VwGH vom 29.03.2017, Ro 2015/05/0022
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der Niederösterreichischen Landesregierung gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W193 2105001-1/8E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Parteien:
1. Forschungsgemeinschaft W in S, vertreten durch Breitenecker Kolbitsch Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2; 2. Burgenländische Landesumweltanwaltschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Die Revisionsbeantwortungen der Gemeinden Sieggraben, Hochwolkersdorf und Mattersburg werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom beantragte die V-GmbH bei der Niederösterreichischen Landesregierung die Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Vorhaben Windpark Sch. durchzuführen sei. Das Vorhaben umfasse Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 19,8 MW. Die Netzeinspeisung sei bei der Netz Burgenland in die bestehenden Umspannwerke (UW) Mattersburg oder St. Martin geplant.
2 Laut einer im Namen der V-GmbH eingebrachten Eingabe der S-GmbH vom seien für die Anlagen Rodungen erforderlich. Für die Kabeltrasse der Anschlussleitung zum UW Mattersburg seien auf Grund der geplanten Nutzung von öffentlichen und bestehenden Wegen keine Rodungen notwendig. Hier würden maximal forstliche Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Die zur Verwirklichung des Projektes notwendigen Rodungsflächen betrügen insgesamt 5,23 ha, davon 3,26 ha temporäre Rodungen. Die Trasse der Anschlussleitung zum UW-Mattersburg verlaufe im Burgenland. Im Burgenland befänden sich etwa 92 % der gesamten Trasse in Naturschutzgebieten sowie etwa 6 % in Gebieten nach der "Habitatrichtlinie" sowie nach der "Vogelschutzrichtlinie". In Niederösterreich seien die Gemeinden Sch und H und im Burgenland die Gemeinde M betroffen.
3 Nach einem im Akt befindlichen E-Mail der S-GmbH vom liege die Anschlussleitung mit einer Länge von ca. 60 m auf niederösterreichischem und ca. 6000 m auf burgenländischem Grund. Die Verkabelung erfolge auf der 30-kV-Ebene.
4 In weiterer Folge erstatteten die Niederösterreichische Umweltanwaltschaft und die mitbeteiligte Forschungsgemeinschaft W ebenso wie das wasserwirtschaftliche Planungsorgan Stellungnahmen.
5 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde festgestellt, dass der Windpark Sch. (sechs Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 19,8 MW) keinen die UVP-Pflicht begründenden Tatbestand erfülle und somit keiner UVP unterzogen werden müsse.
6 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das gegenständliche Vorhaben bestehe in der Neuerrichtung und dem Betrieb von sechs Windenergieanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von 19,8 MW in der Gemeinde Sch. Insoweit entspreche es dem Vorhabentyp des Anhanges 1 Z 6 UVP-G 2000. Zur Erfüllung des Tatbestandes der Z 6 lit. a mangle es dem Windpark an der die UVP-Auspflicht auslösenden Leistungsstärke von mindestens 20 MW. Der Tatbestand der Z 6 lit. b sei angesichts des Anlagenstandortes außerhalb eines Schutzgebietes nach Anhang 2 UVP-G 2000 nicht erfüllt. Die vorhabenimmanente 30-kV-Netzleitung zum UW Mattersburg falle nicht unter den jeweils im Anhang 1 in Z 16 lit. a und lit. b UVP-G 2000 normierten Anlagentyp und erfülle überdies auch nicht die darin festgelegten Längenkriterien.
7 Die Rodungen wiesen keine nach Anhang 1 Z 46 UVP-G 2000 tatbestandsbegründenden Flächengrößen auf. Es liege weder hinsichtlich des Windparks noch der beabsichtigten Rodungen ein im örtlichen Zusammenhang zu beachtendes anderes (gleichartiges) Vorhaben vor, sodass auch der Tatbestand des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 nicht erfüllt sei.
8 Für eine Kumulationsprüfung bedürfte es zumindest einer anderen im örtlichen Zusammenhang stehenden und im Emissionsverhalten gleichartigen Anlage. Eine solche könnte lediglich in dem rund 10 km entfernten Windpark P gesehen werden. Empirisch betrachtet könne jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass angesichts der großen Entfernung die Auswirkungen beider Windparks vor allem hinsichtlich Lärm, Schattenwurf, Landschaftsbild sowie der Tier- und Vogelwelt nicht kumulieren würden. Folglich sei auch nicht zu erwarten, dass Menschen in ihrer Gesundheit und ihrem Wohlbefinden sowie Tiere oder Vögel in ihren Lebensgewohnheiten durch kumulierende Auswirkungen beider Windparks erheblich beeinträchtigt würden. Insoweit sei somit kein örtlicher Zusammenhang zwischen den beiden Windparks anzunehmen.
9 Gegen diesen Bescheid erhoben die Burgenländische Landesumweltanwaltschaft, die Forschungsgemeinschaft W, Ing. S und die Gemeinden S, H und M Beschwerden.
10 Mit dem angefochtenen Beschluss wurde auf Grund der Beschwerden der Burgenländischen Umweltanwaltschaft und der Forschungsgemeinschaft W der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Niederösterreichische Landesregierung zurückverwiesen (Spruchpunkt A I). Mit Spruchpunkt A II wurde die Beschwerde der Gemeinde M als verspätet zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt A III wurden die Beschwerden der Gemeinden H und S als unzulässig zurückgewiesen. Im Spruchpunkt A IV wurde die Beschwerde des Ing. S als unzulässig zurückgewiesen. Mit Spruchpunkt B wurde die Revision für zulässig erklärt.
11 Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die V-GmbH beabsichtige die Errichtung des Windparks Sch. als Neuvorhaben bestehend aus sechs Windkraftanlagen bzw. Windenergieanlagen auf Liegenschaften im Gemeindegebiet der Gemeinde Sch im Land Niederösterreich in unmittelbarer Nähe zur Landesgrenze zum Burgenland samt Errichtung einer 30-kV-Anschlussleitung zum Umspannwerk (UW) Mattersburg im Burgenland.
12 Die vom Vorhaben betroffenen Gemeinden seien die Gemeinde Sch in Niederösterreich bezüglich des Windparks mit sechs Windenergieanlagen und die Gemeinde M im Burgenland bezüglich der Anschlussleitung. Die Anlagenstandorte und die interne Windparkverkabelung lägen somit in Niederösterreich, die Anschlussleitung im Burgenland. Vom Vorhaben nicht betroffen und somit keine Standortgemeinden seien die Gemeinden S im Burgenland und H in Niederösterreich.
13 Die Trasse der 30 kV-Anschlussleitung zum UW-Mattersburg, die eine untrennbare Einheit mit den Windenergieanlagen bilde, verlaufe im Burgenland und berühre dort Schutzgebiete, wobei in den Antragsunterlagen vom angegeben worden sei, dass ca. 92 % der gesamten Kabeltrasse in einem Naturschutzgebiet und ca. 6 % der gesamten Kabeltrasse in einem Schutzgebiet nach der "Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie" und der "Vogelschutzrichtlinie" lägen. Trotz den Angaben in den Antragsunterlagen vom habe es die belangte Behörde unterlassen, diesbezüglich Ermittlungsschritte zu setzen.
