Hausmüll abgetrennt werden, jedoch geschehe dies aus ökonomischen Gründen nicht. Dieses Abfallgemisch werde - fallweise nach Vermischung zu einer homogenen Einsatzmenge - ungetrennt in die Verbrennungsanlage eingebracht. Bei den anderen beantragten Abfallgemischen habe vom Amtssachverständigen keine im AlSAG-Verfahren relevante Zuordnung bescheinigt werden können, bzw. lägen keine entsprechenden Untersuchungsergebnisse hierfür vor. Die abtrennbaren Anteile der Fraktion "Sperrmüll" seien im Gutachten bei der Abfallfraktion "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" abgehandelt worden. | |
Das LVwG führte weiters aus, gegenständlich sei die Rechtsfrage zu klären, nach welchen Kriterien der AbfallverzeichnisVO ein Abfall im Feststellungsverfahren nach dem AlSAG einzustufen sei und ob eine ursprünglich lediglich aufgrund der Herkunft des Abfalls vorgenommene Zuordnung nach sachverständiger Beurteilung im AlSAG-Verfahren geändert werden könne. Der ASV habe gegenständlich für bestimmte vom Feststellungsantrag umfasste Abfallarten aufgrund ihrer Abtrennbarkeit und ihrer mengenmäßigen Erfassbarkeit eine Änderung der bisherigen Zuordnung aus fachlicher Sicht schlüssig und nachvollziehbar befürwortet. Es sei richtig, dass ein Herausrechnen des Anteils biogener Abfallbestandteile aus nicht im Ökostromgesetz genannten Abfallarten nicht zulässig sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/07/0017). Anders als im richtungsweisenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/17/0073, habe das LVwG über technisch abtrennbare Abfallgemische zu entscheiden, sodass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend das Herausrechnen eines technisch untrennbar vermischten Abfallgemisches mit hohem biogenen Anteil auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei. | |
Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil ihm grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal es vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/07/0108, teilweise abweiche. | |
Die Revisionswerber erhoben jeweils gegen das angefochtene Erkenntnis - und zwar erkennbar gegen dessen Spruchpunkt 1 - Revision und machten Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend. Im Wesentlichen brachten sie vor, das Erkenntnis des LVwG widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nämlich den Erkenntnissen vom , 2009/17/0073, vom , 2009/07/0108, vom , 2010/07/0017, sowie vom , 2011/07/0093), weil es den Anteil biogener Abfallbestandteile aus nicht im Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012) genannten Abfallarten zur Erzielung der Beitragsfreiheit unzulässigerweise herausrechne. Auch weiche die angefochtene Entscheidung von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes festgesetzten Leitlinien ab, wonach in einem § 10 AlSAG-Verfahren die Zuordnung eines Abfalls nach den Zuordnungskriterien der ÖNORM S 2100 bzw. der Abfallverzeichnisverordnung zu erfolgen habe und daher ein Abfall | einer Abfallart zuzuordnen sei. |
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung vom , in der sie zusammengefasst ausführte, die von den Revisionswerbern herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes seien mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht vergleichbar. Laut Feststellungen des LVwG handle es sich im gegenständlichen Fall um Inputmaterialien, in denen Abfälle enthalten seien, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften Schlüsselnummern der ÖNORM S 2100 "Abfallverzeichnis" mit Änderungen und Ergänzungen gemäß Anlage 5 zur Abfallverzeichnisverordnung zugeordnet und von den übrigen gesammelten Abfällen der Materialgemische Siedlungsabfälle und Sperrmüll abgetrennt werden könnten. In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/17/0073, vom , 2009/07/0108, vom , 2010/07/0017, sowie vom , 2011/07/0093, habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit Abfällen zu beschäftigen gehabt, die nicht in den Anlagen des ÖSG 2012 angeführt gewesen seien. |
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat hierüber erwogen:
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme "und vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/07/0108, teilweise abweiche".
2. Der im vorliegenden Fall erfolgte Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision genügt den Begründungserfordernissen nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Zweck dieser Begründungspflicht die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage. Das Verwaltungsgericht hat in der Begründung zum Ausspruch der Zulässigkeit der Revision daher (kurz) darzulegen, welche - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom , Ro 2014/01/0033, und vom , Ro 2014/08/0083).
