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VwGH vom 31.07.2013, 2009/13/0110

VwGH vom 31.07.2013, 2009/13/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH in 1030 Wien, Erdberger Lände 2 Top 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3377-W/08, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe vom EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Streitpunkt des Beschwerdefalls ist der Sachbezugswert von Dienstgebern des Beschwerdeführers für ihn angemieteter Wohnungen in Wien.

Der Beschwerdeführer, der für die drei Streitjahre Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben hatte, erhob gegen erstinstanzliche Einkommensteuerbescheide vom Mai 2007, die den Sachbezugswert der für ihn angemieteten Wohnungen nach § 2 Abs. 4 letzter Satz der zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 ergangenen Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002 (Artikel I der Verordnung BGBl. II Nr. 416/2002) mit der um 25 % gekürzten tatsächlichen Miete (samt Betriebskosten) angesetzt hatten, Berufung und machte geltend, die Verordnung sei verfassungswidrig, weil für die Zurverfügungstellung im Betriebsvermögen gehaltener Wohnungen durch den Dienstgeber in § 2 Abs. 1 der Verordnung wesentlich niedrigere Pauschalsätze vorgesehen seien.

Gegen den abweisenden Berufungsbescheid der belangten Behörde vom erhob der Beschwerdeführer - ebenso wie gegen eine die Jahre 2001 bis 2003 betreffende Berufungsentscheidung eines anderen Senates der belangten Behörde - Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof hob in Behandlung der die Jahre 2001 bis 2003 betreffenden Beschwerde mit Erkenntnis vom , VfSlg 18.578, § 2 der erwähnten Verordnung auf und sprach aus, die Aufhebung trete mit Ablauf des in Kraft. Mit Erkenntnis vom , VfSlg 18.583, hob er den die Jahre 2001 bis 2003 betreffenden Berufungsbescheid auf, wozu er in den Entscheidungsgründen ausführte, die belangte Behörde werde den Sachbezugswert in diesem Anlassfall (Art. 139 Abs. 6 B-VG) nun ohne Anwendung der aufgehobenen Bestimmung nach § 15 Abs. 2 EStG 1988 zu ermitteln haben. Er fügte hinzu, in dem die Verordnungsbestimmung aufhebenden Erkenntnis habe er "mit Blick auf den Verordnungsgeber" zum Ausdruck gebracht, er habe "grundsätzlich keine Bedenken gegen die pauschale Ermittlung des Sachbezugswertes für vom Arbeitgeber angemieteten Wohnraum mit 75 Prozent der tatsächlichen Miete". Hiezu war in dem die Verordnungsbestimmung aufhebenden Erkenntnis weiter ausgeführt worden, eine solche Regelung berücksichtige "jedenfalls im als typisch anzusehenden Fall einer üblichen Fremdmiete" zum einen die Verhältnisse des Verbrauchsortes und zum anderen - mit dem Bewertungsabschlag von 25 Prozent - den Umstand, "dass eine Dienstwohnung für den Arbeitnehmer nicht denselben Wert repräsentiert wie eine von ihm in freier Entscheidung erworbene oder angemietete Wohnung". In dem den Bescheid für die Jahre 2001 bis 2003 aufhebenden Erkenntnis folgte der Bezugnahme auf diese Ausführungen noch der Hinweis, die belangte Behörde werde im fortgesetzten Verfahren "konkret zu ermitteln" haben, ob ein so festgesetzter Bezugswert auch im Anlassfall dem "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" (§ 15 Abs. 2 EStG 1988) entspreche. Den die Jahre 2001 bis 2003 betreffenden, der Berufung teilweise stattgebenden Ersatzbescheid der belangten Behörde vom , GZ. RV/3315-W/08, ließ der Beschwerdeführer unbekämpft.

Mit Erkenntnis vom , B 1010/08, hob der Verfassungsgerichtshof auch den die Jahre 2004 bis 2006 betreffenden Berufungsbescheid der belangten Behörde auf, wobei er für diesen einem Anlassfall gleichzuhaltenden Beschwerdefall auf die Ausführungen in dem den Anlassfall betreffenden Erkenntnis vom verwies.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom änderte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Bescheide vom Mai 2007 unter neuerlicher Abweisung der Berufung diesmal zum Nachteil des Beschwerdeführers ab. Sie legte der Berechnung "geschätzte Richtwerte" zugrunde, die eine im Bescheid nicht näher erläuterte "vom UFS durchgeführte Berechnung" ergeben habe. Aus den vorgelegten Akten ist ersichtlich, dass es sich um eine Berechnung des Richtwertzinses gemäß § 16 Abs. 2 Mietrechtsgesetz handelte, wobei der Richtwert durch unterschiedlich geschätzte "Zuschläge für Unterschiede zur Normwohnung" in mehreren Varianten jeweils um etwas weniger als die Hälfte erhöht wurde. Von diesen im Bescheid nicht näher erläuterten Werten ausgehend gelangte die belangte Behörde unter Hinzurechnung von Betriebskosten und Umsatzsteuer zu Sachbezugswerten, die die erstinstanzlich noch in Anwendung der aufgehobenen Verordnungsbestimmung ermittelten überstiegen und dem angefochtenen Bescheid ohne Abzug zugrunde gelegt wurden, weil die belangte Behörde der Ansicht war, "mangels gegenteiliger Feststellungen" stellten sie "auch den Mittelpreis des Verbrauchsortes dar".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Im vorliegenden, einem Anlassfall im Sinne des Art. 139 Abs. 6 B-VG gleichzuhaltenden Fall hatte die belangte Behörde den Sachbezugswert, wie vom Verfassungsgerichtshof dargelegt, ohne Anwendung der aufgehobenen Verordnungsbestimmung nach § 15 Abs. 2 EStG 1988 anzusetzen und zu diesem Zweck den nach dieser Gesetzesstelle maßgeblichen "üblichen Mittelpreis des Verbrauchsortes" zu ermitteln. Zu den dabei zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gehörte nach der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes auch der Umstand, "dass eine Dienstwohnung für den Arbeitnehmer nicht denselben Wert repräsentiert wie eine von ihm in freier Entscheidung erworbene oder angemietete Wohnung".

Eine Berücksichtigung dieses Umstandes - auf den die aus anderen Gründen aufgehobene Verordnungsbestimmung in vom Verfassungsgerichtshof als gerechtfertigt beurteilter Weise durch einen Abschlag von 25 % Bedacht genommen hatte - unterblieb im angefochtenen Bescheid. Damit trug die belangte Behörde der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes nicht Rechnung, wozu sie gemäß § 87 Abs. 2 VfGG aber verpflichtet gewesen wäre (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/12/0128, 0138).

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Beschwerdeführer beanstandet aber auch zu Recht das Unterbleiben seiner Einbeziehung in das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde nach der Aufhebung des ersten Berufungsbescheides durch den Verfassungsgerichtshof. Wenn die belangte Behörde eine mündliche Berufungsverhandlung, auf die der Beschwerdeführer in der Berufung vom Juni 2007 verzichtet hatte, nicht für erforderlich hielt, obwohl sie den Sachbezugswert nun auf geänderter Rechtsgrundlage neu zu ermitteln hatte, so war dem Beschwerdeführer doch Gelegenheit zu geben, zu den dabei als wesentlich erachteten neuen Sachverhaltsannahmen Stellung zu nehmen. Dass dies unterblieb und die "vom UFS durchgeführte Berechnung" noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht aufgeschlüsselt wurde, belastet diesen auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren (zusätzliche Umsatzsteuer) findet in diesen Vorschriften keine Deckung.

Wien, am