14 Die Anlagen zur Nutzung von Windenergie sollten eine maximale Gesamtleistung von 19,8 MW erbringen.
15 Anlagenteile lägen laut Antragsunterlagen in den genannten Schutzgebieten, somit innerhalb eines schutzwürdigen Gebietes der Kategorie A des Anhanges 2 des UVP-G 2000, was die belangte Behörde nicht geprüft habe. Die Schwellenwerte des Anhanges 1 Z 6 lit. b UVP-G 2000 seien nicht geprüft worden. Gutachterliche Äußerungen etwa zur Schall- und Elektrotechnik, allenfalls zur Raumordnung und zum Landschaftsbild, fehlten.
16 Die 30-kV-Leitung diene ausschließlich dem Zweck der Energieableitung der in den Windkraftanlagen erzeugten Energie zum UW Mattersburg und bilde eine untrennbare Einheit mit den Windenergieanlagen.
17 Für die Verwirklichung des Vorhabens seien Rodungen zum Zwecke der Errichtung der Windkraftenergieanlagen notwendig, wobei im Zeitpunkt der Antragstellung dauernde Rodungen im Ausmaß von 1,97 ha und befristete Rodungen im Ausmaß von 3,26 ha (gesamt 5,23 ha) geplant seien. Unklar sei neben dem letztendlich tatsächlichen Bedarf an Rodungen für die Errichtung der Anlagen, ob Rodungen für die Energieableitung (Anschlussleitung) durchzuführen seien bzw. welches Ausmaß diese hätten. Für die Kabeltrasse sei die Verwendung von öffentlichen und bestehenden Wegen beabsichtigt. Gutachterliche Äußerungen zur Forstwirtschaft und aus den Fachbereichen Naturschutz, Ornithologie und Fledermauskunde fehlten.
18 Die Gemeinden S und H seien keine Standortgemeinden. Ihnen komme im Feststellungsverfahren keine Parteistellung zu. Ihre Beschwerden seien daher unzulässig (wurde näher ausgeführt).
19 Die Forschungsgemeinschaft W sei eine Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000, die rechtskräftig vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anerkannt sei. Ihr Tätigkeitsbereich erstrecke sich unter anderem auf Niederösterreich und Burgenland. Ihre Beschwerde sei im Sinne des § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 zulässig.
20 Die Auswirkungen des Vorhabens beträfen auch das Burgenland, weshalb die Burgenländische Umweltanwaltschaft Parteistellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 habe. Ihre Beschwerde sei daher zulässig.
21 Die Gemeinde M sei Standortgemeinde, weil die Trasse der 30-KV-Anschlussleitung zum Umspannwerk M reiche. Ihre Beschwerde sei aber verspätet (wurde näher ausgeführt).
22 Ing. S habe keine Parteistellung im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, und seine Beschwerde sei daher unzulässig (wurde näher ausgeführt).
23 Der Windpark Sch. erstrecke sich mit allen seinen Vorhabensteilen über zwei Länder, nämlich Niederösterreich und Burgenland. Im Folgenden wird in der Begründung eingehend auf die Bestimmungen des Art. 11 Abs. 8 B-VG sowie des Art. 15 Abs. 7 B-VG eingegangen. Nachdem diese Bestimmungen mit Ablauf des außer Kraft getreten seien, sei zu prüfen, ob zur Beantwortung der Frage der Zuständigkeit der Behörde im sprengelübergreifenden UVP-Feststellungsverfahren § 4 AVG eine geeignete Regelung biete. Dies verwarf das Bundesverwaltungsgericht, da § 4 AVG nur die Zuständigkeit von mehreren Behörden desselben verfassungsgesetzlich festgelegten Vollzugsbereiches erfasse und nicht den Fall, wenn mehrere Behörden aus verschiedenen Vollzugsbereichen örtlich zuständig seien, wie etwa zwei Landesregierungen (wurde näher ausgeführt).
24 Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass das subjektive Recht auf Entscheidung einer im Gesetz vorgesehenen Angelegenheit der Behörde gegenüber auch durchgesetzt werden könne. Habe der Antragsteller etwa bei einem länderübergreifenden Vorhaben keine Möglichkeit, im Fall der Säumnis sein subjektives Recht durchzusetzen und eine Entscheidung zu erzwingen, liege eine echte Regelungslücke vor.
25 Für das Vorliegen einer Rechtslücke spreche auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach eine allfällige Befugnis einer anderen Behörde, bei der Erlassung von Hoheitsakten der primär zuständigen Behörde durch Zustimmung oder Herstellung eines Einvernehmens mitzuwirken, gesetzlich vorgesehen sein müsse.
26 Als analog anzuwendende Norm zum Lückenschluss biete sich die Regelungskombination des Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 an, wonach das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten des Art. 11 Abs. 1 Z 7 B-VG gleichsam "Nachfolger" des Umweltsenates werde (wurde näher ausgeführt).
27 Die belangte Behörde sei zur Erlassung des bekämpften Bescheides grundsätzlich zuständig gewesen, wobei sie jedoch die Auswirkungen auf die Umwelt grenzübergreifend unter Beteiligung der Burgenländischen Landesregierung hätte prüfen müssen. Die Vorgangsweise des einvernehmlichen Vorgehens beider Länder stütze sich nicht auf die geltende Rechtslage, sondern wende die alte Rechtslage des Art. 11 Abs. 8 B-VG analog an, um den Grundsätzen der UVP-Richtlinie zum Durchbruch zu verhelfen.
28 Die Alternative zur Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 AVG wäre nicht die vollkommen eigenständige, sondern die fehlende Entscheidungskompetenz der betreffenden Behörden. Hieraus würde für die Frage nach der Notwendigkeit eines UVP-Verfahrens ein deutliches Rechtsschutzdefizit folgen und die Gefahr bestehen, dass entweder einerseits eine umfassende fachliche Bewertung des Gesamtvorhabens im Sinne der UVP-Richtlinie vermieden würde oder sogar bewusst vermieden werden könnte bzw. andererseits grundsätzlich wichtige Infrastrukturprojekte nicht realisiert werden könnten. Beim Nichterzielen einer einvernehmlichen Entscheidung zwischen der Niederösterreichischen und der Burgenländischen Landesregierung wäre daher bei analoger Anwendung des Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm Z 26 der Anlage zur B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 auf Antrag eines Landes oder einer an der Sache beteiligten Partei das Bundesverwaltungsgericht als Zuständigkeitsnachfolger des Umweltsenates zur Entscheidung (Feststellung) über die UVP-Pflicht des Gesamtvorhabens Windpark Sch. berufen.
