VwGH vom 21.02.2013, 2009/13/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch die Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0095-W/06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog im Streitzeitraum als Vermögensberater Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Über das Ergebnis einer zur Einkommensteuer 1999 bis 2001 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer in seinem Bericht vom unter Tz 19 zu den "Ersatzzahlungen an (Ing. J.) und die damit verbundenen Aufwendungen 1999 - 2001" folgende Feststellungen:
Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1997 die Vermittlung von "Vermögensanlagen" der V. Investments Luxemburg (im Folgenden: V. Investments) und der D. Grenada Ltd. (im Folgenden: D. Ltd.) übernommen. Diese Gesellschaften hätten mit der Regierung von Grenada Verträge über die Durchführung "gigantischer Bauvorhaben" abgeschlossen. Um Investoren "in betrügerischer Absicht Geld herauszulocken", seien von diesen Unternehmen aufwendige Prospekte mit falschen Bilanzzahlen erstellt und den Investoren unrealistisch hohe Zinserträge versprochen worden. Der Beschwerdeführer, dem die Vermittlung angeboten worden sei, habe im Zeitraum März 1997 bis September 1997 sechs Verträge mit einer Gesamtsumme von 6,3 Mio. S vermittelt. Die Rückzahlung des eingezahlten Kapitalbetrages hätte bei den meisten Verträgen nach einem Jahr erfolgen sollen. Die Rendite habe bei dem Vertrag mit Ing. J. 30 % betragen, bei allen anderen hingegen 15 %. Ing. J. habe 5 Mio. S investiert, die er mittels Sparbuch am an den Beschwerdeführer übergeben habe. Aus der über die Übernahme am selben Tag ausgefertigten Bestätigung gehe hervor, dass "dieses Sparbuch nach bestem Wissen und Gewissen veranlagt werde und nach einem Jahr inklusive Gewinn zurückgegeben werde". Als "Managementfee" bekomme der Beschwerdeführer ein Viertel des erwirtschafteten Gewinns. In dieser Bestätigung sei festgehalten, dass der Beschwerdeführer persönlich dafür hafte. Für "alle anderen abgeschlossenen Verträge" seien keine weiteren Vereinbarungen oder Nebenabsprachen getroffen worden. Bei der Vermittlung der "Vermögensanlagen" sei bei allen vorgelegten Verträgen der Geldgeber als "1. Kapitalgeber" aufgeschienen. Lediglich bei der Vereinbarung zwischen Ing. J. und der V. Investments sei der Beschwerdeführer als "1. Kapitalgeber" ausgewiesen. Nachdem sich laut einem vorgelegten Schreiben vom des Beschwerdeführers an das Landesgericht für Strafsachen der Verdacht eines Betruges ("es wurde kein Kapital zurückgezahlt") der V. Investments und deren Geschäftsführer an den Investoren erhärtet gehabt habe, sei eine Vereinbarung betreffend Schuldanerkenntnis zwischen Ing. J. (Gläubiger) und dem Beschwerdeführer (Schuldner) mit Datum abgeschlossen worden. Nach dieser Vereinbarung (beruhend auf der Bestätigung vom ) habe der Beschwerdeführer die Schuldverbindlichkeit in Höhe von 5 Mio. S anerkannt und sich verpflichtet, diese in einer ersten Teilzahlung in Höhe von 20.000 S zum und in monatlichen Raten zu 10.000 S ab zurückzuzahlen. Die geleisteten Raten würden vorweg zur Abdeckung der offenen Zinsen (4 % aus dem aushaftenden Kapital nach vierteljährlicher Vorschreibung) dienen und letztlich auf das aushaftende Kapital angerechnet. Mit Schreiben vom habe sich der Beschwerdeführer einem anhängigen Verfahren gegen einen Geschäftsführer der V. Investments als Geschädigter angeschlossen und seinen Gesamtschaden mit rund 6,580.000 S angegeben. Die in den Streitjahren angefallenen Ersatzzahlungen sowie die vom Beschwerdeführer zu tragenden Kosten aus der Durchführung der Vereinbarung mit Ing. J. habe der Beschwerdeführer in seinen Einkommensteuererklärungen als Betriebsausgaben geltend gemacht (1999 rund 90.000 S 2000 rund 264.000 S und 2001 120.000 S). Nach Ansicht des Betriebsprüfers falle die gegenüber Ing. J. ausgesprochene persönliche Haftung des Beschwerdeführers für das übernommene Geld nicht in die Tätigkeit eines Vermögensberaters und somit nicht in die betriebliche Sphäre. Eine Garantie zur Rückzahlung des eingesetzten Kapitals stehe mit der Tätigkeit eines Vermögensberaters nicht im Einklang, dessen Pflicht es lediglich sei, auf die Risiken der Vermögensanlage hinzuweisen. Die strittigen Aufwendungen seien daher nicht als Betriebsausgabe abziehbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen die auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 erhobenen Berufung nach Durchführung einer Berufungsverhandlung keine Folge.
