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VwGH vom 10.10.2016, Ra 2015/04/0052

VwGH vom 10.10.2016, Ra 2015/04/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der H. GmbH in H, vertreten durch die Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-840005/37/Kü/AK, betreffend Kostenersatz gemäß § 76 AVG in einem vergaberechtlichen Rechtsschutzverfahren (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom , 2007/04/0076, und vom , 2012/04/0093, verwiesen.

Mit dem erstzitierten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom (über die Abweisung des Antrags der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung einer Zuschlagsentscheidung der mitbeteiligten Partei) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der UVS hätte anhand eines Sachverständigengutachtens klären müssen, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen in den genannten Positionen tatsächlich zu den angebotenen Preisen erbringen könne oder nicht.

Mit dem zweitzitierten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des UVS vom (betreffend die Zurückweisung des im Anschluss an das Erkenntnis 2007/04/0076 eingebrachten Feststellungsantrags der Revisionswerberin vom als verspätet) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil die belangte Behörde die Maßgeblichkeit der sechsmonatigen Frist des § 13 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006, LGBl. Nr. 130, zu Unrecht verneint habe.

2 Mit Erkenntnis vom gab das zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dem genannten Feststellungsantrag der Revisionswerberin statt und stellte fest, dass im näher bezeichneten Vergabeverfahren der mitbeteiligten Partei der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt worden sei.

Das Verwaltungsgericht führte aus, entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes (im Erkenntnis 2007/04/0076) sei noch vom UVS Ing. A zum nichtamtlichen Sachverständigen bestellt und damit beauftragt worden, die betriebswirtschaftliche Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit der im Feststellungsantrag genannten fünf Positionen mit negativen Einheitspreisen (im Angebot der Zuschlagsempfängerin) zu überprüfen. Der Sachverständige sei in seinem Gutachten vom zum Ergebnis gelangt, dass ein "seriöser" Unternehmer (näher bezeichnete) drei Positionen zu den genannten negativen Einheitspreisen nicht erbringen könne. Die angebotenen Einheitspreise in diesen Positionen seien als betriebswirtschaftlich nicht erklärbar zu beurteilen. Der Auftraggeber habe ein Privatgutachten in Auftrag gegeben, in dem seiner Ansicht nach Bedenken gegen die Richtigkeit und Schlüssigkeit des "Gerichtsgutachtens" aufgezeigt worden seien.

Das Verwaltungsgericht gelangte mit näherer Begründung zur Auffassung, dass den Ausführungen des "Gerichtsgutachters" zu folgen sei, wonach der angebotene negative Einheitspreis in näher bezeichneten Positionen als nicht plausibel bewertet werden müsse. Das Angebot der Zuschlagsempfängerin weise daher eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises im Sinn des § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006 auf.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Auftraggeber eine außerordentliche Revision, die mit hg. Beschluss vom , Ra 2015/04/0034, zurückgewiesen wurde.

3 Mit dem gegenständlich angefochtenen Beschluss vom verpflichtete das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin als Antragstellerin im zugrunde liegenden Feststellungsverfahren, die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen Ing. A in Höhe von EUR 7.154,- zu entrichten. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

Das Verwaltungsgericht verwies auf § 76 Abs. 1 AVG, wonach für Barauslagen, die der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen, die Partei aufzukommen habe, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt habe. Da sich im Verfahren kein Verursacher der Kosten im Sinn des § 76 Abs. 2 AVG herausgestellt habe, seien die Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens der Revisionswerberin aufzuerlegen gewesen.

4 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende

außerordentliche Revision.

Revisionsbeantwortung wurde keine erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , Ra 2015/04/0050, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, mit der Maßgeblichkeit des § 76 Abs. 2 (und 3) AVG bei der Vorschreibung von Barauslagen befasst, die bei Amtshandlungen im Zuge von vergaberechtlichen Rechtsschutzverfahren erwachsen sind. Im dort zugrunde liegenden Verfahren hatte das Verwaltungsgericht die Antragstellerin nach § 76 Abs. 1 AVG zur Zahlung der erwachsenen Sachverständigengebühren verpflichtet, ohne nach § 76 Abs. 2 und 3 AVG zu prüfen, ob die Auftraggeberin durch ihr Verschulden die Einholung des Sachverständigengutachtens und damit die zu ersetzenden Barauslagen zumindest mitverursacht hatte. Da keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen seien, dass es der Auftraggeberin bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit und des gehörigen Fleißes unmöglich bzw. unzumutbar gewesen wäre, die (im Sachverständigengutachten festgestellte) Ausschreibungswidrigkeit des Angebotes zu erkennen und dieses nach § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 auszuscheiden, wurde der entsprechende Spruchpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

6 Im nunmehr gegenständlichen Fall hat das Verwaltungsgericht - gestützt auf das eingeholte Sachverständigengutachten - in seinem Erkenntnis vom festgestellt, dass der vom Auftraggeber erteilte Zuschlag rechtswidrig war, weil das Angebot der Zuschlagsempfängerin keine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgewiesen habe und daher nach § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen wäre. Weiters ist auf die Regelung des § 125 BVergG 2006 zu verweisen, die für den Auftraggeber Vorgaben in Bezug auf die Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise enthält.

Ausgehend davon vermag der Verwaltungsgerichtshof die nicht weiter begründete Ansicht des Verwaltungsgerichtes, wonach sich im Verfahren kein Verursacher der Kosten im Sinn des § 76 Abs. 2 AVG herausgestellt habe, nicht zu teilen. Es wurde weder dargelegt noch ist dies ohne derartige Darlegung ersichtlich, aus welchen Gründen dem Auftraggeber das unterlassene Ausscheiden eines Angebotes mit unplausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises nicht vorwerfbar bzw. dieses Verhalten für die Einholung des Sachverständigengutachtens nicht kausal gewesen sein sollte.

7 Der angefochtene Beschluss war somit aus den im Erkenntnis Ra 2015/04/0050 dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

8 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am