29 Das Betrachten von einzelnen Teilen, insbesondere das Aufteilen des Vorhabens zur Errichtung eines Windparks in einen Teil, der die Energiegewinnung aus Windkraft betreffe, und in einen Teil, der die Ableitung der gewonnenen Energie betreffe, sei grundsätzlich unzulässig. Eine 30-kV-Leitung, die allein zu dem Zweck errichtet werde, um von Windkraftanlagen erzeugte Energie zum Umspannwerk zu transportieren, sei unzweifelhaft als Teil und untrennbare Einheit der Windkraftanlage anzusehen. Die Leitung werde zudem in den Antragsunterlagen auch ausdrücklich als Anschlussleitung bezeichnet. Ohne Windpark gäbe es die 30-kV-Leitung nicht, und ohne 30 kV-Leitung gäbe es den Windpark nicht. Vorhaben, die im Rahmen eines Feststellungsverfahrens auf ihre UVP-Pflicht zu untersuchen seien, seien grundsätzlich unteilbar.
30 Anhang 1 Z 16 UVP-G 2000 regle Leitungen mit einer Mindestnennspannung von 220 kV (lit. a) bzw. 110 kV in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A oder B (lit. b). Diese Mindestnennspannung habe die 30 kV Leitung nicht, sie falle daher nicht unter Anhang 1 Z 16 UVP-G 2000.
31 Im Sinne des Wortlautes der Spalte 3 des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 müssten sich die Vorhaben innerhalb des jeweiligen Schutzgebietes befinden. Es müsse aber nicht das ganze Vorhaben in einem Schutzgebiet liegen. Auch wenn nur Teile der Anlage im Schutzgebiet lägen, sei das gesamte Vorhaben unter die Tatbestände der Spalte 3 subsumierbar. Es reiche nämlich aus, wenn ein Teil des Vorhabens im schutzwürdigen Gebiet liege, möge dieser Teil auch noch so kurz sein. Die UVP sei dann für das gesamte Vorhaben, nicht nur für den im schutzwürdigen Gebiet liegenden Teil, durchzuführen (Verweis auf Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 485). Daher handle es sich um eine Anlage zur Nutzung von Windenergie innerhalb eines schutzwürdigen Gebietes und stelle das Vorhaben Windpark Sch. ein Vorhaben gemäß Anhang 1 Spalte 3 Z 6 lit. b UVP-G 2000 dar.
32 Das Vorhaben solle eine Gesamtnennleistung von 19,8 MW erbringen und liege somit über dem Schwellenwert von 10 MW des Anhanges 1 Spalte 3 Z 6 lit. b UVP-G 2000.
33 Gemäß § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 sei bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 des UVP-G 2000 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt sei, durch die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten sei, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet festgelegt worden sei, wesentlich beeinträchtigt werde.
34 Da der Windpark Sch. mit einigen Anlagenteilen innerhalb eines schutzwürdigen Gebietes der Kategorie A des Anhanges 2 des UVP-G 2000 liege, handle es sich bei den ihn betreffenden Rodungen um ein Vorhaben gemäß Anhang 1 Spalte 3 Z 46 lit. e bzw. f UVP-G 2000. Unter Außerachtlassung der Bestandsrodungen bleibe der Wert im vorliegenden Fall unter dem von Anhang 1 Spalte 3 Z 46 lit. e UVP-G 2000 verlangten Schwellenwert von 10 ha. Es sei jedoch im Verfahren unterlassen worden, einen forstfachlichen Sachverständigen beizuziehen, sodass weder die Lage von Rodungen in einem besonders schutzwürdigen Gebiet der Kategorie A noch die innerhalb der letzten zehn Jahre genehmigten Flächenausmaße bekannt seien und eine Beurteilung, ob das Vorhaben unter Anhang 1 Spalte 3 Z 46 lit. e oder f UVP-G 2000 falle, nicht vorgenommen werden könne (wurde näher ausgeführt).
35 Die zentrale Ermittlungslücke bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes liege darin, dass es die belangte Behörde verkannt habe, das geplante Vorhaben als eine Einheit zu betrachten, dass es also auch auf schutzwürdigen Gebieten zu liegen komme, weshalb gemäß § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 bei der Beurteilung der Anlagen zur Nutzung von Windenergie die Schwellenwerte des Anhanges 1 Z 6 lit. b UVP-G 2000 (elektrische Gesamtleistung von mindestens 10 MW oder zehn Konverter mit einer Nennleistung von mindestens je 0,5 MW) zugrundezulegen gewesen wären. Die Behörde habe es unterlassen, allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen, die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 UVP-G 2000 zu untersuchen.
36 Eine weitere gravierende Ermittlungslücke bestehe darin, dass es die Behörde unterlassen habe, das Gesamtausmaß der für den Windpark Sch. nötigen Rodungen und deren Lage zu ermitteln. Bei der Beurteilung der Rodungen hätten die Schwellenwerte des Anhanges 1 Z 46 lit. e UVP-G 2000 beachtet werden müssen.
37 Eine weitere krasse Ermittlungslücke bestehe auch darin, dass (unter der Annahme, dass die im Anhang 1 Z 46 UVP-G 2000 normierten Grenzwerte eingehalten würden) durch die Behörde der Kumulierungstatbestand des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 nicht geprüft worden sei, und zwar in dem Sinne, ob es andere Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang gebe, mit denen gemeinsam der Schwellenwert erreicht werde und bei denen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei, wobei Vorhaben sowohl in Niederösterreich als auch im Burgenland zu betrachten gewesen wären.
38 Die Behörde habe es weiters unterlassen, allenfalls unter Beiziehung eines forstfachlichen Amtssachverständigen das Gesamtausmaß der in den letzten zehn Jahren genehmigten Rodungsflächen zu ermitteln und zu untersuchen, wie sich der örtliche Zusammenhang der Rodungen tatsächlich darstelle und in welchem Naheverhältnis sich die allfälligen bisherigen Rodungen und die Rodungen des gegenständlichen Vorhabens befänden, mithin die Frage zu beantworten, ob eine Erweiterung im Sinne des Anhanges 1 Z 46 lit. f UVP-G 2000 vorliege. Für den Fall einer Erweiterung einer Rodung habe es die Behörde unterlassen zu prüfen, ob tatsächlich nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. In diesem Zusammenhang sei auch das Fehlen eines ornithologischen und eines fledermauskundlichen Gutachtens als weitere Ermittlungslücke festzuhalten. Der erhobene Sachverhalt sei daher so mangelhaft, dass die Wiederholung und Ergänzung behördlicher Ermittlungsschritte unvermeidlich erscheine.
39 Im vorliegenden Fall sei es eine verfahrensrelevanten Rechtsfrage, ob die Niederösterreichische Landesregierung zur Erlassung des bekämpften Bescheides bezüglich eines länderüberschreitenden Vorhabens nach Wegfall des Art. 11 Abs. 8 B-VG zuständig gewesen sei, und daher sei die Revision zulässig.
40 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
41 Das Bundesverwaltungsgericht hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.
42 Die Burgenländische Umweltanwaltschaft und die Forschungsgemeinschaft W haben Revisionsbeantwortungen erstattet mit dem Antrag, die vorliegende Revision kostenpflichtig zurückbzw. abzuweisen.