Nach der Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens hielt die belangte Behörde eingangs ihrer Erwägungen fest, der Beschwerdeführer habe im Zuge der Vermittlung von "Vermögensanlagen" der V. Investments und der D. Ltd. von Ing. J. 5 Mio. S zur Veranlagung für ein Jahr gegen eine "Management Fee" von einem Viertel des Gewinnes (30 %, "für den der (Beschwerdeführer) persönlich haftet") übernommen. Eine diesbezügliche Zeugeneinvernahme sei nicht erforderlich gewesen, weil die behauptete Abwicklung der Kapitalvereinbarung dem angenommenen Sachverhalt zu Grunde gelegt worden sei. Nach dem Verlust des Veranlagungskapitals sei vom Beschwerdeführer am ein Schuldanerkenntnis abgegeben worden.
Zur "rechtlichen Würdigung" führte die belangte Behörde aus, aus den in den Verwaltungsakten einliegenden Unterlagen "Richtlinien für Vermögensverwalter" und den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Unterlagen bezüglich "Berufsbild Vermögensberater, Berufsbild Wertpapierdienstleistungsunternehmen" lasse sich eine Verpflichtung zur Abgabe einer Haftungsgarantie in Bezug auf Veranlagungsergebnisse nicht entnehmen. Die Beteiligung an den Veranlagungsergebnissen eines Klienten unter Abgabe einer Haftungserklärung stehe nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Vermögensberater (und "damit auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erzielung von Vermittlungsprovisionen") und sei in typisierender Betrachtungsweise der Privatsphäre zuzuordnen. Auch die Bedachtnahme auf das zwischen der angestrebten Provision (4 % des Veranlagungsbetrages, somit 200.000 S) und der abgegebenen Haftung über rd. 6,1 Mio. S 5 Mio. S Kapital zuzüglich 30 % Rendite abzüglich der "Management Fee" von 375.000 S) bestehende Missverhältnis lasse keine andere Betrachtung zu. Weiters deute etwa die Stellung des Beschwerdeführers als "1. Kapitalgeber" im Zusammenhang mit der gegenüber Ing. J. abgegebenen Haftungserklärung auf eine "Eigenveranlagung" hin. Dass der Beschwerdeführer wirtschaftlich überhaupt in der Lage gewesen wäre, die Haftungsansprüche (etwa aus dem Betriebsvermögen) zu erfüllen, werde ebenso wenig behauptet, wie der Umstand, dass für die gegenständlich übernommene Haftung die Erzielung von Vermittlungsprovisionen im Vordergrund gestanden sei. Die Abwicklung der Schadenersatzleistungen runde das Bild ab, zumal die ursprünglich vorgesehenen Zahlungen von der Höhe her keine Kapitaltilgungen ermöglichten, die Vereinbarung hierüber mehrfach abgeändert und von einer sofortigen Verwertung vorhandenen Vermögens (Grundvermögens) Abstand genommen worden sei. Auch im Rahmen der Gesamtbetrachtung ergebe sich somit ein Bild, welches objektive Anhaltspunkte für eine außerbetriebliche Veranlassung aufweise (etwa eine persönliche Beziehung zu Ing. J., zumal das Modell vorzugsweise im Bekanntenkreis angeboten worden sei, oder als private Vermögensbeteiligung mit Einsatz privaten "Haftungskapitals") und vom übrigen Betriebsgeschehen völlig abweiche.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Anerkennung geleisteter Zahlungen auf Grundlage einer von mir übernommenen persönlichen Haftung und damit zusammenhängender Aufwendungen bzw Ausgaben in der Höhe von insgesamt ATS 474.000,-- in den Jahren 1999 bis 2001 als Betriebsausgaben verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
In der Beschwerde wird zum Sachverhalt vorgebracht, der Beschwerdeführer sei als selbständiger Vermögensberater tätig und besitze einen Gewerbeschein, der auf "Vermögensberater und Verwalter von beweglichem Vermögen gemäß § 124 Z 23 GewO 1994" laute. Im Jahr 1997 sei er als Vermittler von Vermögensanlagen für die V. Investments und die D. Ltd. tätig gewesen. U.a. sei Ing. J. an den von ihm vermittelten Projekten interessiert gewesen. Ing. J. habe sich schließlich mit einem Investitionsvolumen von 5 Mio. S beteiligt, "welches in einem Sparbuch mit einem Zinssatz von 3,375 % veranlagt war". Der Beschwerdeführer habe dieses Sparbuch auflösen und den Geldbetrag in das Bauprojekt investieren sollen. Ing. J. und der Beschwerdeführer hätten am eine Bestätigung über die Aushändigung des Sparbuches an den Beschwerdeführer unterfertigt. Der Beschwerdeführer habe weiters bestätigt, dass er dieses Sparbuch nach einem Jahr inklusive Gewinn an Ing. J. zurückgeben werde. Als "Managementfee" habe der Beschwerdeführer ein Viertel des erwirtschafteten Gewinns erhalten sollen. Auch habe der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt, "dass ich persönlich hafte". Die Kapitalgeber hätten ihr Kapital nicht zurückbezahlt erhalten und es sei ein Strafverfahren gegen die handelnden Organe der Gesellschaften eingeleitet worden. "Basierend auf der Bestätigung vom " habe der Beschwerdeführer am ein notarielles Schuldanerkenntnis unterfertigt, mit dem der Beschwerdeführer die Verbindlichkeit von 5 Mio. S (samt Zinsen und Nebenkosten) anerkannt und sich gleichsam verpflichtet habe, den Betrag in Raten zurückzuzahlen (daraus resultierten die strittigen, als Betriebsausgaben geltend gemachten "Schadenersatzzahlungen").
