VwGH vom 29.03.2017, Ro 2015/05/0006

VwGH vom 29.03.2017, Ro 2015/05/0006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der U Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-1874/001-2013, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W, vertreten durch Mag. Robert Hofbauer, Rechtsanwalt in 2351 Wiener Neudorf, Am Anningerpark 4/1/43), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin eines näher bezeichneten Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, das im hiefür geltenden Flächenwidmungsplan dieser Gemeinde als "Bauland-Betriebsgebiet" gewidmet und als Bereich der "Aufschließungszone Nr. 12" festgelegt ist.

2 Mit Eingabe vom suchte die Revisionswerberin beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines überdachten Containerlagergebäudes auf diesem Grundstück an.

3 Mit Schreiben vom teilte der Bürgermeister der Revisionswerberin unter Anschluss der vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Gemeinderat) am beschlossenen, mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) vom genehmigten und vom Bürgermeister durch Anschlag an der Amtstafel (der Gemeinde) am öffentlich kundgemachten (Abnahme von der Amtstafel am ) diesbezüglichen Verordnung über die Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes ("Flächenwidmungsplan Änderung 2004-2", Zl. 610/2004-2) und eines Auszuges des Flächenwidmungsplanes (u.a.) mit, dass das beantragte Bauvorhaben nicht den Bestimmungen der NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: BO) entspreche, weil das Baugrundstück als "Bauland-Betriebsgebiet-Aufschließungszone Nr. 12" gewidmet sei, und gewährte ihr dazu Parteiengehör.

4 Mit Schriftsatz vom brachte die Revisionswerberin (u.a.) vor, dass entweder die mitbeteiligte Gemeinde die in § 3 vorletzter Unterabsatz der genannten Verordnung bezeichnete Freigabebedingung selbst rechtswidrig vereitelt habe, indem sie das (in dieser Verordnung als eine der Bedingungen für eine Freigabe der Aufschließungszone angeführte) Generalverkehrskonzept pflichtwidrig seit mehr als fünf Jahren nicht erstellt habe, oder aber davon auszugehen sei, dass die technische Machbarkeit, die rechtliche Zulässigkeit und die ausreichende Finanzierung als gegeben anzunehmen seien. Jede andere Auffassung würde dazu führen, dass sich die mitbeteiligte Gemeinde selbst in einer jeglichen Spielraum offen lassenden und daher der Willkür Tür und Tor öffnenden Weise eine unüberprüfbare Entscheidungsbefugnis darüber vorbehalten hätte, welche Bauvorhaben sie als zulässig erachte und welche nicht. Eine derartige Auslegung fände in den §§ 21 ff NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (im Folgenden: ROG) keine Deckung. Sie halte ihren Antrag auf Erteilung der Baubewilligung daher unverändert aufrecht.

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom wurde der Baubewilligungsantrag abgewiesen.

6 Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Berufung wurde mit dem auf Grund des Beschlusses des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Gemeindevorstand) vom erlassenen Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 2 Abs. 1, § 14 Z 1, § 20 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 BO als unbegründet abgewiesen.

7 Dazu führte der Gemeindevorstand (u.a.) aus, dass die in der genannten Verordnung angeführten (im Einzelnen wiedergegebenen) Freigabebedingungen weiterhin rechtsverbindlich seien und die Baubehörde an die Vorgaben der Gesetze und Verordnungen gebunden sei. In der BO sei festgelegt, dass ein Bauvorhaben in einer Aufschließungszone nicht bewilligt werden dürfe, und es müssten sämtliche Bedingungen erfüllt sein, damit der Gemeinderat die Freigabe der Aufschließungszone verordnen könne. Solange diese Freigabe nicht erteilt werden könne, sei die Behörde gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 BO verpflichtet, die Baubewilligung zu versagen. Sowohl der Bürgermeister als auch der Gemeindevorstand seien an die geltende Rechtslage gebunden und hätten keine Möglichkeit, die Erfüllung von Freigabebedingungen selbständig als Entscheidungsgrundlage zu beurteilen. Eine Freigabe der Aufschließungszone habe ausschließlich durch Verordnung zu erfolgen.