43 Die Gemeinden H, S und M haben ebenfalls Revisionsbeantwortungen erstattet.
44 Auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
45 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
46 Die Revision ist aus den im angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes genannten Gründen zulässig.
47 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, insoweit das Bundesverwaltungsgericht das Vorhaben der Windkraftanlagen mit der 30-kV-Leitung als untrennbare Einheit verstehe, stehe diese Auffassung im Gegensatz zum Projektwillen und auch den darauf gestützten Annahmen des Bundesverwaltungsgerichtes (wird näher ausgeführt). Begründet werde nicht, weshalb die Windkraftanlagen und die 30-kV-Leitungen eine untrennbare Einheit bzw. Anlage im Sinne von § 2 Abs. 5 UVP-G 2000 darstellten. Es stimme nicht, dass die Windkraftanlagen und die Leitung einander zwingend bedingten. Ebenso könnte die in den Windkraftanlagen erzeugte Energie auf einer anderen Trasse zu einem anderen Umspannwerk geleitet oder am Standort der Konverter genutzt werden. Insoweit erschienen in einem auch alle Argumente für die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen rechtlichen Zuordnungen zu den Tatbeständen des Anhanges 1 des UVP-G 2000 und die unmittelbar daraus abgeleiteten Ermittlungsmängel als unbegründet.
48 Das Bundesverwaltungsgericht räume der belangten Behörde Prüf- und Entscheidungsbefugnisse im Burgenland ein. Diese Befugnis solle nur unter Beteiligung der burgenländischen Behörde ausgeübt werden können, wobei das Verständnis dieser Beteiligung verborgen bleibe. Abgesehen von der unbegründeten Annahme der Zuständigkeit der belangten Behörde für die 30-kV-Leitung im Burgenland erhebe sich noch die weitere Frage, weshalb der Burgenländischen Umweltanwaltschaft im Feststellungsverfahren der belangten Behörde Parteistellung zuerkannt werde. Das Argument, das Burgenland sei durch einen Teil der Windkraftanlagen betroffen, gehe sachverhaltsmäßig fehl. Andere Gründe würden nicht genannt. Es bleibe unbeantwortet, ob grundsätzlich der Umweltanwalt eines Bundeslandes im Verwaltungsverfahren eines anderen Bundeslandes Parteistellung erlangen könne bzw. unter welchen Voraussetzungen dies denkbar wäre.
49 Starkstromleitungen wie die gegenständliche 30-kV-Leitung wiesen im Gegensatz zu Anlagen zur Nutzung der Windenergie eine andere Zweckbestimmung auf. Sie dienten nicht der Stromerzeugung, sondern einzig und allein der Ableitung der mittels der Konverter erzeugten Energie zu Umspannwerken, um sie dort in die gewünschte Spannung zur Einspeisung in das Verteiler- bzw. Übertragungsnetz eines Netzbetreibers zu bringen. Insoweit stellten die Leitungen keinen Anlagenteil des Konverters dar, sondern seien für sich als selbständige Anlage zu bezeichnen, die im Verbund mit einem Windparkprojekt, verstanden als Vorhaben im Sinn von § 2 Abs. 2 UVP-G 2000, einen Bestandteil dessen ausmachten. Das Gesetz trage dem auch insoweit Rechnung, als es im Anhang 1 Z 16 UVP-G 2000 solche Leitungen ab einer bestimmten Netzspannung als der UVP-Pflicht unterliegende eigenständige Vorhaben normiere.
50 Die Auffassung, dass die gegenständlichen Windkraftanlagen und die 30-kV-Leitung als eine Anlage im Sinn von § 2 Abs. 5 UVP-G 2000 respektive als ein Vorhaben im Sinne von Anhang 1 Z 6 UVP-G 2000 zu verstehen seien, sei unrichtig. Das Bundesverwaltungsgericht lasse außer Acht, dass länderübergreifende Starkstromleitungen einem anderen Kompetenztatbestand des B-VG als Windkraftanlagen zugeordnet seien. Daher seien die gegenständlichen Windkraftanlagen und die 30-kV-Leitung in verfassungskonformer Interpretation als strikt voneinander getrennte Anlagen zu betrachten. Konsequenterweise seien auch die vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Rechtsfolgen rechtswidrig. Insbesondere lägen keine Teile der Windkraftanlagen im Burgenland bzw. in schutzwürdigen Gebieten nach Anhang 2 Kategorie A UVP-G 2000. Die Subsumption der Windkraftanlagen unter Anhang 1 Z 6 lit. b UVP-G 2000 sei unzutreffend.
51 In gleicher Weise sei die Subsumption der Rodungen, die projektgemäß auf keinen Schutzgebieten nach Anhang 2 Kategorie A UVP-G 2000 vorgesehen seien, unter die Tatbestände von Anhang 1 Z 46 lit. e und f UVP-G 2000 unzulässig. Daher seien die Regelungen des § 3 Abs. 4 UVP-G 2000 auf die gegenständlichen Windkraftanlagen und Rodungen nicht anwendbar, und die daraus abgeleiteten Ermittlungsmängel lägen nicht vor.
52 Abgesehen davon seien nach dem Projektwillen sowohl die Windkraftanlagen als auch die Rodungen Neuvorhaben nach Anhang 1 Z 6 lit. a bzw. Z 46 lit. a UVP-G 2000, sodass für Änderungen solcher Anlagen normierte Tatbestände unanwendbar und die vom Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Rodungen in Richtung Änderungsvorhaben angestellten Überlegungen unzutreffend seien.
53 Hinsichtlich der beanstandeten Ermittlungsmängel würden im Übrigen die Kriterien einer Grobprüfung unzulässig überschritten.
54 Da eine Betroffenheit des Burgenlandes nicht vorliege, sei auch die Parteistellung der Burgenländischen Landesumweltanwaltschaft nicht gegeben.
§ 3 Abs. 7 UVP-G 2000 spreche nicht von "Umweltanwälten", woraus abzuleiten sei, dass nur der Umweltanwalt jenes Landes Parteistellung erlangen könne, in dem das Vorhaben seinen Standort habe bzw. realisiert werden solle. Sollte ein Vorhaben länderübergreifend sein, seien die Umweltanwälte jedes Bundeslandes verhalten, für den in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich gelegenen Anlagenteil gesondert die Feststellung der Umweltverträglichkeit bei der jeweils zuständigen Landesregierung zu beantragen. In dem jeweiligen Verfahren habe der Umweltanwalt Parteistellung und auch Beschwerdelegitimation, nicht jedoch im Feststellungsverfahren vor der anderen im Gegenstand involvierten Behörde. Umweltanwälte seien als Organe des jeweiligen Landes eingerichtet und somit regelmäßig mit einem auf das Land beschränkten Aufgabenbereich ausgestattet. Ein Umweltanwalt könne daher grundsätzlich nur im Verwaltungsverfahren vor Behörden seines Landes und nicht jenen eines anderen Landes Parteistellung erlangen.
