VwGH vom 23.03.2010, 2009/13/0094
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des ET in W, vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Löwensteinstraße 31, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 409/08, betreffend Haftung nach § 7 und § 54 WAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der L. GmbH für einen Abgabenrückstand dieser Gesellschaft, und zwar für Kommunalsteuer in Höhe von 1.224,71 EUR sowie Dienstgeberabgabe in Höhe von 124,08 EUR für den Zeitraum Jänner 2004 bis Oktober 2007, zur Haftung herangezogen. Der Beschwerdeführer habe die ihm als Geschäftsführer der Gesellschaft auferlegten Pflichten zur Entrichtung dieser Abgaben verletzt, die bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könnten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, dass der Rückstand nach den Angaben im Bescheid erst auf Grund einer Kommunalsteuer-Revision für die Jahre 2004 bis 2007 hervorgekommen sei. Der Grund der Nachverrechnung sei im Bescheid nicht näher ausgeführt. Die Berechnung der Kommunalsteuer sowie der Dienstgeberabgabe sei immer durch den Steuerberater erfolgt und die vorgeschriebenen Beträge seien beglichen worden. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Konkursverfahrens ein Zwangsausgleich zu Stande gekommen sei, sodass die Restforderung von 80 % durch den Zwangsausgleich als bereinigt anzusehen sei.
In der Berufungsvorentscheidung vom berichtigte die Abgabenbehörde den Haftungsbescheid dahingehend, dass die Haftungsbeträge betreffend Kommunalsteuer auf 979,77 EUR und Dienstgeberabgabe auf 98,11 EUR für den Zeitraum Juli 2006 bis Oktober 2007 verringert wurden. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wies die Behörde darauf hin, dass es Aufgabe des Vertreters sei, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Zum Vorbringen in der Berufung sei auszuführen, dass im Rahmen der "gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" durch das zuständige Finanzamt festgestellt worden sei, dass Sachbezüge für den Firmen-Pkw für den Dienstnehmer K. sowie die vom Arbeitgeber übernommenen Sozialversicherungsbeiträge zur gewerblichen Wirtschaft für den Geschäftsführer T. nicht versteuert worden seien. Daher seien die Rückstände an Kommunalsteuer entstanden. Der Rückstand an Dienstgeberabgabe entspreche der Differenz zwischen den geleisteten Zahlungen und den abgegebenen Dienstgeberabgabeerklärungen. Von den Nachforderungen sei ein Zeitraum betroffen, in dem der Beschwerdeführer als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und daher für die Entrichtung der Abgaben hätte Sorge tragen müssen. Die Beauftragung eines Steuerberaters oder Wirtschaftstreuhänders enthebe den Geschäftsführer jedenfalls nicht der Pflicht, die beauftragten Personen bei ihrer Tätigkeit zur Vermeidung von Steuerrückständen zu überwachen. Die rechtskräftige Bestätigung des Ausgleichs der Primärschuldnerin stehe der Geltendmachung der Haftung für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegen (Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0049).
Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, ohne ein weiteres Vorbringen zu erstatten.
Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Haftungsbeträge im Sinne der Berufungsvorentscheidung ab. Ansonsten gab sie der Berufung keine Folge. Dem Beschwerdeführer sei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - in der Berufungsvorentscheidung in Beantwortung des Berufungsvorbringens dargelegt worden, woraus die Rückstände an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe resultiert hätten. Der Beschwerdeführer sei diesem Vorhalt nicht weiter entgegengetreten, sodass der Haftungsbetrag unbestritten feststehe. Auch sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Haftungszeitraum Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei und somit zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe. Auf Grund der im Zwangsausgleichverfahren für die Konkursgläubiger festgesetzten Quote von 20 %, habe sich der im Haftungsbescheid vom angeführte Abgabenrückstand - wie ebenfalls bereits in der Berufungsvorentscheidung dargestellt - verringert. Dem Einwand, wonach die die Ausgleichsquote übersteigenden Forderungen als bereinigt anzusehen seien, sei die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe die Abgabenberechnung einem Steuerberater überlassen, könne sich der Beschwerdeführer nicht vom Vorwurf der schuldhaften Pflichtverletzung befreien, zumal es auch Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, darzutun, dass er dem Steuerberater alle abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte vorgetragen und dieser ihn entsprechend informiert habe. Ein diesbezügliches konkretes Vorbringen habe der Beschwerdeführer nicht erstattet. Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch anzuwendenden WAO haften die in den §§ 54ff bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung iS des § 7 Abs. 1 WAO annehmen darf (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0095). Eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten ist anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen kann, auf Grund derer ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen ist; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungspflicht (vgl. für viele z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0120, und vom , 2006/13/0086).
Gemäß § 171 WAO idF LGBl. für Wien Nr. 40/1992 werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Wenn es die Abgabenbehörde für zweckmäßig erachtet, kann sie die Haftung für Teile der Abgabenschuld auch in gesonderten Bescheiden geltend machen. Ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich hindert nicht die Geltendmachung von Haftungen.
Für den Bereich der WAO gilt demnach, dass eine rechtskräftige Bestätigung des Ausgleichs des Primärschuldners der Geltendmachung der Haftung des Vertreters für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegensteht. Davon geht der Verwaltungsgerichtshof seit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049, Slg. Nr. 7440/F, im Übrigen auch zur Bestimmung des § 9 Abs. 1 BAO aus. Im Hinblick auf diese Rechtslage zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, dass nach der Erfüllung des Zwangsausgleiches dem persönlich Haftenden die Befreiung des Schuldners von seinen Verbindlichkeiten zugute kommen müsse, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf (vgl. z.B. die auch zur Haftung nach der WAO ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2001/13/0283, 0284, sowie vom , 2007/13/0046).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zu Recht auf den Vorhaltscharakter der Berufungsvorentscheidung hingewiesen (vgl. zur Wirkung einer Berufungsvorentscheidung als Vorhalt etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2007/13/0005, 0006, 0007, und vom , 2007/13/0093).
In der Beschwerde wird unter dem Vorwurf eines "mangelhaften Ermittlungsverfahrens" im Wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde hätte Feststellungen darüber treffen müssen, welche Unterlagen betreffend den Mitarbeiter K. in Bezug auf den "Sachbezug-Pkw" dem Steuerberater übergeben worden seien. Es wäre dann nämlich hervorgekommen, dass es keinen Sachbezug gegeben habe, weil K. keinen Führerschein besessen habe.
Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass in der Begründung der Berufungsvorentscheidung zum Entstehen der Rückstände an Kommunalsteuer erläutert wurde, dass diese u.a. aus Sachbezügen für den Firmen-Pkw in Bezug auf den Dienstnehmer K. stammten. Weshalb es angesichts dieses eindeutigen Hinweises nach der in der Beschwerde vertretenen Ansicht der Behörde erster Instanz oder der belangten Behörde noch oblegen wäre, im Rahmen ihrer "Manuduktionspflicht" den Beschwerdeführer "darauf hinzuweisen, entsprechende Angaben über den Sachbezug zu machen, weil nur dann feststehen kann, dass ein Sachbezug PKW zusteht oder nicht", ist nicht erkennbar. Das Beschwerdevorbringen, das sich gegen den Ansatz des Sachbezuges für den Pkw wendet, ist damit schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 Abs. 1 VwGG) unbeachtlich.
Die Beschwerde zeigt damit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am