VwGH vom 28.09.2011, 2009/13/0156
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Farcas, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Christine Wolf, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Bräuhausgasse 63/7- 8, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , ABK - 43/09, betreffend Zurückweisung einer Berufung wegen Verspätung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien ein Ansuchen des Beschwerdeführers vom um Aussetzung der Einhebung näher bezeichneter Abgabenschulden (Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag) "mangels offener Berufung" gemäß § 160a WAO zurück.
Mit einem (am zur Post gegebenen) Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer "Berufung gegen den Bescheid vom in eventu: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand". In diesem Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer vor, dass der ihm mit einem Schreiben der Behörde vom übermittelte Bescheid vom nicht am zugestellt worden sei. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer vielmehr bis zum Einlangen des Schreibens vom unbekannt gewesen und er gehe damit davon aus, "dass die Zustellung des Bescheides erstmals mit Zustellung des Schreibens vom am erfolgte". Er erhebe damit gegen den Bescheid vom nunmehr innerhalb offener Frist (die im Schriftsatz vom näher ausgeführte) Berufung. Sollte aber die "erstinstanzliche Behörde aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen davon ausgehen", dass der Bescheid vom tatsächlich zu einem früheren Zeitpunkt als zum tatsächlich wirksam zugestellt worden sei, erhebe der Beschwerdeführer "sicherheitshalber zur Wahrung meiner diesbezüglichen prozessualen Rechte" einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil er von einer Zustellung mit oder "zu irgendeinem anderen vor dem liegenden Zeitpunkt" ohne sein Verschulden keine tatsächliche Kenntnis erlangt habe.
Mit einem als "Berufungsvorentscheidung" bezeichneten Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung des Beschwerdeführers vom gegen den Bescheid vom , "betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung", gemäß § 208 Abs. 1 iVm § 191 Abs. 1 WAO als verspätet zurück. Zur Begründung wurde nach einer Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 208 Abs. 1 WAO und 191 Abs. 1 WAO ausgeführt, dass der Bescheid am durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Da "die vorliegende Berufung trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am , also nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist, zur Post gegeben wurde, war diese als verspätet zurückzuweisen". Abschließend enthielt der Bescheid vom eine auf § 211 Abs. 1 WAO Bezug nehmende Rechtsmittelbelehrung.
Unter dem Betreff "Vorlageantrag zur Berufung vom gegen den Bescheid vom in eventu: Berufung gegen den (als Berufungsvorentscheidung bezeichneten) Zurückweisungsbescheid vom " stellte der Beschwerdeführer in einer Eingabe vom gegen "diese Berufungsvorentscheidung" einen "Vorlageantrag", die gegenständliche Berufung der Behörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen, sowie "in eventu" den "Berufungsantrag", den Zurückweisungsbescheid der erstinstanzlichen Behörde, mit welchem "meine Berufung vom als verspätet zurückgewiesen wird", wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos zu beheben und "entweder festzustellen, dass meine Berufung fristgerecht erfolgt ist oder der erstinstanzlichen Behörde die meritorische Entscheidung über meinen Wiedereinsetzungsantrag vor endgültiger Entscheidung über die Rechtzeitigkeit meiner Berufung aufzutragen". Inhaltlich kritisierte der Beschwerdeführer dazu, dass die Erledigung der erstinstanzlichen Behörde mit "Berufungsvorentscheidung" jedenfalls "formell unrichtig" sei. Bei einer Zurückweisung hätte sie nämlich nicht mit einer Berufungsvorentscheidung nach § 211 Abs. 1 WAO, sondern gemäß § 208 WAO mit (gesondert anfechtbarem) Zurückweisungsbescheid vorgehen müssen. Für den Fall, dass die Berufungsbehörde den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid ungeachtet seiner unrichtigen Bezeichnung und Rechtsmittelbelehrung als einen solchen Zurückweisungsbescheid werte, sei das Rechtsmittel als Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid zu sehen. Weiters hätte sich die erstinstanzliche Behörde jedenfalls vor Zurückweisung der Berufung als verspätet mit dem Wiedereinsetzungsantrag auseinandersetzen müssen. Da der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer tatsächlich erst mit zur Kenntnis gelangt sei, sei die am zur Post gebrachte Berufung jedenfalls rechtzeitig eingebracht worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom gemäß § 224 Abs. 2 WAO als unbegründet ab, wobei sie diesen Bescheid mit der Maßgabe bestätigte, dass das Wort "Berufungsvorentscheidung" durch das Wort "Bescheid" zu ersetzen sei.