8 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die von der Revisionswerberin gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

9 Dazu führte die Landesregierung (u.a.) aus, dass es irrelevant sei, weswegen die Bedingungen für die Freigabe einer Aufschließungszone nicht erfüllt seien. Den vorgelegten Verwaltungsakten sei nicht zu entnehmen, dass die Revisionswerberin den Nachweis erbracht hätte, dass die in der genannten Verordnung festgelegten Freigabebedingungen erfüllt wären. Die Baubehörden hätten daher zu Recht den Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung der Baubewilligung abgewiesen. So gebe die BO der Baubehörde keine Möglichkeit, im Baubewilligungsverfahren das rechtmäßige Zustandekommen der rechtlichen Grundlagen zu überprüfen, auf Basis derer sie die Vorprüfung nach § 20 BO vorzunehmen habe. Der Gemeindevorstand habe daher zu Recht festgestellt, dass die Baubehörde lediglich die Übereinstimmung des geplanten Bauvorhabens mit den im Entscheidungszeitpunkt geltenden diesbezüglichen Festlegungen, nicht aber deren Gesetzmäßigkeit zu überprüfen habe, sodass die Landesregierung schon aus diesem Grund die diesbezüglichen Einwendungen der Revisionswerberin abweisen müsse. Sie könne daher auch keine Verletzung eines der Revisionswerberin zustehenden Grundrechtes erkennen.

10 Entgegen dem Revisionsvorbringen sei der Gemeindevorstand auf die Einwendungen der Revisionswerberin eingegangen und habe er auf Grund der Sachlage keine anderen Schlüsse ziehen können als der Bürgermeister. Im Übrigen sei die Argumentation der Revisionswerberin hinsichtlich der Wiederholung der Textstellen des erstinstanzlichen Bescheides im Berufungsbescheid nicht nachvollziehbar, weil die Berufung selbst zum Großteil aus der Wiederholung des Textes ihrer dem erstinstanzlichen Bescheid vorangegangenen Äußerung vom bestehe. Die Landesregierung könne auch nicht nachvollziehen, warum der Gemeindevorstand für die Abweisung der wortgleichen Einwendungen der Revisionswerberin eine andere Textierung als der Bürgermeister hätte verwenden sollen.

11 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 1584/2013-11, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

12 In der Beschlussbegründung führte der Verfassungsgerichtshof (u.a.) aus, es sei unbestritten, dass - mangels Vorliegens eines vom Gemeinderat beschlossenen Generalverkehrskonzeptes - nicht alle Voraussetzungen für die Freigabe der Aufschließungszone erfüllt seien. Auch sonst seien - aus der Sicht des vorliegenden Falles - keine Umstände ersichtlich, die die mitbeteiligte Gemeinde zur Freigabe der verfahrensgegenständlichen Aufschließungszone bzw. zur Änderung des Flächenwidmungsplanes verpflichten würden. Insbesondere könne der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Revisionswerberin nicht teilen, wonach es sich bei der Voraussetzung des Vorliegens eines vom Gemeinderat zu beschließenden Generalverkehrskonzeptes im Hinblick auf § 16 Abs. 4 ROG um keine sachgerechte bzw. um eine gesetzwidrig gewordene Freigabebedingung handeln solle. So normiere § 75 Abs. 2 BO die Sicherstellung der Verkehrserschließung im Sinne des § 71 leg. cit. selbst als Freigabevoraussetzung. § 71 leg. cit. wiederum führe die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und Anrainer sowie die umweltgerechte Abwicklung des Verkehrs als Faktoren an, die bei der Verkehrserschließung zu berücksichtigen seien. Wie den beigeschafften Verordnungsakten zu entnehmen sei, seien angesichts des enormen Verkehrsaufkommens im Raum W. u.a. genau diese Aspekte die Beweggründe dafür gewesen, das Vorliegen eines Generalverkehrskonzeptes als Freigabevoraussetzung in den Flächenwidmungsplan aufzunehmen. Die behauptete Gesetzwidrigkeit des bekämpften Flächenwidmungsplans der mitbeteiligten Gemeinde liege vor diesem Hintergrund nicht vor.

