VwGH vom 13.09.2012, 2011/23/0140
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Jürgen Stephan Mertens, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 15, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1355/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer, einem ägyptischen Staatsangehörigen, wurde eine vom bis zum gültige Erstaufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums erteilt, die in der Folge bis zum verlängert wurde.
Mit Bescheid vom wies die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 aus dem Bundesgebiet aus. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit betreten worden sei, ohne über einen (dafür) "geeigneten Aufenthaltstitel oder eine Beschäftigungsbewilligung" zu verfügen. Weiters bestehe auf Grund des unzureichenden Studienerfolgs der Verdacht, dass der Aufenthaltszweck ein anderer sei, als der Beschwerdeführer bei seinen Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels angegeben habe.
Mit Bescheid vom wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die dagegen erhobene Berufung als verspätet zurück. Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0209, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen, im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid vom bestätigte die belangte Behörde (im Hinblick darauf, dass von einer fristgerecht eingebrachten Berufung auszugehen war) den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass sich die Ausweisung auf § 54 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) stütze.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG bzw. des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes Bezug genommen, so handelt es sich dabei jeweils um die im Jänner 2008 geltende Fassung.
Die belangte Behörde stützte die Ausweisung des Beschwerdeführers auf § 54 Abs. 1 FPG, wobei sich der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen lässt, dass sie die Voraussetzungen sowohl der Z 1 als auch der Z 2 dieser Bestimmung als gegeben erachtete. Danach können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufhalten, ausgewiesen werden, wenn nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre (Z 1) oder wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht (Z 2).
Weder dem angefochtenen Bescheid noch den vorliegenden Verwaltungsakten lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (anders als noch zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom ) auf Grund eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufgehalten habe. Damit käme die Erlassung einer auf § 54 Abs. 1 FPG gestützten Ausweisung aber nur in Betracht, wenn sich der Beschwerdeführer während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten haben sollte.
Wie sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergibt, hat der Beschwerdeführer - worauf auch die Beschwerde Bezug nimmt - am (gestützt auf seine am geschlossene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin) einen als Erstantrag bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG", gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesem Antrag - ungeachtet seiner Bezeichnung als Erstantrag - um einen Verlängerungsantrag handeln könnte, sind nicht ersichtlich. Diesen Antrag ließ die belangte Behörde gänzlich außer Acht. Sie legte ihrer Entscheidung nämlich nur mehrere Verlängerungsanträge des Beschwerdeführers betreffend die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums (vom Oktober 2001, vom Oktober 2002 und zuletzt vom November 2003) zugrunde. Hinsichtlich dieser Anträge verneinte sie das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 NAG, demzufolge Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden dürfen, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Die belangte Behörde ließ aber jegliche Ausführungen dazu vermissen, wieso sie den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers betreffend die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums vom November 2003 zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung im Jänner 2008 - trotz des im November 2005 gestellten, als Erstantrag bezeichneten Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - noch als weiter aufrecht erhalten angesehen hat.
Wenn sich der Beschwerdeführer aber weder auf Grund eines Aufenthaltstitels noch während eines Verlängerungsverfahrens im Bundesgebiet aufgehalten haben sollte, wäre nur eine Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG in Betracht gekommen (vgl. dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0196).
Da es die belangte Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das auf die Zuerkennung von Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand gerichtete Mehrbegehren ist vom dafür zugesprochenen Pauschalbetrag bereits erfasst und war daher abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-92940