Im vorliegenden Fall wird zwar ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zitiert (2009/07/0108), jedoch weder sein Inhalt noch der rechtliche Aspekt näher dargestellt, in dem das LVwG von dieser Entscheidung "teilweise" abweiche. Es ist vor dem Hintergrund der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses lediglich erkennbar, dass das LVwG diese "teilweise" Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs offenbar in der Gestaltung seines Spruchpunktes 1 (Feststellung der Beitragsfreiheit von Teilen der Siedlungsabfälle) erblickt. Welche - konkret auf die vorliegende Beschwerdesache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof dabei aber zu lösen hätte und wo konkret die "teilweise" Abweichung liege, wird nicht formuliert.
Den Begründungserfordernissen des § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG wird durch eine solche Formulierung nicht entsprochen.
3. Die Revisionen, die den in der Gestaltung des Spruchpunktes 1 liegenden Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes näher darstellen, erweisen sich als zulässig. Sie sind auch begründet.
Gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG idF BGBl I Nr. 97/2013 hat die Behörde in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid (unter anderem) festzustellen, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt (Z 2) und ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt (Z 3).
Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses ist ein ab verwirklichter Sachverhalt. Dabei sind jene materiellrechtlichen Bestimmungen des AlSAG anzuwenden, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des beitragspflichtigen Sachverhaltes bzw. nach Ablauf eines daran anschließenden Kalendervierteljahres gegolten haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0093, sowie vom , 2009/07/0108).
§§ 3 AlSAG idF BGBl. I Nr. 136/2004 lautet auszugsweise:
"Altlastenbeitrag
Gegenstand des Beitrags
§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen
1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch
a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- und Stütwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),
b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,
c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,
2. das Verbrennen von Abfällen in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der Abfallverbrennungsverordnung, BGBl. II Nr. 389/2002,
3. das Verwenden von Abfällen zur Herstellung von Brennstoffprodukten,
4. das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3 des Bundesgebietes.
(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind,
(...)
7. Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 5 des Ökostromgesetzes, BGBl. I Nr. 149/2002, welche für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 verwendet werden,
(...)"
§ 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, lautet
auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 5. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck
(...)
5. 'Abfall mit hohem biogenen Anteil' die in der Anlage angeführten Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüsselnummer des österreichischen Abfallkatalogs (ÖNORM S 2100);
(...)"
Mit der Novelle BGBl. I Nr. 105/2006 erhielt § 5 Abs. 1 Ökostromgesetz auszugsweise folgende, am in Kraft getretene Fassung:
"§ 5. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck
1. 'Abfall mit hohem biogenen Anteil' die in der Anlage 1 angeführten Abfälle aus Industrie, Gewerbe und Haushalten, definiert durch die zugeordnete 5-stellige Schlüsselnummer gemäß Anlage 5 Abfallverzeichnis der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 89/2005;
(...)"
Ebenfalls mit BGBl. I Nr. 105/2006 wurden in der (nunmehr) Anlage 1 zum Ökostromgesetz ("Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 1") nachstehende einleitende Ausführungen eingefügt:
"Abfälle mit hohem biogenen Anteil sind die nachfolgend in Tabelle 1 und (mit den angegebenen Einschränkungen) in Tabelle 2 angeführten Abfallarten, definiert durch die zugeordnete fünfstellige Schlüssel-Nummer und gegebenenfalls durch die zusätzliche zweistellige Spezifizierung gemäß Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung. Teilmengen von Abfallarten, die nicht in den Tabellen 1 und 2 angeführt sind, gelten nicht als Abfälle mit hohem biogenen Anteil oder als Biomasse."
Die genannte Anlage 5 zur Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003 in der damals geltenden Fassung BGBl. II Nr. 89/2005, beinhaltet in ihrem Punkt I "Allgemeine Zuordnungskriterien". Diesen zufolge hat die Zuordnung eines Abfalls zu jener Abfallart zu erfolgen, die den Abfall in seiner Gesamtheit am besten beschreibt. Hierbei sind die Herkunft sowie sämtliche stoffliche Eigenschaften des Abfalls einschließlich möglicher gefahrenrelevanter Eigenschaften zu berücksichtigen. Es muss die konkretest mögliche Abfallbezeichnung einschließlich einer allfälligen Spezifizierung gemäß § 3 Z 3 lit. b und c verwendet werden.