55 Die der belangten Behörde zugedachten Zuständigkeiten und Verpflichtungen zur Vornahme von Verfahrenshandlungen auch im Burgenland entbehrten jeder Rechtsgrundlage. Bedenklich erscheine der Versuch, unter Anwendung von Analogien eine vom Gesetzgeber bewusst geänderte frühere Rechtslage wiederaufleben zu lassen. Ebenso sei es bedenklich, die Zuständigkeit der belangten Behörde außerhalb ihres gesetzlich festgelegten örtlichen Zuständigkeitsbereiches an die Beteiligung einer anderen Landesregierung zu knüpfen und insoweit zu legitimieren. Die Frage nach den Zuständigkeiten von Behörden sei davon zu trennen, ob im Einzelfall ein koordiniertes Vorgehen von verschiedenen Behörden ex lege geboten sei oder nicht. Verfassungsrechtlich bedenklich sei es weiters, dass die 30-kV-Leitung, entgegen dem Projektwillen, gesamt in das Burgenland verlegt und dadurch der Qualifikation als ein länderübergreifendes Vorhaben entledigt und insoweit einem anderen Kompetenztatbestand zugeordnet werde.
56 § 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, lautet:
"Zuständigkeit
§ 1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Behörden richtet sich nach den Vorschriften über ihren Wirkungsbereich und nach den Verwaltungsvorschriften."
57 § 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idF BGBl. I Nr. 100/2011 lautet:
"§ 3. Soweit die in § 1 erwähnten Vorschriften über
die örtliche Zuständigkeit nichts bestimmen, richtet sich diese
1. in Sachen, die sich auf ein unbewegliches Gut beziehen:
nach der Lage des Gutes;
2. in Sachen, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens
oder einer sonstigen dauernden Tätigkeit beziehen: nach dem Ort,
an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird
oder werden soll;
3. in sonstigen Sachen: zunächst nach dem Hauptwohnsitz
(Sitz) des Beteiligten, und zwar im Zweifelsfall des belangten oder verpflichteten Teiles, dann nach seinem Aufenthalt, dann nach seinem letzten Hauptwohnsitz (Sitz) im Inland, schließlich nach seinem letzten Aufenthalt im Inland, wenn aber keiner dieser Zuständigkeitsgründe in Betracht kommen kann oder Gefahr im Verzug ist, nach dem Anlaß zum Einschreiten; kann jedoch auch danach die Zuständigkeit nicht bestimmt werden, so ist die sachlich in Betracht kommende oberste Behörde zuständig."
58 § 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, lautet:
"§ 4. (1) Ist gemäß den in § 1 erwähnten Vorschriften die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden gegeben und für diesen Fall nicht anderes bestimmt oder begründen die in § 3 Z 1 und 2 angeführten Umstände die örtliche Zuständigkeit mehrerer Behörden, so haben diese Behörden einvernehmlich vorzugehen.
(2) Gelangen sie in der Sache zu keinem Einvernehmen, so geht die Zuständigkeit auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und, wenn danach verschiedene Behörden berufen sind und auch diese sich nicht zu einigen vermögen, auf die sachlich in Betracht kommende gemeinsame Oberbehörde über.
(3) Bei Gefahr im Verzug hat jede der in Abs. 1 bezeichneten Behörden in ihrem Amtsbereich die notwendigen Amtshandlungen unter gleichzeitiger Verständigung der anderen Behörden vorzunehmen."
59 § 2 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 87/2009 lautet auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 2.
...
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
...
(4) Umweltanwalt ist ein Organ, das vom Bund oder vom betroffenen Land besonders dafür eingerichtet wurde, um den Schutz der Umwelt in Verwaltungsverfahren wahrzunehmen.
(5) Kapazität ist die genehmigte oder beantragte Größe oder Leistung eines Vorhabens, die bei Angabe eines Schwellenwertes im Anhang 1 in der dort angegebenen Einheit gemessen wird. Anlage ist in diesem Zusammenhang eine örtlich gebundene Einrichtung oder eine in engem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Gesamtheit solcher Einrichtungen, die einem im Anhang 1 angeführten Zweck dient."
60 § 3 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF BGBl. I Nr. 95/2013 lautet auszugsweise:
"Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind § 3a Abs. 2, § 6 Abs. 1 Z 1 lit. d und f, § 7 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 20 Abs. 5 und § 22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des § 3a Abs. 3, § 7 Abs. 3, § 12a und § 19 Abs. 2 anzuwenden.
(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
(3) Wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sind die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (§ 39) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren).
(4) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt ist, hat die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Bei dieser Prüfung sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D oder E des Anhanges 2 nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Ist mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Abs. 7 (Feststellungsverfahren) ist anzuwenden. Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Kumulierung
mit anderen Vorhaben, Nutzung der natürlichen Ressourcen,
Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen,
Unfallrisiko),
2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit
unter Berücksichtigung bestehender Landnutzung, Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebietes, Belastbarkeit der Natur, historisch, kulturell oder architektonisch bedeutsame Landschaften),
3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf
die Umwelt (Ausmaß der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens. Bei Vorhaben der Spalte 3 des Anhanges 1 ist die Veränderung der Auswirkungen im Hinblick auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich.
Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.
...
(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß § 19 Abs. 7 ausgewiesene örtliche Zulassungsbereich maßgeblich.
..."
61 § 39 UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, idF
BGBl. I Nr. 95/2013 lautet auszugsweise:
"Behörden und Zuständigkeit
§ 39. (1) Für die Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt ist die Landesregierung zuständig. Die Zuständigkeit der Landesregierung erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den gemäß § 5 Abs. 1 betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 18b. Sie erfasst auch die Vollziehung der Strafbestimmungen. Die Landesregierung kann die Zuständigkeit zur Durchführung des Verfahrens, einschließlich der Verfahren gemäß Abs. 4 und § 45, und zur Entscheidung ganz oder teilweise der Bezirksverwaltungsbehörde übertragen. Gesetzliche Mitwirkungs- und Anhörungsrechte werden dadurch nicht berührt.
(2) ..."
62 Gemäß Art. 11 Abs. 1 Z 7 B-VG ist Bundessache die Gesetzgebung, Landessache die Vollziehung in Angelegenheiten der Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, und, soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, die Genehmigung solcher Vorhaben.
63 Art. 11 Abs. 8 B-VG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 lautete:
"Artikel 11.
...
(8) Erstreckt sich ein Vorhaben gemäß Abs. 1 Z 7 auf das Gebiet mehrerer Länder, so haben die Landesinstanzen einvernehmlich vorzugehen. Wird eine einvernehmliche Entscheidung nicht innerhalb der bundesgesetzlich festzusetzenden Frist erlassen, so geht die Zuständigkeit auf Antrag einer Landesinstanz oder einer an der Sache beteiligten Partei auf den unabhängigen Umweltsenat über.
..."
64 Artikel 15 Abs. 7 B-VG idF vor der Novelle
BGBl. I Nr. 51/2012 lautete:
"Artikel 15.
...