13 In dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten, die nunmehr als Revision geltende Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom beantragen die Revisionswerber, ihrem Bauansuchen Folge zu geben, in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu diesen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

14 Das in sinngemäßer Anwendung des Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der Landesregierung getretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens, sah jedoch von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.

15 Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

16 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2015/05/0001, mwN).

17 In dem für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeindevorstandes über den Berufungsbescheid (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0021, mwN) stand die BO idF LGBl. 8200-21 in Geltung.

18 Die §§ 20, 23, 71 und 75 BO lauten (teilweise) auszugsweise:

"§ 20

Vorprüfung

(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst

zu prüfen, ob dem Bauvorhaben

1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des

Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder

Aufschließungszone,

...

7. eine Bestimmung dieses Gesetzes, des

NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung,

LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer

Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze

entgegensteht.

...

(3) Wenn die Baubehörde eines der im Abs. 1 angeführten Hindernisse feststellt, hat sie den Antrag abzuweisen. Hält sie dessen Beseitigung durch eine Änderung des Bauvorhabens für möglich, dann hat sie dies dem Bauwerber binnen 8 Wochen ab dem Einlangen des Antrags mitzuteilen.

Diese Mitteilung hat eine Frist zur Vorlage der geänderten Antragsbeilagen zu enthalten. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist der Antrag abzuweisen."

"§ 23

Baubewilligung

(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.

Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 7 angeführten Bestimmungen besteht.

..."

"§ 71

Regelung der Verkehrserschließung

(1) Bei der Regelung der Verkehrserschließung ist die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und Anrainer und die umweltgerechte Abwicklung des Verkehrs zu berücksichtigen. ...

..."

"§ 75

Freigabe von Aufschließungszonen

(1) Aufschließungszonen sind im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Bereiche des Baulandes zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung.

(2) Der Zeitpunkt der Freigabe einer Aufschließungszone ist mit Verordnung des Gemeinderates zu bestimmen. Er darf nicht vor Eintritt der im örtlichen Raumordnungsprogramm hiefür festgelegten Voraussetzungen liegen.

Eine Freigabe von Teilen darf dann erfolgen, wenn

  • für diese Teile die festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind,

  • für die Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und

  • die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert ist.

  • Ist für eine Aufschließungszone im Flächenwidmungsplan keine Verkehrserschließung festgelegt oder soll die festgelegte verändert werden, darf die Freigabe erst bei Sicherstellung einer Verkehrserschließung im Sinne des § 71 erfolgen. Ein Verfahren nach § 21 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, ist hiefür nicht erforderlich."

  • 19 Mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte die Abweisung des Bauansuchens des Beschwerdeführers wegen des Widerspruches des Bauvorhabens zur Erklärung des gegenständlichen Grundstücks zur Aufschließungszone im genannten Flächenwidmungsplan. Nach der hg. Judikatur (vgl. nochmals das Erkenntnis, Ro 2014/05/0021, mwN) sind im Hinblick auf § 30 Abs. 5 ROG Flächenwidmungspläne nach der im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde geltenden Rechtslage des ROG auszulegen.

  • 20 § 16 ROG in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 8000- 25 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

  • "§ 16

  • Bauland

(1) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:

...

3. Betriebsgebiete, die für Bauwerke solcher Betriebe bestimmt sind, die keine übermäßige Lärm- oder Geruchsbelästigung und keine schädliche, störende oder gefährliche Einwirkung auf die Umgebung verursachen und sich - soweit innerhalb des Ortsbereiches gelegen - in das Ortsbild und die bauliche Struktur des Ortsbereiches einfügen. Betriebe, die einen Immissionsschutz beanspruchen, sind unzulässig.

...

(4) Zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung sowie zur Sanierung und/oder Sicherung von Altlasten bzw. Verdachtsflächen kann das Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, wenn zugleich im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für deren Freigabe festgelegt werden. Als derartige Voraussetzungen kommen die Bebauung von Baulandflächen mit gleicher Widmungsart zu einem bestimmten Prozentsatz, die Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen sowie von Lärmschutzbauten und dergleichen in Betracht. Eine fehlende Standorteignung gemäß § 15 Abs. 3 kann - ausgenommen Altlasten und Verdachtsflächen - durch Freigabevoraussetzungen nicht ersetzt werden.