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, die irrtümliche Bezeichnung des Bescheides als Berufungsvorentscheidung und die daher unzutreffende Rechtsmittelbelehrung (nicht für einen Zurückweisungsbescheid, sondern für eine Berufungsvorentscheidung) stünden auf Grund des eindeutig erkennbaren Willens der Behörde zur Zurückweisung der Berufung wegen ihrer verspäteten Einbringung der Beurteilung der vorliegenden Erledigung als Bescheid nach § 208 WAO nicht entgegen. Die Erledigung vom stelle sich damit zweifelsfrei als Bescheid nach § 208 WAO dar, gegen den das Rechtsmittel der Berufung in Betracht komme, welches auch fristgerecht eingebracht worden sei. Damit stelle sich in der Sache die Frage, ob die mit datierte und am zur Post gegebene Berufung gegen den Bescheid über die Zurückweisung des Ansuchens um Aussetzung der Einhebung vom zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden sei. Da nach dem im Akt einliegenden Rückschein die Zustellung des Bescheides vom am (erster Tag der Abholfrist) durch Hinterlegung ausgewiesen sei, habe die einmonatige Rechtsmittelfrist mit Ablauf des geendet. Aus der vom Hinterlegungspostamt vorgelegten Empfangsbestätigung gehe hervor, dass der Beschwerdeführer mit seiner eigenhändigen Unterschrift den Empfang des gegenständlichen Schriftstückes am bestätigt habe. Auf Grund eines entsprechenden Vorhaltes aufgestellte Behauptungen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Verwechslung von verschiedenen hinterlegten Schriftstücken seien als Schutzbehauptungen zu werten. Anzumerken sei, dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung allenfalls ein gesondertes Verfahren auslöse bzw. das Wesen eines Eventualantrages darin liege, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt werde, dass der Primärantrag erfolglos bleibe. Der Berufung sei daher der Erfolg zu versagen gewesen, wobei die Änderung im Spruch der Richtigstellung der Bezeichnung der erstinstanzlichen Erledigung gedient habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 208 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden WAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b leg.cit.).
Gemäß § 191 Abs. 1 WAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat.
Liegt ein Anlass zur Zurückweisung (§ 208 WAO) nicht vor, kann die Abgabenbehörde erster Instanz nach § 211 Abs. 1 WAO die Berufung durch Berufungsvorentscheidung erledigen.
Nach § 224 Abs. 2 WAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern oder aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.
In der Beschwerde wird vorgebracht, wenngleich der belangten Behörde auch darin zuzustimmen sei, dass eine (bloß) falsche Bezeichnung eines Bescheides (oder auch eines Rechtsmittels) an seiner grundsätzlichen Qualität nichts ändert, "geht sie doch (unter Verletzung relevanter Verfahrensvorschriften) zu weit, wenn sie im gegenständlichen Fall - was ihrer Begründung im Ergebnis zu entnehmen ist - zuerst die erstinstanzliche Berufungsvorentscheidung in einen Zurückweisungsbescheid und anschließend auch noch den Vorlageantrag des Beschwerdeführers in eine Berufung gegen diesen Zurückweisungsbescheid umdeutet ".
Diesem Beschwerdevorbringen kann nicht gefolgt werden.
Der Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz vom wies im Spruch eindeutig die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 208 Abs. 1 in Verbindung mit § 191 Abs. 1" WAO als verspätet zurück, wobei auch die Bescheidbegründung mit diesem Spruch im Einklang stand. Es lag somit keine unzulässige "Umdeutung" vor, wenn die belangte Behörde davon ausging, dass die Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz ungeachtet der verwendeten Bezeichnung als "Berufungsvorentscheidung" in Wahrheit einen Zurückweisungsbescheid nach § 208 Abs. 1 WAO darstellte und demgemäß auch die entsprechende Richtigstellung im angefochtenen Bescheid (Ersatz des Wortes "Berufungsvorentscheidung" durch das Wort "Bescheid") vornahm. Die vom Beschwerdeführer eingebrachte Eingabe vom war inhaltlich auch als Berufung gegen einen Zurückweisungsbescheid ausgeführt, sodass entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht weiters keine Rede davon sein kann, die belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid über ein "gar nicht eingebrachtes Rechtsmittel" entschieden.
Die Beschwerde, in der die Ausführungen im angefochtenen Bescheid über die verspätete Einbringung der am zur Post gegebenen Berufung vom der Sache nach nicht bekämpft werden, zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch nicht dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, dass sie über die Zurückweisung der Berufung als verspätet schon vor einem Abspruch über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (gemäß § 242 Abs. 1 WAO durch die Abgabenbehörde erster Instanz) entschieden hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 97/17/0162, und vom , 2005/16/0039).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am