(7) Wenn ein Akt der Vollziehung eines Landes in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 für mehrere Länder wirksam werden soll, so haben die beteiligten Länder zunächst einvernehmlich vorzugehen. Wird ein einvernehmlicher Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten seit dem Anfall der Rechtssache erlassen, geht die Zuständigkeit zu einem solchen Akt auf Antrag eines Landes oder einer an der Sache beteiligten Partei an den zuständigen Bundesminister über. Das Nähere können die nach den Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 ergehenden Bundesgesetze regeln.
..."
65 Mit der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 wurden Art. 11 Abs. 8 B-VG und Art. 15 Abs. 7 B-VG aufgehoben. Die Gesetzesmaterialien dazu (1618 BlgNR 24. GP 8f) lauten:
"Der vorgeschlagene Entfall der Kompetenzdevolution des Art. 15 Abs. 7 trägt der negativen verfassungspolitischen Bewertung dieser Bestimmung in der Lehre (vgl. Wiederin, Art 15/7 B-VG, in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Kommentar, 8. Lfg. (2007), Rz 24) und ihrer mangelnden praktischen Bedeutung Rechnung. Wie Wiederin zutreffend ausführt, kann der Bund seine Interessen im Wege der Gesetzgebung wahren, indem er die Zuständigkeiten der Landesbehörden auf eine Art und Weise festlegt, die Zuständigkeitskonkurrenzen vermeidet. Für die Wahrung der Länderinteressen genügt es, dass in Verwaltungssachen, in denen die Behörden mehrerer Länder örtlich zuständig sind, jedes Land die Auswirkungen auf sein Gebiet beurteilt und dass im Übrigen der Grundsatz der Genehmigungskonkurrenz zur Anwendung gelangt. Den Interessen der Parteien ist durch die allgemeinen Rechts- und Säumnisschutzwege (also künftig: durch die Erhebung einer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach dem in Z 60 vorgeschlagenen Art. 130 Abs. 1 Z 3 beim Verwaltungsgericht) Genüge getan. Im Rahmen des Verfahrens zur Begutachtung des Entwurfes 129/ME (XXIV. GP), in welchem die praktische Bedeutung des Art. 15 Abs. 7 erhoben wurde, wurde von den Bundesministerien kein einziger Fall mitgeteilt, in welchem seit dem eine Kompetenzdevolution nach dieser Bestimmung eingetreten wäre. Art. 15 Abs. 7 B-VG kann daher entfallen.
Die vorstehenden Überlegungen treffen umso mehr auf die analoge Regelung des Art. 11 Abs. 8 B-VG zu, sieht dieser doch für Vorhaben, die sich auf das Gebiet mehrerer Länder erstrecken, - also für einen Fall der Zuständigkeitskonkurrenz - einen Übergang der Zuständigkeit auf den unabhängigen Umweltsenat und damit auf eine Behörde vor, deren Zuständigkeit nach dem Entwurf auf die Verwaltungsgerichte übergehen soll."
66 Zunächst ist die strittige Frage zu behandeln, ob die Windkraftanlagen und die Anschlussleitung ein Vorhaben darstellen. Auszugehen ist dabei von dem von der Antragstellerin definierten Projekt, nicht hingegen von anderen Möglichkeiten etwa des Verlaufes der Anschlussleitung, wie dies von der Revision ins Spiel gebracht wird.
67 Gegenstand des Feststellungsverfahrens ist die Klärung der Frage, ob für ein Vorhaben eine UVP durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 UVP-G 2000 durch das Vorhaben verwirklicht wird (vgl. § 3 Abs. 7 UVP-G 2000). Was unter einem Vorhaben im Sinne des UVP-G 2000 zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 UVP-G 2000. § 2 Abs. 5 UVP-G 2000, den die Revision anführt, ist hingegen diesbezüglich nicht maßgebend, da diese Bestimmung nur den Begriff der Kapazität regelt und schon seinem Wortlaut nach die "Anlage" nur "in diesem Zusammenhang" definiert. Auch der Verweis der Revision auf kompetenzrechtliche Verschiedenheiten bezüglich der Windkraftanlagen und der Anschlussleitung ist nicht zielführend, umfasst die Kompetenz des Art. 11 Abs. 1 Z 7 B-VG doch auch die Genehmigung UVP-pflichtiger Vorhaben ohne Relevanz ansonsten gegebener Kompetenzschranken. Das Vorliegen eines Vorhabens wird auch nicht dadurch gehindert, dass im Anhang 1 zum UVP-G 2000 für einzelne Vorhabensteile verschiedene Tatbestände normiert sind (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/06/0019, und vom , Zl. 2012/05/0073).
68 Der Vorhabensbegriff des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 ist weit zu verstehen. Er erfordert es, ein oder mehrere Projekte in ihrer Gesamtheit und unter Einbeziehung auch jener Anlagen und Anlagenteile, die für sich nicht UVP-pflichtig wären, zu beurteilen. Es ist auf den räumlichen und sachlichen Zusammenhang der einzubeziehenden Anlagen oder Eingriffe abzustellen. Liegt ein solcher Zusammenhang vor, ist von einem Vorhaben auszugehen. Das Vorhaben beschränkt sich nicht auf die jeweilige technische Anlage, sondern umfasst auch alle mit dieser in ihrem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom , mwN). Räumlich zusammenhängende Projekte sind als Einheit und somit als ein Vorhaben dann anzusehen, wenn sie in einem engen funktionellen Zusammenhang stehen, sei es, dass durch ihre kumulative Wirkung Schwellenwerte oder Kriterien von Vorhaben des Anhanges 1 des UVP-G 2000 erreicht bzw. erfüllt werden, sei es, dass die Verwirklichung des einen Vorhabensteils die Verwirklichung des anderen erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/03/0160).
69 Keinesfalls können Ländergrenzen bewirken, dass die Einheit eines Vorhabens in UVP-rechtlicher Hinsicht nicht mehr gegeben wäre, zumal nicht einmal Staatsgrenzen diese in Frage stellen können, wobei es keine Rolle spielt, wenn der in einem Mitgliedsstaat gelegene Teil des Projektes seinerseits die Kriterien für die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP nicht erfüllt (, Umweltanwalt von Kärnten gegen Kärntner Landesregierung).
70 Ein für sich nicht UVP-pflichtiges Vorhaben bildet dann keine Einheit mit einem anderen Projekt, wenn es (auch) einen mit jenem nicht zusammenhängenden Zweck verfolgt und keinen engeren Zusammenhang mit jenem aufweist, als er bei bloßen, nicht UVPpflichtigen Vorarbeiten zu sehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0019, mwN; in diesem Erkenntnis ging es um ein Straßenprojekt, für das es zwar ein Grund war, durch die Verlegung der Straße Raum für Baustelleneinrichtungen vor dem Zufahrtstor zum Brenner Basistunnel für den Bau des Tunnels zu schaffen. Abgesehen davon, dass das Projekt auch den mit dem Brenner Basistunnel nicht zusammenhängenden Zweck verfolgte, eine neue Brücke über die Sill zu errichten, erschien bei dem weiteren Zweck, durch die Verlegung der Straße Raum für Baustelleneinrichtungen vor dem Zufahrtstor zum Brenner Basistunnel zu schaffen, der Zusammenhang nicht enger als bei bloßen, nicht UVP-pflichtigen Vorarbeiten).