Die Freigabe erfolgt durch Verordnung des Gemeinderates nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200. Die Freigabe von Teilen einer Aufschließungszone ist zulässig, wenn die jeweils festgelegten Freigabevoraussetzungen erfüllt sind, der Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert bleibt.

..."

21 Die oben (I.) genannte, vom Gemeinderat am beschlossene Verordnung hat auszugsweise den folgenden Wortlaut:

"...

§ 3

...

Für die Betriebs- und Wohnbaulandflächen im Süden der

Marktgemeinde ... wird folgendes festgelegt:

...

Unabhängig von der Reihenfolge muß zur Freigabe der

Bauland -Betriebsgebiet - Aufschließungszone Nr. 12 das

Generalverkehrskonzept vom Gemeinderat ... beschlossen worden sein.

Die im Generalverkehrskonzept jeweils vorgegebenen (gebietsabhängig), erforderlichen Maßnahmen, müssen sichergestellt sein.

Folgende Sicherstellungen müssen vorliegen:

  • Die jeweils erforderlichen Maßnahmen müssen in technischer Hinsicht ausgearbeitet und nachweisbar überprüft sein,

  • die jeweils erforderlichen Maßnahmen müssen in rechtlicher Hinsicht auf ihre Machbarkeit nachweisbar überprüft sein und in Form einer Vereinbarung bzw. eines Vertrages vorliegen und

  • für die jeweils erforderlichen Maßnahmen muss ein Finanzierungsplan ausgearbeitet sein, der durch nachweisbare Zusagen bzw. Verträge auch auf seine Umsetzbarkeit hin überprüfbar ist.

  • Erst nach dem Vorliegen des vom Gemeinderat beschlossenen Generalverkehrskonzeptes, nach dem Vorliegen der angeführten Sicherstellungen und den zusätzlichen Freigabebedingungen kann der Gemeinderat eine der folgenden Aufschließungszonen freigeben.

  • Folgende zusätzliche Freigabebedingung gilt für die Bauland - Betriebsgebiet - Aufschließungszonen Nr. 12:

  • Es muß gewährleistet sein, dass die Versickerung des Oberflächenwassers auf Eigengrund durchgeführt wird.

  • ..."

  • 22 Die Revision bringt (u.a.) vor, die genannte Verordnung entspreche nicht den Vorgaben des § 16 Abs. 4 ROG, wonach im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für die Freigabe der Aufschließungszonen festgelegt werden müssten. Insbesondere durch die Festlegung der Bedingung des Beschlusses eines Generalverkehrskonzeptes durch die Gemeinde stehe diese Verordnung in verfassungswidrigem Widerspruch zu § 16 Abs. 4 leg. cit. So werde der Begriff des Generalverkehrskonzeptes in der Verordnung in keiner Weise definiert, und es fehle auch eine gesetzliche Definition des Begriffes, sodass die Verordnung das Bestimmtheitsgebot gemäß Art. 18 B-VG verletze. Die Verordnung enthalte unbestimmte Begriffe und sei nicht geeignet, den betroffenen Eigentümern ein Verhalten aufzuzeigen, durch das sie die Freigabe der Aufschließungszone herbeiführen oder diese zeitlich abschätzen könnten. Die mitbeteiligte Gemeinde habe seit dem Inkrafttreten der gegenständlichen Verordnung am bis zum erstinstanzlichen Bescheid keinerlei Maßnahmen gesetzt, um das von ihr als Bedingung aufgestellte Generalverkehrskonzept zu beschließen, und damit die von ihr aufgestellte Freigabebedingung rechtswidrig vereitelt. Die Verordnung sei daher auch aus diesem Grund verfassungswidrig. Gemäß § 75 Abs. 2 BO sei der Zeitpunkt der Freigabe einer Aufschließungszone mit Verordnung des Gemeinderates zu bestimmen, und es bestehe ein Rechtsanspruch auf Erlassung einer Verordnung zur Freigabe einer Aufschließungszone, wenn alle Voraussetzungen für eine solche vorlägen. Insofern stehe die Verordnung, soweit sie der mitbeteiligten Gemeinde ein unzulässiges Ermessen einräume, in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben des § 75 Abs. 2 BO und sei damit verfassungswidrig. Im Hinblick darauf werde angeregt, die genannte Verordnung hinsichtlich der in § 3 vorletzter Unterabsatz festgelegten Freigabebedingungen beim Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig anzufechten.