Die vom LVwG vertretene Auffassung, der in § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG enthaltene Verweis auf den Begriff "Abfälle mit hohem biogenen Anteil" gemäß § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, sei nach dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 105/2006 zum Ökostromgesetz als Verweis auf § 5 Abs. 1 Z 1 Ökostromgesetz zu lesen, stößt beim Verwaltungsgerichtshof auf keine Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/07/0108).
Die verfahrensgegenständlichen Abfälle sind als "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" der SN 91101 zugeordnet. Diese Schlüsselnummer findet sich weder in der Anlage zu § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz in der bis geltenden Fassung noch in der Anlage 1 ("Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 1") zum Ökostromgesetz in der ab geltenden Fassung. Daher stellen die hier in Rede stehenden Abfälle keine solchen mit hohem biogenen Anteil im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz und damit des § 3 Abs. 1 Z 7 AlSAG dar (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltungen die hg. Erkenntnisse vom , 2011/07/0093, und vom , 2010/07/0017).
Nun beinhaltet die übernommene heterogene Abfallart "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" SN 91101 zwar auch Abfallarten als Teilmengen, die in der Anlage 1 zum Ökostromgesetz genannt sind; diese gelten jedoch auf Grund des speziellen Zuordnungskriteriums für Abfälle mit hohem biogenen Anteil und des oben genannten präzisierenden Ausnahmezusatzes - obwohl in der Anlage 1 zum Ökostromgesetz genannt - nicht als Abfall mit hohem biogenen Anteil, da sie eben Teilmengen der nicht gelisteten komplexeren Abfallart "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" SN 91101 darstellen.
Das LVwG hat nun aber genau diese biogenen Abfallbestandteile prozentuell herausgerechnet und insoweit die Beitragsfreiheit festgestellt.
Wie das LVwG unter Hinweis auf das eben zitierte hg. Erkenntnis vom , 2010/07/0017, aber zutreffend ausführte, ist ein solches Herausrechnen des Anteils biogener Abfallbestandteile aus nicht im Ökostromgesetz genannten Abfallarten nicht zulässig. Das LVwG geht jedoch davon aus, dass die zitierte hg. Rechtsprechung auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar sei, weil das LVwG hier über technisch abtrennbare Abfallgemische zu entscheiden habe.
Das LVwG übersieht hierbei, dass sich eine solche Differenzierung zwischen abtrennbaren und nicht abtrennbaren Bestandteilen von Abfallgemischen weder aus § 3 Abs. 1a Z 7 AlSAG noch aus dem Ökostromgesetz - sei es § 5 Abs. 1 Z 5 Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, oder § 5 Abs. 1 Z 1 Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 105/2006 - ergibt.
Die vom LVwG vertretene Auffassung, wonach das Abfallgemisch, welches als Abfall der Schlüsselnummer 91101 "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle" übernommen wurde, bei theoretischer Trennbarkeit verschiedenen Schlüsselnummern zuzuordnen und teilweise beitragsfrei sei, widerspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. So ergibt sich u.a. aus dem hg. Erkenntnis vom , 2009/07/0108, dass - ungeachtet des Umstandes, dass der Anhang des Ökostromgesetzes keine ausdrückliche Anordnung für den Fall beinhalte, dass die Abfälle nicht sortenrein anfielen - Abfall einer einzigen bestimmten Schlüsselnummer zuzuordnen ist. Der Abfall ist derjenigen Schlüsselnummer zuzuordnen, die ihn am besten umschreibt; es ist die konkretest mögliche Bezeichnung zu wählen. Auf die Frage der theoretischen Trennbarkeit in einzelne Bestandteile kommt es dabei nicht an. Das vom LVwG vorgenommene Herausrechnen von biogenen Abfallbestandteilen widerspricht daher der Rechtslage und der Rechtsprechung.
Die konkretest mögliche Bezeichnung der Abfälle ist hier die Bezeichnung als "Siedlungsabfälle und ähnliche Gewerbeabfälle", SN 91101 der ÖNORM S 2100, diese ist aber - wie dargestellt - nicht im Anhang zum § 5 Abs. 1 des Ökostromgesetzes angeführt.
Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.
Das angefochtene Erkenntnis war aus den oben dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-92994