71 In dem in der Revision genannten hg. Erkenntnis vom , 2001/07/0047, ging es um eine Anlage zur Entsorgung und Schadstoffentfrachtung von Altautos durch Trockenlegung und Demontage von gefährlichen Abfällen einerseits (UVP-pflichtig ab einer Kapazität von mindestens 20.000 t/Jahr) und andererseits eine Anlage zur Sortierung und Aufbereitung von Haushaltsschrott, Gewerbe- und Industrieschrott und auch Schrott von Autowracks zum Zweck der Weitergabe an den Sekundärrohstoffhandel, also mit Manipulation mit nichtgefährlichen Abfällen. Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Schluss, dass im Hinblick auf den Tatbestand des Anhanges 1 Z 2 UVP-G ein unterschiedlicher Betriebszweck vorlag, nämlich einmal die Manipulation mit gefährlichen, im anderen Fall mit nichtgefährlichen Abfällen, sodass keine Einheitlichkeit gegeben sei. Ob auch eine Kumulierungsprüfung nach § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 dasselbe Ergebnis erbracht hätte, hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu untersuchen, da diese Bestimmung noch keine Anwendung fand.
72 Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist es von Bedeutung, dass der Windpark seinem bestimmungsgemäßen Zweck nach eine Anschlussleitung zu einem Umspannwerk aufweist. Dieser Zusammenhang war in Bezug auf die Schrottbehandlungsanlagen in dem von der Revision ins Treffen geführten bereits angeführten hg. Erkenntnis vom ebensowenig gegeben wie hinsichtlich der Straße in Bezug auf den Bau des Brenner Basistunnels im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/06/0019. Dass allenfalls auch ein anderer Verlauf der Anschlussleitung oder eine Stromnutzung am Standort der Konverter in Frage käme, ist nicht von Relevanz, weil es, wie bereits bemerkt, um das von der Antragstellerin namhaft gemachte, konkrete Projekt geht.
73 Das hier gegenständliche Vorhaben ist daher sowohl mit seinem Teil der Windkraftanlage als auch mit jenem der Anschlussleitung als eine Einheit anzusehen. Damit ist nun als nächstes die Frage zu behandeln, welche Behörde zur Entscheidung über den gegenständlichen Feststellungsantrag zuständig war.
74 Die Regelung der Zuständigkeit, auch der örtlichen, bedarf einer präzisen gesetzlichen Regelung (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 98 unter E 14 zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes). Ehe Rechtslücken angenommen werden und - an sich zulässige, vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. Nr. 12.883 - Analogien angewandt werden, ist zu prüfen, ob nicht ohnedies eine hinreichend präzise, ausdrückliche gesetzliche Regelung vorhanden ist.
75 In Bezug auf die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 39 UVP-G 2000 die Zuständigkeit der Landesregierung. Über die örtliche Zuständigkeit regelt das UVP-G 2000 nichts, sodass die subsidiär heranzuziehende Regelung des § 3 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0666) in den Blick zu nehmen ist.
76 Gemäß § 3 Z 1 AVG richtet sich - soweit die in § 1 AVG erwähnten Vorschriften wie hier nichts anderes bestimmen - die örtliche Zuständigkeit in Sachen, die sich auf ein unbewegliches Gut im Sinne des Bürgerlichen Rechts beziehen (z.B. Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, Baubewilligungsverfahren) nach der Lage des Gutes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2016/04/0014, mwN). In einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren bestimmt in erster Linie der Antragsteller, was Gegenstand und damit Sache des Genehmigungsverfahrens ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN). Sowohl der Windpark als auch die Anschlussleitung stellen ein unbewegliches Gut im Sinne des Bürgerlichen Rechts dar.
77 Nach dem Spruch des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom bezog sich deren Feststellung auf den "Windpark Sch" mit sechs Windenergieanlagen mit einer Gesamtnennleistung von 19,8 MW. Der gegenständliche Antrag der V-GmbH umfasste allerdings auch die Netzeinspeisung in das UW-Mattersburg. In der Bescheidbegründung wurde auf die 30-kV-Netzleitung zum UW-Mattersburg eingegangen, und nach dieser Begründung bezog sich die Entscheidung auch auf das "gegenständliche Vorhaben in all seinen Maßnahmen". Es kann daher kein Zweifel bestehen, dass mit dem Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom über das einheitliche Vorhaben (Windpark und Anschlussleitung) entschieden wurde und dem Bundesverwaltungsgericht eine diesbezügliche Verwaltungssache zur Entscheidung vorlag.
78 Da das gegenständliche Projekt auf Grund seiner Situierung über Landesgrenzen hinweg keine Zuordnung zum Zuständigkeitsbereich einer der Landesregierungen erlaubt, lässt sich die örtliche Zuständigkeit einer Landesregierung für die gegenständliche Rechtssache auf Grund der Lage des Gutes nicht bestimmen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom in Bezug auf die Zuständigkeit von Landesverwaltungsgerichten). Zu prüfen ist daher, ob im vorliegenden Fall § 4 AVG zum Tragen kommt.
79 Dazu ist zu bemerken, dass die Heranziehung des § 4 AVG voraussetzt, dass Behörden aus demselben Vollzugsbereich zuständig sind, die eine gemeinsame Oberbehörde haben. Dies ergibt sich schon aus dem systematischen Zusammenhang des § 4 Abs. 1 mit Abs. 2 AVG. Behörden aus verschiedenen Vollzugsbereichen wie z. B. mehrere Landesregierungen kommen daher nicht in Betracht (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 130, FN 4;
Hengstschläger /Leeb, AVG I2, 14, Rz 3 zu § 4;
Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 83;
Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, 42 Rz 98).
80 Selbst dann, wenn man zu dem Schluss kommen sollte, dass § 4 Abs. 1 AVG für sich anwendbar sein sollte, also auch dann, wenn § 4 Abs. 2 AVG mangels gemeinsamer Oberbehörde nicht zum Tragen kommen kann, führte dies zu keinem Ergebnis, das in verfassungsrechtlicher Sicht den rechtsstaatlichen Anforderungen genügen würde (vorausgesetzt werden müsste in diesem Fall auch, dass eine Einvernehmensbindung zweier Landesregierungen durch einfaches Gesetz verfassungsrechtlich ebenso zulässig ist wie eine Einvernehmensbindung mehrerer Bundesminister oder verschiedener Mitglieder einer Landesregierung, wie dies vom Verfassungsgerichtshof angenommen wurde - vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. Nr. 2378/1952, 4395/1963, 4648/1964, 6096/1969, 7368/1974).
81 Das erforderliche Einvernehmen ist ein Zuständigkeitselement, kommt es nicht zustande, liegt daher eine Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vor (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. Nr. 5922/1969).
82 Einvernehmen bedeutet Überstimmung der Meinungen beider Behörden über die Entscheidung (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. Nr. 4395/1963), ein rechtmäßiges Vorgehen setzt daher eine übereinstimmende Willensbetätigung voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0046).
