VwGH vom 04.07.2016, Ra 2015/04/0085

VwGH vom 04.07.2016, Ra 2015/04/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der U GesmbH in O, vertreten durch Mag. Timo Gerersdorfer, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Ettenreichgasse 9/10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2014/S1/2933-8, betreffend vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Partei: T GmbH in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Vorgeschichte

1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0056, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Tirol (UVS) vom betreffend die Abweisung des Antrags der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der mitbeteiligten Partei (Auftraggeberin) in einem näher bezeichneten Vergabeverfahren (betreffend einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darin - auf das Wesentliche zusammengefasst - festgehalten, dass der UVS für die Frage des Vorliegens der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Unrecht (entgegen der Vorgabe des § 69 Z 1 Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006) auf den Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung abgestellt hat. Dem angefochtenen Bescheid lasse sich auch nicht entnehmen, dass (bzw. allenfalls auf Grund welcher Annahmen) der UVS die Leistungsfähigkeit des präsumtiven Zuschlagsempfängers (der R GmbH) als bereits im Zeitpunkt der Angebotsöffnung () gegeben angesehen habe.

2 Da die Auftraggeberin bereits am den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren an die R GmbH erteilt hatte, beantragte die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom die Weiterführung des Verfahrens als Feststellungsverfahren.

2. Angefochtenes Erkenntnis

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das mit zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Tirol den Antrag auf Feststellung, dass der Zuschlag in diesem Vergabeverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz 2006 nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt worden sei, als unbegründet ab. Ebenso abgewiesen wurde der Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

4 Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Schriftsätze der Verfahrensparteien verwies das Verwaltungsgericht insbesondere auf die Aussage des Zeugen O (Mitarbeiter der Auftraggeberin) in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung. Zweck der Befragung sei es gewesen, zu ergründen, ob die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der R GmbH bereits zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorgelegen gewesen und auf Grund welcher Überlegungen die Auftraggeberin zu ihrem (bejahenden) Ergebnis gekommen sei. Diesbezüglich verwies das Verwaltungsgericht auf die von der R GmbH vorgelegte Liste der an sie vor dem vergebenen öffentlichen Aufträge sowie auf die Auskunft des Kreditschutzverbandes (KSV), der zufolge die R GmbH (die sich zuvor in einem Insolvenzverfahren befunden hatte) ihren Ratenzahlungsverpflichtungen pünktlich nachgekommen sei. Auch bei Beurteilung der vorgelegten Bestätigungen des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse (denen zufolge das Steuer- bzw. das Abgabenkonto jeweils ein Guthaben aufwies) habe die Auftraggeberin nach Aussage des Zeugen O auf das Vorhandensein der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung abgestellt. Aus einer Zusammenschau der herangezogenen Urkunden - so das Verwaltungsgericht - ergebe sich eindeutig, dass die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der R GmbH bereits zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung gegeben gewesen sei.

5 Zu der von der Revisionswerberin beantragten Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens hielt das Verwaltungsgericht fest, es sei nicht ersichtlich, welche Unterlagen Grundlage eines Gutachtens sein sollten.

3. Revision und Revisionsbeantwortung

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Die Auftraggeberin erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der die Abweisung der Revision beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zulässigkeit

8 Zur Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin vor, es sei die - in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bislang nicht beantwortete - Frage zu klären, welcher Standard an Leistungsfähigkeit durch alternative Nachweise (im Sinn des § 74 Abs. 2 BVergG 2006) zu belegen sei. Das Verwaltungsgericht habe lediglich eine nicht näher differenzierte finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angenommen, aber nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - geprüft, ob aus den vorgelegten Unterlagen ein Standard gleichwertig mit demjenigen hervorgehe, den die Auftraggeberin in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt habe (somit fallbezogen gleichwertig mit einem KSV-Rating von 100 bis 350). Zudem habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass für die Beurteilung der vorgelegten Nachweise im Hinblick auf ihre Gleichwertigkeit kein Sachverständigengutachten einzuholen sei.