  • 23 Aber selbst wenn es sich bei der Bedingung des Vorliegens eines Generalverkehrskonzeptes um eine sachgerechte Freigabebedingung handeln sollte, hätte die mitbeteiligte Gemeinde bei verfassungskonformer Interpretation dieser Freigabebedingung davon ausgehen müssen, dass die technische Machbarkeit, die rechtliche Zulässigkeit und die ausreichende Finanzierung als materielle Freigabebedingungen als gegeben anzunehmen seien. Aus dem Umstand, dass kein Generalverkehrskonzept erlassen worden sei, könne nur der Schluss gezogen werden, dass für das betreffende Gebiet keine Sicherstellungen erforderlich seien. Folgend der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach ein öffentliches Interesse daran bestehe, dass Bauland innerhalb eines absehbaren Zeitraumes auch tatsächlich bebaut werde, hätte die Freigabebedingung dahin ausgelegt werden müssen, dass eine Bebauung bei Erfüllung der materiellen Freigabebedingungen zulässig sei.

  • 24 Ferner sei der angefochtene Bescheid nur unzureichend begründet. So werde das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach bei verfassungskonformer Auslegung der Zweck der Freigabebedingung "vordergründig" zu betrachten sei - wenn die mitbeteiligte Gemeinde schon selbst die Erfüllung der Freigabebedingungen vereitle -, in der Begründung nicht entsprechend den Vorgaben des AVG berücksichtigt.

  • 25 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

  • 26 Im Revisionsfall ist unbestritten, dass der Gemeinderat bis zu dem für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeindevorstandes über den Berufungsbescheid kein Generalverkehrskonzept beschlossen hatte, weshalb nicht alle Voraussetzungen für die Freigabe der gegenständlichen Aufschließungszone erfüllt waren und auch keine Verordnung im Sinne des § 75 Abs. 2 BO bzw. des § 16 Abs. 4 ROG erlassen worden war.

  • 27 Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0150, mwN) steht bis zur Freigabe einer Bauland-Aufschließungszone mit einer Verordnung nach § 75 Abs. 2 BO ein Bauvorhaben auf einem darin gelegenen Grundstück in Widerspruch zu der festgelegten Widmung. Für ein Bauvorhaben in einer noch nicht freigegebenen Bauland-Aufschließungszone ist daher die Baubewilligung zu versagen.

  • 28 Die Revisionswerberin trägt in der Revision im Wesentlichen neuerlich die Argumente vor, die sie bereits in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichthof herangetragen hat. In dem oben (I.) genannten, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnenden Beschluss hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass keine Umstände ersichtlich seien, die die mitbeteiligte Gemeinde zur Freigabe der verfahrensgegenständlichen Aufschließungszone bzw. zur Änderung des Flächenwidmungsplanes verpflichten würden, und er auch nicht die Auffassung der Revisionswerberin teilen könne, wonach es sich bei der Voraussetzung des Vorliegens eines vom Gemeinderat zu beschließenden Generalverkehrskonzeptes im Hinblick auf § 16 Abs. 4 ROG um keine sachgerechte bzw. um eine gesetzwidrig gewordene Freigabebedingung handeln solle. Die behauptete Gesetzwidrigkeit des bekämpften Flächenwidmungsplans der mitbeteiligten Gemeinde liege daher nicht vor.

  • 29 Die Revision führt somit keine neuen Gesichtspunkte betreffend eine allfällige Rechtswidrigkeit der genannten Verordnungsbestimmungen an, und auch sonst hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen diese keine Bedenken, weshalb er sich zu der angeregten Stellung eines Normenprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst sieht.

  • 30 Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist auch der angefochtene Bescheid ausreichend begründet.

  • 31 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

  • 32 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm §§ 3 und 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

  • Wien, am

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