83 Da das UVP-G 2000 keine federführende Landesregierung bestimmt, scheidet es in einem Fall wie dem vorliegenden aus, dass nur ein Bescheid einer Landesregierung ergeht, vor dem das Einvernehmen mit der anderen Landesregierung hergestellt worden ist (hingegen bestand nach der Rechtslage, die dem auf der Grundlage des Art. 15 Abs. 7 B-VG ergangenen hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/03/0281, zugrunde lag, durch § 10 Abs. 6 Binnenschifffahrts-Konzessionsgesetz, BGBl. Nr. 533/1978, die Federführung der für den Standort zuständigen Landesregierung, und ebenso in dem dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/02/0219, zugrundeliegenden Fall die Federführung der Landesregierung nach dem Wohnsitz der Partei - § 59 Abs. 3 StVO 1960, BGBl. Nr. 159 - bzw. nach dem Beginn der Veranstaltung - § 64 Abs. 4 StVO 1960, BGBl. Nr. 159). Zur Rechtslage nach Art. 11 Abs. 8 B-VG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0101, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich ist, dass die einvernehmliche Entscheidung, also die Willensübereinstimmung, auch in einen einzigen Bescheid der Landesregierungen mündet; darin, dass auf erstinstanzlicher Ebene einvernehmlich zwei Bescheide ergingen, lag keine Rechtswidrigkeit.
84 Mangels Festlegung einer federführenden Landesregierung käme auch im vorliegenden Fall nur der Weg über zwei Bescheide in Frage. Im Falle von zwei Bescheiden könnte aber der verfahrenseinleitende Antrag letztlich unerledigt bleiben, wenn nämlich verschieden lautende Bescheide erlassen werden, wovon nur einer angefochten wird und sich das Bundesverwaltungsgericht der Meinung des anderen nicht anzuschließen vermag, oder wenn Säumnis nur einer Landesregierung vorliegt und das in diesem Fall zuständige Landesverwaltungsgericht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2015/05/0008) sich der Meinung der anderen Landesregierung, die bescheidmäßig entschieden hat, nicht anschließt. Auch der Fall der Säumnis beider Landesregierungen führte zu keiner Entscheidung, insofern eine Einvernehmensbindung der dann zuständigen Landesverwaltungsgerichte keine gesetzliche Grundlage hätte und verschiedenlautende Entscheidungen dieser Gerichte ergehen könnten. In Konstellationen wie den genannten wäre das Einvernehmen, das wie oben ausgeführt, zuständigkeitsrelevant ist, nicht erzielbar, und es wäre somit keinerlei Entscheidung der zuständigen Behörde erreichbar. Eine derartige Situation wäre verfassungswidrig, sodass eine verfassungskonforme Interpretation im Lichte des Rechtsstaatsprinzips eine Heranziehung des § 4 Abs. 1 AVG in einem Fall wie dem vorliegenden ausschließt.
85 Bemerkt wird an dieser Stelle, dass die aufgezeigten Bedenken auch in Bezug auf einen Analogieschluss im Sinne des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen, das von einer Art einvernehmlicher Vorgangsweise der beiden Landesregierungen ausgeht. Es zeigt sich, dass eine Zuständigkeit beider Landesregierungen ohne gleichzeitige Regelung eines allfälligen Überganges auf eine "höhere" Behörde zu verfassungsrechtlich bedenklichen Ergebnissen führen kann.
86 Wenn somit aber die Situierung des gegenständlichen Vorhabens als unbewegliches Gut im Sinne des § 3 Z 1 AVG auch im Hinblick auf § 4 AVG zu keiner Zuständigkeit führt, kann bei verfassungskonformer Interpretation keine Sache vorliegen, die sich auf ein unbewegliches Gut im Sinne des § 3 Z 1 AVG bezieht, und sind weitere, subsidiäre Regelungen heranzuziehen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2016/04/0014, für die Landesverwaltungsgerichte).
87 Ermittlungen und Feststellungen im Lichte des § 3 Z 2 und 3 AVG wurden von der Niederösterreichischen Landesregierung und auch vom Bundesverwaltungsgericht aber nicht geführt bzw. getroffen. Es steht daher nicht fest, dass die Niederösterreichische Landesregierung zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zuständig war. Damit erweist sich aber auch die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich deren Zuständigkeit als nicht ausreichend begründet, insbesondere auch insofern, als damit eine Zurückverweisung an die Niederösterreichische Landesregierung erfolgte.
88 In Anbetracht der oben erläuterten Einheit des Vorhabens hat im Übrigen die nach den genannten Grundsätzen ermittelte zuständige Behörde das Verfahren nach dem UVP-G 2000 unter Anwendung aller für dieses einheitliche Vorhaben maßgebenden Vorschriften unter Hinzuziehung von allen demnach Parteistellung Genießenden durchzuführen. Eine Aufsplittung von Parteistellungen und eine Einschränkung derselben auf einzelne Vorhabensteile findet im UVP-G 2000 keine Grundlage und wäre auch, abgesehen von allenfalls fraglicher Unionsrechtskonformität, sachlich angesichts des, wie oben dargestellt, einheitlich zu beurteilenden Vorhabens nicht zu rechtfertigen.
89 Bemerkt wird aber, dass es sich im gegenständlichen Fall, wie vom Bundesverwaltungsgericht festgestellt, um ein Neuvorhaben handelt, sodass auch in Bezug auf die Rodungen keine Erweiterungen gegeben sein können (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom ).
90 Zu bemerken ist ferner, dass dann, wenn bei einem auch in einem Schutzgebiet liegenden Vorhaben ein Vorhabensteil, für den eigene Schwellenwerte im Anhang 1 zum UVP-G 2000 normiert sind, gänzlich außerhalb des Schutzgebietes liegt, grundsätzlich nicht die Schwellenwerte maßgebend sind, die für diesen bei der Situierung innerhalb von Schutzgebieten gelten. Eine andere Sichtweise wäre gleichheitsrechtlich bedenklich, weil die Schwellenwerte im Sinne des Umweltschutzes insoweit gleich sein müssen, unabhängig also davon, ob ein anderer Vorhabensteil in einem Schutzgebiet situiert ist oder nicht. Anderes könnte gelten, wenn nach dem Unionsrecht die niedrigeren Schwellenwerte auch im Nahebereich eines Schutzgebietes gelten müssten (vgl. Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, S. 485, FN 154), dann allerdings unabhängig davon, ob überhaupt ein Teil des Vorhabens in einem Schutzgebiet liegt.
91 Der angefochtene Beschluss war aus den oben genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
92 Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt, da das Land Niederösterreich selbst gemäß § 47 Abs. 5 VwGG ersatzpflichtig wäre.
93 Die Gemeinden Sieggraben, Hochwolkersdorf und Mattersburg waren ihrerseits gegen den angefochtenen Beschluss revisionsberechtigt, weshalb ihre Revisionsbeantwortungen zurückzuweisen waren.
Wien, am
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Schlagworte: | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 örtliche Zuständigkeit |
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