9 Nicht geklärt sei, welche Dokumente als alternative Nachweise in Betracht kämen. Nach Auffassung der Revisionswerberin sei nicht bloß die Zahlung von Verbindlichkeiten in der Vergangenheit, sondern die Verfügbarkeit über die für die Auftragserfüllung erforderlichen Finanz- oder Sachmittel in Zukunft nachzuweisen.

10 Die Revision erweist sich im Hinblick auf dieses Vorbringen als zulässig.

2. Rechtslage

11 Die maßgeblichen Bestimmungen des BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17 (zum Teil in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2012), lauten auszugsweise:

" Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber

§ 70. (1) Der Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den §§ 71 bis 75 Unternehmer, die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, ihre


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1.
berufliche Befugnis,
2.
berufliche Zuverlässigkeit,
3.
finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie
4.
technische Leistungsfähigkeit zu belegen haben.
Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. ...
...

(5) ... Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis,

Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch mit anderen als den vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen führen, sofern die festgelegten Unterlagen aus einem gerechtfertigten Grund nicht beigebracht werden können und die vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft wie die ursprünglich festgelegten aufweisen. Der Nachweis der gleichen Aussagekraft ist vom Unternehmer nach Aufforderung zu erbringen."

" Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

§ 74. (1) Als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 kann der Auftraggeber insbesondere verlangen:


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1.
eine entsprechende Bankerklärung (Bonitätsauskunft),
2.
einen Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung,
3.
die Vorlage von Bilanzen oder Bilanzauszügen, sofern deren Offenlegung im Herkunftsland des Unternehmers gesetzlich vorgeschrieben ist,
4.
eine Erklärung über die solidarische Haftung von Subunternehmern gegenüber dem Auftraggeber, falls sich der Unternehmer zum Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf die Kapazitäten von Subunternehmern stützt,
5.
eine Erklärung über den Gesamtumsatz und gegebenenfalls über den Umsatz für den Tätigkeitsbereich, in den die gegenständliche Vergabe fällt, höchstens für die letzten drei Geschäftsjahre oder für einen kürzeren Tätigkeitszeitraum, falls das Unternehmen noch nicht so lange besteht.

(2) Kann ein Unternehmer aus einem von ihm glaubhaft zu machenden berechtigten Grund die vom Auftraggeber gemäß Abs. 1 geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom Auftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen. Als geeignete Nachweise sind jedenfalls anzusehen:


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1.
Angaben über die Anzahl der beschäftigten Dienstnehmer;
2.
Angaben über Unternehmensbeteiligungen;
3.
Angaben über Kapitalausstattung, Anlagevermögen, Grundbesitz."
3.
Zum Vorverfahren 2013/04/0056
12 Im Hinblick auf die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis ist Folgendes vorauszuschicken: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis 2013/04/0056 (lediglich) festgehalten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden (das KSV-Rating der R GmbH lautete aus näher dargestellten Gründen auf 0) nicht zu beanstanden war, "dass die Behörde (...) einen objektiv berechtigten Grund (betreffend die unterbliebene Vorlage einer KSV-Auskunft mit dem geforderten Rating zwischen 100 und
350)
sah und die Nachweiserbringung durch andere Belege grundsätzlich als zulässig erachtete", nicht jedoch - wie im angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ausgeführt - die Rechtsansicht des UVS bestätigt, "dass es der (R GmbH) durch Vorlage geeigneter Urkunden gelungen sei, deren wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit unabhängig von dem in der Ausschreibung geforderten KSV-Rating nachzuweisen". Die Frage, ob die R GmbH das von der Auftraggeberin geforderte Niveau an finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dem Grunde nach erreicht hat (unabhängig vom Abstellen auf den falschen Prüfungszeitpunkt, der für die Aufhebung des Bescheides des UVS vom durch das hg. Erkenntnis 2013/04/0056 maßgeblich war), war nicht Gegenstand des zitierten Vorerkenntnisses.
4.
Zur Gleichwertigkeit der anderen (geeigneten) Nachweise 13 Die Revisionswerberin bringt vor, im Sinn der §§ 70 Abs. 5
und 74 Abs. 2 BVergG 2006 könne nur die Art des Nachweises, nicht aber das nachzuweisende Eignungsniveau substituiert werden. Bieter, die alternative Nachweise vorlegen, dürften nicht dadurch bevorzugt werden, dass sie nur einen geringeren Eignungsstandard nachweisen müssen. Das Verwaltungsgericht sei aber zumindest implizit davon ausgegangen, dass es nicht erforderlich sei, mit den alternativen Nachweisen eine Leistungsfähigkeit gleichwertig mit einem (von der Auftraggeberin verlangten) KSV-Rating von 100 bis 350 darzutun. Das Verwaltungsgericht habe lediglich eine nicht näher bestimmte finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angenommen. Im Hinblick auf die Aussage des Zeugen O in der mündlichen Verhandlung stehe zudem auf Sachverhaltsebene fest, dass die Auftraggeberin die Gleichwertigkeit im dargestellten Sinn nicht geprüft habe.
14 Hinsichtlich der Substitution der vom Auftraggeber verlangten Eignungsnachweise durch andere Nachweise aus einem gerechtfertigten Grund enthält § 74 Abs. 2 BVergG 2006 für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine gegenüber der allgemeinen Regelung des § 70 Abs. 5 BVergG 2006 speziellere Regelung. Schon im Hinblick auf den in § 19 Abs. 1 BVergG 2006 verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter ist aber davon auszugehen, dass die in § 70 Abs. 5 BVergG 2006 enthaltene Grundregel, wonach die vom Bieter alternativ vorgelegten Unterlagen die gleiche Aussagekraft haben müssen wie die ursprünglich vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen, auch im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 2 BVergG 2006 maßgeblich ist (siehe zum Erfordernis der Gleichwertigkeit auch
Jäger , in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006,§ 74 Rz. 30). Die alternativ vorgelegten Unterlagen müssen daher nicht nur geeignet sein, die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (abstrakt) darzutun, sondern es muss damit das gleiche Niveau an Eignung nachgewiesen werden, das der Auftraggeber mit den ursprünglich von ihm verlangten Unterlagen nachgewiesen haben wollte.
Zwar kommt der Auftraggeberin die Befugnis zu, das Niveau an (hier:) finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (innerhalb der Schranken des § 70 Abs. 1 BVergG 2006) festzulegen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/04/0018, bzw. das C-27-29/86,
