VwGH vom 21.10.2010, 2007/10/0037
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des F L in W, vertreten durch Mag. Michaela Hämmerle und Mag. Andreas Hämmerle, Rechtsanwälte in 8786 Rottenmann, Hauptplatz 111, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA10A-31La31/2006-2, betreffend Vorschreibung des Genossenschaftsbeitrages nach dem Forstgesetz 1975 (mitbeteiligte Partei: Bringungsgenossenschaft S, vertreten durch den Obmann F G in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom forderte die Bezirkshauptmannschaft Leoben (BH) den Beschwerdeführer als Eigentümer der im gültigen Vorteilsflächenverzeichnis der Forstlichen Bringungsgenossenschaft S aufscheinenden Grundstücke Nr. 706/1, 730/2, 703 der Katastralgemeinde W und somit als Mitglied der genannten Genossenschaft gemäß §§ 73 Abs. 2 und 170 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) auf, den rückständigen Genossenschaftsbeitrag per in der Gesamthöhe von EUR 8.105,97 (offener Betrag per EUR 3.662,71, angefallene Zinsen per EUR 4.443,26) binnen zwei Wochen auf das Konto der Forstlichen Bringungsgenossenschaft S bei sonstiger Einbringung im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens zur Einzahlung zu bringen.
Begründend wurde ausgeführt, mit Eingabe vom sei seitens der Bringungsgenossenschaft S auf Grund des Sitzungsergebnisses der Genossenschaft vom gemäß den Satzungen der Antrag eingebracht worden, die ausstehenden Interessentenbeiträge unter anderem vom Beschwerdeführer hereinzubringen. Diesem Antrag seien Kopien der erstmaligen Zahlungsaufforderung vom sowie eine Mahnung vom beigelegt gewesen.
Mit Bescheid der BH vom seien die Satzungen der Bringungsgenossenschaft S bewilligt worden. Gemäß deren § 3 bilde das Vorteilsflächenverzeichnis einen wesentlichen Bestandteil der Satzung, die Mitglieder hätten die vorgeschriebenen Mitgliedsbeiträge rechtzeitig zu entrichten. Die Höhe der prozentuellen Beitragsleistungen zum Bau und zur Erhaltung des Forstweges richteten sich gemäß § 4 der Satzung grundsätzlich nach dem Ausmaß der im Vorteilsflächenverzeichnis festgelegten Grundflächen und Anlagen. Aus dem derzeit geltenden Vorteilsflächenverzeichnis gehe hervor, dass der Beschwerdeführer als Eigentümer der im Spruch genannten drei Grundstücke eine Vorteilsfläche von insgesamt 43,87 ha besitze und somit eine Beitragsleistung von 31,6 % zu tragen habe.
Der Beschwerdeführer habe in diversen Stellungnahmen zu den Verfahrensergebnissen regelmäßig seine Verpflichtung zur Bezahlung der ausständigen Beträge in Abrede gestellt. Im Wesentlichen werde dies damit begründet, dass er auf Grund behaupteter, absichtlicher Wegblockierungen durch andere Mitglieder der Bringungsgenossenschaft den in Rede stehenden Forstweg über längere Zeit nicht habe benutzen können, weshalb er von der Bringungsgenossenschaft einen Betrag von EUR 4.000,-- als Schadenersatz fordere. Auch durch von ihm erbrachte Arbeitsleistungen seien Gegenforderungen gegenüber der Bringungsgenossenschaft aufgelaufen. Weiters behaupte der Beschwerdeführer, zu Unrecht keinen Anteil an Entschädigungszahlungen der Österreichischen Bundesbahnen erhalten zu haben.
Der Beschwerdeführer stelle somit den Forderungen der Bringungsgenossenschaft zivilrechtliche Forderungen an die Genossenschaft entgegen, wobei deren wirklicher Anfall und die behauptete Höhe der Beträge nicht begründet bzw. nachvollziehbar seien.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 82/07/0155, ausgeführt habe, könne "soweit es nicht zu einer Einigung der Partner komme, eine zivilrechtliche Gegenforderung im forstrechtlichen Verfahren nicht als mit rückständigen Genossenschaftsbeiträgen aufrechenbar angesehen werden, solange über eine derartige Gegenforderung nicht im ordentlichen Rechtsweg (Zivilgericht) entschieden ist". Es sei daher die Forstbehörde nicht dazu berufen, über das tatsächliche Bestehen bzw. die Höhe und Rechtmäßigkeit von Gegenforderungen des Beschwerdeführers gegen die Bringungsgenossenschaft zu entscheiden. Bei der Erlassung des vorliegenden Bescheides sei daher nicht auf die diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers einzugehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Steiermark die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides wurde ausgeführt, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei die Bringungsgenossenschaft rechtlich noch aufrecht, weil weder ein Vollversammlungsbeschluss auf Auflösung der Genossenschaft noch ein behördlicher Bescheid nach § 73 Abs. 4 ForstG bestehe. Auch sei der Beschwerdeführer weiterhin Mitglied der Bringungsgenossenschaft, weil kein Beschluss der Vollversammlung über sein Ausscheiden vorliege und allfällige Verstöße anderer Mitglieder gegen die Satzung den Beschwerdeführer nicht zur einseitigen Erklärung über sein Ausscheiden berechtigten.
Die Beschlussfassung der Genossenschaft über die verfahrensgegenständliche Vorschreibung sei im Beisein eines Behördenvertreters erfolgt. Die BH habe im Hinblick auf § 73 Abs. 1 dritter Satz ForstG keinen Anlass gefunden, gegen den Beschluss einzuschreiten und diesen rückgängig zu machen.
