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VwGH vom 13.09.2012, 2011/23/0145

VwGH vom 13.09.2012, 2011/23/0145

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des D, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/1.369/2008, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, heiratete am in Serbien eine österreichische Staatsbürgerin. Im Hinblick darauf wurde ihm zunächst eine bis zum gültige Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" erteilt. Diese wurde in der Folge - zuletzt als Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" bis zum - verlängert. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom wurde die Ehe des Beschwerdeführers einvernehmlich geschieden.

Am stellte der Beschwerdeführer einen mit einem Zweckänderungsantrag verbundenen Verlängerungsantrag auf Ausstellung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt". Dieser Verlängerungsantrag wurde von der Niederlassungsbehörde mit der Begründung, dass kein Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft bestehe und der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei, vorläufig nicht erledigt und der Akt wegen des Fehlens von Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 25 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) der Bundespolizeidirektion Wien übermittelt.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer als Nachweis für das Vorliegen eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft (iSd § 11 Abs. 2 Z 2 NAG) ein handschriftliches, als "Vereinbarung" bezeichnetes Schreiben eines Dritten vorgelegt habe, dem zufolge er dem Beschwerdeführer das Recht einräume, bis zum in seiner (Gemeinde)Wohnung in 1160 Wien unentgeltlich zu wohnen. Abgesehen von der Frage, ob diese Vereinbarung tatsächlich einen durchsetzbaren Rechtsanspruch einräume und ob der Dritte als Mieter einer Gemeindewohnung dem Beschwerdeführer überhaupt einen Rechtsanspruch (auf Benützung dieser Wohnung) einräumen könne, habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass es sich "bei der von ihm bewohnten Wohnung" um eine für Inländer ortsübliche Unterkunft handle. Insbesondere habe der Beschwerdeführer keine Angaben zur Größe der Wohnung und zur Anzahl der dort wohnenden Personen gemacht. Damit sei der Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 2 Z 2 NAG verwirklicht.

Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer lediglich über ein Einkommen in der Höhe von EUR 572,-- verfüge, das selbst dann nicht ausreichend wäre, seinen Lebensunterhalt zu sichern, wenn er Anspruch auf Sonderzahlungen hätte (was aber gar nicht behauptet worden sei). In diesem Zusammenhang führte die belangte Behörde auch aus, dass der Umstand eines beim AMS Wien anhängigen Verfahrens auf Erteilung eines Befreiungsscheins (iSd § 15 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) im vorliegenden Zusammenhang nicht relevant sei, zumal der Beschwerdeführer nicht behauptet habe, "welche konkrete Beschäftigung zu welchen Bedingungen er im Falle der Ausstellung eines Befreiungsscheins aufnehmen würde". Somit sei auch der Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG verwirklicht.

Da der Beschwerdeführer somit auch kein Bleiberecht nach § 27 NAG habe, seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 55 und 66 FPG - im Grunde des § 54 Abs. 1 FPG gegeben.

Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG anerkannte die belangte Behörde angesichts des (etwas über dreieinhalbjährigen) Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich sowie seiner Berufstätigkeit einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben. Dem stehe jedoch das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden somit nicht schwerer wiegen als das durch die genannten Versagungsgründe bewirkte hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG bzw. des NAG Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die im Jänner 2008 geltende Fassung.

Der Beschwerdeführer hielt sich während eines - über seinen rechtzeitigen Antrag (vom ) eingeleiteten - Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet auf. Er konnte daher gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 FPG ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund im Sinn des Fehlens einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung gemäß § 11 Abs. 1 oder 2 NAG entgegenstand (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0309, mwN).