CEI ). Allerdings ist sie in der Folge bei der Eignungsprüfung - und somit auch bei der Prüfung der alternativ vorgelegten Nachweise - an diese (bestandfeste) Festlegung gebunden und hat hinsichtlich aller Bieter den gleichen Maßstab zugrunde zu legen.
15 Fallbezogen wäre daher zu prüfen gewesen, ob die vom Auftraggeber alternativ herangezogenen Unterlagen (Liste über die vergebenen öffentlichen Aufträge, Bestätigungen von Finanzamt und Gebietskrankenkasse, Auskunft des KSV sowie der Hausbank der R GmbH) hinsichtlich ihrer Aussagekraft einem nachgewiesenen KSV-Rating zwischen 100 und 350 gleichwertig sind. Dabei wäre nachvollziehbar in Anschlag zu bringen gewesen, dass - worauf die Revision hinweist - ein KSV-Rating bis 399 (und somit über den hier festgelegten Höchstwert von 350 hinaus) gemäß den Angaben des KSV (auf www.ksv.at) ein unterdurchschnittliches Ausfallsrisiko bedeutet.
16 Der Begründung des Vorliegens der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der R GmbH im angefochtenen Erkenntnis lässt sich nicht entnehmen, dass dabei auf das durch ein KSV-Rating von 100 bis 350 nachgewiesene Eignungsniveau abgestellt wurde. Vielmehr ergibt sich aus der im angefochtenen Erkenntnis zusammengefasst wiedergegebenen, vom Verwaltungsgericht tragend herangezogenen Aussage des Zeugen O, dass bei der Beurteilung der - als "besonders aussagekräftig" angesehenen - Liste der an die R GmbH vergebenen öffentlichen Aufträge gerade "nicht auf eine Gleichwertigkeit mit dem in der Ausschreibung geforderten Rating von 100 bis 350 abgestellt" worden sei. Die Vornahme einer Gleichwertigkeitsprüfung bei Beurteilung der alternativ vorgelegten Unterlagen ist somit nicht erkennbar.
Soweit die Auftraggeberin in ihrer Revisionsbeantwortung diesbezüglich (zusätzlich zu den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herangezogenen Unterlagen) auf zwei "Jour Fixe-Protokolle" vom November 2012 verweist, aus denen hervorgehe, dass die Gleichwertigkeit der Nachweise im Hinblick auf die geforderte KSV-Auskunft geprüft worden sei, ist anzumerken, dass eine Berücksichtigung bzw. Beurteilung dieser Unterlagen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erfolgt ist.
17 Nach Auffassung der Revisionswerberin sei die Bejahung der geforderten finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der R GmbH durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis verfehlt gewesen. Maßgeblich bei der Eignungsprüfung sei, ob der Bieter über ausreichende Mittel verfüge, um die laufende Pflichterfüllung gegenüber der Auftraggeberin und anderen Vertragspartnern zu gewährleisten. Aus den Bestätigungen von Finanzamt und Gebietskrankenkasse gehe lediglich hervor, dass die vorhandenen Mittel für die Befriedigung der öffentlichen Gläubiger ausreichend seien, über das Vorhandensein ausreichender Mittel für die Befriedigung anderer Gläubiger sei darin nichts enthalten. Auch die Bestätigungen des KSV und der Hausbank (über die in der Vergangenheit erfolgte Begleichung von Verbindlichkeiten) sei ungeeignet, um über die zukünftig zur Verfügung stehenden Mittel Auskunft zu geben. Die Liste über die in der Vergangenheit an die R GmbH erteilten öffentlichen Aufträge sei ohne Kenntnis der jeweiligen Auftragssummen, der Art der dort durchgeführten Prüfungsschritte bzw. der dort verlangten Eignungsstandards nicht aussagekräftig. Eine überdurchschnittliche Bonität (wie dies ein Rating von 350 oder besser impliziere) werde mit den vorgelegten Nachweisen nicht dargetan. Zudem habe die Revisionswerberin ihrerseits Unterlagen vorgelegt (eine negative Bonitätsbewertung der R GmbH durch ein anderes Ratingunternehmen), die beim Verwaltungsgericht Zweifel an der Richtigkeit der Bejahung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der R GmbH durch die Auftraggeberin hätten wecken müssen.
18 Der von der Auftraggeberin vorliegend verlangte Nachweis eines bestimmten KSV-Ratings dient als Bonitätsauskunft der Information der Auftraggeberin über das haftende Eigenkapital des Bieters (siehe dazu RV 1171 BlgNR 22. GP 64, sowie