Im Erkenntnis vom , 97/15/0129, hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem als Versicherungs- und Hausanteilscheinvermittler tätigen Beschwerdeführer u. a. ausgeführt, schaffe sich ein Vermittler von ihm vertriebene Versicherungen, Vermögensanlagen oder auch so genannte Verlustbeteiligungen selbst an, spreche die Verkehrsauffassung noch nicht dafür, dass diese auch der privaten Vermögenssphäre zurechenbaren Wirtschaftsgüter als zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmte Vermögenswerte anzusehen seien. Eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit beruhe im Allgemeinen nicht darauf, dass sich der Vermittler die von ihm vertriebenen Produkte selbst anschaffe, sondern dass diese den jeweiligen Bedürfnissen des Kunden genügten. Die (im damaligen Beschwerdefall) strittigen Beteiligungen seien daher nicht dem (notwendigen) Betriebsvermögen zuzurechnen und daraus resultierende Verluste nicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen (auf die Begründung des Erkenntnisses kann im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden).
Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer die über das Sparguthaben des Ing. J. finanzierte (vom Beschwerdeführer vertriebene) Vermögensanlage zwar nach dem Vorbringen in der Beschwerde nicht selbst angeschafft, jedoch zugleich mit der Veranlagung gegenüber dem Investor Ing. J. die Garantenstellung (zumindest) in Bezug auf das eingesetzte Kapital übernommen, wobei weiters eine Teilhabe an einem Viertel des erwirtschafteten Gewinns aus der Vermögensanlage in Form einer "Managementfee" ausbedungen war. Dies ist in wirtschaftlicher Hinsicht einer "Selbstveranlagung" im Sinne des oben zitierten Erkenntnisses gleich zu halten.
Mag es auch nach dem Beschwerdevorbringen zum Tätigkeitsbereich eines Vermögensberaters und eines Verwalters von beweglichen Vermögen gehören, "Geld bzw Geldeswert zu Veranlagungszwecken zu übernehmen", entspricht es doch nicht der Verkehrsauffassung, dass der Vermittler von Finanzanlagen auch zugleich die Haftung für das vom Kunden investierte (und nach allenfalls ungünstig verlaufener Veranlagung verlorene) Kapital übernimmt, auch wenn nach dem Beschwerdevorbringen das Risiko für die gegenständliche Inanspruchnahme als "gering einzuschätzen" gewesen sei. Dass das Unterbleiben der Abgabe einer Haftungserklärung, mit der sich der Beschwerdeführer laut Beschwerde verpflichtet habe, "dem Anleger sein Vermögen nach Ablauf der Veranlagungsdauer zurückzugeben", zum Verlust der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers als Vermögensberater hätte führen können, macht die Beschwerde nicht einsichtig.
Insgesamt ist damit auch nach dem Beschwerdevorbringen (dem darin vom Beschwerdeführer geschilderten beschwerdegegenständlichen Sachverhalt) nicht von einem der betrieblichen Sphäre zuzurechnenden finanziellen Engagement des Beschwerdeführer auszugehen, sodass der Beschwerdeführer mit der versagten Berücksichtigung der auf der Haftungserklärung vom beruhenden "Schadenersatzzahlungen" als Betriebsausgaben im Rahmen seiner Einkünfte als Vermögensberater nicht in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am