Die belangte Behörde stützte die Ausweisung zum einen auf das Fehlen der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG. Diesbezüglich obliegt es dem Fremden, initiativ und untermauert durch entsprechende Bescheinigungsmittel seinen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachzuweisen (siehe dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0259). In der Beschwerde wird dazu nur vorgebracht, dass der Beschwerdeführer "gegenüber seinem rechtsfreundlichen Vertreter angegeben" habe, der Behörde eine Ablichtung des Mietvertrages, aus dem die Größe der Wohnung ersichtlich sei, vorgelegt zu haben. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Vorlage eines Mietvertrages betreffend die Wohnung in 1160 Wien in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich ist. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren trotz der Mitteilung gemäß § 25 NAG durch die Niederlassungsbehörde und trotz einer weiteren Aufforderung zur Beibringung der erforderlichen Unterlagen durch die Bundespolizeidirektion Wien auch keine sonstigen Bescheinigungsmittel vorgelegt, aus denen abzuleiten wäre, dass es sich bei der zur Verfügung stehenden Wohnmöglichkeit um eine als ortsüblich anzusehende (und somit auch hinreichend große) Unterkunft handelt. In Anbetracht dessen kommt es auf das weitere Beschwerdevorbringen, dass die Anzahl der an dieser Adresse tatsächlich wohnhaften Personen aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich sei und von der Behörde ermittelt werden hätte müssen, nicht mehr an. Es ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde vom Fehlen der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG ausgegangen ist.

Zum anderen sah die belangte Behörde die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG als nicht erfüllt an. Demnach darf ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, somit, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht über ausreichende Unterhaltsmittel verfügt hat. Er wendet allerdings ein, dass er die erforderlichen Mittel nur deshalb nicht habe nachweisen können, weil ihm das Arbeitsmarktservice (willkürlich) den ihm zustehenden Befreiungsschein (noch) nicht ausgestellt habe. Da das nach § 27 NAG eingeräumte Bleiberecht nicht davon abhängen könne, ob das AMS diesen Befreiungsschein rechtzeitig ausstelle, hätte die belangte Behörde - so der Beschwerdeführer - bei ihrer Entscheidung die Ausstellung des Befreiungsscheins abwarten müssen.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Hinsichtlich der Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG obliegt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Fremden, initiativ und untermauert durch entsprechende Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0058). Der Beschwerdeführer hätte somit vorbringen und nachweisen müssen, dass im Fall der Erteilung des von ihm begehrten Aufenthaltstitels die hinreichend konkrete Aussicht bestünde, einer näher konkretisierten Erwerbstätigkeit, überdies in erlaubter Weise, nachgehen zu können, und damit das nach § 11 Abs. 5 NAG notwendige Ausmaß an Einkommen zu erwirtschaften (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0109). Die bloße, nicht näher substantiierte Behauptung, nach Ausstellung eines Befreiungsscheins eine weitere Erwerbstätigkeit aufzunehmen, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde auch auf das Berufungsvorbringen betreffend das anhängige Verfahren über die Ausstellung eines Befreiungsscheins Bedacht genommen und zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer kein Vorbringen zu einer konkreten (von ihm im Fall der Ausstellung eines Befreiungsscheins aufzunehmenden) Beschäftigung erstattet hat. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde auch das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 NAG verneint hat.

Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang noch, die belangte Behörde hätte ihn über die Möglichkeit der Vorlage einer Einstellungszusage aufzuklären gehabt. Sofern er damit auf eine Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG abzielt, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Anleitungspflicht nur gegenüber Personen besteht, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren jedoch anwaltlich vertreten war. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde dem Beschwerdeführer - wie die bereits dargestellten, wiederholten Aufforderungen zur Beibringung der erforderlichen Unterlagen zeigen - diesbezüglich auch hinreichend Parteiengehör eingeräumt.

Der Beschwerdeführer wendet sich schließlich gegen die von der belangten Behörde durchgeführte Interessenabwägung nach § 66 FPG und verweist dazu auf seinen vierjährigen Aufenthalt in Österreich und auf den Aufenthalt seiner schulpflichtigen Tochter.

Die belangte Behörde anerkannte - gestützt auf den mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers und auf seine Berufstätigkeit - einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben. Die aus erster Ehe stammende, schulpflichtige Tochter des Beschwerdeführers lebte ausweislich der Verwaltungsakten bei ihrer Mutter. Dass ungeachtet des Fehlens eines gemeinsamen Haushaltes enge persönliche Bindungen bestünden, wurde im Verwaltungsverfahren nicht dargelegt.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stellte die belangte Behörde zu Recht das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass sie die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht als schwerwiegender angesehen hat als das - durch die dargestellten Versagungsgründe bewirkte - hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am