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gegenforderungen seien nicht mit den rückständigen Genossenschaftsbeiträgen aufrechenbar, solange darüber nicht im ordentlichen Rechtsweg entschieden worden sei.
Das Argument, die Beschädigung der Forststraße sei allein durch die Benützung durch die "L Forstverwaltung" verursacht worden, sodass diese die Kosten zu tragen habe, beziehe sich offensichtlich auf eine vergangene Sanierung und berühre nicht den gegenständlichen Genossenschaftsbeschluss, der sich auf die "zukünftige Sanierung des Weges" beziehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte Teile der Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 73 Abs. 1 erster Satz ForstG obliegt die Aufsicht über die Bringungsgenossenschaft der Behörde; diese hat auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden. Gemäß Abs. 2 erster Satz leg. cit. hat die Behörde auf Antrag der Genossenschaft dem säumigen Mitglied rückständige Genossenschaftsbeiträge mit Bescheid vorzuschreiben.
Gemäß § 72 Abs. 1 ForstG sind die Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen, von den Mitgliedern nach einem Aufteilungsschlüssel, der sich aus der Größe der einzubeziehenden Grundflächen ergibt, zu tragen, wenn nicht nach der Satzung etwas anderes vorgesehen ist.
Nach dem ersten Satz des Abs. 1 des mit "Mitgliedsbeiträge" überschriebenen § 4 der Satzung der Bringungsgenossenschaft richtet sich die Höhe der prozentuellen Beitragsleistung zum Bau und zur Erhaltung der Forststraße nach dem Ausmaß der im Vorteilsverzeichnis festgelegten Grundflächen und Anlagen.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, entgegen den Bestimmungen der Satzung habe nicht alle drei Jahre eine Obmannwahl stattgefunden und es seien die Bücher nicht zur Einsicht aller Mitglieder 14 Tage vor der Obmannwahl zur Einsicht vorgelegt worden, wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt, weil die auf Gesetz und Satzung beruhende Verpflichtung der Mitglieder zur Entrichtung der Genossenschaftsbeiträge auch dann bestünde, wenn diese Behauptungen des Beschwerdeführers zuträfen.
Mit dem Vorbringen, "es liege keinerlei Gegenforderung des Beschwerdeführers an die Genossenschaft S vor, sondern hätte die Genossenschaft den nun eingeforderten Betrag in Folge von wechselseitigen Forderungen nicht zur Vorschreibung bringen dürfen" wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/10/0079).
Die Beschwerde macht schließlich geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Genossenschaftsbeitrages zusammensetze. Die Kosten der Sanierung 1999 hätten S 133.945,50 betragen, weswegen sich ein Anteil des Beschwerdeführers von 33,4 % sohin ATS 44.735,-- errechnen würde. Abzüglich der Arbeitsleistung bei der Sanierung von S 4.400,-- ergebe sich ein Anteil von S 40.335,--, was EUR 2.932,-- entspreche. Wie die Behörde auf den Vorschreibungsbetrag von EUR 3.662,71 komme, sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus errechne sich infolge der Zinsanlastung am aus diesem Grundbetrag in Höhe von EUR 3.662,71 schon ein Betrag von EUR 7.012,86. Am würde sich aus dem angefochtenen Bescheid folgend schon ein Betrag von EUR 8.105,97 ergeben. Die bei Vorschreibung eines Betrages von EUR 2.932,-- zu errechnenden Zinsen betrügen EUR 5.173,97, was einem Zinssatz pro Jahr von rund 32 % entspreche. Tatsache sei, dass sohin die Behörde rechtswidrig den rückständigen Genossenschaftsbeitrag vorgeschrieben habe, da weder der Betrag per se noch die Höhe desselben nachvollziehbar sei.
Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, um welche (anteiligen) Kosten es sich handelt, die dem Beschwerdeführer als Kapitalbetrag vorgeschrieben wurden. Sollte es sich dabei um prognostizierte Kosten für eine Wegesanierung handeln, wofür sich aus den Verwaltungsakten Anhaltspunkte ergeben, so wäre bei Erlassung des angefochtenen Bescheides zu berücksichtigen gewesen, dass im Falle des bereits erfolgten Abschlusses der Sanierungsarbeiten dem Beschwerdeführer jedenfalls nicht mehr als die tatsächlich angefallenen anteiligen Sanierungskosten hätten vorgeschrieben werden dürfen. Die Höhe des dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Kapitalbetrages ist jedenfalls nicht nachvollziehbar.
Soweit im Spruch des Bescheides der BH, der durch Abweisung der Berufung Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides wurde, ausgeführt wurde, die Zinsen per betrügen EUR 4.443,26, hat die belangte Behörde nicht ausreichend dargelegt, wie diese Zinsenbelastung ermittelt wurde.
Auch die Ausführungen in der Gegenschrift, die eine Bescheidbegründung allerdings nicht ersetzen könnten (vgl. z.B. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0224), geben keinen Aufschluss darüber, welche Kosten dem Beschwerdeführer als Kapitalbetrag vorgeschrieben und wie der für angefallene Zinsen vorgeschriebene Betrag ermittelt wurde.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weil der festgesetzte Genossenschaftsbeitrag weder hinsichtlich des vorgeschriebenen Kapitalbetrages noch hinsichtlich der vorgeschriebenen Zinsen nachvollziehbar ist; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am
Fundstelle(n):
ZAAAE-92909