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VwGH vom 19.01.2012, 2011/23/0131

VwGH vom 19.01.2012, 2011/23/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 1779/05, betreffend Ausweisung,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Der Antrag, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abzutreten, wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, wurde am wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen. Mit Bescheid vom verhängte die Bundespolizeidirektion Wien ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Am wurde der Beschwerdeführer nach Mazedonien abgeschoben. Am reiste der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet ein und wurde am erneut wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen. Am erfolgte wiederum die Ausreise des Beschwerdeführers.

Am stellte der davor nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer einen Asylantrag. Das Asylverfahren wurde am gemäß § 30 des Asylgesetzes 1997 eingestellt.

Am bewilligte das Bezirksgericht Meidling auf Grund des schriftlichen Vertrages vom die Annahme an Kindes statt des Beschwerdeführers durch den österreichischen Staatsbürger L.S.. Im Hinblick darauf stellte der Beschwerdeführer am einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG". Dieser Antrag wurde im Instanzenzug mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0163, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend hielt die belangte Behörde eingangs fest, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfüge und die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung daher - vorbehaltlich des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 FPG gegeben seien. Der Beschwerdeführer lebe mit seinem Bruder und dessen Ehefrau, die beide österreichische Staatsbürger seien, im gemeinsamen Haushalt und werde von diesen "erhalten". Darüber hinaus lebe noch sein Adoptivvater in Österreich, allerdings nicht mit dem Beschwerdeführer im gleichen Haushalt. Laut Versicherungsdatenauszug sei der Beschwerdeführer lediglich in der Zeit von bis beschäftigt gewesen. Davon ausgehend ging die belangte Behörde zwar von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers aus. Allerdings sei dieser Eingriff zulässig, weil er zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses hohe öffentliche Interesse verstoße "das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten" des Beschwerdeführers jedoch gravierend. Mangels sonstiger, besonders zu seinen Gunsten sprechender Umstände sah die belangte Behörde auch keine Veranlassung, im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die im Jänner 2008 geltende Fassung.

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Unstrittig ist, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers am eingestellt und auch nicht mehr fortgesetzt wurde. Nach der Aktenlage bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG beim Beschwerdeführer vorlägen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, sich seit Spätsommer 2001 rechtmäßig in Österreich aufzuhalten, lässt sich keine Begründung entnehmen. Soweit der Beschwerdeführer vor allem darauf rekurriert, dass ihm als Sohn eines österreichischen Staatsbürgers nach dem Regime des Fremdengesetzes 1997 ein Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre und die Ausweisung deshalb unzulässig sei, genügt es, auf die bereits angeführten Entscheidungen im Verfahren betreffend Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu verweisen. Somit bestehen keine Bedenken gegen die behördliche Annahme, dass der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei.

Wird durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Die Ausweisung darf nach dem - auch bei Ausweisungen gemäß § 53 Abs. 1 FPG zu beachtenden (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0348, Punkt 2.3.2.) - § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

Die Beschwerde kritisiert in dieser Hinsicht, dass sich die belangte Behörde mit den privaten und familiären Bindungen des Beschwerdeführers nicht entsprechend auseinander gesetzt und dem Beschwerdeführer keine ausreichende Möglichkeit eingeräumt habe, sich zu diesen Umständen zu äußern. Der Beschwerdeführer verweist diesbezüglich auf seinen Wahlvater, einen österreichischen Staatsbürger, sowie auf seinen Bruder, der ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und mit dem er im gemeinsamen Haushalt lebe.

Diesem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde diese Umstände bei ihrer Interessenabwägung ohnehin berücksichtigt hat. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde aus den genannten Umständen - auch angesichts der noch nicht besonders langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von etwas mehr als sechs Jahren - aber nicht ableiten müssen, dass seine Ausweisung aus Österreich unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig und daher unzulässig sei. Der Adoption durch einen österreichischen Staatsbürger kann im Hinblick auf die schon damals längst eingetretene Volljährigkeit und dem Fehlen eines gemeinsamen Haushalts kein ausschlaggebendes Gewicht zugunsten des Beschwerdeführers beigemessen werden (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0557). Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit seinem Bruder und dessen Ehefrau, die beide österreichische Staatsbürger sind und die für seinen Unterhalt aufkommen, im gemeinsamen Haushalt lebt, vermag das Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich nicht entscheidend zu verstärken. Die geltend gemachten Umstände stellen sich nämlich nicht als so außergewöhnlich dar, dass unter dem genannten Gesichtspunkt von einer Ausweisung hätte Abstand genommen und akzeptiert werden müssen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen.

Bei dem erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers, dass sein Wahlvater auf seine Hilfe angewiesen sei und ihn brauche, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG), auf die nicht weiter einzugehen ist.

Soweit der Beschwerdeführer noch rügt, dass keine mündliche Verhandlung anberaumt und er von der belangten Behörde nicht ausreichend angehört worden sei, ist ihm zu erwidern, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, sich im Verwaltungsverfahren Parteiengehör zu verschaffen. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion kein Recht auf eine (mündliche) Berufungsverhandlung und auch kein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0204).

Zusammengefasst ergibt sich somit, dass die Auffassung der belangten Behörde, die Ausweisung des Beschwerdeführers sei unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK als zulässig anzusehen und auch die Ermessensübung sei nicht zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht als rechtswidrig zu erkennen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unberechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Da es für die Abtretung einer Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof keine Rechtsgrundlage gibt, war der darauf gerichtete Antrag des Beschwerdeführers in einem nach § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am