VwGH vom 23.06.2015, Ra 2015/05/0025
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Dipl.Ing. F L in A, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich Gruber-Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-150268/4/MK (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde A), betreffend Untersagung eines Bauvorhabens, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im ersten Teil seines Spruchpunktes I. (Untersagung des Bauvorhabens) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde A hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Revisionswerber ist Eigentümer zweier näher bezeichneter Grundstücke (eines davon Bauland, eines Grünland), auf denen eine 20 kWp Photovoltaikanlage errichtet werden soll. Mit der am beim Stadtamt A eingelangten "Anzeige eines Bauvorhabens gemäß § 25 Abs. 1 Z 3-15 O.ö. BauO 1994" gab der Revisionswerber die beabsichtigte Errichtung der Photovoltaikanlage bekannt. Diese Bauanzeige ergänzte er am .
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde A vom wurde die Errichtung bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens gemäß § 25a Abs. 1 der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO) iVm § 39 Abs. 3 AVG untersagt. Aufgrund einer dagegen erhobenen Berufung änderte der Gemeinderat mit Bescheid vom den Spruch dahingehend ab, dass die Ausführung des Bauvorhabens gemäß § 25a Abs. 1 Oö. BauO wegen Störung des Orts- und Landschaftsbildes untersagt werde (Spruchpunkt III.), und gab der Berufung im Übrigen keine Folge (Spruchpunkt I.). Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde. Der Gemeinderat änderte daraufhin mit Beschwerdevorentscheidung vom den Berufungsbescheid dahin ab, dass der erstinstanzliche Bescheid vom ersatzlos aufgehoben wurde (Spruchpunkt I.) und in Spruchpunkt II. die gegenständliche Anlage gemäß § 25a Abs. 1 Oö. BauO wegen Störung des Orts- und Landschaftsbildes untersagt wurde.
Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) änderte Spruchpunkt II. der Beschwerdevorentscheidung mit dem angefochtenen Erkenntnis dahingehend, dass die Errichtung gemäß § 25a Abs. 1 Oö. BauO untersagt werde, und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab. Begründend führte das LVwG aus, dass die Photovoltaikanlage sowohl auf Grünland als auch auf Bauland errichtet werden sollte und eine nur teilweise Bewilligung den Zweck und Charakter der Anlage wesentlich ändern würde, sodass ein aliud vorliege. Bei Errichtung von Bauten im Grünland sei auf die Notwendigkeit des Baues im Grünland abzustellen, die das LVwG im gegenständlichen Fall verneinte. Das LVwG zog deshalb den Schluss, dass die Notwendigkeit der Anlage am eingereichten Standort für die bestimmungsgemäße Grünlandnutzung nicht vorliege. Ihre Errichtung sei daher unzulässig.
Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Revisionsbeantwortung erstattet und den Antrag gestellt hat, die Revision kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Revision wird im Wesentlichen ein Begründungsmangel geltend gemacht, weil keine Begründung zum Beschwerdepunkt der rechtzeitig erstatteten, nicht untersagten Bauanzeige vorliege. Weiters sei eine Untersagung der beabsichtigten Bauausführung nur nach § 25a Abs. 1 Z 1 - 4 Oö. BauO zulässig, was auf den gegenständlichen Fall aber nicht zutreffe. Der Abweisungsgrund "fehlende Entscheidungsreife" sei im Gesetz nicht vorgesehen, weshalb gemäß § 25a Abs. 2 Oö. BauO mit der Bauausführung hätte begonnen werden dürfen. § 25a Abs. 1 Oö. BauO um einen Untersagungsgrund gemäß § 39 Abs. 3 AVG ausdehnend auszulegen sei nicht zulässig. Es hätte, da die Bauanzeige bis vollständig und ordnungsgemäß eingelangt sei, bis über die Bauanzeige "gesetzesgemäß" entschieden werden müssen, weshalb von einer rechtzeitig erstatteten, nicht untersagten Bauanzeige auszugehen sei.
2. § 25a der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO) idF LGBl. Nr. 90/2013 lautet auszugsweise:
"§ 25a
Anzeigeverfahren
(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen oder
2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 2 festgestellt werden oder
3. das angezeigte Bauvorhaben einer Bewilligung nach § 24 Abs. 1 bedarf oder
4. bei Windkraftanlagen gemäß § 25 Abs. 1 Z 7 die im § 12 Abs. 2 Oö. Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2006 festgelegten Abstandsbestimmungen nicht eingehalten werden.
Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Baubehörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt.
...
(2) Wird innerhalb der im Abs. 1 genannten Frist die Ausführung des Bauvorhabens nicht untersagt oder teilt die Baubehörde dem Anzeigenden schon vorher schriftlich mit, daß eine Untersagung der Bauausführung nicht beabsichtigt ist, darf mit der Bauausführung begonnen werden. Im Fall der Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen nach Abs. 1a darf mit der Bauausführung jedoch erst nach Rechtskraft des diesbezüglichen Bescheids begonnen werden.
...
(4) Für die Wirksamkeit der Bauanzeige und für deren Erlöschen gilt § 38 Abs. 1 bis 4 und 7 sinngemäß mit der Maßgabe, daß die dreijährige Frist mit Ablauf der im Abs. 1 genannten Frist, mit Rechtskraft des Bescheids nach Abs. 1a oder mit der Zustellung einer schriftlichen Mitteilung nach Abs. 2 zu laufen beginnt.
… "
3. Die Revision ist zulässig.
3.1. Im Anzeigeverfahren nach § 25a Oö. BauO ist eine Entscheidung der Baubehörde nur für den Fall vorgesehen, dass Untersagungsgründe gemäß Abs. 1 leg. cit. vorliegen. Auf Grund des von der Baubehörde erster Instanz erlassenen Untersagungsbescheides hat der Revisionswerber insbesondere im Hinblick auf die im § 25a Abs. 4 Oö. BauO normierten Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Bauanzeige einen Rechtsanspruch auf rechtmäßige Erledigung seiner Bauanzeige durch die Behörde bzw. das LVwG, da - im Falle der Nichtwahrung der achtwöchigen Untersagungsfrist des § 25a Abs. 1 Oö. BauO durch die Behörde - auch bei Zutreffen des von der Baubehörde erster Instanz angenommenen Untersagungsgrundes die Wirksamkeit der Bauanzeige nur mehr bei Vorliegen der im § 25a Abs. 4 Oö. BauO normierten Voraussetzungen berührt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0374).
Im gegenständlichen Fall hat die Baubehörde erster Instanz innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens lediglich mangels Entscheidungsreife in der Angelegenheit bis zum Ende des Ermittlungsverfahrens untersagt. Damit liegt jedoch keine Untersagung der Ausführung im Sinne des § 25a Abs. 1 Oö. BauO vor, da letztere nur aus den in Z 1 - 4 leg. cit. genannten Gründen erfolgen darf (vgl. erneut das Erkenntnis Zl. 2005/05/0374). Folglich liegt eine rechtzeitig erstattete, nicht im Sinne des § 25a Abs. 1 Oö. BauO untersagte Bauanzeige vor, weshalb vom LVwG außerhalb der achtwöchigen Frist keine Untersagung gemäß § 25a Abs. 1 Oö. BauO mehr ausgesprochen werden konnte.
4. Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
5. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.
Wien, am