Jäger , in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg.), Bundesvergabegesetz 2006,§ 74 Rz. 16 f). Auch wenn die von der Auftraggeberin vorliegend herangezogenen Unterlagen als geeignet angesehen werden können, dem Grunde nach Rückschlüsse auf die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Bieters zuzulassen, so wird nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sich daraus ein Eigenkapital der R GmbH ergibt, aus dem auf ein unterdurchschnittliches Ausfallsrisiko geschlossen werden kann. Zu der seitens des Verwaltungsgerichtes als besonders aussagekräftig angesehenen Liste der vergebenen öffentlichen Aufträge bedürfte es insbesondere näherer Angaben über das dort verlangte und der Angebotsprüfung zugrunde gelegte Eignungsniveau. Der Umstand allein, dass der R GmbH vor dem hier maßgeblichen Prüfungszeitpunkt öffentliche Aufträge erteilt worden sind (das Verwaltungsgericht weist darauf hin, dass auch andere "Großauftraggeber" offensichtlich von der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der R GmbH vor der Angebotsöffnung ausgegangen seien), lässt für sich allein noch keine verlässlichen Rückschlüsse auf ein bestimmtes Ausmaß an finanzieller und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu. (Ein Grundsatz, wonach von der Eignungsprüfung abgesehen werden kann, wenn ein anderer öffentlicher Auftraggeber - und sei es vor kurzem - eine solche vorgenommen hat, findet sich im Vergaberecht nicht.) Auch die Auskünfte über die in der Vergangenheit erfolgte Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen lassen für sich genommen nicht auf eine unterdurchschnittliche Ausfallswahrscheinlichkeit schließen.
19 Inwieweit für die Beurteilung der Gleichwertigkeit der von der Auftraggeberin herangezogenen Unterlagen mit einem nachgewiesenen KSV-Rating von 100 bis 350 - wie von der Revisionswerberin moniert - ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, wird davon abhängen, ob diese Frage auf Grund des zur Verfügung stehenden betriebswirtschaftlichen Wissens vom Verwaltungsgericht aus eigenem beurteilt werden kann. Die Revisionswerberin weist allerdings zutreffend darauf hin, dass sich aus dem hg. Erkenntnis 2013/04/0056 dafür nichts gewinnen lässt, weil der Umstand, dass der Eignungsnachweis fallbezogen durch andere als die in der Ausschreibung verlangten Unterlagen erbracht werden kann, keine Aussage zur allenfalls erforderlichen Beiziehung eines Sachverständigen beinhaltet.
5.
Verwertbarkeit von Zeugeneinvernahmen aus dem Vorverfahren 20 Abschließend wird für das fortgesetzte Verfahren noch auf
Folgendes hingewiesen:
21 Die Revisionswerberin bringt vor, aus § 25 Abs. 6 VwGVG ergebe sich, dass Beweise unmittelbar in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht aufgenommen werden müssen. Dass sämtliche Richter des nunmehr entscheidenden Senates bereits an der Entscheidung des UVS mitgewirkt hätten, sei nicht relevant, weil es sich bei der Verhandlung vor dem UVS nicht um eine gerichtliche Verhandlung gehandelt habe und die betreffenden Personen damals noch keine Richter gewesen seien. Eine Zeugeneinvernahme vor dem UVS (konkret die Einvernahme eines Mitarbeiters des KSV) könne aus diesem Grund nicht vom Verwaltungsgericht verwertet werden.
22 Diesem Argument ist die Übergangsregelung des § 3 Abs. 7 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) entgegenzuhalten. Demnach können (ua.) beim UVS anhängige Verfahren von den Verwaltungsgerichten weitergeführt werden, wenn zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Senate (des UVS und des Verwaltungsgerichtes) personelle Identität besteht (siehe auch
Fister/Fuchs/Sachs , Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 3 VwGbk-ÜG Anm. 12). Im Hinblick auf die ex tunc erfolgte Aufhebung des Bescheides des UVS vom durch das hg. Erkenntnis 2013/04/0056 und den erfolgten Zuständigkeitsübergang ermöglicht diese Bestimmung auch im vorliegenden Fall - bei Erfüllung der darin genannten Voraussetzungen - eine Weiterführung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht und eine Verwertung von Ermittlungsergebnissen des UVS durch das Verwaltungsgericht.
6.
Ergebnis
23 Im Hinblick auf die Ausführungen in Punkt II.4. war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
24 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am